Allgemein Bearbeiten

Einer meiner Professoren auf der Lomonossow war

Igor Rostislawowitsch Schafarewitsch,

der mich besonders förderte, weil er ähnlich wie ich schon sehr zeitig diese Universität besucht hatte, bereits mit 15 Jahren. Er schloß die Fakultät als Externer bereits mit 17 Jahren ab, erhielt ein Stalin-Stipendium und verteidigte infolge dieser kolossalen materiellen Unterstützung (weitaus mehr als jeder Facharbeiter) mit 19 Jahren seine erste Doktorarbeit, war mit 21 Dozent an der Fakultät und verteidigte mit 23 Jahren seine zweite Doktorarbeit, woraufhin er Mitglied des Steklow-Institut für Mathematik wurde (es gehört zu den weltweit führenden mathematischen Grundlagenforschungsinstituten).

Die Sowjetunion hatte kein mit Deutschland direkt vergleichbares akademisches System - auch ein Grund [neben meiner Muttersprache Deutsch natürlich], 1976 Doktorand an der TU Dresden zu werden, wo ich bereits 1967/68 als externer Mathematik-Spitzen-Olympionike Vorlesungen besucht hatte (bis zum Einmarsch der Roten Armee in die damalige Tschechosslowakei).

Über Igor Rostislawowitsch Schafarewitsch kam ich im Herbst 1971 zu

Waleri Nikolajewitsch Tschalidse

und dessen Menschenrechtskomitee in der UdSSR, über das ich auch

Andrei Dmitrijewitsch Sacharow

kennengelernt habe. Mit Waleri Nikolajewitsch Tschalidse war ich eng befreundet, arbeitete ihm als ehemaliger Criado des Prager Frühlings (mit Kenntnissen in Deutsch und Tschechisch) u. a. für seine Zeitschrift "Die sozialen Problem" zu, aber im November 1972 erlaubten ihm die sowjetischen Behörden, in die USA zu reisen, um dort Vorträge zu halten, und am 13. Dezember 1972 wurde ihm dort die sowjetische Staatsbürgerschaft entzogen, „wegen Taten, die eines Bürgers der UdSSR unwürdig waren“ (ähnlich entledigte sich die DDR am 16. November 1976 Wolf Biermann - bezeichnenderweise entwickelten sich beide Aktionen zum Menetekel für das Ende der Regime: kein 13 Jahre nach der Tschalidse-Ausbürgerung kam Michail Sergejewitsch Gorbatschow an die Macht, und keine 13 Jahre nach der Biermann-Ausbürgerung fiel die Berliner Mauer).

Igor Rostislawowitsch Schafarewitsch verlor seine Professur wegen seiner sozialen Aktivitäten im Jahr 1975 und durfte nur noch in der Abteilung für Algebra am Moskauer Institut der Akademie der Wissenschaften der UdSSR arbeiten, wo ich ihn noch regelmäßig aufsuchte.

An Andrei Dmitrijewitsch Sacharow traute sich die Sowjetmacht erst 1980 heran, fast vier Jahre, nachdem ich Moskau verlassen hatte.


In der DDR war ich dann Mitglied des Friedensarbeitskreises (FAK) um Pfarrer Rainer Bohley, einer der fünf Koordinatoren des Konziliaren Prozess in der DDR, über seinen Bruder Dietrich Schwager von Bärbel Bohley. Da Pfarrer Rainer Bohley unter bis heute nicht geklärten Umständen Ende 1988 auf den Treppen zum Magdeburger Theater tot zusammenbrach (mit 48 oder 49 Jahren), übernahm es Bärbel bei der Gründung des Neuen Forums im September 1989, unsere jahrelange Vorarbeit in Magdeburg in diese Bewegung einfließen zu lassen. Bärbel war Anfang 1988 bis August 1988 ins Exil gezwungen worden, ich befand mich im September 1989 noch darin.


Von der BRD werde ich bis dato um mein Menschenrecht auf Bildung und berufliche Qualifikation beschissen, weswegen es mir Jahrzehnte beschissen ging und aktuell (Coronakrise, Ukrainekrieg) saubeschissen geht. Für mich gelten das Grundgesetz und die Grundrechte offenbar nicht (Bildung, Arbeit, angemessene Wohnung, Kultur ...). Ich kann mir mit dem Grundgesetz nicht nur den Arsch abwischen, sondern muß es sogar, um die eklatanten Menschenrechtsverletzungen der BRD deutlich zu machen. Die Differenz zwischen Anspruch und Wirklichkeit ist heute noch viel größer als in der Sowjetunion vor einem halben Jahrhundert. Der Kapitalismus in der BRD ist viel weiter von einer Demokratie entfernt als der Sozialismus der Sowjetunion von der sozialistischen Demokratie. Alexander Dubček versuchte im Prager Frühling 1968 einen "Sozialismus mit menschlichem Antlitz" (tschechisch: socialismus s lidskou tváří) zu schaffen. Auf die Idee, einen "Kapitalismus mit menschlichem Antlitz" zu schaffen, ist noch keiner gekommen - das ist auch angesichts der Geldregierung ein Widerspruch an sich. Der Mensch hat nur soviel Würde, wieviel Kapital er hat.

Einerseits hat mir die BRD mein Lomonossow-Studium bis dato nicht anerkannt, andererseits hat mir die BRD als mittellosen Übersiedler aus der DDR (ebenfalls ins Exil von der Stasi getrieben) keine Ausbildung gefördert, obwohl es infolge der Garantiefondregelung und der Otto-Benecke-Stiftung durchaus bis 1990 die Möglichkeit dazu gegeben hätte. Die Otto Benecke Stiftung war aber zu einem Selbstbedienungsladen verkommen: "1991 monierte der Bundesrechnungshof eine „Verschleierung der Ausgaben durch kaum nachvollziehbare Buchungen“ und stellte fest, dass „die Haushaltsführung der Otto Benecke Stiftung e.V. unübersichtlich“ war. Beanstandet wurden insbesondere Zahlungen an die von Mitgliedern der OBS gegründete und dann von der OBS mit der Durchführung des gesamten Sprachkursprogramms beauftragte „Gesellschaft zur Förderung berufsspezifischer Ausbildung“ (GfbA e.V.), deren Geschäftsführer Volker Grellert sich nach Ermittlungen der Frankfurter Staatsanwaltschaft mit rund einer Million DM aus der GfbA-Kasse bedient hatte. Das Finanzmodell von OBS und GfbA war auch innerhalb der OBS umstritten, so kritisierte OBS-Mitglied Peter Nölle, die OBS sei zu einem „Durchlauferhitzer für Geld“ verkommen, das „irgendwo landet“." (aus dem de-Wiki-Artikel)

Statt mir als "aus pol.[itisch]-op.[erativen] Gründen ausgebürgert"en mittellosen Übersiedler zu einer beruflich verwertbaren Qualifikation zu verhelfen, haben sich die Zuständigen nur selber die Taschen vollgestopft. Nach meiner Erfahrung sind leere Worthülsen wie "freiheitliche demokratische Grundordnung" nichts als stinkende faule Furze aus den Mäulern derer, die von dem derzeitigen Regime profitieren oder aber sich von den Profiteuren das Gehirn haben verkleistern lassen ("Mundfurze").


Ich brauche nur eine anerkannten Qualifikation entsprechend meinen Fähigkeiten und Neigungen (SGB I) und in Folge zu einer Arbeit entsprechend meiner Qualifikation und meiner Leistung, also eine beruflichen Karriere.

Erst kürzlich mußte ich mir sagen lassen, daß mein Lomonossow-Studium für eine Tätigkeit als Vertretungslehrer gemäß dem "Programm Unterrichtsversorgung" nicht anerkannt wird - es wäre a) zu russisch und b) auch noch sowjetisch. Dabei habe ich ebenfalls mit 19 meine erste (sowjetische) Doktorarbeit verteidigt und hielt schon mit 20 dank der Förderung durch Igor Rostislawowitsch Schafarewitsch in meinen Spezialgebieten Vorlesungen an der Fakultät, einer der weltführenden. Ein alter Bekannter sprach von der "Arroganz des Westens" - es gibt schließlich keine sowjetische oder kapitalistische Mathematik. Es fehlen hunderte Lehrer allein in Dresden, denen steht das Wasser bis zum Hals, mir steht das Wasser schon Oberkante Unterlippe, beide Seiten könnten durch eine Anstellung nur gewinnen (ein typische Win-win-Situation), aber die Volksbildung ist natürlich "was Besseres" (ich erinnere daran, daß auch meinen Frauen das Lehrerstudium nicht anerkannt wurde - weder das als Musik- und Kunstlehrerin noch das als Religionslehrerin, aber heute schreit man nach Lehrern!).


1990 Bearbeiten

https://www.schulferien.org/Kalender_mit_Ferien/kalender_1990_ferien_Niedersachsen.html

Stasi Bearbeiten

https://www.stasi-mediathek.de/medien/verpflichtungserklaerung-matthias-domaschk/blatt/48/


Heinz Engelhardt (MfS-Mitarbeiter)

Der letzte Mann

Bildung eines Verfassungsschutzes als Stein des Anstoßes

Das alte Ministerium für Staatssicherheit war Mitte November in ein sogenanntes Amts für Nationale Sicherheit (AfNS) umgewandelt worden. Doch auch das führte zu Bürgerprotesten. Nach den Besetzungen Anfang Dezember 1989 und drängte der Zentrale Runde Tisch auf die komplette Auflösung des MfS/AfNS. Allerdings enthielt der Beschluss auf Drängen von Gregor Gysi (SED) eine Hintertür. Es war der Regierung gestattet Pläne für ein neues Sicherheitsorgan zu machen. Die Regierung Modrow kam der Aufforderung des Runden Tisches mit Bechluss vom 14. 12. nach. Das MfS/AfNS sollte aufgelöst, statt dessen aber nach Bundesdeutschen Vorbild, ein Verfassungsschutz (VS) und ein Nachrichtendienst gebildet werden. Angeblich sollte dies von neuem Leitungspersonal angeleitet werden, das nicht aus dem MfS stammte. Allerdings wurden schon mit dem Aufbau des Verfassungsschutzes Heinz Engelhardt betraut. Er war zuvor Leiter der BV Frankfurt/oder gewesen. Ihm zur Seite standen Vertreter, die schon im MfS wichtige Funktionen inne gehabt hatten, wie Edgar Braun, u.a.. Aufbauleiter des Nachrichtendienstes (ND) wurde kein geringerer als Werner Grossmann, der schon die Stasi-Spionage-Verwaltung, HV A, geleitete hatte.

