Diskussion:Nicht-propositionales Wissen aus Literaturlektüre und Bedingungen seiner Darstellbarkeit in Wikipedia-Einträgen zu literarischen Werken
zum 4. Absatz der Zusammenfassung
BearbeitenDem Satz In einem dritten Schritt ergab die Analyse von deutschsprachigen Äußerungen in literaturwissenschaftlichen Beiträgen inklusive der Literaturvermittlungsforschung, dass in diesen Beispielen weder Vertrautheit mit der Idee und Funktionsweise von Wikipedia noch Wertschätzung für Literatureinträge bei Wikipedia zum Ausdruck kommt. kann ich aus Erfahrung zustimmen. Ich hatte das Privileg, mich ein halbes Jahrhundert mit Komparatistik zu beschäftigen und beobachte immer noch die Artikelneuzugänge bei Literatur. Einerseits haben wir die wenigen "Könner", das sind die sehr in Literatur und -wissenschaft Bewanderten - die vorher lesen -, andererseits die vielen, aus Impuls heraus, schreibenden "Nicht-WP-Autoren", denen die WP offen steht. Ihnen ist nicht klar, dass zu jedem Werk bereits ein Diskurs besteht, den sie vermitteln müssen. Mangelnde Sprachkenntnisse werden oft bei internationaler Literatur vorgebracht, oder: ein Stub reicht doch, "das könnt doch ihr anderen ausbauen", wenn "ihr" so viel Wert darauf legt: Das ist die Missachtung der WP. --Emeritus (Diskussion) 21:26, 2. Sep. 2015 (CEST)
- Danke vielmals für deine Einschätzung. Irgendwie finde ich es schade, dass du mir in diesem Punkt auch aus einer WP-Binnenperspektive zustimmst (also anhand der Effekte einer solchen scheinbar weit verbreiteten Haltung auf das Klima bei Literaturartikeln der Wikipedia). Ich hatte mir für diesen Teil meiner Erkundungen ja bewusst Äußerungen außerhalb von Wikipedia ausgesucht, also Orte, an denen sich das Literaturszenevolk in jener erlauchten Printwelt eher unter sich wähnt (sofern es überhaupt noch sachdienlich ist, diese Welten zu trennen). Aber was machen wir denn nun mit unseren Befunden, Emeritus? --C.Koltzenburg (Diskussion) 21:46, 2. Sep. 2015 (CEST)
- Ich möchte noch ergänzen, Emeritus, dass es mich interessieren würde, was deine Einschätzung zu Folgendem ist:
- Wie gelangen bisher Leute zu Wikipedia, die sich mit Literatur auskennen (und auch Einträge zu Literatur bearbeiten) und was würde weitere Leute mit diesen Kenntnissen dazu veranlassen, damit zu beginnen, etwas beizusteuern? --C.Koltzenburg (Diskussion) 15:21, 4. Sep. 2015 (CEST)
Interpretationen in Kindlers Literaturlexikon
Bearbeiten- Gibt es in der Literaturwissenschaft egtl. eine sonderliche Wertschätzung für Kindlers Literaturlexikon? Ich habe nicht den Eindruck … Es wird eher toleriert als Ressource, wenn eben gerade eine Inhaltsangabe zur Hand sein soll. --Chricho (Diskussion) 17:44, 9. Sep. 2015 (CEST)
- Wie gelangst du zu diesem Eindruck? --C.Koltzenburg (Diskussion) 19:49, 9. Sep. 2015 (CEST)
- Interpretationen gelten oft im besseren Fall als eine herkömmliche Lesart, die immerhin noch Orientierung bietet, im schlechteren als Partikularaussage, die sich der zufällige Artikelautor da gerade gebaut hat. --Chricho (Diskussion) 02:47, 10. Sep. 2015 (CEST)
