Benutzer:Daniel Mühl/Arbeitsseite (WS 2018)

Ausbruchswellen der Spanischen Grippe

Spanische Grippe in Wien

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Die Spanische Grippe brach kurz vor beziehungsweise nach dem Ende des ersten Weltkriegs überall auf der Welt aus. In Wien gab es bereits 1917 etwa 25 Todesopfer aufgrund der Grippe zu beklagen. In den ersten 6 Monaten des Folgejahres waren nicht mehr als etwa 3 Menschen der Grippe erlegen, ehe sie im gegen Ende 1918 den Höhepunkt erreichte und schnell einen Zusammenbruch des Alltags bewirkte. Schulen, Kirchen und Ämter wurden geschlossen und auch der Straßenbahnverkehr war von der Krankheit betroffen. Unzählige Schaffner und Fahrer in Wien und auch in München, konnten ihren Dienst aufgrund einer Erkrankung nicht versehen.[1] Die Verbreitung der Krankheit ging derartig schnell voran, dass die in Wien tätigen Ärzte, sowie auch Schwestern und Pfleger mit der Anzahl an Erkrankten überfordert waren. Deshalb wurden vom Wiener Stadtrat noch weitere Hilfsärzte angefordert und das Militär stellte 100 Fahrzeuge für die Behandlung der Kränkung zur Verfügung. Genaue Zahlen über die Ausbreitung der Krankheit gibt es nicht, da die Behörden keine Anzeigepflicht erhoben.[2]

Ausbreitung

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Grundsätzlich kommt die Spanische Grippe aus Amerika. Über den ersten Erkrankten ist nur sehr wenig bekannt, jedoch schaffte die Krankheit in den letzten beiden Kriegsjahren durch US-Soldaten den Sprung über den Atlantischen Ozean nach Europa. Der Name der Grippe kommt also nicht von deren Herkunftsland, sondern sie wurde lediglich so genannt, da man in Spanien zuerst über die Krankheit berichtete. Dies liegt daran, dass Spanien als eines der wenigen Länder in Europa nicht mit dem Krieg beschäftigt war und somit auch keiner Zensur unterstand. Spanien verstand den Ernst der Lage, denn bereits im Mai 1918 war in Madrid jeder dritte Einwohner an der Grippe erkrankt. Unter den Erkrankten fand sich sogar König Alfons XIII. und seine Mitarbeiter. [3] [4] Die Zensur der k.u.k. Monarchie war mitunter ein Grund für die rasche Ausbreitung in Wien. Sie unterdrückten Warnungen und gaben dem Volk Sicherheit, dass es keine große Gefahr gebe. Neben einer Massenhysterie wollten sie mitunter im letzten Kriegsjahr auch den Wille zum Durchhalten nicht schwächen. So wurde der Ernst der Situation nicht erkannt. Eine Wiener Zeitung berichtete Ende September 1918 sogar noch über den Ausbruch der Krankheit in Budapest. Dies war zu einem Zeitpunkt an dem die Seuche Wien längst erreicht hatte. Gleich nach Ende des Krieges und somit auch mit Ende der Monarchie, durften die Presseabteilungen auch über die Krankheit berichten und informierten rasch über Zahlen und von der Krankheit betroffenen Schulen, Krankenhäusern und öffentlichen Einrichtungen. Lediglich gegen Berichte über den anscheinenden Fortschritt in der Forschung nach einem Heilmittel hatte die Zensur nichts einzuwenden.

