Benutzer:Syphirion/Beispiel

Übersetzung eines einfachen Satzes der O-Deklination und KNG-Kongruenz Bearbeiten

Hier werde ich euch erklären, wie man einen lateinischen Text inhaltlich erfasst und dann systematisch die beinhalteten Sätze analysiert und übersetzt. Zuerst kommen ein paar leichte Beispiele an die Reihe, sodass auch Neulinge mitkommen, und später werden wir dann auf grammatikalische Besonderheiten stoßen, welche auch geschildert werden.

Fangen wir also an: Ich nehme gleich den ersten Satz aus Text A der Lektion 1.

  • Publius est rusticus Latinus.

Wie bei vielen Sprachen stellt sich hier natürlich die Frage, was gemacht wird und wer es macht. Wir suchen also das Verb. In diesem Fall haben wir das Verb an 2. Stelle in gebeugter Form → est est kommt von esse und bedeutet "er/sie/es ist". In der Schule fängt man meistens genau mit diesem Verb an, da es häufig gebraucht wird. So auch im Deutschen. Wir wissen also, dass irgendetwas oder irgendjemand etwas ist.

  • Publius ist rusticus Latinus.

Als nächstes suchen wir heraus, wer etwas ist. In den meisten Sätzen werden wir dafür ein Bezugswort, also ein Wort, dass im Bezug zu est steht, finden. Dieses Wort steht IMMER im 1. Fall (Nominativ) . Es ist egal, ob es sich um ein Singular oder Pluralwort handelt. Aber Achtung: Ist das Verb im Singular, kann es sich nur um ein Singularwort als Bezug handeln:

  • Er ist → möglich
  • Er sind → nicht möglich

Gucken wir uns weiter den Satz an. Das schwierige an diesem Satz ist, dass alle anderen Wörter bereits im 1. Fall stehen. Das heißt, dass sowohl Publius, rusticus als auch Latinus in der der ersten Person stehen. In einem solchen Fall gibt es theorethisch mehr als eine Übersetzungsmöglichkeit. Für Anfänger ist es zwar irrelevant, aber denoch wichtig, dass man bei der Übersetzung auf eine möglichst feine Struktur und Lesbarkeit achten sollte. Ein zu großes Durcheinander und eine unsaubere Übersetzungsstruktur liest sich einfach nicht schön und kann euch im weiteren Verlauf der Übersetzung sogar auf die Füße fallen. In unserem Beispielsatz gehen wir, wie in der syntaktischen Wortstellung in deutschen Sätzen aus: sie ist, Tim spielt, Erika liest, die Jungs schlafen etc. Das heißt, dass wir das Wort, dass vor dem Verb est steht, als Bezugswort zu est nehmen: Publius

  • Publius ist rusticus Latinus.

Ein Satz hat in so ziemlich allen Sprachen mindestens zwei Bestandteile, um als Satz zu gelten. Das sind Subjekt (wer macht etwas) und Prädikat (was wird gemacht). Mal abgesehen von der schönen Lesbarkeit unseres Beispielsatzes, ist "Publius ist" also bereits ein vollständiger Satz. In diesem Fall haben wir aber noch zwei weitere Wörter bzw. Bestandteile: rusticus Latinus Wir bekommen also gesagt, was Publius denn ist. rusticus bedeutet Bauer. Es steht in KNG-Kongruenz, da es sowohl im Kasus (Fall), Numerus (Anzahl), als auch Genus (Geschlecht) mit Publius übereinstimmt. Auf die KNG-Kongruenz ist bei den lateinischen Sätzen strengstens zu achten, da es ansonsten zu massiven Fehlern und Sinnverwechslungen kommen kann.

  • Antonius est amicus - Antonius ist ein Freund → möglich, da Antonius und amicus in KNG-Kongruenz stehen
  • Antonius est amica - Antonius ist eine Freundin → was im Deutschen als ausgefallener Name für eine Frau gelten kann, ist als Übersetzung aus dem Lateinischen nicht möglich, da Antonius und amica nicht in KNG-Kongruenz stehen. Im Grammatikteil des Fachbereichs wird das nochmal genau erklärt.

Wir wissen jetzt also folgendes:

  • Publius ist ein Bauer Latinus

Das Wort Latinus ist ein Adjektiv. Es wird groß geschrieben, weil es ein Eigenname ist. Das heißt in diesem Fall, dass damit ein ganz bestimmtes Gebiet gemeint ist. Vergleichbar mit der "Sächsischen Schweiz" oder der "Gelben Sonne". Wenn der Satz aus einem Schulbuch etc. stammt, dann sind in der Regel solche Eigennamen mit Übersetzung innerhalb des Vokabularteils enthalten. Ein Blick in diesem Fall sagt uns, dass das Wort mit "latinisch, lateinisch oder römisch" übersetzt werden kann. Ich entscheide mich hier für römisch. Nachdem ich nun alle Wörter übersetzt habe und geprüft habe, in welcher KNG-Kongruenz sie zueinander stehen, kann ich den Satz einwandfrei übersetzen. Wir haben in unserem Beispiel dazu folgende Möglichkeiten:

  • Publius est rusticus Latinus
  1. Publius ist ein römischer Bauer.
  2. Der römische Publius ist Bauer.
  3. Streng genommen, kann man die Satzstruktur beliebig varIieren, aber, wie bereits erwähnt, kann euch das irgendwann auf die Füße fallen und zu einer unschönen Lesbarkeit des Übersetzungstextes führen.

Ich entscheide mich daher für Publius ist ein römischer Bauer. Das kommt, meiner Meinung nach, einer wortgenauen Übersetzung des Satzes nah.

Fassen wir also zusammen:

  1. Verben im Satz finden
  2. Übersetzungsmöglichkeiten für das Verb finden
  3. das Verb einem Subjekt zuweisen (steht immer im Nominativ)
  4. Subjekt und Verb zusammen übersetzen
  5. (falls vorhanden) Objekte im Satz übersetzen und dem Subjekt zuweisen (wie macht das Subjekt etwas bzw. wo macht es das etc.)
  6. KNG-Kongruenz aller Bestandteile prüfen und korrekt zuweisen
  7. aus den Übersetzungsmöglichkeiten die passende heraussuchen (am Anfang ist das schwer, aber bei komplexeren Sätzen gibt es dann i.d.R nur genau eine Übersetzungsmöglichkeit)