- Falls meine Meinung zum w:KLL hier interessieren sollte: Noch ist KLL wesentlich und es ist gut, dass Leute, die diese Ressource nutzen wollen, sich den Zugang finanziell aber nicht leisten können, wenigstens über Bibliotheken, und zwar über ganz normale Bibliotheksausweise, zu den jeweiligen Einträgen gelangen. Ich würde mir für dieses renommierte Werk wünschen, dass die Artikel wenigstens eine ordentliche Belegstruktur aufweisen (meinetwegen nach Vorbild Wikipedia), so dass sich Interessierte leichter ein Bild machen können, welche der Aussagen als die eigene Einschätzung der als Autor zeichnenden Person zu lesen sind. Soweit zu meiner Einschätzung. --C.Koltzenburg (Diskussion) 12:51, 10. Sep. 2015 (CEST)
- Was derzeit für "in der Literaturwissenschaft" zu sagen wäre: keine Ahnung. Wo wäre "die Literaturwissenschaft" deiner Vermutung nach in einer Art von Installiertheit vorzufinden, die gute Voraussetzungen dafür bietet, zu diesem Punkt konstruktiv befragbar zu sein? --C.Koltzenburg (Diskussion) 12:51, 10. Sep. 2015 (CEST)
- (Ich habe eine Zwischenüberschrift eingefügt: Interpretationen in Kindlers Literaturlexikon) --C.Koltzenburg (Diskussion) 12:51, 10. Sep. 2015 (CEST)
- Interpretationen gelten oft im besseren Fall als eine herkömmliche Lesart, die immerhin noch Orientierung bietet, im schlechteren als Partikularaussage, die sich der zufällige Artikelautor da gerade gebaut hat. --Chricho (Diskussion) 02:47, 10. Sep. 2015 (CEST)
- Wie gelangst du zu diesem Eindruck? --C.Koltzenburg (Diskussion) 19:49, 9. Sep. 2015 (CEST)
- Gibt es in der Literaturwissenschaft egtl. eine sonderliche Wertschätzung für Kindlers Literaturlexikon? Ich habe nicht den Eindruck … Es wird eher toleriert als Ressource, wenn eben gerade eine Inhaltsangabe zur Hand sein soll. --Chricho (Diskussion) 17:44, 9. Sep. 2015 (CEST)
- Gibt es einen bestimmten Punkt, an dem du die Situation rund um KLL für die Argumentation in meiner Diss für relevant halten würdest? --C.Koltzenburg (Diskussion) 12:51, 10. Sep. 2015 (CEST)
Zu den qualitative Effekten - Beobachtungen
BearbeitenHallo C. Koltzenburg,
du vermutest im Abschnitt zu den qualitativen Effekten, dass die Community sich mehrheitlich wohl nicht mit literatischen Werken auskenne, und deshalb aufgrund der geringen Debattendichte Literaturartikel bereits heute weniger auf Neutralität ausgerichtet seien. Ferner stellst du in den Raum, dass nicht leicht einzuschätzen ist, ob nur aufgrund der geringen Zahl der Sachkundigen es im Literaturbereich zu weniger Kontroversen komme.
Aus meiner Tätigkeit im Schiedsgericht, aber auch in der eigenen Artikelarbeit, habe ich den Eindruck gewonnen, dass eine geringe Zahl der Sachkundigen keinen Einfluss auf die Kontroversität eines Themas in der Wikipedia hat. Ich erinnere mich insoweit besonders an den sogenannten WiPo-Fall, in dem zwei relativ kleine Gruppen Sachkundiger sich einen erbitterten Krieg lieferten. Bei meiner eigenen Autorentätigkeit ist mir zudem mehrfach untergekommen, dass auch ohne nähere Sachkunde sich munter an Konflikten beteiligt wird, wenn es der eigenen Salonagenda dienlich ist.
