Benutzer:Stepri2005/Kurs:Optimierung/Der Simplexalgorithmus

5.1 Vorbereitungen

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Wir gehen von einem linearen Optimierungsproblem in Normalform aus. Mit   und   sei wieder

 

und es sei wie zuvor   die zulässige Menge von  . Die Spalten von   bezeichnen wir mit  , so dass

 

ist. Wir setzen hier grundsätzlich

(5.1)  

voraus, so dass   Spalten von   existieren, die linear unabhängig sind.

Für eine Teilmenge   bezeichnen wir mit   die Matrix, welche die Spalten     besitzt, und mit   den Vektor, der die Komponenten     hat. Sind insbesondere   und   Indexmengen mit

 

und sind die   Spalten     von   linear unabhängig (wegen (5.1) gibt es ja eine solche Menge  ), so kann man eine Lösung   des Systems   gewinnen, indem man   setzt und es gilt dann

(5.2)  

Diese Beobachtung führt zur Einführung der folgenden Begriffe.

Definition 5.1

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Es seien   und   Indexmengen mit
 
und   eine Teilmenge von   linear unabhängigen Spalten von  .
(i) Dann bezeichnet man   als Basisindexmenge und eine Lösung   von   mit   als Basislösung von   zur Basis  . Wir schreiben für eine solche Basislösung auch   und definieren für   weiter:
(ii) Die Komponenten     von   heißen Basisvariable und die Komponenten     heißen Nichtbasisvariable.
(iii) Die Basislösung   heißt zulässig, wenn   ist.
(iv) Ist   zulässige Basislösung, so heißt   nichtausgeartet bzw. nichtdegeneriert, wenn   ist und ausgeartet oder degeneriert im anderen Fall.

Ist eine nichtdegenerierte Basislösung   von   gegeben, so kann die zugehörige Basis durch die positiven Komponenten von   identifiziert werden. Aus Lemma 4.6 und Bemerkung 4.7 gewinnen wir als nächstes die nachstehende Folgerung.

Korollar 5.2

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Ein Vektor   ist genau dann Ecke des Polyeders  , wenn   zulässige Basislösung von   ist.

Zusammen mit den Sätzen 4.8 (i) und 4.14 liefert Korollar 5.2 den sog. Fundamentalsatz der linearen Optimierung:

Korollar 5.3

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(i) Ist  , so besitzt   eine zulässige Basislösung.
(ii) Besitzt das Problem   eine Lösung, so hat es auch eine zulässige Basislösung, die optimal ist.

Anstelle von   betrachten wir nun mit   folgendes, leicht modifizierte Problem

(5.3)  

Mit   meinen wir im folgenden die  -te Spalte der  -Einheitsmatrix.

Definition 5.4

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Man sagt, das LOP (5.3) liegt in kanonischer Form vor, falls mit   bei fester Reihenfolge für   gilt:
(a)  ,
(b)  .
Ist die zu   gehörige Basislösung   zulässig, d. h.  , so sagt man, dass das LOP (5.3) zulässige kanonische Form hat.

Beispiel 5.5

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Seien   und  . Das Optimierungsproblem

 

hat die Normalform

 

Letzteres Problem hat kanonische Form mit Basislösung  , welche im Fall   zulässig ist.


Liegt ein LOP in zulässiger kanonischer Form mit zugehöriger Basislösung   vor, so hat seine Zielfunktion   in   den Wert   (man spricht auch von den aktuellen Kosten), denn

(5.4)  

Der im folgenden entwickelte Simplexalgorithmus zur Lösung von   setzt sich aus zwei Phasen zusammen:

  • In Phase I wird entweder   festgestellt oder es wird ein zu   äquivalentes Problem   in zulässiger kanonischer Form mit Basislösung   bestimmt. Dies wird erreicht, indem ein Hilfsproblem, welches zulässige kanonische Form hat und eine Lösung besitzt, mit Phase II des Simplexalgorithmus gelöst wird.
  • In Phase II werden, ausgehend von einem Problem   in zulässiger kanonischer Form mit Basislösung  , mit   äquivalente Probleme   in zulässiger kanonischer Form mit Basislösungen   erzeugt und zwar derart, dass der Zielfunktionswert von   in   kleiner oder gleich dem in   ist. Es wird jeweils überprüft, ob   Lösung von   oder die Zielfunktion von   unbeschränkt auf   ist und gegebenenfalls abgebrochen.

5.2 Phase II des Simplexalgorithmus

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Im folgenden beschreiben wir die Phase II des Simplexalgorithmus, wobei wir der Einfachheit halber den Index „ “ für alle Größen der  -ten Iteration weglassen und den der  -ten Iteration durch ein hochgestelltes „ “ ersetzen.

