Benutzer:O.tacke/OpenScience Forschendes Lernen Wikis

alte Ausarbeitung

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alte Stichpunkte

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  • Kontext des Beitrags: Wikis in Lehr-Lernkontexten
    • eventuell zur Einordnung, zum wozu: Forschen und Lernen waren für Humboldt dasselbe, Professoren wie auch Studierende forschen/lernen gemeinsam; Professoren diskutieren ihre Ideen und Forschungstätigkeiten mit Studierenden, die mitwirken; Studierende lernen dabei vom Prof., die Profs profitieren von den frischen, kritischen Ideen der Studis und lernen dadurch auch etwas. So war's ja mal gedacht. Wiki als Lernumgebung dafür (für Forschendes Lernen (Huber/Hellmer/Schneider 2009)), wobei der Kreis der Beitragenden sogar noch um die Öffentlichkeit erweitert wurde. --O.tacke 20:35, 30. Mai 2011 (CEST)
    • Zumindest für die Uni: "Das Verhältniss zwischen Lehrer und Schüler wird daher durchaus ein anderes als vorher. Der erstere ist nicht für die letzteren, Beide sind für die

Wissenschaft da [...]" (von Humboldt 1809/1810) Also keine unidirektionale Belehrung, sondern ein gemeinsames Lernen. --O.tacke 11:27, 1. Jun. 2011 (CEST)

  • Fokus des Beitrags: Wiki-Einsatz im Rahmen öffentlicher Wissenschaft für
    • die persönliche Weiterentwicklung des öffentlichen Wissenschaftlers (z.B. durch Austausch, Schreibprozesse, ...)
      • Öffentliche Wissenschaft als Gegenstrategie zu "publish or perish"
        • Möglichkeit, kontuierlich zu produzieren und mit Community zu teilen, ohne dabei starre Veröffentlichungen zu erzeugen
        • kollaboratives Schreiben, ohne Probleme wie z.B. verschiedene Word-Versionen etc. Beispiel: Dieser Artikel hie
        • schnelles, direktes Feedback (i.G.z. Journal-Veröffentlichungen)
        • learning networks
        • Kombination mit/Abgrenzung zu anderen Tools: Weblog, Etherpad, Twitter, ... hinsichtlich Lernen und Weiterentwicklung
          • Anlocken auf Seiten per Twitter und Weblog
    • als Wissensspeicher / Arbeitsumgebung / Wissensmanagement-Werkzeug
      • Lab Notebook
      • Kollaboratives Lesen und Zusammenfassen von Artikeln
      • Konferenzmitschriebe
      • Vorbereitung und Nachbereitung von wissenschaftlichen Vorträgen
    • Mode 2 (Nicolai/Klee 2010; Gibbons et al. 1994), aber ist nicht unumstritten. (Weingart 1999)
    • den Einsatz in Lehrkontexten
      • alte Ausarbeitung ohne Veröffentlichung (öffentliche Seminare)
      • Teamarbeit und gute Atmosphäre sind 16-35 Jährigen am Job am wichtigsten (Heidelberger Leben Trendmonitor 2011)
      • Geschlossene Wikis in der Hochschullehre werden als positiv empfunden,. 38% der Teilnehmer stellen aber keine Verbesserung der Teamarbeit fest. (Wawarta/Heereman 2008)
        • Kontrast dazu: Öffentliche Seminare im Web 2.0 (Schimpf & Spannagel)
      • GeoWiki und Arithmetik-Wiki als Beispiel für Mathematik
      • IT ist ein "Enabler" für die Nutzung kollektiver Intelligenz (Bächle 2008)
      • denkbar als Vorbeugung von Plagiarismus (Hüttemann 2011)
      • Irren und Fehlermachen sind nützlich (Gielas 2011; Schäfer 2011; Nuber 2011)
      • Beispiele: Poster: Transdisziplinäres Lernen in Wikis und aktuell laufender Kurs Schutz von Wissen - Sinn oder Unsinn?

Forschendes Lernen

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"Der Forschungprozess kann grob verallgemeinernd in folgenden Etappen gegliedert werden:

  • Fragestellung entwickeln
  • Forschungsgegenstand sichten
  • Problem definieren
  • Forschungsplan entwerfen, Methoden klären
  • Untersuchung durchführen und auswerten
  • Ergebnisse einordnen, bewerten, reflektieren
  • Ergebnisse darstellen, erklären, publizieren" (Bihrer, Schiefner & Tremp 2010: 97)

Eigene Ergänzung: Nachträgliche Diskussion der Ergebnisse, um daraus weitere Fragestellungen zu generieren. Der Kreis schließt sich.