M. E. ist es auch so, dass Wikipediaartikel, welche nicht im Focus der Communityöffentlichkeit (sei es allgemein oder auch nur hinsichtlich der Teilmenge durchsetzungsstarker Redaktionen/Portale) stehen, vom Hauptautor eher nach eigenen Vorstellungen zur Frage NPOV gestaltet werden können. Die Frage, was wirklich neutrale und enzyklopädische Schreibe ist, lässt sich anhand der Regularien jedenfalls nicht abschließend beantworten (einige der umseitig zitierten Diskussionsbeiträge sind ja in Debatten zu grundsätzlichen Frage der Methodik und Neutralität geschrieben worden). Viele Grüße, --Alupus (Diskussion) 10:26, 4. Sep. 2015 (CEST)
- Danke sehr für deinen Beitrag, Alupus, du sprichst Punkte an, die ich sehr interessant finde.--C.Koltzenburg (Diskussion) 14:46, 4. Sep. 2015 (CEST)
- Zunächst: Meiner Ansicht nach gibt es ohnehin keine neutrale Schreibe; schon allein daher formuliere ich eher vage: "weniger auf Neutralität hin ausgerichtet".--C.Koltzenburg (Diskussion) 14:46, 4. Sep. 2015 (CEST)
- Auch meine ich, dass Kunst weder mit Neutralität noch mit seinem Gegenteil etwas zu tun hat und daher das Schreiben über Kunst(werke) auch in Artikeln bei Wikipedia durch ein Anstreben von Neutralität (NB: die es nicht gibt, s.o.) nichts gewinnt, d.h. Artikel würden dadurch weder informativer noch wären sie anregender zu lesen.--C.Koltzenburg (Diskussion) 14:46, 4. Sep. 2015 (CEST)
- Mich würde ein Artikelexperiment interessieren, wo zum selben Kunstwerk (vielleicht zu einem Bild, weil sich der Beleg dazu am leichtesten "zeigen" lässt) zwei oder mehrere Artikel verschieden konzipiert und verfasst werden. Hättest du eventuell zu sowas Lust? --C.Koltzenburg (Diskussion) 14:46, 4. Sep. 2015 (CEST)
- Hier und hier habe ich mich schonmal dazu geäußert (bei der Grillenwaage). --C.Koltzenburg (Diskussion) 15:25, 4. Sep. 2015 (CEST)
- Die Erfahrungen und Einschätzungen, die du schilderst, finde ich nachvollziehbar. Mich würde interessieren, ob dir ein Fall in den Sinn kommt, in dem um einen Artikel zu einem literarischen Werk (oder zu einer anderen Art von Werk, dessen künstlerischer Charakter außer Frage steht) ausgiebig gestritten wurde. Welchen Effekt hatten die Aushandlungen auf Formulierungen im Artikel? --C.Koltzenburg (Diskussion) 14:46, 4. Sep. 2015 (CEST)
- Ein Fall ist mir leider nicht bekannt, sowohl aus der eigenen Mitarbeit (abgesehen von fotogeschichtlichen Themen war ich ja eigentlich abseits dieses Feldes unterwegs) als auch dem Schiedsgericht. Allerdings hatte ich eine m. E. in diesen Diskursbereich fallende diffuse Debatte mit anderen aktiven Fotografen, wie ein enzyklop. wertvolles Foto auszusehen hat. Ich bin dort der Ansicht, dass eine ehe künstlerische fotografische Sicht den Darstellungsgegenstand u. U. wesentlich deutlicher zum Vorschein bringt, als der von der Mehrheit auf den Fotobewertungsseiten postulierte nüchterne Stil, welchen ich gerne als Messtischfotografie tituliert habe (vgl. hierzu auch das Whistlerzitat etwa hier, ferner hatte ich in dem Zusammenhang mal erwähnt, dass Renger-Patzsch als Exponent des Stil der Neuen Sachlichkeit mit seinen Architekturaufnahmen (zu sehen etwa in den Blauen Büchern über Wasserburgen) null Chance hätte).
- Deine Ansicht zur neutralen Schreibe teile ich. Ich habe manchmal das Gefühl gehabt, als gäbe es in der WP einen technokratischen Ansatz, dass sich Artikel ohne ich nenne es mal redaktionelle Arbeit durch Zusammenstecken von aus den Belegen sich quasi selbst erzeugten Bausteinen ergebe... . --Alupus (Diskussion) 12:11, 5. Sep. 2015 (CEST)
- Interessant! Das hatte ich noch nicht mitbekommen. Mir scheint fast, Alupus, dass du in Sachen Fotografie ähnlich argumentierst wie ich in Sachen Sprachkunstwerke, siehst du es auch so? --C.Koltzenburg (Diskussion) 13:50, 5. Sep. 2015 (CEST)
- Hättest du eine Idee, zu welchem fotografischen Kunstwerk man* gut ein Artikelexperiment im pben beschriebenen Sinne starten könnten? --C.Koltzenburg (Diskussion) 13:50, 5. Sep. 2015 (CEST)
- Zufällig habe ich einen Artikel zu einem Foto angelegt, w:Nsala of Wala in the Nsongo District (Abir Concession). In einem Abschnitt habe ich dort auch Einschätzungen wiedergegeben, unter denen sich neben eher allgemein gehaltenem wenig interessantem auch eine interessantere, etwas ausführlichere Beschreibung der Betrachtungserfahrung findet. Ehrlich gesagt war ich aber ein wenig enttäuscht, dass es meist über die Vergabe von ein paar Labels nicht hinauskommt in der Literatur. Ich habe den Abschnitt eher der Vollständigkeit halber angelegt und empfinde, dass dort, wo nüchtern um das Bild herumgeredet wird, teils mehr passiert. Die Distanziertheit und Nüchternheit des Artikels sehe ich nicht als „tendenziösen pseudo-neutralen Trick[]“ (w:Spezial:Diff/137310006), der durch einen direkteren Zugang ersetzt werden könnte (wenn schon, dann möchte ich die Tendenz hier positiv verstanden wissen).