Phase II gehe also in der  -ten Iteration von dem Problem

 

mit zulässigem Bereich   aus, welches zulässige kanonische Form habe. Darin haben natürlich   und   dieselben Dimensionen wie die Größen gleicher Bezeichnung im zu lösenden Problem  . (Man beachte, dass   und   in   die entsprechenden Größen in der  -ten Iteration sind.) O. B. d. A. sei dabei zunächst

 

und damit

 

wobei   die  -Einheitsmatrix ist. Dann lauten die in   auftretenden Gleichungen zusammen mit der Zielfunktionsgleichung   folgendermaßen (  wird hier als Variable aufgefasst):

(5.5)  

Wenn   gilt, ist die aktuelle zulässige Basislösung   auch optimal für  , wie wir unten zeigen werden. Da das eigentlich zu lösende Problem   unter der Voraussetzung (5.1) mit Problem  , von dem die Phase II ausgeht und dieses wiederum mit   äquivalent ist, wie unten gezeigt wird, gilt diese Aussage auch entsprechend für  .

Wenn   nicht optimal ist, gibt es mindestens einen Index  , für den   ist. Als nächstes untersucht man die  -te Spalte as der aktuellen Koeffizientenmatrix. Ist  , so muss, wie unten bewiesen wird,   sein und bricht man das Verfahren ab. Im anderen Fall wählt man nach einer noch festzulegenden Regel ein Element   in der Spalte   aus. Die  -te Spalte und die  -te Zeile der aktuellen Koeffizientenmatrix bezeichnet man dann als Pivotspalte bzw. Pivotzeile und das Element   als Pivotelement.

Nach Wahl des Pivotelements macht man einen sog. Austausch- oder Simplexschritt, der das obige System in ein äquivalentes System in zulässiger kanonischer Form mit Basisindexmenge

 

überführt. Dabei wird also die frühere Nichtbasisvariable   neue Basisvariable und die frühere Basisvariable   neue Nichtbasisvariable. Wie wir zeigen werden, erreicht man bei geeigneter Wahl der Pivotzeile  , dass der Wert der Zielfunktion von   in   kleiner oder gleich dem in   ist, also   bzw., wie (5.4) zeigt,   gilt.

Die Regeln für einen solchen Austauschschritt, der er an die Stelle der  -ten Spalte von   bringt, sind leicht anzugeben:

  • man multipliziere die  -te Gleichung des Systems   mit   (es ist ja  ),
  • man multipliziere anschließend die umgeformte  -te Gleichung mit   bzw. für   mit   und addiere sie zur Zielfunktionszeile bzw. zur  -ten Gleichung des Systems  .

Man erhält dann das Gleichungssystem

 

mit den neuen Koeffizienten für  

(5.6)  
 

Die Zielfunktion von   wird durch die angegebenen Operationen nur äquivalent umgeformt. Denn man hat für alle   mit  

 
(5.7)  

Damit kann der zur Basislösung   gehörige Zielfunktionswert des neuen Problems „ “ wiederum sofort abgelesen werden und beträgt   (vgl. (5.4)).

Praktisch arbeitet man nicht mit dem vollständigen Gleichungssystem (5.5), sondern nur mit folgendem Tableau, wobei die rechte Seite des Gleichungssystems (5.5) meist als erste Spalte aufgeführt und die ursprüngliche erste Spalte nicht mit aufgenommen wird, da sie nie verändert wird:

 

Speicherplatz kann man dadurch gewinnen, dass man die zu den Basisvariablen gehörenden Spalten aus diesem Tableau streicht und die Indizes der Basis- bzw. Nichtbasisvariablen in einer Extraspalte bzw. -zeile mitführt:

 

Die zur neuen Nichtbasisvariablen   gehörende Spalte ist dann im nächsten Tableau an die Stelle der zur alten Nichtbasisvariablen   gehörenden Spalte einzutragen und „ “ und „ “ sind im Tableau zu vertauschen.

Die Austauschoperationen für   und   kann man auch in Matrixform schreiben.

Lemma 5.6

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Es sei   und   mit  . Dann gilt:
(i)  .
(ii)   ist nichtsingulär und
 
(iii)  .

(i) Es gilt

 
 

(ii) Offenbar ist

 

und somit  

 

(iii) Es bezeichne   die  -te Zeile einer Matrix  . Dann bekommt man mit (ii)

 

und daher mit (5.6)

 
 

Ferner hat man

 

q.e.d.

Wir geben nun eine Iteration der Phase II des Simplexverfahrens („Algorithmus 12“) an und rechtfertigen in dem daran anschließenden Satz insbesondere die im Zusammenhang mit den beiden Abbruchbedingungen gemachten Aussagen.

k-ter Iterationsschritt von Algorithmus 12

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(0) Gegeben sei das lineare Programm   in zulässiger kanonischer Form mit   und zulässiger Basislösung   von  .
(1) Falls  , stop! (  ist Lösung von   und  .)
(2) Wähle   mit  , z. B.  .
(3) Falls  , stop! (Es ist  .)
(4) Bestimme   mit
 
(5) Setze
 
Berechne
 
 
sowie
 
und die neue zulässige Basislösung   mit
 
(6) Setze
 
und gehe nach (1).