"Unsere These lautet: Digitale Medien wie [...] Web-2.0-Technologien eignen sich vor allem zur Unterstützung des Prozesses und zur Zusammenarbeit von Wissenschaftlern bzw. forschenden Lernenden [...]." (Bihrer, Schiefner & Tremp 2010: 104)

  • Bihrer, Andreas, Schiefner, Mandy & Tremp, Peter (2010): Forschendes Lernen und Medien. Ein Beispiel aus den Geschichtswissenschaften. In: Schewa Mandel, Manuel Rutishauser & Eva Seiler Schiedt (Hrsg.): Digitale Medien für Lehre und Forschung, Münster et al.: Waxmann, 95-105.
  • Jede(r) ist Wissenschaftler(in)! (und Fortsetzung) - Blogbeiträge von Christian

Eventuell "außerhalb des Fokus"

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  • Bezug zum Mode 2: In der BWL spricht man in englischsprachiger Literatur von Rigor-Relevance-Gap, dem Problem der Umsetzbarkeit von Forschungsergebnissen. These: Kollaboration zwischen Theoretikern und Praktikern kann dem entgegenwirken - aber nicht automatisch. (Kieser/Leiner 2010; Horváth 2005)
  • Chancen und Grenzen von Interdisziplinarität (und Transdisziplinarität) (Jungert et al. 2010; Hilgendorf 2010)
  • Popularisierung von Wissenschaft (Hof 2005)
  • Aus Fehlern lernen können - Relevanz für die unternehmerische Praxis nach dem Studium (Braun 2011; Edmondson 2011; Dattner/Hogan 2011)
  • Kollaboration in der Wissenschaft wird wichtiger (The Royal Society 2011)
  • Kollaboration in der Unternehmenspraxis (im Unternehmen zwischen allen Hierarchieebenen) gewinnt an Bedeutung (Strack 2010)
  • Motivation von Wissenschaftlern aka "Unternehmen Wissenschaft" (und möglicher Hemmschuh für Öffentliche Wissenschaft) (Latour/Woolgar 1986; Kieser 2011)
  • Brauchen Wissenschaftler Facebook, Twitter und Co.? (Forschung und Lehre 2011)
  • Loslösung der Wissenschaft von der Gesellschaft und ihren Problemen (Schmidt 2011)

Alter Text

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Einleitung

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"Es ist ferner eine Eigenthümlichkeit der höheren wissenschaftlichen Anstalten, dass sie die Wissenschaft immer als ein noch nicht ganz aufgelöstes Problem behandeln und daher immer im Forschen bleiben, da die Schule es nur mit fertigen und abgemachten Kenntnissen zu thun hat und lernt. Das Verhältniss zwischen Lehrer und Schüler wird daher durchaus ein anderes als vorher. Der erstere ist nicht für die letzteren, Beide sind für die Wissenschaft da; sein Geschäft hängt mit an ihrer Gegenwart und würde, ohne sie, nicht gleich glücklich von statten gehen; er würde, wenn sie sich nicht von selbst um ihn versammelten, sie aufsuchen, um seinem Ziele näher zu kommen durch die Verbindung der geübten, aber eben darum auch leichter einseitigen und schon weniger lebhaften Kraft mit der schwächeren und noch parteiloser nach allen Richtungen muthig hinstrebenden." (von Humboldt 2010: 230)

Vor fast genau 200 Jahren hielt Wilhelm von Humboldt mit diesen Worten seine Vorstellung davon fest, wie Wissenschaft betrieben werden sollte. Die heutige Idee der Einheit von Forschung und Lehre, die als wesentlich für deutsche Universitäten gilt, ist auf diese Gedanken zurückzuführen. Eine wichtige Nuance scheint indes im Laufe der Zeit verloren gegangen zu sein. Von Humboldt hatte nicht im Sinn, dass Professoren zunächst für sich forschen und anschließend ihre gewonnenen Erkenntnisse lehren, für ihn gehörte beides untrennbar zusammen. In seiner Idealvorstellung gingen beide Gruppen eine symbiotische Beziehung zu beiderseitigem Vorteil ein: Während die Studierenden vom Wissen und der Erfahrung der Lehrenden profitierten, zogen diese im Gegenzug Gewinn aus einer offeneren Denkhaltung, die den eigenen Blickwinkel zu erweitern vermochte. Das gemeinsame Beschäftigen mit einem Problem sollte allen Beteiligten auf ihrer jeweiligen Stufe neue Einsichten ermöglichen, die über andere Wege in dieser Form nicht denkbar wären.