In einer Sitzung des MfS/AfNS, vermutlich kurz nach dem 14. Dezember informiert der Leiter, Heinz Engelhardt über den Regierungsbeschluss. Die Folgen werden von seinen Stellvertretern diskutiert. Aufschlussreich sind Forumulierungen, dass die neuen Institutionen nicht mit der Stasi-Arbeit in verglichen werden dürfen. Auch dass Dokumente weiter zu vernichten seien und nicht in falsche Hände kommen dürften. Es drohe Brudermord- eine These die alte Stasigarde geschickt in die Öffentlichkeit spielte, um die Angst vor der Aktenöffnung zu schüren. Immerhin ist der Wille von Regierungschef Modrow deutlich, alles zu unterlassen, was Unruhe in die Regionen tragen könnte. Die Auflösung ist offenkundig ein Schritt auf diesem Weg, beruhigend auf die Bevlkerung einzuwirken, um die Lage zu stabilisieren.

Dokument: Handschriftliches Protokoll, BStU

Offenbar gab es sofort Schubladenpläne zum Aufbau des VS. Auch Briefpapier und Stempel mit dem Aufdruck Verfassungsschutz waren sofort bei der Hand.

Dokument: ohne Namen. Strukturen und Personalstärke des VS. (vermutlich Dezember 1989). BStU, MfS, BCD 4023

Der letzte Stasi-Chef, Engelhardt, meint heute, dass seien alles unrealistische Planspiele gewesen, ein Plan der Regierung Modrow, der keine Chance mehr gehabt hätte. Der damalige Regierungsschef dagegen zeigt sich, nachdem er die Stasi-Akten analysiert, dass es ihn noch heute verwundert, wie die ehemaligen Stasi-Leute so schnell dabei waren, neue Strukturen aufzubauen. Die Kontroverse Teil III:

Fim. Heinz Engelhardt; damals Chef des MfS/AfNS/Verfassungsschutzes, dagegen Hans Modrow, damals Ministerpräsident der DDR (SED).

Der Raumplan für den neuen Verfassungsschutz findet sich im Stasi-Nachlass, den Modrow nach dem Ende der DDR durchsah. Der neue Dienst wollte sich in die modernen Bürogebäude im nördlichen Teil des Stasi-Geländes in Lichtenberg zurückziehen.

Dokument. Raumplanung des Verfassungschutzes. (vermutlich Ende 1989), BStU.

Der Verfassungsschutz fängt sofort an zu arbeiten. Auch wenn die Schreiben dem MfS ähneln, verwendet man neue Briefköpfe. Der jetzt für die Innere Abwehr zuständige Joachim Wiegand, war im MfS der, dessen Abteilung die Kirchen überwachte. Es sind einfach die Jüngeren nachfgerückt. Mit Berichten über eine wirkliche oder angebliche neonazistische Gefahr in der DDR versuchen die Verfassungsschützer ihre Daseinsberechtigung zu legtimieren.

Dokument. VS. Orientierung zur Bekämpfung neonazistischer Umtriebe. 19.12.1989, BStU

Erst nach neuen Unruhen in der Bevölkerung um die Jahreswende 1989/90, die wegen hoher Abfindungen für entlassene Stasi-Mitarbeiter und der Gefahr restaurativer Tendenzen ausbrachen, musste Modrow endgültig den Rückzug antreten. Am 12. 1. 1990 beschloss die Regierung vor den freien Wahlen keinen neuen Inlandsdienst mehr zu gründen und auch den VS aufzulösen. Diese Entwicklung führte auch zur Auflösung der Stasi-Zentrale in Berlin. Mehr...


https://stasibesetzung.de/mfs/bildung-eines-verfassungsschutzes


https://stasibesetzung.de/magdeburg/default-title


Wolfgang Schwanitz - (* 26. Juni 1930 in Berlin; † 1. Februar 2022 ebenda[1]) war ein General im Ministerium für Staatssicherheit (MfS) der DDR, dort von 1986 bis 1989 stellvertretender Minister und anschließend von 1989 bis 1990 Leiter des Amtes für Nationale Sicherheit, der MfS-Nachfolgeorganisation.

Werner Großmann - (* 9. März 1929 in Oberebenheit, Amtshauptmannschaft Pirna, Sachsen; † 28. Januar 2022[1] in Berlin[2]) war ein deutscher Geheimdienstler. Er war in der DDR von 1986 bis 1990 stellvertretender Minister für Staatssicherheit und Leiter der Hauptverwaltung Aufklärung (HV A), des Auslandsgeheimdienstes der DDR. - Es waren Großmann und dessen Mitarbeiter, die während der Wende in der DDR die „Arbeitsgruppe Sicherheit des Zentralen Runden Tisches“ dazu bewegen konnten, der fast drei Monate anhaltenden Vernichtung der Aktenbestände der HVA zuzustimmen.


Edgar Braun

Edgar Braun - (* 9. Juni 1939 in Molbitz) ist ein ehemaliger Hauptabteilungsleiter (Hauptabteilung XIX, Verkehr, Post, Nachrichtenwesen) des Ministeriums für Staatssicherheit (MfS). - Im November 1989 wurde Braun leitender Mitarbeiter des Amtes für Nationale Sicherheit (AfNS) und beteiligte sich 1990 als Berater des Staatlichen Komitees zur Auflösung des AfNS an dessen Abwicklung. Seine Rolle innerhalb des Komitees gilt als umstritten. So soll er wesentlichen Anteil an der Herausdrängung der Bürgerkomitees aus dem Auflösungsprozess gehabt haben und soll zugleich versucht haben Amnestien für ehemalige MfS-Mitarbeiter als Gegenleistung für ihre Verschwiegenheit zu verhandeln. - Später war er als Immobilienmakler tätig. 1992 behauptete er mit weiteren früheren MfS-Offizieren in einem offenen Brief an die Ministerpräsidenten der Neuen Bundesländer eine angebliche „Hexenjagd“ auf ehemalige Mitarbeiter des MfS und forderte zugleich „stille Lösungen“ unter Ausschluss der Öffentlichkeit bei der Offenlegung früherer Stasi-Tätigkeiten.[3] 2003 beteiligte er sich mit einem Beitrag an Die Sicherheit, einer Rechtfertigungsschrift ehemaliger MfS-Offiziere. Er lebt als Rentner in Berlin.


Heinz Engelhardt

Heinz Engelhardt (MfS-Mitarbeiter): - Ab Juni 1990 war er arbeitslos, später schulte er zum kaufmännischen Angestellten um und arbeitete als Filialleiter im von MfS-Offizieren gegründeten Berliner Reiseunternehmen albion-tours.

Stasi-Auflöser Heinz Engelhardt

"Wir haben uns im Osten der Republik sehr wohl gefühlt"

Feste feiern, Bürger vorm Klassenfeind schützen, Pflicht erfüllen - knapp drei Jahrzehnte nach dem Ende der Schnüffelei packt jetzt Heinz Engelhardt aus, 1989 der letzte Stasi-General. Sein beklemmendes Fazit: Schön war's.

Von Peter Wensierski

15.04.2019, Der Spiegel

Peter Wensierski, langjähriger SPIEGEL-Redakteur, berichtete ab 1978 aus der DDR. Er schrieb für den SPIEGEL über die rebellierende Jugend und gab der Opposition mit Dokumentarfilmen in der ARD Gesicht und Stimme. Nach der Erstürmung der Ost-Berliner Stasi-Zentrale am 15. Januar 1990 beobachtete er mit der Kamera gemeinsam mit dem Jenaer Bürgerrechtler Roland Jahn wochenlang die Auflösung der Stasi.

Um es gleich vorwegzunehmen: Wer wissen will, wie DDR und Stasi "wirklich" waren (jedenfalls in den Erinnerungen eines heute 75-jährigen Stasi-Generals), sollte dieses Buch lesen. Denn die "Westmedien" liefern dazu bekanntlich seit drei Jahrzehnten nur ein verzerrtes Schreckensbild. Nun endlich erzählt Generalmajor Heinz Engelhardt höchstpersönlich, wie das ganz "objektiv" betrachtet war: Schön war's nämlich!

Denn er hatte im "Kollektiv der Abteilung XX" (zuständig für die politische Unterdrückung oppositioneller Kräfte) eine "tolle Truppe" um sich. "Wir haben uns im Osten der Republik sehr wohl gefühlt (...). Wir haben gegrillt, geredet und Bier getrunken. Und wir haben offen über die Probleme diskutiert, die uns allen auf den Nägeln brannten", so Engelhardt in dem jetzt als Buch erschienenen Interview mit dem Titel "Der letzte Mann. Countdown fürs MfS".

Der Mann mit den sächsischen Wurzeln kam 1962 schon als 18-Jähriger zum Ministerium für Staatssicherheit (MfS) und machte Karriere im Apparat, der jeden Bereich der DDR-Gesellschaft infiltrierte und mit Spitzeln durchsetzte. Im Herbst 1989 wurde Engelhardt Leiter des MfS-Nachfolgers "Amt für nationale Sicherheit". Als letzter General aus der Ära von Erich Mielke war er der Konkursverwalter der Stasi und versuchte noch im Dezember 1989, einen "DDR-Verfassungsschutz" aufzubauen. Am Ende war die Stasi-Auflösung sein Auftrag.


"Es machte mir Freude, mit Menschen zu arbeiten"

Feiern, feiern, feiern: An die frühen Feste erinnert Engelhardt sich gern und kommt im Buch immer wieder darauf zurück. Die Stasi war ja auch "ein Männerverein". Da war dann doch "bei aller Gleichberechtigung in der DDR" Ende der Fahnenstange für Frauen.

Am schönsten und wohl auch am liebsten schildert Engelhardt seine Jahre vor dem Aufstieg im MfS im beschaulichen Vogtland, dem sonnigen Süden der DDR. Im Innenhof der Stasi-Kreisdienststelle Reichenbach spielte er mit seinen Kameraden in der Mittagspause oft Volleyball. In Reichenbach bekam der Familienvater sein erstes Auto, einen hellblauen Trabi. "Wir lebten ruhig und unbescholten. In der Schule meiner Kinder wusste jeder, wo der Papa arbeitet."

Die Stasi und die DDR-Opposition: "In die Furche ditschen!" Fotostrecke

22 Bilder

Zersetzungsarbeit? I wo! So was machten der Papa und seine Mitspieler doch nicht: "Es machte mir Freude, mit Menschen zu arbeiten." An anderer Stelle schwärmt Engelhardt von der "sozialistischen Menschengemeinschaft, von der allgemeinen Harmonie des Zusammenlebens" in der DDR. In Reichenbach mühte sich demnach die Stasi im Alltag mal als Schrottsammler, mal um die Sicherheit der Bürger vor Angriffen des Klassenfeindes.