Satz 5.7

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Gegeben sei das lineare Programm   in zulässiger kanonischer Form mit   und zulässiger Basislösung   von  . Für den  -ten Iterationsschritt von Algorithmus 12 gilt dann:
(i) Ist  , so ist   für alle  .
(ii) Ist   und   für ein  , so ist  .
(iii) Ist   und   das Pivotelement, so gilt:
   .
    für alle   mit  .
    ist eine zulässige Basislösung von  .
  Die Aufgabe
  Minimiere   auf  
ist äquivalent zur Aufgabe   und liegt in zulässiger kanonischer Form mit Basisindexmenge   vor.
  Es ist   und  . Ferner ist   und im Fall   sogar  .

(i) Sei   beliebig. Dann ist aufgrund der gemachten Voraussetzungen mit (5.4)

 

(ii) Für jedes   definiere man einen Vektor   durch

 

Insbesondere ist also nach unseren Voraussetzungen

 

Wegen   ist   und damit   für alle  . Ferner gilt nach Definition von   und  :

 

Also ist   für alle  . Wegen   folgert man weiter

  für  ,

so dass (ii) bewiesen ist.

(iii)   Nach Lemma 5.6 (iii) hat man

 

Aussage   ist bereits durch (5.7) gezeigt worden.

  Wie man aus der Transformation   ablesen kann, ist  . Ferner ist aufgrund der Wahl der Pivotzeile   im Simplexschnitt

  mit  

und folglich wegen   und  

 

so dass gilt:

(5.8)  

Also ist   eine zulässige Basislösung von  .

  Die Äquivalenz von   und   folgt unmittelbar aus   und  . Es ist

 

Demnach ist   und wegen   und   für   ferner   für  . Somit ist  . Wie bereits oben bemerkt wurde, hat man außerdem  .

  Mit (5.4) sowie Aussagen   und   schließen wir zum einen

 

und zum anderen wegen  

 
 

wobei   und   ist.

q.e.d.

Satz 5.7 zeigt, dass nur die Darstellungen der Zielfunktion   und des zulässigen Bereichs   des zu Beginn einer Iteration vorliegenden Problems durch einen Austauschschritt verändert werden, nicht aber diese selbst. Als Folge von Satz 5.7 kann man also „ “ in den beiden Ausgängen (1) und (3) von Algorithmus 12 auch durch das Problem „ “ ersetzen, von dem aus die Phase II startet und welches möglicherweise, wie im Fall von Beispiel 5.5, das tatsächlich zu lösende Problem ist. Geht man von einem Problem   in Normalform aus und hat man die unten beschriebene Phase I des Simplexverfahrens durchlaufen, so kann man statt „ “ dort auch „ “ schreiben, da   in Phase I mit Hilfe von Phase II in ein äquivalentes Problem   in zulässiger kanonischer Form überführt wird, sofern nicht   ist.

Die zulässigen Bereiche der Probleme   und   am Anfang und Ende eines Iterationsschrittes von Phase II des Simplexverfahrens sind also identisch. Ferner vergrößert sich beim Übergang von   zu der neu berechneten zulässigen Basislösung   der Zielfunktionswert von   nicht (vgl. Satz 5.7 (iii)  ). Im Fall, dass   nichtentartet, d. h.   ist, wird er echt verkleinert. Da es nur endlich viele zulässige Basislösungen eines linearen Gleichungssystems gibt und bei strikt monoton fallenden Zielfunktionswerten das Simplexverfahren nicht zu einer schon berechneten Basislösung zurückkehren kann, gelangt man zu der folgenden Aussage.

Satz 5.8

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Phase II des Simplexverfahrens (Algorithmus 12) gehe von einem Problem   in zulässiger kanonischer Form aus. Sind alle durch die Phase II erzeugten Basislösungen nichtentartet, so bricht diese Phase nach endlich vielen Schritten entweder mit einer Lösung von   oder mit der Information ab, dass die Zielfunktion des Problems   auf dessen zulässigem Bereich unbeschränkt ist.

Ist jedoch   entartet, so ist aufgrund des Auswahlkriteriums der Pivotzeile  , damit   (vgl. (5.6)) und folglich   möglich. Gleichzeitig ist wegen des Auswahlkriteriums für die Pivotspalte in einem solchen Fall  . Im entarteten Fall kann man also in einer zulässigen Basislösung bzw. einer Ecke hängen bleiben und nur die Basisdarstellung verändern. Kritisch wird es dann, wenn man nach endlich vielen Schritten wieder zur Ausgangsindexmenge   gelangt. Man spricht dann von einem Zyklus, der, wenn er nicht erkannt würde, unendlich oft durchlaufen würde. Ein solcher Zyklus ist theoretisch möglich (siehe das Beispiel bei WERNER, S. 109), jedoch bei Verwendung eines Computers wegen der durch die endliche Zahlendarstellung bedingten Rechenungenauigkeiten eher unwahrscheinlich. Will man Zyklen aber auf jeden Fall ausschließen, so muss man eine Zusatzregel in die Phase II des Simplexalgorithmus einbauen. Eine solche wird im nächsten Unterabschnitt angegeben.

