Kurs:Mathematik für Anwender (Osnabrück 2019-2020)/Teil I/Repetitorium/7

Antworten zu Fragen zur Vorlesung

Ich habe die Definition der Konvergenz bzw. einer reellen Folge die konvergiert nicht ganz verstanden. Das Epsilon verwirrt mich irgendwie. Gibt es eine Alternative zur Erklärung der Definition?


Antwort


Man kommt in der Mathematik nicht um das Verständnis dieser Definition der Konvergenz herum. Das ist definitiv eine Hürde, die du meistern musst. Sich mit der Definition wohlzufühlen ist auch zu einem gewissen Grad eine Gewöhnungssache. Ich empfehle dir nochmal intensiv und langsam den ganzen ersten Abschnitt der heutigen Vorlesung durchzulesen. Dort wird schon viel zur Motivation der Definition und wie man sich das vorstellen sollte geschrieben.

Das ist auch einfach ein Platzhalter für eine Zahl. Die Definition der Konvergenz ist nur: Für jede positive reelle Zahl muss es eine natürliche Zahl geben, so dass für alle größeren natürlichen Zahlen eine bestimmte Ungleichung gilt. Wenn wir in diesen Satz jetzt die mathematischen Terme einbauen sind wir schon fertig.


Stimmt die Einsicht, dass wenn x gegen unendlich geht der Grenzwert der Funktion angenähert aber nicht erreicht wird?


Antwort


Nein, das ist ein beliebter Trugschluss. Es ist zwar ein häufiges Verhalten bei den Folgen die wir betrachten, dass der Grenzwert nicht erreicht wird, aber das ist kein allgemeines Prinzip.

Zum Beispiel die konstante Folge , also die Folge für die alle Folgenglieder den gleichen Wert haben, konvergiert gegen . Aber schon das erste Folgenglied erreicht den Grenzwert. Auch das Phänomen, dass die Folge den Grenzwert erreicht aber sich dann vorerst wieder davon entfernt um sich dann wieder anzunähern kann auftreten.


Versteh ich das richtig, dass wir beliebig wählen dürfen solange es in der Aufgabenstellung nicht vorgegeben ist und immer größer 0 ist?


Antwort


Das Verständnis, dass wir beliebig wählen dürfen ist gefährlich.

Um Konvergenz zu zeigen, müssen wir für alle möglichen eine natürliche Zahl finden können für die alle weiter rechts liegenden Folgenglieder in der Epsilonumgebung liegen. Das bessere Verständnis ist also, dass wir davon ausgehen, dass sich jemand Anderes (ein Bösewicht) ein beliebiges wählt und wir dieser Person in Abhängigkeit davon ein nennen müssen mit der es funktioniert. Wenn es ein positives Epsilon gibt auf das wir nicht antworten können, dann hat der Bösewicht gewonnen und die Folge ist nicht konvergent.

Wenn wir aber umgekehrt selbst der Bösewicht sind und zeigen wollen, dass eine Folge nicht gegen konvergiert, dann dürfen wir tatsächlich ein beliebiges wählen. Wir wollen aber dann natürlich ein wählen für dass es egal wie weit wir in der Folge gehen immer Folgenglieder außerhalb der Epsilonumgebung gibt.


In Beispiel 7.10 betrachten wir die alternierende Folge . Wenn man diese Folge auf den geraden oder ungeraden Zahlen betrachtet haben wir je eine Folge die konvergent ist. Mir wird es nicht ganz schlüssig warum aus der Konvergenz der beiden Teilfolgen, nicht wieder Konvergenz der gesamt Folge resultiert, sondern nur Beschränktheit.


Antwort


Zu Konvergenz sollte man sich klarmachen, dass Konvergenz immer gegen einen Grenzwert stattfindet. Wenn du das hier betrachtest, stellst du auch fest, dass die beiden Teilfolgen gegen verschiedene Grenzwerte konvergieren, nämlich und . Wenn man das so betrachtet kommt man gar nicht erst auf die Idee, dass aus der Konvergenz dieser beiden Teilfolgen eine Konvergenz der alternierenden Folge resultiert, da man gar keine Idee hätte welchen der beiden Grenzwerte man wählen sollte.