- Die w:Kategorie:Foto ist äußerst übersichtlich, ich habe einfach mal alles durchgeschaut: w:Study of Perspective spricht ohne Distanzierung allgemein von der Wirkung auf den Betrachter, ebenso der Artikel w:Nadars Porträtfoto von Sarah Bernhardt (allerdings gar ohne Einzelnachweise und in einem zurecht zu kritisierenden essayistischen Stil). w:Mayday V gibt die Beschreibung einer Erfahrung wieder, die mit dem Bild zu tun hat, aber nicht dessen Betrachtung selbst ist. In w:Marlboro Marine und w:Sharbat Gula lässt sich vllt. ganz vage etwas von Erfahrungen der Betrachtung erahnen. w:V-J Day in Times Square und w:Earthrise beschreiben Erfahrungen bei der Aufnahme des Bildes. In allen anderen Artikeln gibt es gar nichts in der Richtung. Ausgezeichnet sind nur w:Hubble Deep Field und der erstgenannte. Soviel zur aktuellen Lage. Vllt. siehst du schon interessante Vergleichspunkte oder Anknüpfungspunkte, wo sich etwas ergänzen ließe oder wo sich als Versuch ein Gegenentwurf machen ließe.
- Wenn du Fotos für neue Artikel suchst, schau doch mal in w:Die helle Kammer. Dort findet sich eine Auswahl mehr und weniger bekannter Fotografien. Und wenn sie dort behandelt sind, so ist schonmal mindestens eine zudem reputable Betrachtungserfahrung gesichert. Die Betrachtung von Fotografie wird dort zudem als etwas ähnlich Privates begriffen, wie du es hier bezüglich der Literaturerfahrung angesetzt hast. Einen Artikel selber beisteuern kann ich derzeit zeitlich nicht.
- Was ich noch nicht klar sehe, ist, was du dir an verschiedenen Konzepten vorstellst. Alle Konzepte noch im Rahmen dessen, was die herrschende (geringe) Toleranz für Essayistik in der Wikipedia nicht überschreitet? Oder dezidiert auch Vergleichspunkte, die sicher nicht ihren Weg in die Wikipedia fänden? Und verschiedene Umsetzungen zum selben Thema/Lemma? Schöne Grüße --Chricho (Diskussion) 01:41, 10. Sep. 2015 (CEST)
- Danke vielmals, sehr erhellend für mich, auch der Terminus "Betrachtungserfahrung". Welche qualitativen Effekte (für wen) mit welchem Artikelstil zu erzielen wären, das würde mich in der Tat auch bei Einträgen zu einzelnen Fotos sehr interessieren! --C.Koltzenburg (Diskussion) 13:12, 10. Sep. 2015 (CEST)
- Gern würde ich auf dieser Diskursebene auch bezüglich einzelner Fotografien genauer weiterarbeiten; nur: mein Anspruch schien mir bisher unumsetzbar, wenn im Rahmen von Wikipedia gearbeitet werden soll. Weitere geeignete Beispiele ließen sich eventuell im Artikel w:Kriegsfotografie und bei Commons finden. --C.Koltzenburg (Diskussion) 13:12, 10. Sep. 2015 (CEST)
- Daher war es bisher meine Überlegung, experimenteller Freizügigkeit zuliebe, in BNRs (mit oder ohne Einladung) oder auf mehreren Projektunterseiten zum selben Thema/Lemma verschiedene Artikel zu entwerfen, entweder in dezidierten Teams oder mit beliebigen Wechselmöglichkeiten zwischen Teams oder je nach Entwurf mit beidem: meinetwegen ein Entwurf mit dezidiertem Team, die anderen in irgendeiner libertären Façon oder ein beliebiges Arrangement in dieser oder anderer Art. --C.Koltzenburg (Diskussion) 13:12, 10. Sep. 2015 (CEST)
Stil von Literaturartikeln in der deutschsprachigen Wikipedia
BearbeitenSo ungern ich Magiers widerspreche möchte ich mal eine der Prämissen der Arbeit leise in Frage stellen, nämlich dass in der Wikipedia ein technokratischer und faktenkrämerischer Schreibstil gepflegt werde und "Alles, was über die neutralen und trocken beschriebenen Lebensfakten hinausgeht, wird mit Argwohn betrachtet." (Zitat Magiers). Das halte ich so für nicht richtig, im Gegenteil: der Grund, warum die Wikipedia so wenige ausgezeichnete ("lesenswerte" & "exzellente") Artikel zu Literatur und Literaten hat, ist vielmehr, dass solche Inhalte, also eine erbauliche Darstellung des literarischen Werks in seinen Eigenheiten, in den Artikelkandidaturen zu Recht eingefordert werden, aber in den wenigsten Literatur-Artikeln geleistet wird, die sich für eine Auszeichnung bewerben, und das war immer schon so. Als locus classicus würde ich die Kandidatur des Artikels Hermann Hesse anno 2004 und dort insbesondere die Bemerkungen von Benutzer:Historiograf anführen (https://de.wikipedia.org/wiki/Wikipedia:Kandidaten_für_exzellente_Artikel/Archiv_2004_8#Hermann_Hesse.2C_26._September):