Engelhardts großes Vorbild waren "Timur und sein Trupp": Helden eines sowjetischen Kinderbuches, die in der Nacht alten, schwachen, kranken Leuten in einer Moskauer Vorortsiedlung halfen. Engelhardt sieht sich heute in seiner wahren Arbeit missachtet und bittet darum, "den Mitarbeitern Gerechtigkeit widerfahren zu lassen".


Starrsinn und Trotz

Unvergesslich blieb sein Abschied von der Kreisdienststelle: "Wie üblich wurde lange und ausgiebig gefeiert. Die Unsitte, Vodka nur aus Wassergläsern hundertgrammweise zu trinken, war nicht nur im MfS verbreitet. Aber auch dort. Oft zum Leidwesen unserer Ehepartner."

Im Buch ist der Fragesteller, Journalist Peter Böhm, meist derselben Ansicht wie Engelhardt und liefert Stichworte, statt zu fragen. Also redet und redet der General auf 284 Seiten. Ein interessanter Einblick in seine "objektive Geschichtsdarstellung" - sofern man lesen mag über Starrsinn, Trotz und diese deutsche Haltung, dass man "zu seiner Überzeugung steht".


Interview mit Stasi-General Heinz Engelhardt (1990):

Peter Wensierski

So lernte ich Engelhardt bereits vor 30 Jahren kennen, als er im Berliner MfS-Hauptquartier von Erich MielkeAnfang 1990 den jovialen Konkursverwalter des DDR-Geheimdienstes gab. Damals schon beklagte er Frust und Müdigkeit in den eigenen Reihen, weil die Arbeit des MfS - bis auf die Spionageabwehr - größtenteils "sinnlos war".

Erkenntnisse durch "Zehntausende von inoffiziellen Mitarbeitern über die Realität im Lande" seien von der SED und dem Politbüro um Erich Honecker nicht beachtet und in Politik umgesetzt worden. Dabei habe die Stasi "doch einer guten Sache gedient".

Ganz besonders wurmte ihn bei der Begegnung 1990, dass es uns mit einem Kamerateam erstmals gelungen war, ins Berliner Zentralarchiv einzudringen, das gigantische Hauptlager der Stasi-Akten. Er und sein Führungspersonal hingegen mussten draußen bleiben.

Video: Das Ende des Spitzelimperiums (1990)

SPIEGEL TV

Wie viel Frust schleppt der Generalmajor mit, auch nach drei Jahrzehnte noch? "Ich habe der DDR aus politischer Überzeugung gedient", sagt Engelhardt heute - und definiert nirgendwo näher, was das für eine Überzeugung war. Im Buch tauchen auch unangenehme Seiten des MfS auf. Das Arbeitsklima etwa: "Am schlechten Beispiel lernte ich, wie man mit Menschen, mit Kampfgefährten und Gleichgesinnten nicht umgehen sollte."

"Eins auf die Zwölf und Schluss der Debatte"

So sprach einer seiner Vorgesetzten gern davon, man solle diesen oder jenen "in die Furche ditschen"; ein Doppelagent wurde 1981 entgegen der DDR-Gesetzeslage zum Tode verurteilt und hingerichtet. Engelhardt schlug als junger Tschekist auch mal selbst zu, als ihn ein Bürger "Stasischwein" nannte: "Eins auf die Zwölf und Schluss der Debatte."

Zu einem deutschen Utensil brachte es Engelhardt 1990 mit dieser zerfallenden Truppe immerhin noch: stolze Stempel mit Ährenkranz, Hammer und Zirkel, "Deutsche Demokratische Republik - Verfassungsschutz". Zum Einsatz kamen sie nicht mehr.

Über die Endzeit des Geheimdienstes erzählt Engelhardt verbittert: "Krenz, Modrow und andere wollten die Partei retten, und so wurden wir den Medien zum Fraß vorgeworfen." Feinde, nichts als Feinde - erst kamen sie aus dem Westen, dann aus den eigenen Reihen.

Für die einstigen SED-Genossen war Engelhardts Teil der Stasi, der die aufmüpfigen DDR-Bürger in Schach halten sollte, plötzlich "die 'böse' Stasi - die Schmuddelkinder, mit denen man nichts mehr zu tun haben wollte". Und für die es nur gekappte Renten gab.

Engelhardt, Heinz, Böhm, Peter

Der letzte Mann: Countdown fürs MfS (edition ost)

Verlag: Das Neue Berlin

Seitenzahl: 288

Für 16,99 € kaufen

Engelhardt erlebte auf seine Art jene Demütigung und Erniedrigung durch Wendehälse in Partei und Staatsapparat: "Im Innern waren wir uns zunehmend untereinander nicht mehr grün (...). Mich behandelten einige meiner vormaligen Kampfgenossen wie einen Ausgestoßenen, einen Paria." Von sich behauptet Engelhardt indes, fair gewesen zu sein. "Wir haben alles darangesetzt, die Akten der wichtigsten Informanten zu vernichten, so dass sie später eine zweite Karriere starten konnten."

"Heute noch verbittert und traurig" mache ihn, dass es "leider nur in Einzelfällen gelang, unsere IM wirksam zu schützen und somit vor der Medienhatz zu bewahren. Sie hatten zum Teil über Jahre ehrlich und gewissenhaft als Bürger der DDR getreu ihrem Verfassungsauftrag mit uns zusammengearbeitet." Sie hätten der Stasi "ein immenses Vertrauen entgegengebracht. Und dieses Vertrauen haben wir nicht gerechtfertigt".

Null Verständnis für die Stasi-Opfer

Bei solchen Sätzen fragt man sich, welche Stasi-Zuträger auf vielleicht hohen Posten da bis heute unerkannt geblieben sind. Und gewiss freuen sich all die dummerweise Enttarnten über diese Entschuldigung des Repräsentanten ihrer Führungsoffiziere. Allein: Nach Verständnis für die zu Hunderttausenden ausspionierten, verratenen, verhörten und drangsalierten Opfer sucht man im Buch vergeblich.

Selbst für seinen Mitschüler Gunter Pschera, der 1967 beim Fluchtversuch aus der DDR als 22-Jähriger erschossen wurde, findet der Stasi-General mehr als fünf Jahrzehnte später nur alte Schuldzuweisungen. Pschera hätten doch alle Türen in der DDR offen gestanden, sein Tod tue ihm leid. "Niemand jedoch hatte Gunter gezwungen, das Gesetz zu brechen (...) außer er selbst. Die Verantwortung für diesen Schritt lag ausschließlich bei ihm. Dafür musste ich mich nicht rechtfertigen oder gar entschuldigen."

Entschuldigen möchte sich Engelhardt lediglich dafür, "dass wir unkritisch und in falsch verstandener Parteidisziplin die fehlerhafte Sicherheitsdoktrin der Partei- und Staatsführung mittrugen und mit umsetzten". Die Stasi, ein "überdimensionierter Sicherheitsapparat", habe doch lediglich "ein realistisches Bild von den Stimmungen und Probleme der Menschen in unserem Land zu erarbeiten und zu vermitteln gehabt".

Aha, das also haben "die Westmedien" immer verzerrt: Die Stasi war ein Politikberatungs- und Meinungsforschungsinstitut - bloß "die da oben" in der DDR wollten die mühsame Tag- und Nachtarbeit des mit knapp 300.000 haupt-, neben- und freiberuflichen Mitarbeitern wohl größten ostdeutschen Unternehmens leider nicht so richtig zur Kenntnis nehmen?

"Ach, die Herren von der Gestapo!"

So beschreibt es Engelhardt, ein Trauerspiel: "Als diese Informationen bei der politischen Führung immer weniger Beachtung fanden, haben wir das achselzuckend hingenommen und uns gefügt." Sich fügen, davon verstand man seiner Ansicht nach in der DDR überhaupt viel: "Der größte Teil derer, die mit uns zusammengearbeitet haben, tat dies aus politischer Überzeugung. Die DDR war kein Land von Nein-Sagern und Widerstandskämpfern. Wo die nach 1989 alle herkamen, bleibt mir ein Rätsel."

Wer sollte das besser wissen als ein einstiger Stasi-General?

Noch etwas. Engelhardt trug im Dienst keine Uniform, sondern meist Anzüge. Seit 1976 als Leiter der Abteilung XX in Frankfurt/Oder ließ er sich dort welche nach Maß fertigen. Als er einmal mit seinem Stellvertreter zur Anprobe erschien, begrüßte sie der Schneider mit den Worten: "Ach, da sind ja wieder die Herren von der Gestapo!" Engelhardt schreibt: "Wir fanden das überhaupt nicht witzig."

Im Buch findet sich ein Bild von seinem Vater in Wehrmachtsuniform, mit Waffe und Stahlhelm. Schon Engelhardts Großvater "erzog seinen Sohn staatstreu, der wurde Soldat aus Pflichterfüllung gegenüber seinem Vaterland". Wie fühlte sich Engelhardt, der Enkel und Sohn, als er mit 43 Jahren zum General ernannt wurde? "Ehre und Ansporn" bedeutete das für ihn. Und: "Die Uniform musste sitzen." Er habe doch immer "diszipliniert dem Staat DDR gedient". Seine Eltern, "vor allem mein Vater war stolz".


21.06.2019, BZ Berlin

Akten vernichtet

Nur Müll in den übrig gebliebenen Stasi-Schnipseln?

Buchautor Heinz Engelhardt (75)

16.000 Säcke mit Stasi-Schnipseln warten seit knapp 30 Jahren darauf, wieder zusammengesetzt zu werden. Historiker erhoffen sich davon weitere Aufklärung. Das sei alles belanglos, sagt der leitende Stasi-Auflösungsbeauftragte Heinz Engelhardt (75).

Er sollte der erste Verfassungsschutzpräsident der DDR werden. Doch Generalmajor Heinz Engelhardt ist vor allem eins: langjähriger hoher Stasi-Offizier (von 1962-1990). Bis zum Mauerfall leitete er die Bezirksverwaltung der Stasi in Frankfurt/Oder.

Noch im November 1989 wurde er nach Berlin beordert und übernahm mit Wolfgang Schwanitz die Schaffung des Amtes für Nationale Sicherheit.

Angesichts des raschen Verfalls der DDR und des wachsendes Hasses auf die Staatssicherheit war sein Hauptjob eher die Leitung der Aktenvernichtung.

