Das SIR-Modell (Susceptible-Infected-Recovered-Model) ist ein Modell zur Ausbreitung von Krankheiten. Mit ihm kann man eine Art „Krankheitsvorhersage“ machen. Es wurde 1927 von den Schotten William O. Kermack und Anderson G. McKendrick vorgestellt.

Jedes Individuum einer Population der Stärke befindet sich in einem der Zustände (engl. susceptible: „anfällig“), (engl. infected: „infiziert“) oder (engl. recovered: „wieder gesund“; engl. resistant, weil sie immun sind oder engl. removed, weil sie tot sind).

Ein Individuum nimmt den Weg .

Es gilt zu jedem Zeitpunkt : .

Wir sprechen in diesem Zusammenhang immer von „Individuen“ und „Population“ statt von „Menschen“ und „Bevölkerungsanzahl“, weil dieses Modell auch im Tierreich angewendet werden kann.

Herleitung der Differentialgleichungen

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Mit   bezeichnet man die zeitliche Änderungsrate (Ableitung) der Größe  . Je mehr sich   ändert, desto größer ist  . Bei Abnahme von   erhält man negative Werte für  . Die Zeit   wird meistens in Tagen angegeben.


Beginnen wir mit  , der letzten der drei Gruppen: Zu   gehören alle Individuen, die immun oder isoliert sind. Auf jeden Fall können sie in diesem Modell keine weiteren Individuen anstecken. Je mehr Individuen infiziert sind, um so mehr werden am nächsten Tag immun sein. Oder anders ausgedrückt:

Die Änderung der Anzahl der immunen Individuen ist proportional zur Anzahl der Infizierten.

als Formel:  

Wenn man den Proportionalitätsfaktor   einführt, gilt:  

Bemerkung:   (gamma) ist der Kehrwert der mittleren Krankheitsdauer und besitzt somit die Einheit 1/Tag.   gibt an, wie schnell die Menschen gesunden oder nicht mehr infektiös sind.   ist abhängig vom Krankheitserrger.


Kommen wir zur mittleren Gruppe  , der Anzahl der infizierten Individuen. Sie können die gesunden Individuen anstecken.

Die Anzahl der Neuinfizierten ist proportional zur Anzahl der Gesunden   und zur Anzahl der Infizierten  . Wenn z.B. die Anzahl der Infizierten verdoppelt wird, werden sich auch doppelt so viele neu infizieren. Wenn es aber doppelt so viele gesunde Personen gibt, werden sich auch doppelt so viele neu infizieren. Dies ergibt den ersten Summanden in  .

Alle Individuen, die von   zu   wandern, verschwinden in  . Das ist der zweite Summand in  .

 

Bemerkung:   (beta) besitzt die Einheit 1/(Anzahl der Individuen mal Zeit), also auch 1/Tag.   gibt an, wie schnell sich die Krankheit ausbreitet und ist u.A. davon abhängig, wie viele Personen sich jeden Tag treffen, ob die Hände gewaschen werden usw.


Zuletzt die Gruppe   der gesunden und somit noch anfälligen Individuen.

Damit die Bilanz   stimmt, muss der 1. Summand von   aus   im nächsten Zeitschritt verschwunden sein:  

Die Differenzialgleichungen  ,   und   sind:

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Lösung des Differenzialgleichungssystems

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Eine (analytische) Lösung mit drei Gleichungen

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ist nur sehr kompliziert zu finden, aber wir können den zeitlichen Verlauf von  ,   und   näherungsweise berechnen, wenn wir ab einem Startwert jeweils die Änderungen zum Startwert dazu addieren.

Grundidee: neuer Wert = alter Wert + Änderung

z.B.  

Bemerkung: Wir schreiben immer „+“, aber die Änderung kann auch negativ sein. Dann ist der neue Wert kleiner als der alte.

Simulation mit Tabellenkalkulation

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Wir nehmen eine Population von   an, von denen   gesund und   infiziert sind. Somit gilt zu Beginn mit Gleichung    .

Aufbau und Startwerte:

A B C D E F
1 SIR-Modell b= 0,0004 g= 0,04
2
3 S dS I dI R dR
4 997 3 0
5

  kann in der Tabellenkalkulation nicht dargestellt werden. Als Ersatz wählen wir die Schreibweise  . Aus dem gleichen Grund steht   für   und   für  .