Aus den Ausführungen von Humboldts wird noch ein weiterer Aspekt ersichtlich, der heutzutage mitunter zu kurz zu kommen scheint. Für ihn bedeutete das Lernen in Universitäten mehr als das Aneignen von bereits Bekannten, sondern die unablässige Suche nach Neuem. Wissenschaft hatte für ihn eher den Charakter eines selbst durchlebten Prozesses denn eines konsumfertigen Produktes von anderen. Dies bedeutet jedoch nicht, dass ein Einzelner auf sich allein gestellt sein sollte, denn wegen der zunehmenden Spezialisierung können Beiträge zum gemeinschaftlichen Wissen immer häufiger nur noch in Kooperation mehrerer Wissenschaftler erzeugt werden (Gläser & Lange 2007: 447). Tatsächlich bestätigen zahlreiche empirische Studien, dass die Kollaboration bei Forschungsvorhaben innerhalb verschiedener Disziplinen deutlich zugenommen hat (Hunter & Leahey 2008; Pike 2010; The Royal Society 2011). Musterbeispiel sind die Projekte rund um den Large Hadron Collider am europäischen Kernforschungszentrum CERN bei Genf, an denen Hunderte von Physikern aus aller Welt beteiligt sind.

Einige Autoren sind allerdings der Ansicht, dass solche Entstehungsprozesse von Wissen in einem äußerst komplexem Umfeld stattfinden, verschiedene Fächer betreffen und daher oft ein interdisziplinäres Vorgehen erfordern (Vollmer 2010: 47-48). Gleichzeitig ist allerdings der Begriff der Interdisziplinarität überaus vielschichtig und wird nicht einheitlich verwendet (eine ausführliche Gegenüberstellung verschiedener Definitionsansätze findet sich bei Jungert 2010). An einem Ende des Interpretationsspektrums steht die Multidisziplinarität, bei der zwar von verschiedenen Seiten am gleichen Thema gearbeitet wird, es jedoch zu keiner übergeordneten Fragestellung, strukturierter Zusammenarbeit oder einer Zusammenführung der Ergebnisse kommt. Am anderen Ende steht die Transdisziplinarität, welche sich mit fachübergreifenden Problemen befasst, die ihren Ursprung hingegen außerhalb der Wissenschaft haben (beispielsweise Wirtschaft, Politik oder Lebenswelt) und für die Öffentlichkeit als dringlich und relevant angesehen werden (Balsiger 2005: 185).

Ein Konzept, das den Grundgedanken der Transdisziplinarität fortführt und erweitert, stammt von Gibbons et al. (1994) und wird von ihnen als Mode 2 bezeichnet. In Abgrenzung zum Mode 1 mit homogenen Gruppen eines eng abgesteckten Fachgebietes, weise es besondere Merkmale bei der Konstruktion von Wissen auf (Gibbons et al. 1994: 3-8). Es enstehe nicht losgelöst von praktischen Zielen, sondern innerhalb eines Anwendungskontextes und diene der Lösung eines konkreten Problems, das für verschiedene gesellschaftliche Akteure von Interesse ist. Probleme entstammen aus dieser Sichtweise nicht nur dem außerwissenschaftlichen Bereich, sondern werden auch gemeinschaftlich mit dessen Akteuren bearbeitet. Demzufolge arbeiten im Mode 2 nicht nur Wissenschaftler miteinander, sondern gleichberechtigt mit Unternehmen, Staatsvertretern oder individuellen Bürgern. Die Zusammensetzung solcher heterogenen Teams werde allerdings nicht zentral gesteuert und könne sich im Zeitverlauf flexibel den veränderten Erfordernissen anpassen. Grundsätzlich werde Wissen in einem kontinuierlichen Aushandlungsprozess konstruiert, der so lange andauere, bis die unterschiedlichen Sichtweisen aller Beteiligten ausreichend berücksichtigt wurden. Dadurch solle erreicht werden, dass Wissenschaftler sich der Tragweite ihrer Handlungen bewusst werden und soziale Verantwortung übernehmen. Schließlich charakterisiere den Mode 2 ein breiteres Spektrum der Qualitätssicherung des Wissens. Zusätzlich zu den Begutachtungsprozessen durch Fachkollegen müssten soziale, ökonomische oder politische Kriterien berücksichtigt werden, die dem Anwendungsumfeld entstammen. Gibbons et al. merken an, dass nicht alle aufgeführten Merkmale stets im Mode 2 zu finden sein müssen, wenngleich sie ein schlüssiges System bildeten.