Engelhardt bekommt 1987 seine Ernennungsurkunde zum Generalmajor von SED-Chef Erich Honecker

Über seine Stasizeit schrieb er jetzt das Buch „Der letzte Mann. Countdown fürs MfS“ (Edition Ost).

Viel brisanter als seine dortige Verklärung von Stasi und SED ist eine Aussage zur Vernichtung der Stasi-Akten (S.213): „Das was wichtig war, ist durch den Schredder gegangen oder verbrannt worden.“ Er bezweifelt den Erkenntnisgewinn weiterer Rekonstruktionen: „Die Schnipsel, die ich gesehen habe, stammen aus Dienstbüchern.“

Nachdem Generalmajor Engelhardt seinen Job verloren hatte, schulte er zum Kaufmann um und arbeitete bei einem Reisebüro in Berlin.

Als Bezirkschef der Stasi hatte er nach 28 Jahren beim Mielke-Ministerium 4000 DDR-Mark verdient. Nach seinen Angaben bekam er dennoch nur eine Rente auf dem Niveau eines DDR-Facharbeiters.

Engelhardt vergleicht sich lieber mit einem heutigen General der Bundeswehr, der 10.083 Euro Besoldung mit entsprechender Rente bekommt.

Bürgerkomitee Bearbeiten

Jürgen Vogel Bearbeiten

Letzte Volkskammer Bearbeiten

  • Eckhard Altmann - (* 2. Januar 1931 in Breslau) ist ein deutscher evangelischer Pfarrer im Ruhestand. Er war Abgeordneter der letzten Volkskammer der DDR. - Nach dem Theologiestudium arbeitete Altmann als Pfarrer zunächst in Aschersleben und später in Theißen, von 1984 bis 2005 wirkte er als Pfarrer in Halberstadt. Darüber hinaus war er als Dozent im Kirchlichen Fernunterricht tätig. Obschon CDU-Mitglied, sah sich Altmann nach eigenem Bekunden in den 1980er Jahren nur noch als „Karteileiche“. Erst mit der politischen Wende in der DDR sah er mit der CDU unter Lothar de Maiziere wieder politische Gestaltungsmöglichkeiten.
    • Pfarrer Altmann war 1989 als Begleiter der Halberstädter Montagsdemos bereits eine lokal bekannte Persönlichkeit geworden. So gelangte er, als der CDU-Bezirksverband Magdeburg für den gleichnamigen Wahlkreis seine Kandidaten zur Volkskammerwahl 1990 aufstellte, auf den Listenplatz 1 und präsentierte somit als neues, politisch unverbrauchtes Gesicht die CDU als Spitzenkandidat im Wahlkreis 10. Letztendlich gehörte Altmann zu insgesamt 21 Theologen, die in die Volkskammer als Abgeordnete einzogen. In der Volkskammer leitete er den Ausschuss für Arbeit und Soziales. Während des Bestehens der letzten Volkskammer erhob der zeitweilige Prüfungsausschuss der Volkskammer zur Überprüfung der Abgeordneten auf eine Stasi-Mitarbeit auch gegen Altmann Verdacht. Letztendlich konnte zwar ein Eintrag in der IM-Kartei nachgewiesen werden, nach Akteneinsicht gab es aber keine ausreichenden Gründe, eine Mandatsniederlegung zu empfehlen. - Nach dem Ausflug in die Politik widmete sich Altmann wieder seinen kirchlichen Funktionen.
  • Heinz Blume (Politiker, 1945) - (* 11. Oktober 1945 in Hauptmannsgrün) ist ein deutscher Diplomingenieur und geschäftsführender Gesellschafter einer Textilunternehmens. Er war Abgeordneter der letzten Volkskammer der DDR. - Zu den ersten freien Volkskammerwahlen in der DDR am 18. März 1990 nominierte ihn seine Partei im Bezirk Karl-Marx-Stadt auf dem Listenplatz 20. Da die CDU in diesem Wahlbezirk exakt 20 Mandate gewann, zog Blume als Abgeordneter in die Volkskammer ein. Während des Bestehens der letzten Volkskammer erhob der zeitweilige Prüfungsausschuss der Volkskammer zur Überprüfung der Abgeordneten auf eine Stasi-Mitarbeit auch gegen Blume Verdacht. Letztendlich konnte nur ein Eintrag in der IM-Kartei nachgewiesen werden, Akten waren zum damaligen Zeitpunkt aber nicht auffindbar. Nach seinem kurzen Ausflug in die Politik fand Blume 1991 Anstellung bei der Treuhandaußenstelle in Chemnitz, bei der er bis März 1992 beschäftigt war. Im April 1992 übernahm er mit weiteren Gesellschaftern den VEB Kruso Strumpffabrik Krumhermersdorf und gründete die Firma h&b Strumpf GmbH in Krumhermersdorf. Dort ist er seit der Gründung als Geschäftsführer tätig und konnte das Unternehmen bis heute (Stand 5/2017) erfolgreich am Markt behaupten.
  • Dieter Gleisberg - (* 9. Januar 1937 in Leipzig) ist ein deutscher Kunsthistoriker. Von 1969 bis 1980 war er Direktor des Staatlichen Lindenau-Museums in Altenburg, danach bis 1992 Direktor des Museums der Bildenden Künste in Leipzig. 1990 gehörte Gleisberg als Mitglied der BFD-Fraktion der letzten Volkskammer der DDR an. - Auch angesichts dieser hervorgehobenen Position im Leipziger Kulturleben nominierte das Wahlbündnis Bund Freier Demokraten, dem auch Gleisbergs Partei LDPD angehörte, ihn als Kandidat für die Volkskammerwahlen am 18. März 1990. Im Wahlbezirk Leipzig erhielt Gleisberg den Listenplatz 2. Da der BFD in dem Wahlkreis genau zwei Mandate erringen konnte, zog Gleisberg als Abgeordneter in das letzte DDR-Parlament ein. Während der Parlamentsperiode wurden Vorwürfe laut, dass Gleisberg Inoffizieller Mitarbeiter des Ministeriums für Staatssicherheit gewesen sei. Kurz vor Auflösung der Volkskammer veröffentlichte der zeitweilige Prüfungsausschuss zur Überprüfung der Abgeordneten auf eine Stasi-Mitarbeit sechs Kategorien zur Einordnung der Parlamentarier und in fünf von sechs Kategorien auch die dazugehörigen Namen. Gleisberg befand sich in Kategorie Vier, die besagte, dass eine Eintragung als IM in einer Kartei nachgewiesen sei, die dazugehörige Akte aber vernichtet, noch nicht auffindbar oder unvollständig sei. - Diese Verdächtigungen ließen sich offensichtlich in der Folgezeit nicht ausräumen, so dass Gleisberg am 1. April 1992 seinen Rücktritt bekanntgab. Er begründete dies mit persönlichen Gründen zur Klärung seiner Situation. Des Weiteren gestand er Systemnähe zum ehemaligen DDR-Staat ein und fühlte sich aus gesundheitlichen Gründen den ständig immer größer werdenden Belastungen eines Museumsdirektors nicht mehr ausreichend gewachsen. Außerdem wollte er vor dem Hintergrund eines damals kaum auszuschließenden Personalabbaus zugunsten jüngerer Mitglieder persönliche Konsequenzen auf sich nehmen. Gleisberg ging daraufhin mit 55 Jahren ab Mai 1992 in den Vorruhestand.