- Der Artikel ist im Biographischen wohl solide, Links sind gut, bei der Sekundärliteratur fehlen die ISBN, aber es fehlt ihm die darstellerische Kraft zu einer eigenen Würdigung der literaturgeschichtlichen Bedeutung und der Einordnung von Hesse (leider bei biographischen Artikeln sehr oft der Fall, was einfach auch daran liegt, dass es leichter fällt, Fakten ohne URV zusammenzutragen). In welchen literarischen Strömungen bewegte er sich? Der Artikel behilft sich unter "Rezeption" mit Äußerungen anderer Autoren, die aber einen sehr vagen und allgemeinen Charakter haben. Hesses Lyrik wird nicht gewürdigt und sein dichterischer Entwicklungsprozess wird nicht wirklich transparent. Ich greif einfach mal ins Regal und zitiere Wilperts Lexikon der Weltliteratur von 1971: "Bedeutendster Vertreter der traditionellen Erzählkunst in der dt. Lit. des 20. Jh. Seine stark von der Romantik her bestimmten Prosawerke mit lyr. Grundton sind bekenntnishaft-autobiograph. angelegt und spiegeln die vielfachen Wandlungen, Probleme und Krisen aus den Reifejahren des sensiblen Dichters, bes. den Zwiespalt zwischen Geist und Sinnlichkeit, Verstand und Gefühl, die er in versch. Charakteren verkörpert und in deren Bezogenheit aufeinander das Streben nach Harmonie enthüllt" (geht noch weiter). Ob das stimmt oder ob man heute noch so schöngeistig formulieren sollte (eher nicht), sei dahingestellt, aber nun halte man den für exzellent vorgeschlagenen Artikel daneben. Wo ist denn dort auch nur ansatzweise eine vergleichbare Interpretation, die versucht das Ganze des Schaffens in den Blick zu nehmen? Nein, ein Autor ist keine Sammlung von einigermaßen fehlerfrei hintereinander gereihten Lebensdaten plus einigen Pressestimmen, und daher hat der Artikel meines Dafürhaltens hier nix zu suchen. [...] --Historiograf 05:03, 27. Sep 2004 (CEST)
Derlei hat sich in den letzten Jahren bei den verschiedensten Kandidaturen wiederholt, es wird also bemängelt, nicht etwa begrüßt, dass sich die Artikel über Literaten zumeist in neutralen und trocken beschriebenen Lebensfakten erschöpfen. Das Problem ist nicht, dass solche Inhalte abgelehnt würden, sondern dass zu wenige Autoren zutrauen, so etwas zu verfassen. --Edith Wahr (Diskussion) 19:32, 5. Sep. 2015 (CEST)
- In meiner Diss geht es nicht um Artikel zu Personen, sondern um Artikel zu literarischen Werken. Trifft da Gesagte auch auf Vorschläge in dieser Gruppe von Artikeln zu? Wenn ja, auf welche? --C.Koltzenburg (Diskussion) 19:30, 6. Sep. 2015 (CEST)
- Ähnliches lässt sich auch über die biographischen Artikel zu Malern, Bildhauern und anderen Künstlern (m/w/d) sagen. Viele liefern nur Lebensdaten, eine Skizze des Lebenslaufs und eine Liste ausgewählter Werke. Artikel zur älteren Kunst leiden zudem manchmal noch am Sprachduktus des Vorlagetexts, z. B. Meyers Lexikon 1905. In Artikeln zur zeitgenössischen Kunst finden sich manchmal die Sprechblasen des Kunsthandels (das Beispiel, das mir neulich begegnete, finde ich leider nicht wieder). – Beispiele: Lorenzo Pasinelli (altertümlicher Text), Johannes Boehland (von mir ergänzter Abschnitt "Werk"), Wilhelm Otto Pitthan (man muss ja nicht gleich polemisch formulieren, der Künstler habe sein Fähnchen immer nach dem Wind gehängt, aber ansprechen darf man das Thema schon). Und natürlich gibt's auch Artikel, die aus Liebhaberperspektive geschrieben sind. Beispielsweise finde ich "poetischer Realismus" ein sehr freundliches Etikett für die Malerei von Herbert Isenberg.
