"Interview 4"
Interview 4 mit Proband 4
BearbeitenDu hattest ja in deiner Ausbildung zum Offizier in den ersten sechs Monaten mit muslimischen Soldaten zu tun. Und welcher Ethnie haben die denn angehört, aus welchem Land kamen die denn?
- Also es waren zwei. Von einem weiß ich, der kam aus dem Iran und bei dem anderen bin ich mir nicht mehr sicher. Nee, da müsst ich jetzt raten. Aber einer auf jeden Fall Iran.
Aber der andere war auf jeden Fall Muslim?
- Ja, definitiv.
Und die kamen nicht aus dem gleichen Land?
- Ja.
Hast du denn zischen den Beiden Unterschiede bemerkt im Verhalten? Also hat sich der Iraner anders verhalten als der andere?
- Ja, da waren wirklich gravierende Unterschiede. Zum Beispiel einer hat sehr viel darauf geachtet dass er seine Gebetszeiten einhalten darf, auch während dem Dienst, wirklich fünfmal am Tag die Gebetszeiten. Der andere war da ein bisschen lockerer.
Der Iraner oder der-
- Der Iraner war lockerer und hat sich da mehr in den Dienstbetrieb eingefügt. Also, der hat nicht auf seine Zeiten gepocht. Der war dann ab und zu beten, wenn es von den Zeiten passte aber nicht immer zwingend. Ansonsten Ramadan haben sie beide eingehalten, einen Monat lang. Das war auch krass wenn wir zusammen Ausbildung hatten. Da waren keine Unterschiede, das haben beide gleich gemacht.
Was waren denn noch so Verhaltensunterschiede die du bemerkt hast zu den Ethnisch-Deutschen?
- Natürlich musste immer aufs Essen geachtet werden, es gab immer extra Pakete wenn wir draußen im Gelände waren. Und die beiden haben dann immer darauf achten müssen, dass sie immer ihr Paket bekommen. Ansonsten haben die Beiden grundsätzlich mit Badehose geduscht, die wollten sich nicht ganz nackt unter der Dusche zeigen. Und ja des wars im Großen und Ganzen. Also Beten, des Bisschen zurückhaltender sein, jetzt beim Duschen oder so, des waren die großen Sachen.
Wie war des mit der Sprache?
- Mit de Sprache hat beim Iraner wieder besser funktioniert als bei dem anderen Kameraden. Wobei man dazu sagen muss, dass die Beiden ja davor schon mindestens drei Monate in Köln im Bundessprachenamt waren und da ihren Deutschunterricht bekommen haben. Aber der Iraner hat wesentlich besser Deutsch gesprochen und hat sich auch über die Zeit wesentlich besser verbessert als der andere Kamerad, also was die Sprache angeht.
Und wie war des mit dem Aussehen? Oder Handeln, oder Forderungen, zum Beispiel auch das Verhalten zu Frauen? Gabs da irgendwas?
- Also die Beiden waren jetzt nicht in meiner Gruppe, aber das was ich im Zug mitbekommen habe, da gabs jetzt keine Probleme.
Wie war denn das Verhältnis eurer Vorgesetzten zu den beiden Soldaten bzw. der Soldaten zum Vorgesetzten?
- Also vom Soldaten zum Vorgesetzten habe ich nichts Schlechtes mitbekommen. Die Beiden waren denk ich zufrieden mit ihren Vorgesetzten. Die andere Richtung, unser Zugführer, ein Oberleutnant, der ist korrekt mit den Beiden umgegangen, da gabs keine Probleme. Unter den Gruppenführern gab es gegenüber dem Nicht-Iraner, ja, die waren nach einiger Zeit nicht mehr wirklich begeistert ihn im Zug zu haben. Einfach dadurch dass er so oft Probleme gemacht hat, dadurch dass er seine Gebetszeiten einhalten wollte. Zum Beispiel wir waren auf der Hindernisbahn, wir waren wirklich mittendrin in der Ausbildung und er hat dann gesagt: so ich geh jetzt. Es hat oft auch den Anschein gehabt, dass er sich da hinter diesen Forderungen versteckt hat, dass er keine Lust mehr hatte. So kam es für jeden im Zug rüber und das haben eben auch gerade die Ausbilder gemerkt, die dann eben Probleme damit hatten die Beiden, ihn zu motivieren und deswegen war da ein bisschen schlechte Luft, was die ihm gegenüber nicht geäußert haben, man aber mitbekommen hat.
Und das Verhältnis innerhalb des Zuges? Also zwischen euch? Wie war das kameradschaftliche Verhältnis?