Die Idee hinter der öffentlichen Wissenschaft ist es, der Bevölkerung in Einblicke in die Wissenschaft zu gewähren und dadurch innerhalb der Gesellschaft sowohl die eigene Akzeptanz als auch Volksbildung zu fördern. Vielfach wird darunter heute Popularisierung dergestalt verstanden, dass Wissenschaftler zunächst geprüfte Erkenntnisse produzieren und diese anschließend so aufbereiten, dass sie allgemein verständlich sind. Anschließend werden sie etwa in Form von öffentlichen Vorträgen, Zeitschriften, Büchern, Radiosendungen, Filmen oder Ausstellungen in botanischen Gärten oder Science Centers weitergegeben (Faulstich 2006: 15 und 30). Diese Sichtweise hat jedoch zur Konsequenz, dass allein die Resultate der Wissenschaft thematisiert werden und auf eine Erklärung der verwendeten Methoden und Interpretationsalternativen zu kurz kommen. Die Wissenschaft verschweigt die Prozesse der Wissensproduktion, die nicht immer reibungslos oder geradlinig verlaufen. Aus pädagogischer Perspektive wird die Frage aufgeworfen, welche Auswirkungen diese Einschränkung auf den Lernprozess der Adressaten hat und ob auf diese Weise wirklich ein wissenschaftliches Verständnis und die Fähigkeit zum eigenständigen Problemlösen gefördert werden können (Hof 2005: 14-15). Gleichsam lässt sich fragen, ob Wissenschaftler ohne Austausch mit Personen außerhalb ihrer Gemeinschaft dazu überhaupt in der Lage sind, sich wirklich verständlich für die Zielgruppe auszudrücken. "Will ein Wissenschaftler eine Frage aus der Praxis beantworten, muss er das Kontextwissen der dort Beschäftigten einbeziehen und dabei zuerst selbst etwas lernen." (Horváth 2005: 36)

Neben dieser produktorientierten Sichtweise öffentlicher Wissenschaft existiert daher eine prozessorientierte Sichtweise, die speziell Elemente des Mode 2 aufgreift: Wissen wird nicht zunächst isoliert erschlossen und dann popularisiert, sondern kann fallweise über den gesamten Verlauf transdisziplinär gemeinsam mit Akteuren verschiedener gesellschaftlicher Systeme erarbeitet werden. So können beispielsweise zu Beginn bei der Entwicklung einer Fragestellung möglichst viele relevante Sichtweisen einbezogen werden, Untersuchungen werden gemeinsam durchgeführt oder die Ergebnisse abschließend diskutiert und auf ihre politischen oder sozialen Konsequenzen hin untersucht.

Ein bekanntes Beispiel für den Erfolg dieses Vorgehens findet sich in der Astronomie: Eine gängige These besagte, dass bei der Explosion eines Sterns große Teile seiner Energie durch bestimmte Elementarteilchen freigesetzt würden und diese die Erde wenige Stunden vor dem Lichtblitz der Explosion erreichen müssten. Eine große Menge besagter Teilchen wurde von einem Forschungsinstitut in Japan registriert, die Beweise für den Lichtblitz legten jedoch unabhängig voneinander zwei Hobbyastronomen vor. Ohne sie hätte die zuvor aufgestellte These nicht bestätigt werden können und seitdem haben sich verschienene Kollaborationen zwischen "Profis" und Amateuren entwickelt (Leadbeater & Miller 2004: 13-16). Verschiedene weitere Berichte über die Ergebnisse der transdisziplinären Zusammenarbeit in anderen Disziplinen liefern ebenfalls Leadbeater & Miller. Sie kommen zu dem Schluss: "Knowledge, once held tightly in the hands of professionals and their institutions, will start to flow into networks of dedicated amateurs. The crude, all or nothing, categories we use to carve up society - leisure versus work, professional versus amateur - will need to be rethought." (Leadbeater & Miller 2004: 71)

