Benutzer:Felix Reisacher/Dokumentation (KU 2018)

Dokumentation: Superheldinnen und Superhelden 2.0

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Protokoll

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Meine Aufgabe war es, während der Kreativwoche 2018 der KinderuniKunst im Rahmen des Workshops 022-023 Superheldinnen und Superhelden 2.0 I-II zu untersuchen, ob sowohl in der Gruppe der 8 bis 10-jährigen, als auch der der 10 bis 12-jährigen genderspezifische Unterschiede im Umgang mit Kulturvermittlung zu erkennen seien. Dabei wurde besonderes Augenmerk auf den Umgang der Kinder mit Technik und Handwerk (u.a. Basteln, Schrauben, Zeichnen) gelegt und beobachtet, ob das Verhalten der Buben grundsätzlich von dem der Mädchen abweiche.

Ziel des Kurses war es, mit den Kindern aus alten und kaputten Spielsachen und weggeworfenen Haushaltsartikeln SuperheldInnen und Roboter zu basteln. Der Workshop wurde in zwei Altersgruppen aufgeteilt: eine jüngere Gruppe mit Kindern von 8 bis 10 Jahren (Gruppe 1) sowie eine ältere Gruppe mit 10- bis 12-jährigen (Gruppe 2). Gruppe 1 bestand zu Beginn aus 7 Buben und 2 Mädchen, Gruppe 2 aus 3 Buben und 2 Mädchen. Der Kurs war außerdem auf 4 Tage zu je 2 Stunden aufgeteilt. Geleitet wurde der Workshop von Frau Steffanie Neuhuber und Frau Lena Violetta Leitner.

  • Montag 2. Juli, 9:30 Uhr, Universität für angewandte Kunst Wien, Gruppe 1

Nach dem Eintreffen der Kinder und einem kurzen gegenseitigen Kennenlernen war die erste Aufgabenstellung an die Kinder, ihre eigene Interpretation eines Superhelden zu zeichnen. Die Fragestellung lautete dabei folgendermaßen: Was/Wer ist dein/e SuperheldIn? Die Ergebnisse waren zum Teil erwartungsgetreu mit gesellschaftlichen Geschlechteridentitäten: Beispielsweise zeichneten einige Buben ein Superhelden-Auto mit Feuerwaffen, einen Alien-Batman oder einen Fußballspieler - allesamt Figuren die mit dem männlichen Geschlecht verbunden werden bzw. auf Action und eventuell auch Gewalt hindeuten. Ein Mädchen zeichnete ihre Hauskatze die besonders gerne gestreichelt wird - eine weit "friedlichere" Art des Superhelden. Allerdings waren auch einige Ergebnisse dabei, die nicht auf eine eindeutige Geschlechteridentität bzw. ein typisches Geschlechter-Klischee hindeuten: Einer der Buben zeichnete seinen kleinen Bruder, ein weiterer eine Sonnenschein-Superhelden und ein dritter seinen Kater. Eines der Mädchen zeichnete einen unsichtbaren Helden mit Schusswaffen. Insgesamt ließen sich somit keine eindeutigen Zuordnungen in eine jeweilige Geschlechterrolle vernehmen lassen.

  • Montag 2. Juli, 12:30 Uhr, Universität für angewandte Kunst Wien, Gruppe 2

Auch die zweite Gruppe der etwas älteren Kinder wurde mit der gleichen Aufgabestellung konfrontiert. Die Ergebnisse waren hier womöglich etwas deutlicher: Die Zeichnungen der Mädchen zeigten zum einen die beste Freundin, eine Super-Katze und einen fliegenden Elefanten. Die Buben zeichneten einen Zeitstopper-Man und ein Super-Riecher-Schwein. Ergebnisse die wohl als in Übereinstimmung mit dem Geschlecht bezeichnet werden könnten. Einer der Buben zeichnete allerdings seine Hauskatze. In dieser Gruppe war folglich im Laufe des ersten Tages eine Linie zu erkennen, eine eindeutige Trennung konnte jedoch nicht vorgenommen werden.

Tag 2 & 3

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  • Dienstag 3. Juli / Mittwoch 4. Juli, 9:30 Uhr, Universität für angewandte Kunst Wien, Gruppe 1