- Im Bereich der ("klassischen") Musik bietet sich ebenfalls ein ähnliches Bild. Der "blinde Fleck" vieler Wikipedia-Artikel betrifft sowohl den Stil von Komponisten als auch die interpretatorische "Handschrift" von Sängern, Instrumentalisten und Dirigenten (m/w/d). – Beispiele: Charles Wuorinen (ein jüngst verstorbener Komponist, ich habe wenigstens 3 Zeilen zum Stil ergänzt), Michael Gielen (ein prominenter Dirigent, ausführlicher Artikel), Horst Lohse (wenig bekannter Komponist, knapper Eckdaten-Artikel, aber ausufernd langes Werkverzeichnis, mehr Verlagsprospekt als Enzyklopädie).
- Zu Werk-Artikeln kann ich nicht viel sagen. In der italienischen Wikipedia sind mir schon magere Artikel über einzelne Gemälde untergekommen, an deren Nutzen mir Zweifel kamen (ein Beispiel habe ich aber gerade nicht zur Hand). – Im Bereich der klassischen Musik finde ich den Artikel über Beethovens Große Fuge ziemlich gut (weit überdurchschnittlich ausführlich und substantiell), freilich bei einer Beschränkung auf den mehr oder weniger akzeptierten "Kern" des Wissens über dieses Werk, d. h. beispielsweise ohne Erörterung verschiedener Ansätze zur Formanalyse des hochkomplexen Werks. Es mag sein, dass hier das Problem anders liegt als bei der Literatur: Artikel über einzelne musikalische Werke werden vermutlich nur über Kompositionen des etablierten Kanons geschrieben. Zeitgenössische Musik hat wohl einen geringeren prozentualen Stellenwert (Marktanteil) als zeitgenössische Literatur. Vielleicht liegt es mit daran, dass die Notwendigkeit, das Besondere herauszustellen und zu charakterisieren (Warum gehört dieses Stück auf die Liste der 101 Meisterwerke, die jeder einmal im Leben gehört haben sollte?), nicht oft gesehen wird. – Als Gegenbeispiel zu meiner These mag der Artikel Satyagraha über die Oper von Philip Glass dienen.
- Im übrigen habe ich natürlich Verständnis für die methodische Abgrenzung zwischen Werk-Artikeln und biographischen Artikeln. -- Martinus KE (Diskussion) 17:19, 1. Apr. 2020 (CEST)
Hinweis: Neue Phase der Diskussion bei Wikipedia zum Eintrag La vie commune (Roman von Lydie Salvayre, 1991)
BearbeitenUser:Edith Wahr nimmt einleitend Bezug zur Diss.
Bin überrascht
BearbeitenDiese Arbeit ist sozusagen sehr eigenständig, als würden ganze Teile fehlen. Die Umgebung "Wikipedia" wird in keiner Weise beschrieben, Begriffe wie "Nicht-propositionales Wissen" werden nicht definiert, das Paradigma der Arbeit selbst eigentlich nicht mal genannt.
Viele Thesen wie der Einfluss der Wikipedia auf den Leser in seiner Auswahl von Lektüre werden gar nicht erst weiter untersucht (etwa mal über einen Vergleich der Zugriffszahlen). Die Frage, an welche Gruppen in der Bevölkerung sich die Wikipedia richtet, sollte einfliessen - ich hab diesen Punkt noch nicht finden könne.