Die Nützlichkeit und Umsetzbarkeit transdisziplinärer Wissenskonstruktion oder des Mode 2 in der wissenschaftlichen Forschung bleibt allerdings umstritten. So weisen beispielsweise Nicolai & Klee (2010: 559) darauf hin, dass zwar die praktische Relevanz gesteigert werden solle, aber unklar bleibt, wie die Standards traditioneller Wissenschaft eingehalten werden können. Von Kieser & Leiner (2010) wird angeführt, Wissenschaft und Praxis seien unterschiedliche, selbstreferenzielle Systeme mit unterschiedlichen Zielen, die abhängig von der Disziplin nur schwerlich miteinander kommunizieren könnten: "Praktiker erwarten 'aktionsfähiges' Wissen, d. h. Wissen, das in Entscheidungen zu spezifischen Problemen einfließen kann. Forscher dagegen erwarten, aus solchen Projekten Anregungen zur Produktion wissenschaftlicher, d. h. publizierfähigen Wissens zu erhalten." Nur wenige hätten das Talent, zwischen den beiden Welten zu wandeln und in beiden Gruppen aktiv zu werden. Gleichwohl sind Kieser & Leiner der Ansicht, dass ein fruchtbarer Austausch zwischen Praktikern und Wissenschaftlern möglich ist, solange nicht belastbare Forschungsergebnisse das Ziel sind. Andere Autoren führen darüber hinaus jedoch an, speziell in den Wirtschaftswissenschaften erinnere die strikte Abgrenzung eher an eine künstliche Polarisierung zwischen wissenschaftlichem Rigor und Bedeutsamkeit für die Praxis (Gulati 2007: 775). Wieder andere argumentieren explizit gegen Kieser & Leiner und illustrieren gar anhand von Beispielen, dass transdisziplinäres Arbeiten sowohl praktisch verwertbares wie auch akademisch wertvolles Wissen generieren kann (Hodgkinson & Rousseau 2009).

Die Kritik an transdisziplinärer Zusammenarbeit mag daher durchaus berechtigt sein, greift jedoch wenigstens dann nicht, wenn es um deren Potenzial für das Lernen allgemein geht. Selbst wenn wissenschaftliche Probleme nicht direkt gelöst werden sollten, können die Beteiligten von bisher nicht betrachteten, aber dennoch bedeutsamen Sichtweisen Kenntnis erlangen und diese gegebenenfalls eigenständig weiter untersuchen (Doise & Mugny 1984: 159-162). Zusätzlich besteht die Möglichkeit, von Fragen anderer zu profitieren. Sie erzeugen beim Befragten sozio-kognitive Konflikte und halten ihn dazu an, sein eigenes Wissen auf Lücken und Inkonsistenzen zu untersuchen, um sie schließlich im kooperativen Austausch mit anderen zu beseitigen (King 1992: 124). Ungeachtet dessen betrachten die Autoren des vorliegenden Beitrags die öffentliche Wissenschaft nicht als unumstößliche Norm und den Mode 2 nicht als Dogma, sondern als pragmatisch zu verwendende Ansätze. Es obliegt den Wissenschaftlern zu entscheiden, in welchen Phasen der Wissenskonstruktion eine Öffnung stattfindet und in welchen eher im Mode 1 gearbeitet wird.