5.3 Das lexikographische Auswahlverfahren

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Definition 5.9

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Ein Vektor   heißt lexikographisch positiv (kurz:  ), falls   und die erste nicht verschwindende Komponente von   positiv ist. Ein Vektor   heißt lexikographisch größer als ein Vektor   (kurz:  ), wenn   ist.

Die Relation „ “ hat die üblichen Eigenschaften einer Ordnungsrelation. Insbesondere gilt daher für alle Vektoren  :

  •  ,
  •  ,
  •  ,
  • Für zwei Vektoren   gilt   oder   oder  .

Beispiel 5.10

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 . Dann ist   und  , also  .


Eine endliche Menge   paarweise verschiedener Vektoren aus dem   besitzt offenbar ein eindeutiges lexikographisches Minimum  , geschrieben

 

d. h. ein Element  , so dass   für alle   gilt.

O. B. d. A. sei nun für das Startproblem der Phase II des Simplexalgorithmus   und (gegebenenfalls nach einer Umsortierung der Spalten) das zugehörige zulässige kanonische Problem in ein Tableau der folgenden Form eingetragen:

(5.9)  

Weiter seien die   Zeilen in diesem Tableau als Vektoren des   aufgefasst:

 
 

Da wir von einem Problem in zulässiger kanonischer Form ausgehen, ist insbesondere   und deshalb für das Startproblem

(5.10)  

Es lässt sich nun der folgende Satz beweisen, in dem   und     die Zeilen des aus (5.9) hervorgegangenen Tableaus in der  -ten bzw.  -ten Iteration kennzeichnen und dessen Voraussetzung offenbar für   erfüllt ist. (Es muss   nur für das Startproblem gelten.)

Satz 5.11

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Zu Beginn der  -ten Iteration von Algorithmus 12 sei    . Im Fall, dass kein Abbruch stattfindet, sei   die Nummer der Pivotspalte und sei die Nummer   der Pivotzeile nicht nach der in Schritt (4) angegebenen, sondern nach folgender Regel bestimmt:
(5.11)  
Dann gilt:
(i)   ist eindeutig bestimmt,
(ii)    ,
(iii)  .

(i) Für   mit   kann

 

nicht gelten. Denn es gibt einen Spaltenindex   (für das Startproblem ist  ), für den  , aber   ist.

(ii) Nach den Umrechnungsregeln (5.6) gilt mit   für die Zeilen     des neuen Tableaus

(5.12)  
 

Wegen   hat man also insbesondere  . Ferner folgt aus (5.12) für alle   mit   wegen (5.10) auch  . Schließlich liefert (5.12) für alle   mit   unter Verwendung von (5.11), dass

 

und damit   ist.

(iii) Es ist

 

mit   und  . Somit erschließt man

(5.13)  

q.e.d.

Die ursprüngliche Auswahlregel für die Pivotzeile in Schritt (4) des oben angegebenen Austauschschritts ging nur in den Nachweis von   ein (vgl. (5.8)). Da Aussage (ii) von Satz 5.11 ebenfalls   impliziert (dies folgte vorher mit Satz 5.7 (iii)  ), kann also auch alternativ die Regel (5.11) verwendet werden. Diese verhindert, dass man zu einer früheren Basis zurückkehrt. Denn bezeichnen wir die Zeilen des Tableaus in der  -ten Iteration von Phase II mit    , so liefert die Beziehung (5.13) mit einem   und  

 

und nach Summation für die Indizes   mit  

 

Da in Phase II des Simplexalgorithmus nur Vielfache von Zeilen zueinander addiert werden, kann jede Zeile des Tableaus im  -ten Schritt und damit aller nachfolgenden Tableaus als Linearkombination der Zeilen im  -ten beschrieben werden, so dass man mit gewissen     weiter erhält:

 

Wären nun die Basislösungen   und   identisch und  , so stünden an den Positionen     von   und   Nullen und, hintereinander genommen, an den entsprechenden Positionen der   unterschiedliche Spalten der Einheitsmatrix (die   sind ja Spaltenvektoren). Letzteres implizierte     und  , was jedoch nach Aussage (iii) von Satz 5.11 nicht möglich ist.

Geht Phase II des Simplexverfahrens von einem Problem   in zulässiger kanonischer Form aus und wird in jedem Schritt die Pivotzeile nach der Auswahlregel (5.11) bestimmt, so bricht also Phase II nach endlich vielen Schritten mit einer Lösung von   bzw. mit dem Ausgang ab, dass die Zielfunktion des Problems   auf dessen zulässigem Bereich unbeschränkt ist.