Liste Sachsen Bearbeiten

CDU
  • Herbert Goliasch - (* 11. Januar 1938 in Beuthen; † 15. April 2004 in Leipzig) war ein deutscher Politiker (CDU). Er war von 1990 bis 1999 Abgeordneter im Landtag von Sachsen, von 1990 bis 1994 hatte er den Vorsitz in der CDU-Landtagsfraktion. Als 1998 seine Tätigkeit als Stasi-IM nachgewiesen wurde, trat er aus der CDU aus.
    • Im Jahr 1990 wurde er im Wahlkreis 10 (Leipzig VI) in den sächsischen Landtag gewählt, dem er auch in der Folgeperiode, diesmal direkt im Wahlkreis 29 (Leipzig 4), angehörte. Er war 1990 bis 1994 Fraktionsvorsitzender der CDU im Landtag, und von 1997 bis 1998 Vorsitzender des Innenausschusses sowie Mitglied im Ausschuss für Kultur und Medien. Im Sommer 1994 wurden Vorwürfe laut, Herbert Goliasch sei für den Moskauer KGB tätig gewesen. Herbert Goliasch war Mormone und sollte Informationen über die Mormonengemeinde in der DDR an die Sowjets weitergegeben haben. Herbert Goliasch verzichtete daraufhin auf eine erneute Kandidatur als CDU-Fraktionschef. Im Herbst 1994 wurden die Ermittlungen eingestellt und Herbert Goliasch bezüglich dieses Vorwurfs voll rehabilitiert. In der Folge wurde aber durch die Ermittlungen der Gauck-Behörde deutlich, dass Herbert Goliasch als IM „Henri Guhl“ für das Ministerium für Staatssicherheit gearbeitet hatte.[2] Ende Juni 1998 verdichteten sich diese Vorwürfe und Herbert Goliasch trat aus der CDU und der CDU-Fraktion aus, um einem Ausschluss vorzukommen.[3] Am 15. Juli 1998 erstattete der Bewertungsausschuss dem Parlament den Bericht über die Stasi-Mitarbeit Herbert Goliaschs. Nach einem entsprechenden Votum des Immunitätsausschusses entschied der Landtag am 19. Mai 1999 mit der Stimmenmehrheit der CDU, eine Anklage vor dem Sächsischen Verfassungsgerichtshof mit dem Ziel der Aberkennung des Landtagsmandates zu erheben. Herbert Goliasch ließ sich vor dem Staatsgerichtshof durch den PDS-Abgeordneten Klaus Bartl anwaltlich vertreten. Der Verfassungsgerichtshof wies die Klage am 13. Januar 2000 unter Verweis auf die im September 1999 durchgeführte Landtagswahl, bei der Goliasch aus dem Parlament ausgeschieden war, ab. Es bestand kein Rechtsschutzbedürfnis mehr, da Goliaschs Landtagsmandat ohnehin durch Ablauf der 2. Wahlperiode erledigt war.
  • Joachim Dirschka - (* 6. August 1941 in Leipzig) ist ein deutscher Politiker (DDR-CDU, ab 1990 CDU). Er gehörte 1990 für wenige Monate dem Landtag von Sachsen an. Er war inoffizieller Mitarbeiter der DDR-Staatssicherheit. - Dirschka war von 1984 bis 1989 Mitglied im Hauptvorstand der Ost-CDU und von 1989 bis 1990 im Parteivorstand der CDU. Er war Mitglied der Mittelstandsvereinigung und außerdem stellvertretender Vorsitzender des ehemaligen DDR-Bereiches. Bei der Landtagswahl im Oktober 1990 wurde er im Wahlkreis 5 (Leipzig 1) mit 35,8 % der Stimmen direkt in den Landtag von Sachsen gewählt. Er schied allerdings im Januar 1991 während der laufenden Wahlperiode bereits wieder aus, für ihn rückte der Abgeordnete Lars Rohwer nach.
    • Dirschka absolvierte nach der Schule eine Lehre zum Elektroinstallateur, im Jahr 1965 folgte die Meisterprüfung. Bis zum Jahr der Wiedervereinigung 1990 arbeitete er in seinem Beruf, danach wurde er ab Oktober 1990 Geschäftsführer der Elektroinstandsetzung und Anlagen GmbH. Er war Präsident der Handwerkskammer zu Leipzig und Mitglied des Aufsichtsrates der Volksbank Leipzig. Außerdem war Dirschka Mitglied im Mitgliederbeirat der Signal Versicherung. Er gehörte zu den Neugründern der Gesellschaft Harmonie. Im März 2020 wurde er zum Vorsitzenden des Verwaltungsrates[1] beim MDR gewählt
    • Im August 2007 wurde bekannt, dass Dirschka als Inoffizieller Mitarbeiter für das Ministerium für Staatssicherheit tätig war. Zu dieser Einstufung kommt die Birthler-Behörde, obwohl eine Verpflichtungserklärung fehlt. Laut Akte gab Dirschka „bereitwillig Auskunft“ und traf sich zwischen Februar und September 1989 mindestens sechsmal mit einem MfS-Leutnant.
  • Dietrich Gregori - (* 10. Oktober 1939 in Reichenstein, Schlesien) ist ein deutscher Politiker (DDR-CDU, ab 1990 CDU) und Museumsrat. Er war von 1990 bis 1991 Abgeordneter im Landtag von Sachsen. Gregori trat der DDR-Blockpartei CDU bei und war ab 1980 stellvertretender Kreisvorsitzender, später war er auch Vorstandsmitglied der CDU. Von 1980 bis 1988 war er Mitglied des Kreistages von Meißen. Er wurde 1990 im Wahlkreis 22 (Meißen I) direkt in den Landtag von Sachsen gewählt. Im Landtag war er stellvertretender Vorsitzender des Ausschusses für Bau und Verkehr und zudem ordentliches Mitglied im Ausschuss für Kultur und Medien. Im Zusammenhang mit der Überprüfung der Abgeordneten auf eine Zusammenarbeit mit dem Ministerium für Staatssicherheit legte er am 21. Oktober 1991 sein Mandat nieder. - Von 1978 bis 1991 war er Direktor der Albrechtsburg zu Meißen.
  • Rudolf Krause (Politiker, 1939) - (* 19. Februar 1939 in Neißgrund, Landkreis Glatz) ist ein deutscher Pädagoge und Politiker (DDR-CDU, ab 1990 CDU). Er war von 1990 bis 1991 Mitglied des Sächsischen Landtages und nach der Wiedervereinigung bis zu seiner Enttarnung als inoffizieller Mitarbeiter der DDR-Staatssicherheit erster Innenminister Sachsens.
    • Krause trat 1959 in die Blockpartei Ost-CDU ein und wurde 1990 Mitglied der nunmehr vereinigten CDU. In der DDR war Krause zudem langjähriges Mitglied im Zentralrat der FDJ.[1] Von Juni bis November 1990 war Rudolf Krause Regierungsbevollmächtigter für den Bezirk Leipzig. In den Jahren 1989 und 1990 war er Mitglied des Bezirksvorstandes und des Parteivorstandes sowie stellvertretender Parteivorsitzender. Im September und Oktober 1990 war Krause Abgeordneter im Kreistag und im Bezirkstag Leipzig sowie Teilnehmer am Zentralen „Runden Tisch“ der DDR und Landesbevollmächtigter. Nach der Wiedervereinigung zog Krause im Oktober 1990 in den Sächsischen Landtag ein. Am 8. November 1990 wurde er als Sächsischer Staatsminister des Inneren in die von Ministerpräsident Kurt Biedenkopf geführte Regierung des Freistaates Sachsen berufen. Am 28. September 1991 trat er von diesem Amt zurück. Im Zusammenhang mit der Überprüfung der Abgeordneten auf eine Zusammenarbeit mit dem Ministerium für Staatssicherheit legte er am 23. Oktober 1991 auch sein Landtagsmandat nieder.[2] Ihm war zuvor eine Tätigkeit für das Ministerium für Staatssicherheit als IMS „Ries“ zwischen 1973 und 1982 nachgewiesen worden.
  • Eckmar Hähnel - (* 30. April 1946 in Pirna) ist ein deutscher Politiker (DDR-CDU, ab 1990 CDU) und ehemaliges Mitglied des Sächsischen Landtages. - Eckmar Hähnel trat 1966 der DDR-Blockpartei CDU bei Ab 1974 war Hähnel Kreisgeschäftsführer der CDU in Pirna und ab 1985 der CDU in Sebnitz. Von 1974 bis 1990 war er Abgeordneter der Gemeindevertretung Dorf Wehlen. Ab 1989 war er Kreistagsabgeordneter und ab Mai 1990 Mitglied im Kreisausschuss. Im Oktober 1990 wurde er für die CDU Sachsen über den Wahlkreis 33 (Sebnitz) mit einer Mehrheit von 62,3 Prozent in den Sächsischen Landtag gewählt. Dort war er unter anderem im Geschäftsordnungsausschuss,[1] im Ausschuss für Schule, Jugend und Sport[2] sowie im Ausschuss für Kultur und Medien[3] tätig. Im Zusammenhang mit der Überprüfung der Abgeordneten auf eine Zusammenarbeit mit dem Ministerium für Staatssicherheit legte er am 21. Oktober 1991 sein Mandat nieder.
  • Siegfried Pausch - (* 1. November 1941 in Zschorlau; † 29. November 2004) war ein deutscher Museologe und Politiker (DDR-CDU, ab 1990 CDU).
    • Im Oktober 1990 wurde Pausch über den Wahlkreis 70 (Aue II Zwickau. Land 11) in den Sächsischen Landtag gewählt. Dort war er Mitglied im Ausschuss für Kultur und Medien sowie im Petitionsausschuss. Im Zusammenhang mit der Überprüfung der Abgeordneten auf eine Zusammenarbeit mit dem Ministerium für Staatssicherheit legte er am 23. Oktober 1991 sein Mandat nieder.
  • Helmut Pfordte - (* 4. Juni 1940 in Delitzsch) ist ein deutscher Landwirt sowie Politiker (CDU, bis 1990 DBD) und ehemaliges Mitglied des Sächsischen Landtages.
    • Seit September 1990 ist Pfordte Mitglied der CDU. Im Oktober 1990 wurde er über die Landesliste der CDU Sachsen in den Sächsischen Landtag gewählt. Dort war er Vorsitzender des Ausschusses für Landwirtschaft, Ernährung und Forsten sowie Mitglied im Petitionsausschuss. Im Zusammenhang mit der Überprüfung der Abgeordneten auf eine Zusammenarbeit mit dem Ministerium für Staatssicherheit legte er am 23. Oktober 1991 sein Mandat nieder.
  • Karl Sachse - (* 20. April 1936 in Etzleben) ist ein deutscher Tierarzt sowie Politiker (CDU, bis 1990 DBD) und ehemaliges Mitglied des Sächsischen Landtages. - Im Oktober 1990 wurde Karl Sachse über den Wahlkreis 4 (Torgau) mit 51,1 Prozent der Stimmen in den Sächsischen Landtag gewählt. Er war Mitglied im Ausschuss für Landwirtschaft, Ernährung und Forsten. Im Zusammenhang mit der Überprüfung der Abgeordneten auf eine Zusammenarbeit mit dem Ministerium für Staatssicherheit legte er am 23. Oktober 1991 sein Mandat nieder.
  • Herbert Schicke - (* 19. August 1931 in Kraschen; † 30. März 1992) war ein deutscher Landwirt und Politiker (CDU, bis 1990 DBD). Er war Mitglied des Sächsischen Landtages. - Nach der Wende und friedlichen Revolution wurde er 1990 Mitglied der CDU. Im Oktober 1990 zog er über die Landesliste der CDU Sachsen in den Sächsischen Landtag ein. Dort war er Mitglied im Ausschuss für Landwirtschaft, Ernährung und Forsten. Schicke wurde eine Tätigkeit als Inoffizieller Mitarbeiter nachgewiesen und 1991 von seiner Fraktion zum Rücktritt bewegt. Sein Mandat legte er am 19. Juli 1991 nieder,[2] einige Monate später nahm er sich das Leben.[3] Nach Angaben von Landtagspräsident Erich Iltgen beging er Selbstmord am 30. März 1992 im Alter von 60 Jahren, nachdem er nach dem Ausscheiden aus dem Parlament in eine finanzielle Notlage geraten war.
  • Eckhard Weigel - (* 4. Juni 1942 in Chemnitz) ist ein deutscher Architekt sowie Politiker (DDR-CDU, ab 1990 CDU) und ehemaliges Mitglied des Sächsischen Landtages. - Im Oktober 1990 wurde Weigel über den Wahlkreis 51 (Flöha) mit 58,8 Prozent der Stimmen in den Sächsischen Landtag gewählt. Dort war er Mitglied im Ausschuss für Bau und Verkehr sowie im Untersuchungsausschuss Arbeitsfähigkeit des Sächsischen Landtages. Am 17. Februar 1992 legte Weigel sein Mandat nieder, bevor die Sächsischen Landtagsabgeordneten auf eine Zusammenarbeit mit der Stasi überprüft wurden
  • Gertrud Winzer - auch Gertraud Winzer, (* 10. Dezember 1940 in Kühnicht, heute Stadtteil von Hoyerswerda)[1] ist eine ehemalige deutsche Politikerin (CDU). Nachdem Winzer bei der Landtagswahl in Sachsen 1990 als Kandidatin der CDU auf Platz 54 der Landesliste den Einzug in den Sächsischen Landtag zunächst verpasst hatte, rückte sie am 27. August 1991 für den am 19. Juli 1991 ausgeschiedenen Abgeordneten Herbert Schicke ins Landesparlament nach. Jedoch legte sie bereits am 22. Oktober 1991 ihr Mandat nieder,[3] da sie im Verdacht stand, für das ehemalige Ministerium für Staatssicherheit der DDR gearbeitet zu haben.[4] Ihr Mandatsnachfolger wurde am 19. November 1991 Peter Weber. - Am 23. November 2016 wurde ihr ehrenamtliches Engagement mit dem Verdienstorden der Bundesrepublik Deutschland honoriert
  • Volker Nollau - (* 14. März 1941 in Stuttgart; † 3. Januar 2017 in Dresden[1]) war ein deutscher Mathematiker, Hochschullehrer und Politiker (CDU). Er war Professor an der Technischen Universität Dresden sowie kurzzeitig Abgeordneter des Sächsischen Landtages und Parlamentarischer Staatssekretär für Wissenschaft im Kabinett Biedenkopf I.
    • Volker Nollau war seit März 1990 Mitglied der CDU und war ab Oktober 1990 Mitglied des ersten Sächsischen Landtages. Im Zusammenhang mit der Überprüfung der Abgeordneten auf eine Zusammenarbeit mit dem Ministerium für Staatssicherheit legte er am 23. Oktober 1991 sein Mandat nieder.[4] Nollau war Staatssekretär beim Staatsminister für Wissenschaft und Kunst, bis er am 4. September 1991 nach Presseberichten über frühere Absprachen mit der Stasi zurücktrat. Zu DDR-Zeiten war Nollau jahrelang wegen seiner Betätigung in der Synode der Evangelisch-Lutherischen Landeskirche Sachsens observiert worden und hatte 1988 direkte Kontakte zur Stasi.[5] Ein Fehlverhalten Nollaus konnte jedoch nicht nachgewiesen werden, so dass die Personalkommission der TU Dresden 1992 keinen Hinderungsgrund für eine Berufung auf den Mathematiklehrstuhl feststellen konnte.
    • Nach dem Abitur im Jahr 1959 studierte Volker Nollau Mathematik und Theoretische Physik an der TU Dresden. 1964 erhielt er sein Diplom. Ab 1964 war Nollau wissenschaftlicher Assistent und ab 1969 wissenschaftlicher Oberassistent bei der Sektion Mathematik an der TU Dresden. Im Jahr 1966 wurde er an der Fakultät für Mathematik und Naturwissenschaften der TU Dresden Über Potenzen Aa (0 ≤ a ≤ 1) eines abgeschlossenen linearen Operators A in einem Banachraum zum Dr. rer. nat. promoviert. 1971 habilitierte er sich mit der Schrift Über gebrochene Potenzen infinitesimaler Generatoren Markoffscher Übergangswahrscheinlichkeiten und eine Klasse gerichteter stabiler Prozesse. Ab 1982 war Volker Nollau außerordentlicher Dozent. Aufgrund seines kirchlichen Engagements wurde er trotz der 1971 erfolgten Habilitation erst im September 1990 zum Professor für Mathematische Statistik berufen.[2] In den Jahren 1990 und 1991 war er Mitglied des Sächsischen Landtages und Parlamentarischer Staatssekretär für Wissenschaft im Freistaat Sachsen. Im Jahr 1992 wurde er zum Professor für Stochastische Analysis und Steuerung berufen und zugleich Direktor des Instituts für Mathematische Stochastik der TU Dresden. Er war Mitglied des Senats. Von 2000 bis zu seiner Emeritierung 2006 war Volker Nollau Prodekan der Fachrichtung Mathematik und war seit 1994 Vorstand des Universitätskonzils. Seit 2006 war Nollau zudem Honorarprofessor E. h. der TU Wien und lehrte am Institut für Statistik und Wahrscheinlichkeitstheorie. Seit ihrer Neugründung 1994 war er Mitglied des Kuratoriums der Sächsischen Landesbibliothek – Staats- und Universitätsbibliothek Dresden (SLUB). In den Jahren 2004/05 war er Vizepräsident der Deutschen Mathematiker-Vereinigung (DMV). Nollau war evangelisch, verheiratet und hatte drei Kinder.
    • Darüber hinaus engagierte sich Nollau ehrenamtlich in der Evangelischen Kirche. Seit 1978 war er Mitglied der Synode der Evangelisch-Lutherischen Landeskirche Sachsens und seit 1984 Vorsitzender ihres Finanzausschusses. Von 1991 bis 2004 leitete er den Verwaltungsrat des Diakonenhauses Moritzburg. Seit 1997 war er Domherr des Domkapitels Wurzen und seit 1998 Mitglied im Kuratorium der Fachhochschule für Soziale Arbeit Dresden.