Speziell in Lehrsituationen bietet öffentliche Wissenschaft die Möglichkeit, Bildung durch Wissenschaft zu erlangen. Den Lernenden können bei gelungener Gestaltung authentische Probleme zur Verfügung gestellt werden, um diese in verschiedenen fachlichen und sozialen Kontexten zu bearbeiten. Darüber hinaus lassen sich allgemeine Kompetenzen wie Kommunikations- und Teamfähigkeit oder der Umgang mit modernen Medien schulen. Eine Lernform, welche diese Elemente enthält, ist das forschende Lernen (Huber 2009: 12-18 sowie Mandl & Reinmann & Rothmeier 1998: 198). Die Abgrenzung von forschendem Lernen zu anderen Lernformen ist schwierig, Huber wagt jedoch den Versuch folgender Definition: "Forschendes Lernen zeichnet sich vor anderen Lernformen dadurch aus, dass die Lernenden den Prozess eines Forschungsvorhabens, das auf die Gewinnung von auch für Dritte interessanten Erkenntnissen gerichtet ist, in seinen wesentlichen Phasen - von der Entwicklung der Fragen und Hypothesen über die Wahl und Ausführung der Methoden bis zur Prüfung und Darstellung der Ergebnisse in selbstständiger Arbeit oder in aktiver Mitarbeit in einem übergreifenden Projekt - (mit)gestalten, erfahren und reflektieren." (Huber 2009: 11). Dieses Vorgehen verkörpert letztlich die Ideale von Humboldts, wie sie eingangs beschrieben wurden. Durch öffentliche Wissenschaft wird der Kreis der Beteiligten jedoch über Professoren und Studierende hinaus ausgeweitet. Potenziale ergeben sich etwa in über die Einbindung von Praktikern aus Unternehmen oder aus Kursen an Volkshochschulen (etwa Tacke 2010 oder Spannagel & Tacke 2012).

Die Informationstechnik ist es, die Anwendungsfälle für einen solch breiten Austausch erst ermöglicht, unter anderem angetrieben durch immer leistungsfähigere Dienste aus dem Umfeld der sozialen Medien (Bächle 2008). Sie ermöglichen es, den gesamten Prozess der Wissensentstehung im großen Maßstab öffentlich zugänglich zu machen - angefangen bei der Ideenfindung über die Erarbeitung bis hin zur Darstellung und nachträglicher Diskussion. Im Folgenden sollen Beispiele geschildert werden, wie Wikis im Kontext öffentlicher Wissenschaft als Träger einer solch kollektiv organisierten Reflexion genutzt werden können.

Forschendes Lernen in Wikis

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Der Forschungsprozess - oder beim forschenden Lernen: der Lernprozess - lässt sich verallgemeinert in die folgenden Abschnitte aufteilen (Bihrer, Schiefner & Tremp 2010: 97):

  • "Fragestellung entwickeln
  • Forschungsgegenstand sichten
  • Problem definieren
  • Forschungsplan entwerfen, Methoden klären
  • Untersuchung durchführen und auswerten
  • Ergebnisse einordnen, bewerten, reflektieren
  • Ergebnisse darstellen, erklären, publizieren"

Dieses Schritte entsprechen gemeinhin dem, was in Hochschulseminaren beim Anfertigen einer Hausarbeit durchlaufen wird, und der Kreis lässt sich gar schließen, fügt man ergänzend die nachträgliche Diskussion der Ergebnisse an, die zu neuen Fragestellungen führen kann. Die These, dass digitale Medien wie Web-2.0-Technologien sich zur Zusammenarbeit von Wissenschaftlern bzw. zum forschenden Lernenden eignen (Bihrer, Schiefner & Tremp 2010: 104), wird folgend anhand von Beispielen gestützt. Gleichzeitig wird auf problematische Aspekte aufmerksam gemacht, die sich aus der besonderen Konstellation ergeben können.