Fehleinschätzung der Krankheit

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Die Krankheit wurde lange Zeit lang nicht wirklich ernst genommen, weshalb sie auch letztendlich umso heftiger wütete. Aber nicht nur der Kaiser und seine Gefolgschaft erkannten das Risiko der Krankheit nicht, sondern auch dem Volk war nicht bewusst, wie sich die Seuche auswirken kann. So gab es Beschwerden von vielen Arbeitern nachdem die niederösterreichische Kronenzeitung eine Empfehlung für Schulen bekannt machte. In dieser riet die Zeitung den Schulen das Urteil eines Arzt einzuholen und einzelne Klassen oder gar den ganzen Schulbetrieb einzustellen, sollten Erkrankungen auftreten. Sie empörten sich darüber, wie Mann und Frau arbeiten gehen sollen, wenn ihre Kinder unbeaufsichtigt an den Straßen lungern. Währenddessen forderte der Minister für Volksgesundheit in Wien zusätzliche Lieferung von Aspirin an, da selbst nicht genug hergestellt werden konnten. Auch seine Einschätzung zur Spanischen Grippe war fatal. Er rechnete mit einer milderen Erkrankungs- beziehungsweise Sterberate, als die Influenza-Seuche im Winter der Jahre 1889/90. Wiener Kinobesitzer waren über den Plan ihre Etablissements zu schließen ebenso wenig erfreut und argumentierten mit der These, dass ohnehin keine Person ein Kino besucht, wenn sie an der Grippe leidet. Da die spanische Grippe aber bereits vor Auftreten von Symptomen ansteckend ist, war dies ein weiterer Schritt in Richtung Epidemie. Zu Beginn wurden die Opfer der Spanischen Grippe sogar zu den an Lungenentzündung Verstorbenen gezählt. Da sich diese Zahl aber in kurzer Zeit rasant erhöht hatte, wurde auch in den Statistiken die Grippe angeführt.[5] Mit der Zeit gab es so viele Tote zu beklagen, dass die Pferdeleichenwägen nicht mehr ausreichten. Aus diesem Grund nutzte man die Straßenbahn mit der Nummer 71, um Nachts die Toten zum Zentralfriedhof zu bringen. Aus diesen Geschehnissen entstand später auch eine Redeweise. So meinen Wiener, wenn sie sagen: "Dea hod si mit da anasiebzga hamdraht"/ "Der hat sich mit der Einundsiebziger heimgedreht" oder "Dea is mit da anasiebzga gfoahn"/"Der ist mit der Einundsiebziger gefahren", dass diejenige Person verstorben ist.[6]

Heilmittel

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Das besagte Heilmittel an dem gearbeitet wurde, bekam die Bevölkerung nie zu sehen. Jedoch gab es einzelne Ärzte, die glaubten ein Mittel gefunden zu haben, dass die Grippe vollständig kuriert. So führte die Journalistin Laura Spinney in ihrem Buch "1918- Die Welt im Fieber" das Experiment eines Arzt an. 21 Testpersonen, die sich mit Spanischer Grippe infizierten hatten injizierte er Quecksilber. Überraschenderweise starb keiner der Testpersonen an der Grippe, mit heutigem Wissen betrachtet, lässt sich aber sagen, dass sich deren Tod lediglich verzögert hat und sie letztlich an den Folgen des Quecksilbers im Blut starben.[7]


Spanische Grippe in Vorarlberg

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Ausbreitung

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Vorarlberg blieb vom 1. Weltkrieg selbst weitestgehend verschont. Im Bundesland fanden keine Schlachten statt, lediglich Soldaten wurden in großer Zahl in den Krieg einberufen. Die Kriegseuphorie war zunächst auch sehr groß, wurde aber mit den ersten, zahlreichen Verlusten sehr geschmälert. Bereits ab dem Jahr 1917 erlebte Vorarlberg einen Versorgungsengpass. Lebensmittelgeschäfte wurden von Massen an Menschen überlaufen, aber nicht nur das Essen war sehr knapp, sondern auch Kleidung und Schuhe. Aus diesem Grund hatte die Spanische Grippe in Vorarlberg auch keine Schwierigkeiten sich auszubreiten. Trotz allem gab es in Vorarlberg aufgrund der geringeren Bevölkerungsdichte nur einige hundert Tote zu beklagen. [8] Die Presse behandelte die spanische Grippe in Wien selbst nur in knappen Nebenberichten. Berichtet wurde von Einzelfällen. Über die Ausbreitung in anderen Städten oder Bundesländern schrieben sie hingegen offener. So war in der Zeitung auch zu lesen, dass sich die Seuche in Innsbruck und Vorarlberg bereits rasch ausbreitet. Der Fokus der Zeitungen lag darin, die Krankheit in Wien herunterzuspielen, andere Städte waren weniger wichtig. [9]