  • Adolf Böhm (Politiker) - (* 15. Januar 1937 in Würbenthal; † 16. Dezember 2000 in Wurzen) war ein deutscher Wasserwirtschaftingenieur sowie Politiker (DDR-CDU, ab 1990 CDU) und Mitglied des Sächsischen Landtages. - Adolf Böhm wurde 1962 Mitglied der CDU der DDR und war 1965 bis 1975 Mitglied im CDU-Kreisvorstand Wurzen, davon 1970 bis 1975 stellvertretender Kreisvorsitzender. Ab 1973 war er auch Mitglied des Bezirksvorstands Leipzig. 1975 wurde er wegen Staatsverleumdung verurteilt, erhielt eine Parteistrafe, eine Rüge und wurde aller politischen Ämter enthoben. Nach der Wende 1990 war er wieder Mitglied des Kreisvorstand Wurzen der CDU. - Bei der Landtagswahl in Sachsen 1990 wurde er im Oktober 1990 für den Wahlkreis 3 (Wurzen) mit einem Wahlkreisergebnis von 47,0 % in den Landtag gewählt. Dort saß er für seine Fraktion im Umweltausschuss. Nachdem er im Februar 1991 aus dem Landtag ausgeschieden war, rückte Klaus Günther für ihn nach.
  • Arndt Rauchalles - (* 9. November 1957 in Karl-Marx-Stadt) ist ein ehemaliger deutscher Politiker (CDU, bis 1990 DDR-CDU). Er war kurzzeitig Mitglied des Sächsischen Landtages. - Im Oktober 1990 wurde Rauchalles über den Wahlkreis 79 (Auerbach 1) mit 55,2 Prozent der Stimmen in den Sächsischen Landtag gewählt. Nach seinem Ausscheiden am 15. März 1991 wurde Werner Schmidt sein Nachfolger.
  • Jochen Melzer - Bei der Landtagswahl am 14. Oktober 1990 verpasste Spantig auf Listenplatz 39 der Landesliste der CDU Sachsen zunächst den Einzug in den Sächsischen Landtag. Nach dem Mandatsverzicht von Jochen Melzer rückte er noch im Herbst 1990 in den Landtag nach, dem er bis zum Ende der Wahlperiode 1994 angehörte.


SPD
  • Bernd Donaubauer SPD - schon letzte Volkskammer - (* 25. März 1940 in Würzburg) ist ein deutscher Politiker (SPD). Er war Mitglied der Volkskammer und des Sächsischen Landtags. - Der bis dahin parteilose Donaubauer trat 1990 der SPD bei. Nach der Wahl zum Vorsitzenden des Kreisverbandes gehörte er von März bis Oktober 1990 der letzten, erstmals frei gewählten Volkskammer der DDR an. Nach der Wiedervereinigung wurde er 1990 über die Landesliste in den Landtag von Sachsen gewählt. Im Zusammenhang mit der Überprüfung der Abgeordneten auf eine Zusammenarbeit mit dem Ministerium für Staatssicherheit legte er am 23. Oktober 1991 sein Mandat nieder.