 

Berechnung der Änderungen, z.B.  . Dabei setzen wir  ; ein Zeitschritt ist 1 Tag. Der Wert für   steht in der Zelle D1, fixiert mit $D$1. Das Malzeichen ist das Sternchen „*“. Das Divisionszeichen wäre übrigens „/“. Wichtig ist das „=“-Zeichen zu Beginn der Formel, sonst fängt die Tabellenkalkulation nicht an zu rechnen. Man kann die Formel in der Zelle eingeben oder bei markierter Zelle in die Eingabezeile (siehe Screenshot oben).


A B C D E F
1 SIR-Modell b= 0,0004 g= 0,04
2
3 S dS I dI R dR
4 997 =-$D$1*A4*C4 3 =$D$1*A4*C4-$F$1*C4 0 =$F$1*C4
5

Es erscheinen die Werte für dS, dI und dR:

A B C D E F
1 SIR-Modell b= 0,0004 g= 0,04
2
3 S dS I dI R dR
4 997 -1,20 3 1,08 0 0,12
5

Einen Zeitschritt später gibt es folgende neuen Werte für  ,   und  . Jetzt benutzen wir die Grundidee

neuer Wert = alter Wert + Änderung, also z.B.  

A B C D E F
1 SIR-Modell b= 0,0004 g= 0,04
2
3 S dS I dI R dR
4 997 -1,20 3 1,08 0 0,12
5 =A4+B4 =C4+D4 =E4+F4

und mit Zahlen:

A B C D E F
1 SIR-Modell b= 0,0004 g= 0,04
2
3 S dS I dI R dR
4 997 -1,20 3 1,08 0 0,12
5 995,80 4,08 0,12

Wenn wir nun die Entwicklung für 100 Tage simulieren wollen, füllen wir die Zellen mit Formeln bis zur Zeile 103 nach unten aus, indem wir die gewünschte Zelle (z.B. A5 oder B4) markieren und das kleine Quadrat rechts unten in der Zelle mit der Maus nach unten ziehen:

A B C D E F
1 SIR-Modell b= 0,0004 g= 0,04
2
3 S dS I dI R dR
4 997 -1,20 3 1,08 0 0,12
5 995,80 -1,62 4,08 1,46 0,12 0,16
... ... ... ... ... ... ...
103 0,03 -0,00 38,17 -1,53 961,80 1,53

Für ein Diagramm markieren wir alle Werte von  ,   und   inkl. Überschrift. Nicht benötigt werden  ,   und  . Du kannst dazu mit der Maus die Zellen A3 bis A103 markieren, dann mit Shift + gedrückte Maustaste die Zellen C3 bis C103 markieren und schließlich die Maus kurz loslassen und wieder mit Shift + gedrückte Maustaste die Zellen E3 bis E103 markieren. Wähle dann im Menü Einfügen > Diagramm > Säulendiagramm.

In Excel geht es grundsätzlich genauso, nur kann hier das Markieren der Zellen im Namenfeld erfolgen (siehe Screenshot oben). Dort eintippen: A3:A103; C3:C103; E3:E103


 

Aufgaben

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  1. Wann ist die Anzahl der Infizierten am größten?
  2. Wie ändert sich das Diagramm, wenn man die Startwerte für  ,  ,   oder die Konstanten   und   ändert?

Bemerkungen

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Man erkennt die Herdenimmunität: Wenn eine gewissen Anzahl an Individuen immun ist, klingt die Krankheit ab. Wenn die Krankheit abklingt, ist   negativ:  

In Gleichung   kann man   ausklammern:  

Wenn   sein soll, muss die Klammer   sein.

 

In unserem Zahlenbeispiel wäre  

Wenn in der Population weniger als   anfällig sind, klingt die Krankheit ab. Das kann man durch Impfen erreichen. Im Diagramm erkennt man, dass bei   der Graph von   einen Hochpunkt besitzt und danach immer weniger wird. Wenn dies passiert ist x=1 und Kd Keller ist mein Schatzi

Grenzen des Modells

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  • In diesem Modell werden keine Geburten betrachtet. Wegen den relativ kurzen Zeitspannen ist dies aber auch zu vernachlässigen.
  • Das Modell ist nur für Krankheiten geeignet, an denen man nur einmal erkranken kann.
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