Eine weitere Regel, die zur Vermeidung von Zyklen vorgeschlagen wurde, ist Bland’s Regel, die z. B. bei LUENBERGER zu finden ist.

5.4 Phase I des Simplexalgorithmus

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Nun kommen wir zur Phase I des Simplexalgorithmus. Sie geht von dem Optimierungsproblem   in Normalform aus, also von

 

mit   und  . O. B. d. A. können wir annehmen, dass   ist, da wir Gleichungen mit negativer rechter Seite mit   multiplizieren können. Ziel der Phase I ist es, entweder festzustellen, dass

 

leer ist, oder Problem   in eine äquivalente zulässige kanonische Form mit zugehöriger Basislösung zu überführen, von der aus die Phase II gestartet werden kann.

Man beginnt damit, dass man künstliche Variable     einführt und die Aufgabe

 

betrachtet, welche sich mit   und der  -Einheitsmatrix   in folgender Form schreiben lässt:

 

Offenbar gilt, dass die Zielfunktion von   den Wert   hat und der Vektor   wegen   zulässige Basislösung von   ist. Nach Satz 4.13 besitzt Problem   demnach eine Lösung  . Ferner sieht man leicht ein, dass der optimale Zielfunktionswert   von   genau dann identisch Null ist, wenn   ist.

Man schreibt jetzt die Zielfunktion von   so um, dass man ein Problem in zulässiger kanonischer Form erhält. Für zulässige Punkte von   gilt  , so dass folgt:

(5.15)  

Daher ist   äquivalent zu dem Problem

 

Letzteres Problem hat wegen   zulässige kanonische Form mit zugehöriger Basislösung   für   und kann demnach mit Phase II des Simplexalgorithmus gelöst werden. Das entsprechende Ausgangstableau hat die folgende Gestalt, wenn man in die zweite Zeile zusätzlich die Koeffizienten der Zielfunktion von   einträgt (wie unten deutlich wird, ist es zweckmäßig, die mit   erweiterte Zielfunktion von   selbst in Phase I mit umzuformen):

 

Phase II des Simplexalgorithmus liefere nun als Lösung von   die zulässige Basislösung   mit

 

Das zugehörige, mit   äquivalente Problem in zulässiger kanonischer Form laute

 

Die Spalten der Matrix   seien mit     bezeichnet. Man beachte, dass mit Satz 5.8 insbesondere   genau dann gilt, wenn   ist und für   damit   genau dann, wenn   richtig ist (  ist dann in beiden Fällen zulässig). Ferner hat man wegen (5.8) und (5.15)

 

Es sind jetzt drei Fälle zu betrachten:

  1.  
Dann ist, wie oben bereits bemerkt wurde,   und das Verfahren mit einer entsprechenden Meldung abzubrechen.
  1.  
Dies ist der angenehme Fall.   ist eine zulässige Basislösung von   bzw.  . Insbesondere gilt   für   und es stehen Nullen in den Spalten mit den Indizes   der beiden ersten Zeilen des optimalen Tableaus, da dieses zu einem mit   äquivalenten Problem in zulässiger kanonischer Form gehört und beide Zielfunktionszeilen parallel umgeformt wurden. Nachdem man im optimalen Tableau die erste Zeile und die letzten  , zu den künstlichen Variablen gehörenden Spalten gestrichen hat (sie liefern offenbar keinen Beitrag), erhält man also ein Tableau, welches zu einem mit dem Problem   äquivalenten Problem in zulässiger kanonischer Form gehört. Phase II des Simplexalgorithmus kann folglich sofort gestartet werden.
  1.  
Dann liefern zwar die künstlichen Variablen keinen Beitrag, aber für das Problem   ist noch keine äquivalente zulässige kanonische Form gefunden worden. In diesem Fall streiche man im optimalen Tableau zuerst alle Spalten, die zu den künstlichen Variablen gehören, welche Nichtbasisvariable sind, d. h. alle Spalten mit Index  . Weiter hat man wegen  , dass   für   mit   gilt, wobei die Spalte mit dem Index   zur Variablen   mit   gehört. Ein solches   sei nun frei gewählt. Es sind dann zwei Fälle zu unterscheiden:
(a)    .
Dann wird durch die  -te Gleichung den     keine Restriktion aufgezwungen. Sie kann (auch im Ausgangssystem  ) gestrichen werden. Offenbar ist   gewesen. (In Phase I wird also auch festgestellt, ob die Rangbedingung erfüllt ist. Für das um die  -te Gleichung reduzierte System ist jetzt   gefordert!) Ferner streiche man auch die  -te Spalte im Tableau.
(b)   für ein  .
Man wähle ein solches   und mache einen Austauschschritt mit  . Wegen   muss hier   nicht notwendig vorliegen, da   impliziert, dass   ist. (Die Wahl der Pivotzeile ging nur in den Beweis von Satz 5.8 (iii)   und   bzw. in Satz 5.12 zum Nachweis von   ein.) Damit ist nun   Nichtbasisvariable und die  -te Spalte kann folglich aus dem Tableau gestrichen werden. Da   optimal für   ist, muss auch die neue Basislösung   optimal für   sein.
Man führe den 3. Schritt nun solange durch, bis alle künstlichen Variablen aus der Basis entfernt sind und der 2. Fall eintritt.