Die Beschränktheit folgt auch nicht aus der Konvergenz der Teilfolgen, sondern daraus, dass alle Folgenglieder im Intervall liegen. Die Schranken sind also explizit und .


Sei . Dann sollte der nicht existieren und damit divergent sein, da die Werte abwechselnd und sind. Das hat mich jedoch an die Grandireihe erinnert, bei der eine der Lösungen der unendlichen Reihe ist. Wie passt das zusammen?


Antwort


Wir behandeln Reihen in Vorlesung 9. Dort wirst du feststellen, dass wir die Konvergenz einer Reihe durch die Konvergenz der Folge der Partialsummen und den Grenzwert als Grenzwert der Partialsummen definieren. In diesem Sinne konvergiert die Grandireihe nicht. Die Folge der Partialsummen ist abwechselnd 0 oder 1.

Es gibt Mathematiker die sich Gedanken dazu gemacht haben der Grandireihe eine sinnvolle Summe zu geben und haben die Cesàro-Summe eingeführt. Die Cesàro-Summe der Grandireihe ist 0,5. Es ist aber wichtig, sich bewusst zu sein, dass das nicht der Grenzwert der Reihe ist sondern eben die Cesàro-Summe.

Wir haben also festgestellt, dass die Grandireihe nicht konvergiert und damit ist das auch kein Widerspruch zu Lemma 9.5.


Ich habe Schwierigkeiten das Konzept 'Maximum' in Bezug auf diese Vorlesung, beziehungsweise Lemma 7.9 zu verstehen. Ist das ähnlich wie ? Sind die obere und untere Schränke gleich wie und ?


Antwort


Im Beweis von Lemma 7.9 wird
verwendet. Das ist einfach das Maximum der Menge der Beträge aller Folgenglieder, wobei wir zu der Menge noch das eine Element hinzufügen. Das Maximum einer Teilmenge eines angeordneten Körpers ist das Größte Element in der Teilmenge.

Endliche Teilmengen haben immer ein Maximum. Um das auszunutzen haben wir direkt davor im Beweis festgestellt, dass nur endlich viele Folgenglieder absolut (also betragsmäßig) größer als sein können. Also kommen als Maximum der Menge nur noch diese endlich vielen und in Frage, deshalb muss das Maximum existieren.

Bei den oberen Schranken meinst du wahrscheinlich und , weil wir hier der Grenzwert ja allgemein nicht 0 sein muss. Aber das müssen nicht die Schranken der Folge sein. Die Konvergenz sagt uns ja, dass ab einem alle Folgenglieder in der Epsilonumgebung enthalten sind. Für manche kann es also am Anfang der Folge Folgenglieder geben, die außerhalb der Epsilonumgebung liegen. Diese - endlich vielen - Ausreißer am Anfang der Folge müssen wir noch berücksichtigen, weshalb die Schranken und im Beweis mit dem Maximum wie oben konstruiert wurden.


Mir erschließt sich das Quetschkriterium nicht gänzlich. Ist es möglich dieses noch einmal genauer oder in anderen Worten zu erklären?

Inwiefern wird das Quetschkriterium angewendet? Welche Vorteile ergeben sich durch die Anwendung des Quetschkriteriums?


Antwort


Das Quetschkriterium, also Lemma 7.12, besagt, dass wenn wir drei Folgen haben und für jedes die Folgenglieder einer Folge zwischen den Folgengliedern und der beiden anderen Folgen liegen und die beiden äußeren Folgen gegen den selben Grenzwert konvergieren, dass dann auch die mittlere Folge gegen diesen Grenzwert konvergieren muss.

Es wird angewendet, um durch Abschätzung zu anderen Folgen die Konvergenz der mittleren Folge zu zeigen. Die Idee dabei ist, dass man zwei äußere Folgen findet, deren Konvergenz einfach zu zeigen ist um die Konvergenz der schwierigeren mittlere Folge folgern zu können.

Auf dem Aufgabenblatt ist es sinnvoll das Quetschkriterium für Aufgabe 7.21 (hier ist die wichtige Frage: Welche äußeren Folgen wählen wir zur Abschätzung?) und für eine Richtung des Beweises von Aufgabe 7.22 zu verwenden.


Bemerkungen zu den abgegebenen Aufgaben von Blatt 7


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