Am zweiten und dritten Tag wurde im Müll nach Material gesucht, mit dem die Kinder SuperheldInnen bzw. Roboter bauen konnten. Die Kinder wurden außerdem am Vortag damit beauftragt, alte Spielsachen von zu Hause mitzubringen, die möglicherweise auseinandergebaut und neu verarbeitet werden könnten. Die Kinder bastelten jeweils mehrere Figuren aus Plastikflaschen, Klopapierrollen, Styropor, Papier etc. und ihren eigenen alten Spielsachen wie z.B. Spielzeugautos, Action-Figuren oder alten Handies. Die Ergebnisse ließen hierbei recht deutliche genderspezifische Tendenzen erkennen: Die Buben bastelten unter anderem ein Super-Auto, einen Transformer, eine Stöpselschleuder, einen Ventilator-Man und eine Tentakel-Man - Figuren, an denen jeweils viel geschraubt und zerschnitten wurde und etliche Spielsachen in Einzelteile zerlegt wurden. Die zwei Mädchen blieben eher unter sich und bastelten eine Super-Blume sowie eine zeitreisende Barbie. Die Mädchen zerlegten kaum mitgebrachte Spielsachen sondern verwendeten sie eher als Ganzes und arbeiteten viel mit Klebstoff und Klebeband. Sowohl die Ergebnisse als auch das Vorgehen der Kinder ließ somit eindeutig auf die jeweiligen Geschlechteridentitäten schließen.

  • Dienstag 3. Juli / Mittwoch 4. Juli, 12:30 Uhr, Universität für angewandte Kunst Wien, Gruppe 2

Die Ergebnisse der zweiten Gruppe waren während dieser Aufgabe weniger deutlich: die Buben bastelten unter anderem einen zeitreisenden Robocop und einen Roboter mit Lautsprecher, die beiden Mädchen erstellten eine gehende Fotokamera sowie eine Büchsen-Kamera. Hier waren keinerlei Tendenzen zu erkennen. Auch am Vorgehen der Kinder konnten keine genderspezifischen Unterschiede beobachtet werden. Sowohl die Buben als auch Mädchen zerlegt etliche Spielsachen, schraubten, zerschnitten und klebten Materialen. Insbesondere die beiden Mädchen ließen keinerlei genderspezifisches Verhalten erkennen und schienen keine gesellschaftliche Geschlechteridentität "auferlegt" zu haben.

  • Donnerstag 5. Juli, 9:30 Uhr, Universität für angewandte Kunst Wien, Gruppe 1

Am letzten Tag des Workshops wurden die Kinder damit beauftragt, aus altem Gewand und diversen Materialen ein eigenes Superhelden-Kostüm zu basteln und selbst zum Superhelden / zur Superheldin zu werden. In der ersten Gruppe konnten dabei kaum Unterschiede zwischen Buben und Mädchen ausgemacht werden. Während die Buben sich in einen Super-Koch, Sonnenmann oder Umhang-Man verwandelten, verkleidete sich das (letzte übriggebliebene) Mädchen als zeitreisende Wissenschaftlerin. Sowohl Ergebnisse als auch Vorgehen waren hier bei allen Kindern sehr ähnlich.

  • Donnerstag 5. Juli, 12:30 Uhr, Universität für angewandte Kunst Wien, Gruppe 2

In der zweiten Gruppe ließen sich bezüglich der Kostüme deutlichere Unterschiede erkennen: Die Buben verkleideten sich unter anderem als Lasso-Man und optische Täuschung, die Mädchen als Eiskristallbraut und Socken-Häschen. Hier waren demnach im Endergebnis recht eindeutige Geschlechteridentitäten zu beobachten, das Vorgehen war allerdings auch hier bei allen Kinder sehr ähnlich.

In beiden Gruppen waren bei manchen Aufgabenstellungen leichte bis deutliche geschlechterspezifische Unterschiede auszumachen, in anderen Aktivitäten konnten keine Geschlechteridentitäten beobachtet werden. Die Ergebnisse des Workshops lassen sich teilweise in die jeweiligen Geschlechter-Klischees zuordnen, als dass die Buben oft etwas "gewalttätigere" bzw. Action-basierte SuperheldInnen erstellten, während die Mädchen öfters eher "friedvolle" Figuren bastelten. Im Vorgehen war teilweise zu erkennen, dass Buben mit technischen bzw. handwerklichen Aktivitäten besser vertraut waren und schneller zum Schraubenzieher, zur Zange oder zum Stanley-Messer griffen. Fast alle Mädchen verwendeten hingegen lieber die Klebepistole, das Duct-Tape oder die Schere. Im weitern Sinne konnte somit eine Tendenz beobachtet werden, dass die Buben insgesamt eher techisch vorgingen, während die Mädchen spielerisch handelten.

Experteninterview

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  • Interviewer: Ihr habt ja beide in der Vergangenheit schon mehrere verschiedene Wokshops mit Kindern geleitet. Fallen euch im Umgang mit Kunst- und Kulturvermittlung bei Kindern Unterschiede zwischen Buben und Mädchen auf?

Violetta: Für mich persönlich nicht - in den letzten 3-4 Workshops, die wir geleitet haben, hat es eigentlich alles gegeben: sehr schüchterne, ruhige Burschen, die nicht aus sich herausgekommen sind; Mädls die volle Power hatten und alles an sich gerissen haben - also mir ist es nicht genderspezifisch aufgefallen, das ist mein Eindruck.