FDP
  • Axel Viehweger - (* 27. November 1952 in Waldenburg (Sachsen)) ist ein ehemaliger deutscher Politiker (LPDP, ab 1990 FDP). Er war Minister für Bauwesen, Städtebau und Wohnungswirtschaft der DDR im Kabinett von Lothar de Maizière. - Viehweger besuchte die Erweiterte Oberschule (EOS) und legte das Abitur ab. Er trat 1970 der LDPD bei. Er studierte von 1973 bis 1978 an der Technischen Universität Dresden Energietechnik und Kernphysik und war danach wissenschaftlicher Assistent am Institut für Energetik. In den Jahren 1984 bis 1985 war er wissenschaftlicher Mitarbeiter am Institut für Energetik in Dresden. Er promovierte 1985 zur Thematik „Ein Beitrag zur Ermittlung ‚günstiger‘ hydraulischer Betriebsregime für Heißwasser-Fernheiznetze bei Havariebedingungen oder planmäßigen Außerbetriebnahmen“ zum Dr.-Ing. - Axel Viehweger trat 1975 der DDR-Blockpartei LDPD bei. Er war von 1979 bis 1985 Abgeordneter der Stadtbezirksversammlung Dresden-West und bis 1990 Stadtrat für Energie von Dresden. Von 1981 bis 1985 war er Vorsitzender des Stadtbezirksverbandes Dresden-West der LDPD und von 1986 bis 1990 Vorsitzender des Kreisverbandes Dresden-Stadt.[1] Seit Februar 1990 war er Mitglied des Präsidiums des Bundes Freier Demokraten und später Mitglied der FDP.
    • Von April bis September 1990 war Viehweger Minister für Bauwesen, Städtebau und Wohnungswesen im Kabinett von Lothar de Maizière. Er trat nach Bekanntwerden der Ergebnisse des Volkskammerprüfungsausschusses und der darin erhobenen Vorwürfe einer Zusammenarbeit mit dem Ministerium für Staatssicherheit unter dem Decknamen „Jens Grabowski“[2] sowie der enthaltenen Empfehlung zum sofortigen Rücktritt am 28. September 1990 von seinem Amt zurück, blieb jedoch Spitzenkandidat der FDP Sachsen für die Landtagswahl am 14. Oktober 1990.[3]
    • Während der ersten Legislaturperiode war er ab 1990 Abgeordneter des Sächsischen Landtags, in den er über die Landesliste der FDP eingezogen war. Laut einem Bericht der Sächsischen Zeitung vom 13. November 1990 ließ Viehweger ab diesem Zeitpunkt sein Landtagsmandat „auf Bitten der FDP-Landtagsfraktion und nach einem Gespräch mit dem FDP-Bundesvorsitzenden Graf Lambsdorff“ ruhen, bis die Stasi-Vorwürfe gegen ihn geklärt wären.[4] Am 4. November 1991 wurde Viehweger aus der Landtagsfraktion ausgeschlossen.[5][6][7] Daraufhin trat er aus der FDP aus und gehörte dem Landtag für den Rest der Legislaturperiode bis 1994 als fraktionsloser Abgeordneter an. Vom 1. Januar 2002 bis 31. Dezember 2019 war Viehweger Mitglied des Vorstandes des Verbandes Sächsischer Wohnungsgenossenschaften.
PDS
  • Klaus Bartl - (* 23. September 1950 in Oberwiesenthal) ist ein deutscher Jurist und Politiker (SED, Die Linke), war SED-Funktionär und inoffizieller Mitarbeiter der DDR-Staatssicherheit. Er war von 1990 bis 2019 Mitglied des Sächsischen Landtags und war von 1990 bis 1994 Vorsitzender der Fraktion Linke Liste/PDS. - Bartl besuchte von 1965 bis 1969 die Erweiterte Oberschule und absolvierte gleichzeitig eine Lehre als Facharbeiter für Agrotechnik. Von 1969 bis 1971 leistete er seinen Grundwehrdienst bei der Nationalen Volksarmee der DDR. 1971 bis 1972 war er als Bauarbeiter tätig, 1972 nahm er ein Jurastudium an der Humboldt-Universität zu Berlin, auf welches er 1976 als Diplom-Jurist und Humboldt-Preisträger abschloss. Von 1976 bis 1978 war er als Staatsanwalt tätig.
    • 1968 verpflichtete er sich als Freiwilliger Helfer der Grenztruppen an der Grenze zur Tschechoslowakei. Von 1969 bis 1971 war er Inoffizieller Mitarbeiter des Ministeriums für Staatssicherheit (Stasi-IM) unter dem Decknamen Andreas Förster Insgesamt schrieb Bartl 37 Spitzelberichte über Jugendliche und Lehrer und notierte, wer wen in Oberwiesenthal geschwängert hatte.
    • Bartl trat 1973 der SED bei. Von 1979 bis 1989 war er politischer Mitarbeiter und Abteilungsleiter für Staats- und Rechtsfragen der SED-Bezirksleitung Karl-Marx-Stadt und dort unter anderem zuständig für das „Zurückdrängen von Ausreiseanträgen“.[5] Bartl saß von 1986 bis 1989 als Abgeordneter im Bezirkstag Karl-Marx-Stadt und war dort Vorsitzender einer ständigen Kommission und Fraktion. Von 1989 bis 1990 saß er als Vertreter der SED am Runden Tisch im Bezirk Karl-Marx-Stadt. 1990 war er als wissenschaftlicher Mitarbeiter der PDS-Fraktion in der Volkskammer beschäftigt. Im Juni 1990 erhielt er seine Zulassung als Rechtsanwalt. Von 1990 bis 1991 war er Vorsitzender der PDS in Sachsen. Er ist seit 1993 praktizierender Rechtsanwalt.
    • Bartl war seit Oktober 1990 Mitglied des Sächsischen Landtags, von 1990 bis 1994 Vorsitzender der Fraktion Linke Liste/PDS im Sächsischen Landtag, von 1990 bis 1992 Mitglied des Verfassungsausschusses zur Erarbeitung der Verfassung des Freistaates Sachsen und seit 1994 Arbeitskreisleiter Demokratisierung, Verfassung, Recht, Innen- und Europapolitik der PDS-Landtags-Fraktion beziehungsweise der Linken-Fraktion. Er ist derzeit Verfassungs- und rechtspolitischer Sprecher für Die Linke, Mitglied im Ausschuss Verfassung, Recht, Europa, Mitglied im Ausschuss Geschäftsordnung, Immunitätsangelegenheiten. Er war ab April 2012 Vorsitzender im Untersuchungsausschuss zu „kriminellen und korruptiven Netzwerken in Sachsen“ („Sachsensumpf“) sowie stellvertretender Vorsitzender des ersten sächsischen NSU-Untersuchungsausschusses „Neonazistische Terrornetzwerke in Sachsen“. Zudem ist er seit Herbst 2014 Vorsitzender des Verfassungs- und Rechtsausschusses des Sächsischen Landtages.
    • In der Klage des sächsischen Landtags gegen Herbert Goliasch (CDU) vor dem Sächsischen Verfassungsgerichtshof mit dem Ziel der Aberkennung des Landtagsmandates wegen dessen Tätigkeit als Stasi-IM vertrat ihn Klaus Bartl anwaltlich
  • Jürgen Dürrschmidt PDS - (* 23. Februar 1954 in Zwickau) ist ein deutscher Politiker der Partei Die Linke. Er war von 1990 bis 2004 Abgeordneter der PDS im Landtag von Sachsen. An der TU Dresden war er inoffizieller Mitarbeiter der DDR-Staatssicherheit gewesen. - Dürrschmidt trat 1970 der SED bei. Er war von 1968 bis 1984 Mitglied der FDJ und von 1968 bis 1990 der DSF. Im Jahr 1990 trat er der PDS bei. Er war von 1990 bis 1994 Gemeindevertreter in Cainsdorf und Mitglied des Kreistags im Landkreis Zwickauer Land. Bei der Landtagswahl in Sachsen 1990 wurde er über die Landesliste in den Landtag gewählt, dem er bis zum Ende der dritten Wahlperiode 2004 angehörte. Von 2009 bis 2014 war er für die Fraktion Die Linke Stadtrat von Zwickau und zugleich stellvertretender Fraktionsvorsitzender.[1] Er war Mitglied im Haupt-, Verwaltungs- und Rechnungsprüfungsausschuss der Stadt sowie Mitglied im Aufsichtsrat der Städtischen Verkehrsbetriebe. - Nach seiner Studienzeit von 1977 bis 1981 war Dürrschmidt als Inoffizieller Mitarbeiter für das Ministerium für Staatssicherheit tätig, während er an der TU Dresden die Funktion eines hauptamtlichen FDJ-Funktionärs ausübte.
  • w:de:Helmar Hegewald - Helmar Hegewald (* 27. Juni 1941 in Radebeul) ist ein deutscher Politiker (SED bzw. PDS) und Hochschullehrer für marxistisch-leninistische Ethik. Er war inoffizieller Mitarbeiter der DDR-Staatssicherheit, Mitglied der letzten Volkskammer und des Sächsischen Landtages. - Im Oktober 1990 zog er über die Landesliste in den Sächsischen Landtag ein. Dort war er Vorsitzender des Umweltausschusses, bis er im November 1991 nach seiner Enttarnung als Stasi-IM einstimmig abgewählt wurde.[2] Nach Bekanntwerden seiner Tätigkeit als Inoffizieller Mitarbeiter der DDR-Staatssicherheit weigerte sich Hegewald, als Abgeordneter zurückzutreten. - 1976 absolvierte er in der UdSSR ein Zusatzstudium für Philosophie/Ethik an der Staatlichen Universität Leningrad. 1979 erfolgte in Dresden die Promotion B zum Dr. sc. phil.


  • Sieghard Kosel - (* 3. Juli 1939 in Bautzen) ist ein deutsch-sorbischer Journalist sowie Politiker (SED, PDS), ehemaliges Mitglied des Sächsischen Landtages und war inoffizieller Mitarbeiter der DDR-Staatssicherheit. - Sieghard Kosel war zwischen 1963 und 1989 Mitglied der SED bzw. seit 1990 der PDS. Er stand aber in dem (heute beeinträchtigten) Ruf, die Interessen der Sorben über die Parteiräson zu stellen.[1] Von 1990 bis 1994 war er Kreisvorsitzender der PDS Bautzen, ab 1993 Mitglied des Landesvorstandes der PDS und ab 1994 Mitglied des Kreistages Bautzen. Im Oktober 1990 wurde Kosel über die Landesliste in den Sächsischen Landtag gewählt, dem er für zwei Wahlperioden angehörte. In der 1. Wahlperiode war er dort im Ausschuss für Bundes- und Europaangelegenheiten und in der 2. Wahlperiode im Ausschuss für Wissenschaft und Hochschule, Kultur und Medien.
    • Sieghard Kosel war 18 Jahre lang Inoffizieller Mitarbeiter des Ministeriums für Staatssicherheit (MfS). Während das MfS in seinen Akten notierte, Sieghard Kosel hätte durch seine Spitzeltätigkeit „bei der Niederhaltung politisch abweichender Strömungen in der Redaktion“ der Nowa doba mitgewirkt, erklärte Kosel, er habe niemandem geschadet.[2] Der Landtag beschloss daher 1998 gemäß Artikel 118 der sächsischen Verfassung ein Mandatsenthebungsverfahren. Der Staatsgerichtshof wies die Klage unter Verweis auf die bevorstehende Landtagswahl ab. Durch die Kürze der restlichen Wahlperiode bestünde kein Rechtsschutzbedürfnis.


  • Peter Porsch (Politiker) - (* 15. Oktober 1944 in Wien) ist ein deutscher Politiker und Germanist österreichischer Herkunft. Er war als Mitglied der PDS bzw. deren Nachfolgerin Die Linke von 1990 bis 2009 Abgeordneter im sächsischen Landtag.
    • Porsch trat 1982 der SED bei. Seit der sächsischen Landtagswahl im Oktober 1990 war er für die PDS Mitglied des Landtages. Von 1991 bis 1995 und von 1997 bis 2001 war er Vorsitzender der PDS in Sachsen. Von 1994 bis Juli 2007 war er Vorsitzender der PDS-Fraktion bzw. der Linksfraktion im Sächsischen Landtag. Von 2000 bis 2003 war er einer der stellvertretenden Bundesvorsitzenden der PDS.
    • 2004 und 2005 berichtete das Nachrichtenmagazin Focus, dass Porsch im Verdacht stehe, von 1970 bis in die 1980er-Jahre als IM Christoph des Ministeriums für Staatssicherheit Informationen geliefert zu haben.[1][2][3] Porsch bestritt dies und behauptete, unwissentlich abgeschöpft worden zu sein. Nach Bekanntwerden der Vorwürfe wurde er einstimmig durch die Personalkommission der Universität Leipzig als Stasi-vorbelastet eingestuft. Daraufhin sprach ihm das Kultusministerium 2004 die außerordentliche Kündigung aus.[4] Dagegen erhob Porsch durch seinen Anwalt Peter-Michael Diestel vor dem Arbeitsgericht Dresden Klage. Ergebnis des Gerichtsverfahrens war ein Vergleich: Der Freistaat Sachsen nahm die außerordentliche Kündigung zurück und zahlte die Bezüge bis zum 31. Mai 2005 nach, in dieser ordentlichen Kündigung durfte der Entlassungsgrund Stasi-Vorwurf nicht erwähnt werden. Am 11. Mai 2006 beschlossen im Sächsischen Landtag CDU, SPD, Bündnisgrüne und FDP mit den Stimmen der NPD gegen die Linkspartei.PDS (mit 83 von 119 Stimmen bei fünf Enthaltungen) die Erhebung einer Abgeordnetenklage nach Artikel 118 der sächsischen Verfassung, mit der Porsch aufgrund der angeblichen Zusammenarbeit mit dem MfS sein Landtagsmandat aberkannt werden sollte. Der Verfassungsgerichtshof des Freistaates Sachsen wies jedoch Anfang November des Jahres die Klage einstimmig als unzulässig zurück, da sie erst im Juni 2006 eingereicht worden war, obwohl dem Parlament die Vorwürfe gegen Porsch bereits seit Sommer 2004 bekannt waren. Damit hatte man die Frist nach § 38 I SächsVerfGHG von einem Jahr nach Bekanntwerden der entsprechenden Vorwürfe verletzt, innerhalb derer Klage einzureichen ist. Das Gericht traf zur Begründetheit der Klage keine Feststellung.[5] Porsch klagte auch gegen entsprechende Veröffentlichungen über seine angebliche Informantentätigkeit sowie gegen die Bundesbeauftragte für die Stasi-Unterlagen. Durch einstweilige Verfügung sowie durch Urteil des Landgerichts Hamburg wurde einigen Zeitungen untersagt, die Vorwürfe als Tatsache darzustellen.[6] Er war zunächst auch in zwei weiteren Verfahren vor dem Landgericht Hamburg und dem Hanseatischen Oberlandesgericht erfolgreich. Der Bundesgerichtshof hat diese Entscheidungen aber aufgehoben und an das Berufungsgericht zurückgewiesen. Die beklagten Zeitungen hätten ein gesteigertes Vertrauen in Verlautbarungen des Bundesbeauftragten für die Unterlagen des Staatssicherheitsdienstes der DDR haben dürfen