Prominente österr. Opfer

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Fazit & Vergleich

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Zusammenfassend lässt sich sagen, dass die Spanische Grippe in Wien viel aggressiver gewütet hat als in Vorarlberg. Nicht nur die Zahl der Todesopfer war um einiges höher, sondern auch ein größerer Teil des sozialen Lebens wurde zwischenzeitlich stillgelegt. Die Berichterstattung über die Krankheit selbst war damals nur sehr begrenzt. Wiener wussten besser Bescheid über den Zustand von auswärtigen Städten und wurden so getäuscht. Heutzutage ist über die Ausbreitung in anderen Städten weniger bekannt, dafür lässt sich die Situation von Wien während die Spanische Grippe umging ganz gut rekonstruieren.

Weiterführende Literatur

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  • Andreas Weigl: Eine Stadt stirbt nicht so schnell. Demographische Fieberkurven am Rande des Abgrunds. In: Alfred Pfoser / Andreas Weigl [Hg.]: Im Epizentrum des Zusammenbruchs. Wien im Ersten Weltkrieg. Wien: Metroverlag 2013, S. 62-71
  • Andreas Weigl: Mangel – Hunger – Tod. Die Wiener Bevölkerung und die Folgen des Ersten Weltkriegs. Wien: Verein für Geschichte der Stadt Wien 2014 (Wiener Geschichtsblätter, Beiheft 1/2014)
  • Biwald, Brigitte: Von Helden und Krüppeln. Das österreichisch-ungarische Militärsanitätswesen im Ersten Weltkrieg. Teil 2, Wien 2002
  • Biwald, Brigitte: Krieg und Gesundheitswesen, in: Pfoser, Alfred/Weigl, Andreas (Hrsg.): Im Epizentrum des Zusammenbruchs. Wien im Ersten Weltkrieg, Wien 2013, 294-301
  • Dietrich, Elisabeth: Der andere Tod. Seuchen, Volkskrankheiten und Gesundheitswesen im Ersten Weltkrieg, in: Eisterer, Klaus/Steininger, Rolf (Hrsg.): Tirol und der Erste Weltkrieg, Innsbruck 2011, 255-275
  • Edgar Haider: Wien 1918. Agonie der Kaiserstadt. Wien / Köln / Weimar: Böhlau Verlag 2018
  • Müller, Jürgen: Die Spanische Influenza 1918/19. Der Einfluß des Ersten Weltkrieges auf Ausbreitung, Krankheitsverlauf und Perzeption einer Pandemie, in: Eckart, Wolfgang U./Gradmann, Christoph (Hrsg.): Die Medizin und der Erste Weltkrieg, 2. Auflage, Herbolzheim 2003, 321-342
  • Siegfried Rosenfeld: Die Grippeepidemie des Jahres 1918 in Österreich. Wien: Franz Deuticke 1921
  • Winkle, Stefan: Geißeln der Menschheit. Kulturgeschichte der Seuchen, Düsseldorf/Zürich 1997


Einzelnachweis

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  1. Spanische Grippe in Wien (abgerufen am 21.01.2019)
  2. Spanische Grippe von 1918 (abgerufen am 21.01.2019)
  3. Spanische Grippe in Wien (abgerufen am 09.02.2019)
  4. Spanische Grippe: Unfallchirurgie Michael Kunze
  5. Der "sinnlose, brutale Seuchenmord" (abgerufen am 23.01.2019)
  6. Die zerstörerische Kraft der Viren (abgerufen am 23.01.2019)
  7. Der "sinnlose, brutale Seuchenmord" (abgerufen am 23.01.2019)
  8. VBG: Loslösung von Tirol zu Kriegsende (abgerufen am 01.02.2019)
  9. Der "sinnlose, brutale Seuchenmord" (abgerufen am 23.01.2019)