Transkription des Interviews mit "Probant B"


JB: Darf ich erst mal fragen wie alt du bist?

C: Ich bin 17.

JB: Und welche Abstammung hast du?

C: Also jetzt von der Religion her? Moslem.

JB: Moslem. Und deine Eltern?

C: Meine Eltern sind auch Moslem.

JB: Und sind deine Eltern hier aufgewachsen oder in einem anderen Land?

C: Also mein Vater kommt aus der Türkei, er ist mit meiner Oma hierhergekommen nach Deutschland und hier auf die Schule gegangen. Und meine Mutter war halt in der Türkei auf der Schule und so…

JB: Und du bist hier aufgewachsen?

C: Ich bin hier aufgewachsen.

JB: Alles klar, ok, dann steigen wir mal direkt ein. Die erste Frage wäre: Würdest du dich als religiös bezeichnen?

C: Also streng religiös vielleicht nicht ganz, aber schon, natürlich nicht beten fünfmal am Tag, sollte man eigentlich beten, aber ehrlich gesagt mach ich das nicht, ist ja auch zeitlich mit der Schule und so, Training, schwer zu machen, aber so Sachen wie Ramadan, nächsten Monat geht’s ja los, da versuch ich dann die ganze Zeit durchzuhalten, letztes Jahr hab ich’s geschafft, dieses Jahr wird’s natürlich schwieriger, da werd ich auch in der Türkei sein in den Ferien dann und da ein bisschen lernen. Ja halt so Schwein essen, ess ich nicht, mach ich nicht so, Alkohol trink ich auch nicht. Also bis auf das fünfmal beten is schon, ins Freitagsgebet geh ich immer wenn ich kann.

JB: Also eigentlich schon religiös.

C: Ja.

JB: Ok, gibt’s jetzt auch ne Möglichkeit, dass du über deine Religion redest mit anderen Leuten oder dass du darüber nachdenkst und redest, vielleicht mit deinen Eltern und Freunden? Kommt sowas vor oder?

C: Also drüber reden… Wie jetzt? Ich versteh jetzt nicht genau was die Frage ist?

JB: Ganz generell, ob die Religion mal Thema ist zwischen euch. Oder habt ihr da eine Glaubensgemeinschaft.

C: Also ich bin früher, wo ich noch jünger war, immer hingegangen, also zum Hoja, der hat uns immer was erzählt, der hat uns auch beigebracht, den Koran zu lesen, das kann ich auch, und da hat er uns immer Sachen erzählt, so Hintergründe und wieso jetzt z.B. Islam genau das richtige ist…

JB: Aber jetzt machst du das nicht mehr oder?

C: Ja, ne, jetzt ist schwer… Das ist meist für Jüngere…

JB: Ah, das ist dann eher für Jüngere.

C: Da lern man halt vor allem was im Koran steht, und dann kann man auch weiterlesen, eigentlich auch durchlesen, werd ich dann auch natürlich versuchen, aber zur Zeit früher gings lockerer, mit der Schule…

JB: Aber würdest du sagen, dass deine Religion auf dein Alltagsleben Einfluss hat, also lebst du deine Religion dann auch im Alltag aus?

C: Ja im Alltag natürlich, das zum Beispiel schon. Wenn ich zum Beispiel mit ein paar Kumpels unterwegs bin und die gehen MacDonalds oder so , keine Ahnung, wenn die dann Schwein essen und so, dann ess ich halt nicht mit, oder Alkohol trink ich auch nicht, auch nicht auf ner Party oder so. Die lassen mir dann aber auch meine Freiheit. Klar, manchmal sagen die schon ich soll was trinken. JA, das sag ich halt geht nicht. Das beeinfluss also schon den Alltag. Die haben da aber dann auch nichts dagegen.

JB: Das is aber auch ok für die wenn ablehnst?

C: Ja, klar.

JB: Ok. Wie wichtig ist die Religion in deiner Familie? Hat die dann so nen Stellenwert wie bei dir jetzt, oder würdest du sagen, dass deine Eltern religiöser als du sind?

C: Also, die sind eigentlich genauso wie ich. Also meine Eltern tun auch nicht fünfmal am Tag beten. Also so wie ich ungefähr. Nicht strenger aber auch nicht lockerer. So wie ich.

JB: Ich frag, weil ich kenn‘s von vielen von meinen Bekannten, dass deren Eltern noch sehr viel verbundener sind zu ihrer Religion.

C: Ja, das kommt schon oft vor, aber… weiß nicht, bei uns is halt ausgegelichen, so wie ich.

JB: Ok. Generell wenn du jetzt mit anderen zu tun hast, denkst du, dass die Religion generell einen relativ niedrigen Stellenwert hat, oder wie würdest du das sehen, bei der „breiten Bevölkerung“, sag ich jetzt mal.

C: Jetzt alle Religionen oder nur…

JB: Ja, alle.

C: Hm, ich weiß nicht. Es kommt mir eigentlich nicht so vor, dass hier in Deutschland alle, so viele Leute Religion, weiß nicht, aber die Jungs, meine ganzen Kumpels, die gehen nie in die Kirche, also ich find das hat nicht so nen hohen Stellewert hier in Deutschland, wenn niemand in die Kirche geht, weiß nicht ob die das müssen…

JB: Naja, man „sollte“…

C: Also ich kenn niemand der jetzt jeden Sonntag in die Kirche geht. Es gibt auch viele in Deutschland die dann Atheisten sind. Also, so nen hohen Stellewert hat’s nicht in Deutschland, also in andere Ländern ist das schon mehr.

JB: Denkst du, dass diese generelle, niedrige Grundhaltung von Religion irgendwie Einfluss auf dich hat, oder auf andere Menschen mit Migrationshintergrund, dass die dann auch weniger religiös wären?

C: Also auf mich persönlich hat das nicht im geringsten… also beeinflusst mich nicht. Also ich zieh mein Ding durch und mach’s halt so wie ich’s für richtig halte. Wie gesagt, ich mach dann halt nicht mit, trink nicht, wenn die Schwein essen oder so, da gibt’s dann auch nicht das eine Mal, oder so.

JB: Denkst du dann, dass sich Bürger mit Migrationshintergrund gerade deshalb stärker mit ihrer Religion identifizieren, weil die andern sich weniger damit identifizieren, oder denkst du das hat keinen Einfluss?

C: Ich denk das hat keinen Einfluss. Wenn sie ihre Religion hier mehr ausüben, haben sie vielleicht auch mehr gelehrt bekommen, wenn die aus der Türkei kommen, oder aus anderen Ländern, dann fällt es ja auch schwer, sich mit anderen zu unterhalten, die können ja am Anfang alle nicht deutsch, dann können sie ja schlecht … [unverständlich]

JB: Ok, dann hab ich vielleicht noch eine letzte Frage: Hast du dich schon mal ausgegrenzt oder fremd gefühlt wegen deiner Religion, oder war das sogar mal andererseits Vorkommnisse, wo du gesagt hast, das war eine Bereicherung?

C: Also ausgegrenzt wird man nicht wegen der Religion. Natürlich kommen dann mal so Sprüche wie: Willst auch mal Schwein essen und so Zeug, aber das meinen die dann im Spaß, also ausgegrenzt nicht, die meinen‘s ja im Spaß, und die meine’s auch nicht so ernst, also ausgegrenzt nicht. Ich fühl mich nicht ausgegrenzt.

JB: Ok, das war’s dann auch schon. Vielen Dank.

C: Ja, klar, bitte.