Man beachte: sind unter den Spalten der Koeffizientenmatrix   von   mit   Einheitsvektoren   und sind die zugehörigen Koeffizienten der Zielfunktion identisch 0, so kommt man mit entsprechend weniger künstlichen Variablen aus. Dies ist die Situation bei folgendem Beispiel.

Beispiel 5.13

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Gegeben sei das LOP

(5.16)  

Setzt man  , führt man zwei Schlupfvariable   und   für die beiden " "-Ungleichungen ein und multipliziert man anschließend die so erhaltene zweite Gleichung mit  , damit ihre rechte Seite positiv wird, so gelangt man mit   zu folgendem LOP in Normalform:

(5.17)  

Das Problem hat nicht zulässige kanonische Form, so dass man Phase I des Simplexalgorithmus anwenden muss. Der Einheitsvektor   ist jedoch als Spalte schon in der Restriktionsmatrix des Problems enthalten und der zugehörige Koeffizient der Zielfunktion ist identisch Null. (Diese Situation hat man offenbar z. B. immer dann, wenn man eine Schlupfvariable eingeführt hat und die rechte Seite in der " "-Ungleichung des Ausgangsproblems nichtnegativ war.) Also muss man nur noch für die zweite und dritte Restriktionsgleichung künstliche Variable einführen. Man kommt so zu folgendem Ausgangstableau für die Phase I, wobei man die Koeffizienten der ersten Zeile, welche nicht zu den beiden künstlichen Variablen gehören, als negative Summe der letzten beiden Zeilen (mit den künstlichen Variablen) errechnet:

 

Auf dieses (ohne die zweite Zeile) zu einem Problem in zulässiger kanonischer Form gehörende Tableau mit

 

wendet man nun die Phase II des Simplexalgorithmus an. Der Iterationsvorschrift in Abschnitt 5.2 entsprechend ermittelt man eine (hier eindeutige) kleinste Zahl unter den Zahlen in der obersten Zeile, welche zu Variablen mit Index aus   gehören. Ist diese negativ wie hier, nämlich  , so bestimmt sie die Pivotspalte. Gibt es weiter in der Pivotspalte positive Elemente (hier: 3 und 1), so hat man als nächstes die Pivotzeile zu bestimmen, indem man die in derselben Zeile stehenden Zahlen der ersten Spalte durch diese dividiert (hier bekommt man:   und 4). Der kleinste dieser Werte (hier:  ) charakterisiert die Pivotzeile und damit das Pivotelement   (hier:  ).

Die  -te Zeile im folgenden Tableau erhält man nun, indem man die alte  -te Zeile durch das Pivotelement dividiert. Die Werte in allen anderen Zeilen errechnet man nach den Regeln (5.7), wobei die zweite, zur Zielfunktion des Ausgangsproblems gehörende Zeile analog zur ersten mit umgerechnet wird. Das nächste Tableau lautet dann:

 

mit

 

Da die Phase II noch nicht abbricht, gelangt man bei analogem Vorgehen (die Pivotelemente sind jeweils gekennzeichnet) zu folgendem nächsten Tableau

 

mit

 

Weil es keine negative Zahl mehr unter den zu   in der ersten Zielfunktionszeile stehenden Zahlen gibt, ist eine Lösung   des (Hilfs-)Problems mit   und   gefunden. Der zugehörige optimale Zielfunktionswert, welcher mit negativem Vorzeichen in der ersten Spalte der ersten Zeile steht, ist  . Da ferner   ist, liegt der angenehme, oben beschriebene 2. Fall vor. Als Ausgangstableau für die Phase II erhält man nach Streichung der ersten Zeile und der letzten beiden Spalten folglich

 

Auch unter den zu   gehörenden Zahlen der obersten Zeile dieses Tableaus kommen keine negativen Zahlen vor, so dass es bereits optimal für die Phase II ist. Als Lösung des Problems (5.17) bekommt man also

 

mit zugehörigem optimalen Zielfunktionswert  . Folglich ist

 

mit demselben Zielfunktionswert   Lösung von Problem (5.16).


5.5 Phase II des Simplexalgorithmus in Matrixform

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Dieser Abschnitt dient im wesentlichen dazu zu zeigen, dass man aus dem letzten Tableau der Phase II des Simplexalgorithmus eine Lösung des zu   dualen Problems   ablesen kann. Er spielt ansonsten keine Rolle und kann daher gegebenenfalls übergangen werden.