Diskussion

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Ressourcen und Literatur

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Online-Ressourcen
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Literatur
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  • Balsiger, Philipp W. (2005): Transdisziplinarität. München: Fink.
  • Bächle, Michael (2008): Ökonomische Perspektiven des Web 2.0 - Open Innovation, Social Commerce und Enterprise 2.0. In: Wirtschaftsinformatik 50(2), 128-132.
  • Bihrer, Andreas, Schiefner, Mandy & Tremp, Peter (2010): Forschendes Lernen und Medien. Ein Beispiel aus den Geschichtswissenschaften. In: Schewa Mandel, Manuel Rutishauser & Eva Seiler Schiedt (Hrsg.): Digitale Medien für Lehre und Forschung, Münster et al.: Waxmann, 95-105.
  • Doise, Willem & Mugny, Gabriel (1984): The Social Development of the Intellect. Oxford: PergamonPress.
  • Faulstich, Peter (2006): Öffentliche Wissenschaft. In: Peter Faulstich (Hrsg.): Öffentliche Wissenschaft. Neue Perspektiven in der wissenschaftlichen Weiterbildung. Bielefeld: transcript, 11-32.
  • Gibbons, Michael et al. (1994): The new production of knowledge. London: Sage.
  • Gläser, Jochen & Lange, Stefan (2007): Wissenschaft. In: Arthur Benz et al. (Hrsg.): Handbuch Governance. Theoretische Grundlagen und empirische Anwendungsfelder. Wiesbaden: VS, Verl. für Sozialwissenschaften, 437-451.
  • Gulati, Ranjay (2007): Tent Poles, Tribalism, and Boundary Spanning: the Rigor-Relevance Debate in Management Research. In: Academy of Management Journal 50(4), 775-782.
  • Hodgkinson, Gerard P. & Rousseau, Denise M. (2009) Bridging the Rigour-Relevance Gap in Management Research: It's Already Happening!. In: Journal of Management Studies 46(3), 534-546.
  • Hof, Christiane (2005): Popularisierung von Wissenschaft. In: Weiterbildung, 16(4), 12-15.
  • Horváth, Frank (2005): Dialog außerhalb des Elfenbeinturms. In: Weiterbildung, 16(4), 36-39.
  • Huber, Ludwig (2009): Warum Forschendes Lernen nötig und möglich ist. In: Ludwig Huber, Julia Hellmer & Friederike Schneider (Hrsg.): Forschendes Lernen im Studium. Bielefeld: UniversitätsVerlagWebler, 9-35.
  • Humboldt, Wilhelm von (2010): Über die innere und äussere Organisation der höheren wissenschaftlichen Anstalten in Berlin. In: Humboldt-Universität zu Berlin (Hrsg.): Gründungstexte. Festgabe zum 200-jährigen Jubiläum der Humboldt-Universität zu Berlin. Berlin: Humboldt-Universität zu Berlin, 229-241.
  • Hunter, Laura & Leahey, Erin (2008): Collaborative Research in Sociology: Trends and Contributing Factors. In: The American Sociologist, 39(4), 290-306.
  • Jungert, Michael (2010): Was zwischen wem und warum eigentlich? Grundsätzliche Fragen der Interdisziplinarität. In: Michael Jungert et al. (Hrsg.): Interdisziplinarität. Theorie, Praxis, Probleme. Darmstadt: Wissenschaftliche Buchgesellschaft, 1-12.
  • Kieser, Alfred & Leiner, Lars (2010): Kollaborative Managementforschung - Eine Brücke über den Rigor-Relevance Gap?. In: ZfB - Zeitschrift für Betriebswirtschaft (Sonderausgabe Mixed Methods in der Managementforschung), 80(5), 89-113.
  • King, Alison (1992): Facilitating Elaborative Learning Through Guided Student-Generated Questioning. In: Educational Psychologist 27(1), 111-126.
  • Leadbeater, Charles & Miller, Paul (2004): The Pro-Am Revolution: How Enthusiasts Are Changing Our Society and Economy. London: Demos.
  • Mandl, Heinz & Reinmann-Rothmeier, Gabi (1998): Auf dem Weg zu einer neuen Kultur des Lehrens und Lernens. In: Günter Dörr & Karl Ludwig Jüngst (Hrsg.): Lernen mit Medien. Ergebnisse und Perspektiven zu medial vermittelten Lehr- und Lernprozessen. Weinheim: Juventa, 193-205.
  • Nicolai, Alexander T. & Klee, Esther (2010): Mode 2. In: DBW - Die Betriebswirtschaft, 70(6), 558-561.
  • Pike, T. W. (2010): Collaboration networks and scientific impact among behavioral ecologists. In: Behavioral Ecology, 21(2), 431-435.
  • Spannagel, C. & Tacke, O. (2012): Lebenslanges Lernen und öffentliche Wissenschaft im Web 2.0. In: Hessische Blätter für Volksbildung 62(4), 335-343.
  • Tacke, O. (2010): Open Science 2.0: How Research and Education can benefit from Open Innovation and Web 2.0. In: Bastiaens, Theo J.; Baumöl, Ulrike; Krämer, Bernd J. (Hrsg.): On Collective Intelligence. Berlin, Heidelberg: Springer, 37-48.
  • The Royal Society (Hrsg.) (2011): Knowledge, networks and nations. Global scientific collaboration in the 21st century. London: Elsevier.
  • Vollmer, Gerhard (2010): Interdisziplinarität - unerlässlich, aber leider unmöglich?. In: Michael Jungert et al. (Hrsg.): Interdisziplinarität. Theorie, Praxis, Probleme, Darmstadt: Wissenschaftliche Buchgesellschaft, 47-75.