Steffanie: Es kommt immer auf die Kinder an, jeder Mensch ist unterschiedlich - Ich habe das Gefühl, dass hier auf die Uni eher Kinder kommen, die aus offenen Familien kommen und von zuhause einen relativ genderneutralen Umgang gewohnt sind - Ich meine, wer schickt seine Kinder hierher? Eher gebildete Eltern, ehemalige Studenten - Es handelt sich hier bei der Kinderuni nunmal um eine Mikrokosmos, der wahrscheinlich keine Verallgemeinerungen erlaubt - Es ist nicht so dass Mädchen rosa tragen müssen, Burschen blau - sondern eher: mach das, was dir gefällt - das habe ich eigentlich bei allen Kindern gemerkt - Es gab Einzelfälle, in denen Mädls ihre Clique um sich geschart haben, das waren 8 bis 9-jährige letztes Jahr, aber das war eigentlich das einzige Mal - damals haben wir versucht zu vermitteln, dass wir alle ein Team sind und versuchen im Team zu arbeiten und es egal ist, ob du ein Bursch oder Mädchen bist - wir haben das aber eher unterbewusst gemacht und nicht zum Thema gemacht und versucht alle gleich zu behandeln.

  • Interviewer: Was waren eure Eindrücke im Bezug auf den diesjährigen Workshop? Habt ihr geschlechterspezifische Unterschiede bei den Kindern im Umgang mit Technik bzw. handwerklichen Tätigkeiten vernommen?

Violetta: Es war schwer Unterschiede zu erkennen, weil wir den Workshop eigentlich in Themenblöcke unterteilt haben - Es haben alle gemeinsam die selbe oder eine ähnliche Aktivität gemacht - Ein bisschen ist mir schon aufgefallen, dass die Burschen das Handwerkliche von zuhause mitkriegen; wie der eine Bursch, der mit seinem Papa manchmal in der Werkstatt arbeitet - Oder auch was die Kinder von zuhause mitgebracht haben: einerseits eine Spielzeug-Küche oder Barbie-Puppe, andererseits Autos oder eine Buzz Lightyear Action-Figur - Das hat wahrscheinlich dann damit zu tun, was Kinder geschenkt bekommen von der Familie oder Freunden; dass es in der Gesellschaft so üblich ist, dass Mädchen das eine und Burschen das andere geschenkt bekommen - Aber prinzipiell sind die Kinder hier alle recht offen und man kann mit ihnen dann auch in eine andere Richtung gehen.

Steffanie: Ich hab das Gefühl gehabt, es hätten eigentlich alle gern zum Werkzeug gegriffen, nur es ist manchmal der Umgang mit dem Werkzeug schwierig - wie der eine Bursch der eben schon viel Erfahrung im Umgang mit Werkzeug hatte, aber andere die sich eher schwer getan haben mit dem Stanley-Messer - In der einen Gruppe haben die Mädls vielleicht mehr geklebt, oder die eine, die ihr Kostüm für die Barbie gemacht hat - In einer Gruppe gab es ein, zwei Burschen die mehr geschraubt haben, aber es hat genauso die Burschen gegeben, die einfach nur den Müll zusammengeklebt haben - Und es gab auch die Mädchen, die sehr wohl das Küchengerät auseinandergebaut haben, das war eher Teamwork zwischen Burschen und Mädls - Es ist schwierig, da wirklich Verallgemeinerungen zu treffen, weil jeder als Kind oder als Mensch total unterschiedlich ist - Aber ich glaube, dass es hier auf der Kinderuni in diesem Kontext noch eher ausgeglichen ist, von dem Interesse her - Wir haben schon in anderen Schulen Workshops gemacht, und da war schon zu erkennen, dass die Interessen ein bisschen anders gelegt sind - Vor allem kommt mir vor, je älter die Kinder werden, desto eher fällt man in gewisse Schubladen oder Muster.

  • Interviewer: Damit schneidest du schon die nächste Frage an: Habt ihr das Gefühl, dass in der Gruppe mit den älteren Kindern die Geschlechteridentitäten stärker ausgeprägt sind? Quasi, dass sich mit steigendem Alter eine stärkere Identifizierung mit dem eigenen Geschlecht bildet?

Steffanie: Ich glaube gerade in der älteren Gruppe eher nicht - eher noch in der jüngeren Gruppe z.B. mit der Barbie oder dem Action-Auto - In der zweiten Gruppe war z.B. die Emma ja ein sehr burschikoses Mädchen - also hier nicht, aber in anderem Kontext wahrscheinlich eher - Dafür waren die zwei Gruppen auch zu nah beienander im Alter - wenn eine Gruppe von 6 bis 8-jährigen wäre und die anderen von 13 bis 14 und aufwärts, dann vielleicht eher - Aber hier bei uns nicht.


--Felix Reisacher (Diskussion) 14:58, 15. Jul. 2018 (CEST)