- Da muss ich wieder trennen. Der Iraner hat sich super in den Zug integriert. Hat man wirklich kaum einen Unterschied zu den Ethnisch-Deutschen gemerkt.
- Ihr wart auch zusammen unterwegs?
- Ja. Und der Nicht-Iraner hat am Anfang, am Anfang war es wirklich so, dass sich jeder bemüht hat. Jeder wollte ihn mitziehen, mitmotivieren. Nach drei Monaten oder so, nachdem dann klar war, nachdem es den Anschein hatte er möchte nicht und möchte auch nicht mehr leisten, dann ist die Stimmung gekippt. Gerade seine Gruppe, ich war wieder nicht in der Gruppe, aber seine Gruppe natürlich musste ihn ja dann auch ersetzen wenns ums arbeiten ging, oder so da war die Stimmung wirklich am Boden.
Aber ihr habt euch schon bemüht ihn zu integrieren?
- Natürlich! Lange, wir haben uns sehr lange bemüht. Wir haben ihn auch immer wieder motiviert und immer wieder kam dann: "Ich muss jetzt weg. Ich muss jetzt beten gehen." Das ist der Satz der mir hängen geblieben ist, weil er eben so oft kam.
Also würdest du jetzt sagen, dass es eben auch einen mangelnden Integrationswillen von Seiten des Soldaten gab?
- Definitiv. Wir haben uns wirklich bemüht und wir wollten ihn in die Gruppen integrieren. Aber jeder der nicht möchte kann auch nicht integriert werden.
Und gab es von eurer Seite aus, oder von der Seite der ethnisch-deutschen Soldaten irgendwelche Anfeindungen oder zum Beispiel von dem Iraner gegen den anderen?
- Überhaupt nicht. Die Beiden hatten ein noch engeres Verhältnis als wir zu den Beiden. Einfach durch ihre Situation. Die waren beide Austauschsoldaten. Sie haben sich verstanden gegenseitig, sie waren beide fremd. Sie konnten am Anfang beide die Sprache nicht so wirklich. Die beiden hatten ein gutes Verhältnis, da waren keine Anfeindungen und auch von uns zu den Beiden jeder Zeit offenes Verhältnis.
Siehst du jetzt durch das Verhalten oder durch die Religion, wie auch immer, die Einheit eures Zuges gefährdet? Würdest du sagen ist es eher was positives dass die da sind, oder eher was negatives?
- Ich würde gerne wieder trennen. Iraner: Definitiv positiv, dadurch dass wir auch von ihm lernen konnten. Was ganz anderes, ne andere Kultur mitbekommen haben. Ich finde auch gerade unter unserem sozialen miteinander sollte so was immer stattfinden. Ansonsten für jeden eine Bereicherung. Der Nicht-Iraner: Ich würde es nicht zwangsläufig auf seine Religion zurückführen, sondern auch ein bisschen auf seine Persönlichkeit und die dann kombiniert mit seiner Religion oder seiner Kultur. Ja, war nicht förderlich für die Gruppenmoral dann im Endeffekt.
Und noch eine letzte Frage: Wenn Integration ein Prozess ist und das heißt, dass Migranten, die nach Deutschland kommen, ob jetzt mit deutscher Staatsbürgerschaft oder ohne deutsche Staatsbürgerschaft, sich integrieren sollen. Meinst du dann dass die Bundeswehr als Ort der soziale Integration für die Gesellschaft dienen kann? Also wenn sie in der Bundeswehr integriert sind, die jungen muslimischen Soldaten, die Soldaten mit Migrationshintergrund, dann sind sie auch in der Gesellschaft integriert?
- Ich denke, wenn die Muslime wirklich bereit sind sich integrieren zu wollen, dann ist die Bundeswehr der ideale Anlaufpunkt. Dadurch das man 24 Stunden am Stück, grade in der Grundausbildung, manchmal 2 Wochen hintereinander zusammen ist. Man muss zusammenwachsen innerhalb der Gruppe, man hat da keine Wahl. Das ist nicht nur zwischen den Kulturen, das fängt auch schon bei mir persönlich an wenn ich mit nem Kameraden den ich eigentlich sonst gar nicht leiden würde, ich muss mit ihm auskommen. Und so ist das eben, man muss miteinander über die Kulturen hinweg miteinander auskommen und dadurch entwickeln sich dann Freundschaften oder Bekanntschaften man macht mehr über die Bundeswehr hinweg, man geht am Wochenende mal zusammen raus. Und so denk ich ist es ein laufender Prozess der Integration. Dafür ist die Bundeswehr nützlich.
Vielen Dank.