Wir betrachten noch einmal das Problem (P') aus Abschnitt 5.2 und schreiben dies ähnlich wie (5.6), allerdings mit einer mit   multiplizierten Zielfunktionszeile (anderenfalls bekommt man (5.20) nicht!) als System   mit der Blockmatrix bzw. den Blockvektoren

 

Die Variable   muss man hier mitführen, damit man unten z. B. eine vollständige Basis für   erhält.   und   fassen wir in dem folgenden Tableau zusammen:

 

Ist   eine Basis zu   mit Basisindexmenge  , so ist offenbar durch

 

eine Basis und Basisindexmenge zu   gegeben. Insbesondere ist

 

  ist invertierbar und, wie man leicht überprüft, ist

(5.18)  

(Man beachte, dass mit   die Matrix   gemeint ist. Da die Matrix   nur für   existiert und dann identisch mit   ist, ist aber keine Verwechslung möglich.)

  liege nun in zulässiger kanonischer Form mit Basisindexmenge   vor, so dass Phase II gestartet werden kann. Bezeichnet   im folgenden die  -Einheitsmatrix, so ist also insbesondere   und  .

Es sei nun

(5.19)  

und ein hochgestelltes „ “ kennzeichne im folgenden den Iterationsindex der Phase II. Insbesondere schreiben wir für  

 

Nutzen wir aus, dass

 

ist (vgl. Lemma 5.6) und verwenden wir, dass die Regeln (5.7) für die neue Zielfunktionszeile

 

liefern (alle Komponenten von  , bis auf die mit dem Index der im  -ten Schritt gewählten Pivotspalte, sind Null!), so erhalten wir, wie man leicht verifiziert,

(5.20)  

wobei die Existenz von   offenbar gesichert ist. Insbesondere ist also

 
 

so dass man mit

 

und (5.19) die Gleichungen

(5.21)  

erhält. Folglich ist

 

Da   für die von uns vorgestellte Form des Simplexalgorithmus ist, impliziert die letztere Gleichung  , so dass wir die Gleichungen (5.21) in der Form

(5.22)  

schreiben können. Man beachte, dass sich   aus der Kenntnis der Basisindexmenge   bzw.   und der Ausgangsmatrix   gemäß (5.18) berechnen lässt. Folglich kann man   und   und damit das  -te Simplextableau

(5.23)  

vollständig mit   durch die Ausgangsdaten beschreiben.

Das  -te Simplextableau   wollen wir noch vollständig ausschreiben. Dazu sortieren wir der Anschaulichkeit halber die Spalten der Anfangsdaten   und   in der  -ten Iteration so um, dass

 

und damit

 

ist. So können wir das  -te Simplextableau   unter Verwendung von (5.18) und (5.23) in folgender Form darstellen:

 
=  

Der Vektor   heißt Vektor der relativen Kosten. Seine Komponenten bestimmen die Pivotspalte. (Man beachte, dass die Zielfunktionszeile mit   multipliziert wurde.)

Die Tatsache, dass man bei Kenntnis von   einen Eckenaustausch bzw. das Tableau in der  -ten Iteration allein aus den Anfangsdaten gewinnen kann, macht sich der revidierte Simplexalgorithmus zunutze (siehe z. B. [Wer92]). Dieser ist wegen einer im allgemeinen erheblich geringeren Anzahl von benötigten Rechenoperationen in der Praxis meist wesentlich effektiver als der hier beschriebene, für das Verständnis und das Rechnen mit der Hand aber einfachere Simplexalgorithmus mit vollständigem Tableau. Die Aufwandsersparnis des revidierten Simplexalgorithmus ist dadurch begründet, dass der Simplexalgorithmus, wie man aus Erfahrung weiß, selten mehr als   Iterationen benötigt, wobei typischerweise   ist. Ist also die Anzahl   der Gleichungen des Systems   sehr viel kleiner als die Variablenzahl  , so werden von den   Spalten der Matrix nur wenige zu Pivotspalten und die übrigen Spalten von   bei dem hier beschriebenen Simplexalgorithmus unnötigerweise in jedem Schritt mit umgerechnet. Denn von der Matrix  -ten Schritt nur eine Spalte, die neue Pivotspalte, benötigt und die Spalten von  , die nie zu einer Basis gehören, interessieren nicht, weil dann die zugehörigen Koe¢zienten einer Lösung Nichtbasisvariable und damit identisch Null sind. Die im revidierten Simplexalgorithmus benötigte Matrix   läßt sich leicht aus   durch Multiplikation mit einer gewissen Rang-1-Matrix bestimmen, da sich   gegenüber   nur um eine Spalte ändert (s. [Wer92]).