Thüringen Bearbeiten

Thüringen Wahre Goldgrube

Die thüringische Regierung hat ein Erfurter Großhotel einem CDU-Spezi und Ex-IM zugeschanzt - zu ungewöhnlich günstigen Bedingungen.


05.07.1992, 13.00 Uhr • aus DER SPIEGEL 28/1992

In der Kaderkommission des Erfurter Bezirksrats hockten die SED-Genossen zusammen und bearbeiteten ihren Kollegen aus dem Bezirksbauamt, endlich den Kontakt zur »Westverwandtschaft« aufzugeben. Doch der Bedrängte lehnte strikt ab.

»Unter diesen Umständen«, notierte daraufhin »IM Hermann« für seinen Stasi-Führungsoffizier, sei es nicht möglich, »den Kader« im Bezirksbauamt »weiter zu belassen": »Es gilt nun diesen Standpunkt durchzusetzen.«

Auf »IM Hermann« war immer Verlaß. Über einen Mitarbeiter des Rates, der einen Jugoslawien-Trip plante, urteilte er, der habe eine »völlig prowestliche, konsumorientierte Einstellung, die eine Reise keineswegs rechtfertigt«. Eine Sekretärin, schrieb der eifrige IM, führe den »Verkehr gegen Geld« aus, »mit Abnormitäten«. Sie müsse von ihrer Funktion »entbunden« werden.

Mehrere hundert Seiten Spitzel-Berichte über Arbeitskollegen, viele davon handschriftlich, lieferte »Hermann«, den die Erfurter Stasi-Bezirksverwaltung unter der Nummer IX 146/81 registriert hatte - Jürgen Homann, 45, war jahrelang eine Spitzenkraft der kommunistischen Geheimpolizei.


Jetzt will der Diplomjurist wieder an die Spitze. Mit Hilfe der thüringischen CDU/FDP-Landesregierung und des christdemokratischen Erfurter Oberbürgermeisters Manfred Ruge schickt sich der Ex-IM an, der führende Hotelier in dem neuen Bundesland zu werden.

Ohne eine öffentliche Ausschreibung schanzten Ruge und ein Parteifreund, der Erfurter Minister für Soziales und Gesundheit, Hans-Henning Axthelm, dem ehemaligen SED-Mitglied (Homann: »Ich kann rechte CDU-Politik gut verstehen") ein 160-Zimmer-Hotel in exklusiver Lage in Erfurt zu - für Homann ein Millionengeschäft. Land und Kommune hingegen haben sich auf diese Weise um eine günstige Einnahmequelle gebracht.

Nach seiner Dienstwagen- und der Organspendenaffäre (SPIEGEL 10, 12/1992) gerät Pannenminister Axthelm durch den Fall erneut ins Zwielicht. Ministerpräsident Bernhard Vogel, der Axthelm mittlerweile intern auf die »Sache mit dem Hotel« angesprochen hat, bekam zur Antwort, da sei nichts dran. Der auf Harmonie bedachte Regierungschef gab sich zufrieden. Vogel hätte besser nachgefaßt.

Am 13. Juni vergangenen Jahres gründete Ex-IM Homann die Thuringia Hotel-Kongreß-Freizeitcenter Betreibergesellschaft mbH. Gegenstand des Unternehmens sollte die »Betreibung von Grundstücken und Immobilien, insbesondere von Hotels, Gaststätten und Freizeitzentren« (Handelsregister Erfurt 2866) sein.

Nur einen Tag später traten Axthelm und Ruge in Aktion. Sie meldeten ihrerseits die »Hotel Thüringen GmbH« an - Zweck: »Verpachtung von Hotels und die Besorgung aller damit unmittelbar oder mittelbar zusammenhängenden Geschäfte«. Die GmbH, zu 60 Prozent in Händen des Landes, zu 40 Prozent im Besitz der Kommune, übernahm das ehemalige Erfurter Jugendtouristhotel »Völkerfreundschaft«.

Zu Geschäftsführern des stadt- und landeseigenen Unternehmens beriefen die CDU-Politiker im Juni 1991 ihre engsten Vertrauten, die persönliche Referentin des Ministers, Eva-Maria Weppler, und den christdemokratischen Fraktionschef im Erfurter Rathaus, Andreas Theis, wie Axthelm Blockpolitiker aus der Vorwendezeit.

Der sorgsam unter Verschluß gehaltene Pachtvertrag, den Weppler und Theis im Auftrag von Ruge und Axthelm mit Homann unterschrieben, liest sich wie die »Lizenz zum Gelddrucken«, staunt ein Gastronomiefachmann.

Der auf diese Weise begünstigte Ex-IM Homann ist für Axthelm kein Unbekannter. Homann hatte zunächst als Justitiar für den im Januar 1992 über seine Stasi-Kontakte gestürzten Ministerpräsidenten Josef Duchac gewirkt.

Als Homanns IM-Tätigkeit intern durchsickerte und Duchac ihn - kurz vor seinem Abgang - loswerden wollte, half Innenminister Willibald Böck: Homann wechselte in die Zentralabteilung des Böck-Ministeriums.

Doch auch dort war Homann nicht zu halten - eine frühere IM-Tätigkeit läßt eine Übernahme in den Staatsdienst nicht zu. Daraufhin schaltete sich Axthelm ein. Dank seiner Hilfe durfte der Duchac-Spezi Homann das Hotel am 1. Juli 1991 zu einer Jahrespacht von gerade mal 400 000 Mark übernehmen.

Solche Summen zahlen vergleichbare Häuser (Zimmerpreise: zwischen 150 und 225 Mark) pro Monat, üblich sind rund 30 Prozent des Umsatzes oder mehr. Doch nicht einmal dieser Betrag ist zur Zeit fällig.

Für das »Rumpfgeschäftsjahr 1991 und für das Geschäftsjahr 1992« haben die Vertragsparteien eine »kostenlose Nutzung« vereinbart. Begründung: Das Hotel werde in diesem Zeitraum »erhebliche laufende Verluste erzielen«.

Dabei sind freie Hotelbetten in der Landeshauptstadt selten. So erweist sich jede noch so kleine Pension in Erfurt, ohne daß große Investitionen getätigt werden, als wahre Goldgrube.

Erst von 1993 an soll die vereinbarte Jahrespacht von 400 000 Mark fällig werden. Doch von diesem Betrag fließen 96 Prozent als Investitionskostenzuschuß direkt an das Hotel zurück, so daß Homann laut Vertrag gerade mal 16 000 Mark in vierteljährlichen Raten von 4000 Mark an Stadt und Land überweisen muß - für das 160-Zimmer-Haus also pro Monat 1333 Mark, nicht mehr als für eine bessere Wohnung.

Diese Vorzugsregelung soll bis einschließlich 1998 gelten. Erst dann kommt die hoch verschuldete öffentliche Hand in den Genuß von 400 000 Mark pro Jahr. Dabei finanziert allein das Land Thüringen seinen Etat 1992 zu knapp 20 Prozent über Kredite auf dem freien Markt.

Auch sonst strotzt der Vertrag vor ungewöhnlich pächterfreundlichen Regelungen: *___Er ist auf 15 Jahre abgeschlossen, mit einem ____Optionsrecht für den Pächter von zwei mal fünf Jahren; *___eine eventuelle, insgesamt maximal 20prozentige ____Steigerung des Pachtzinses ist entgegen der üblichen ____Praxis nicht an den Umsatz, sondern an den Gewinn ____gekoppelt, und der ist, jeder Fachmann weiß das, nach ____unten manipulierbar.

Jetzt erwägt die Stadt Erfurt auch noch, eine Ausfallbürgschaft von 66 Millionen Mark zu übernehmen, damit Homann sein Hotel erweitern kann. Ein hoher Beamter im Finanzministerium: »Hier verschenken Land und Stadt zig Millionen Mark an einen ehemaligen SED-Funktionär und IM.«

Als Gegenleistung verpflichtete sich Homann zur Übernahme der Beschäftigten. Doch von den früher 136 Mitarbeitern sind derzeit nur noch 95 beschäftigt - obwohl das Hotel zu über 90 Prozent ausgelastet ist.

Auch das Land und die Kommune sorgen mit für die hohe Belegung. Axthelm bewohnt auch schon mal zu Sonderkonditionen eine der Hotel-Suiten.

Auch mit seinem Stellvertreter, dem früheren Chef des Jugendtouristhotels, Erich Herold, kommt der neue Hoteldirektor Homann gut aus. Herold war ebenfalls IM, Registriernummer IX 277/85, Deckname: Jürgen Frenzel.

In Thüringen, rechtfertigt sich Minister Axthelm bisweilen, würden alte Seilschaften nicht durch neue ersetzt.

Das stimmt. Die alten bleiben.

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