Wir schließen mit einer weiteren Beobachtung. Schreibt man die Ausgangsdaten   und   in der Form

 

und sortiert man   im  -ten Schritt nicht mehr erneut um, so hat das  -te Simplextableau wegen (5.23) mit (5.18) die Gestalt

 
(5.24) Fehler beim Parsen (Unbekannte Funktion „\begin{pmatrix}“): {\displaystyle = \begin{pmatrix} c^T_{J^k} A^{-1}_{J^k} b + c_0 & 1 & c^T_{J^k} A^{-1}_{J^k} & - c^T_{N^0} + c^T_{J^k} A^{-1}_{J^k} A_{N^0} \right\} \\ A^{-1}_{J^k} b & 0 & A^{-1}_{J^k} & A^{-1}_{J^k} A_{N^0} \end{pmatrix}.}

D. h. an der Stelle, wo im Ausgangstableau die Einheitsmatrix stand, befindet sich im  -ten Tableau die Matrix   und in den zugehörigen Zeilen der Zielfunktion, wo anfangs   stand, der Vektor

(5.25)  

Gilt für den Vektor der relativen Kosten

 

so ist   Lösung von  . In diesem Fall hat man für den Vektor  , wobei wir hier der Einfachheit halber   schreiben dürfen:

 

und

 

Nach Satz 4.18 (iii) löst daher   das Problem   bzw. mit   das duale Problem   (s. Abschnitt 4.6.1). Demnach lässt sich die Lösung des zu   dualen Problems   aus dem letzten Tableau der Phase II des Simplexalgorithmus ablesen. Dies sei abschließend an einem Beispiel demonstriert.

Beispiel 5.14

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Es sei das LOP

 

mit den folgenden Daten gegeben:

 

Gesucht sei eine Lösung von   sowie eine Lösung des dazu dualen Problems

 

Mit

 

lässt sich   in folgende Normalform bringen:

 

Das Problem   hat schon zulässige kanonische Form, so dass Phase II des Simplexalgorithmus gestartet werden kann. Sie liefert die folgenden Tableaus:

 

Somit ist   mit Zielfunktionswert   Lösung von   und folglich   mit   Lösung von  .

Das zu   duale Problem ist

 

und hat, wie man aus dem letzten Tableau oben ablesen kann,   als Lösung. (Zum Erhalt der obigen allgemeinen Resultate, hatten wir ja die Zielfunktion mit   multipliziert.) Offenbar ist dann   Lösung von Problem  .


5.6 Sensitivität

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In der Praxis ist es häufig so, dass z. B. Schranken   in Restriktionen   nicht wohldefinierte Größen sind, sondern geändert werden können oder müssen, wenn der optimale Zielfunktionswert nicht befriedigend ist. Daher ist die Frage von Interesse, ob man, ausgehend von einer nichtdegenerierten optimalen Basislösung   und dem zugehörigen Optimalwert   von   für ein gestörtes Problem

 

mit

(5.26)  

die Änderung in Bezug auf den Optimalwert vorhersagen kann. Dieser Frage wollen wir hier nachgehen. (Natürlich kann man auch zusätzlich noch Änderungen in   und   betrachten.) Das duale Problem zu   lautet

 

und unterscheidet sich von dem dualen Problem   zu   nur in der Zielfunktion.

Wir definieren zunächst den Vektor

 

Dieser löst nach Abschnitt 5.5 (vgl. Formel (5.25)) das duale Problem   bzw. mit   das duale Problem  . Somit ist   auch zulässiger Punkt für  . Da   nichtdegenerierte Lösung von   ist, gilt weiter

 

Ist   in (5.26) so klein, dass noch

(5.27)  

gilt, so ist also   mit

(5.28)  

eine zulässige Basislösung von  , welche mit   wegen

 

nach dem starken Dualitätssatz auch für   optimal ist. Ist   also hinreichend klein, so hat   also insbesondere dieselben optimalen Basis- und Nichtbasisindizes wie  . Man beachte in diesem Zusammenhang, dass man die Gültigkeit von (5.27) auch überprüfen kann, da ja das Endtableau im Simplexalgorithmus   mitliefert (vgl. (5.24)).

Wegen (5.28) hat man weiter

  mit  

und den zugehörigen optimalen Zielfunktionswert von  

 

Der optimale Zielfunktionswert von   läßt sich also für kleine Störungen   der rechten Seite   in   vorhersagen und ändert sich offenbar gegenüber dem von   um den Wert

 

Die Komponenten   der dualen Lösung bzw. des zu   gehörenden Multiplikatorenvektors   drücken demnach die Empfindlichkeit bzw. Sensitivität des Optimalwertes von   gegenüber solchen Störungen   von   aus. Insbesondere kann man also durch Störung der  , die zu den größten Multiplikatoren gehören, auch die größten Änderungen in Bezug auf den Zielfunktionswert erzielen.

Bei Problemen der Wirtschaft bedeuten die Restriktionen häufig Bedingungen für Verbräuche und die Zielfunktion die Kosten oder den Gewinn. Man bezeichnet deshalb dort die dualen Variablen   auch als Schattenpreise.