Dabei transportiert die Wikipedia im Bereich Literatur (und so auch in sehr ähnlichen Bereichen wie etwa Kino) im Allgemeinen nur die Rezensionen Dritter zitatweise weiter, siehe etwa Perlentaucher (oder Rotten Tomatoes). Das sind gewisse Standards, die den Freiraum der Interpretation und Individualität trotz aller Ausnahmen beschränken.
Mich überrascht das häufige "ich" in der Arbeit. Ich habe noch in einer wissenschaftlichen fundierten Ausbildung zum Arbeiten selbst gelernt, dass man das nicht tut. -- 84.62.100.127 22:42, 5. Sep. 2015 (CEST)
- Danke für dein Feedback, 84.62.100.127, vielleicht wäre es am besten, du schreibst selbst die Arbeit, die dir vorschwebte? Deinen Einwänden nach zu schließen wäre es sicher eine Bereicherung der Wikipedistik. Falls du an weiterem Austausch interessiert bist, lass es mich wissen. --C.Koltzenburg (Diskussion) 18:20, 6. Sep. 2015 (CEST)
- Hallo! Wissenschaftlichkeit erschöpft sich nicht in so einem linguistischen Kriterium wie dem Fehlen des „ich“. Nicht nur gibt es da verschiedene Stile, es hängt natürlich auch mit der teilnehmenden Methodik zusammen. Grüße --Chricho (Diskussion) 17:23, 9. Sep. 2015 (CEST)
- Könntest du dies etwas erläutern, Chricho? Auf welche (wessen) Positionen beziehst du dich hier? An welchen Punkt geht es dir um Wissenschaftlichkeit und um wessen Wissenschaftlichkeit geht es dir? Gruß, --C.Koltzenburg (Diskussion) 19:52, 9. Sep. 2015 (CEST)
- Nichts spezielles, nur persönliche Erfahrung, manche benutzen den Pluralis Auctoris, manche meiden das (etwa meist die Wikipedia), manche schätzen die Direktheit des „ich“, unumwunden die subjektive Einbezogenheit zuzugeben und nicht die eigene Position als für die Arbeit gleichwertig mit anderen auszugeben (in Wirklichkeit spielt sie eine besonders ausgezeichnete Rolle), manche spielen gar mit den verschiedenen Personalpronomina (in Disziplinen, wo das infrage kommt). Bei teilnehmender Beobachtung und Erprobung von Mitteilung eigener Lektüreerfahrung wiegt der vorletzte Punkt besonders schwer. Wollte der IP nur deutlich machen, dass, was ein Dozent für eine Disziplin mal irgendwo gesagt hat, nicht so schwer wiegt. Grüße --Chricho (Diskussion) 22:42, 9. Sep. 2015 (CEST)
Schematische Darstellung der Elemente der Diss
BearbeitenBei der Vorbereitung der mündlichen Prüfung, in der ich eingangs in 10 Minuten die Diss in freier Rede zusammenfassend referiert habe, war mir eine schematische Darstellung in den Sinn gekommen, die ich für diesen Zweck dann auswendig gelernt hatte. Vielleicht ist sie auch hier nützlich, um bildlich darzustellen, mit welchen Mitteln ich den Raum zwischen Literatur und Wikipedia zu theoretisieren versucht habe. --C.Koltzenburg (Diskussion) 23:36, 8. Sep. 2015 (CEST)
Rolle der Leseerlebnisse-Abschnitte
BearbeitenEine plumpe Apologetik meinerseits vorweg: Ich schreibe jetzt mal schnell etwas, weil ich nicht versprechen kann, irgendwann einmal weiter auszuholen (Nachtrag: jetzt ist es doch länger geworden …). Also: Dein experimenteller Ansatz sind Leseerlebnisse-Abschnitte in Artikeln zu zeitgenössischen literarischen Texten von Literaturnobelpreisträgern. Im Titel sprichst du von nicht-propositionalen Wissen (das „aus Literaturlektüre“ erspar ich mir, diese ist etwa auch das Fundament jeder propositionales Wissen erzeugenden Hermeneutik), das deute ich so, dass dieses Experiment auf eine allgemeinere Problematik in der Wikipedia verweisen soll als auf solche Abschnitte (und nicht nur der Zwang zu allgemein-unverbindlichen Titeln in der Wissenschaftsprosa zugrundeliegt). Ich frage mal nur andeutend: Kannst du zu diesem Verhältnis noch etwas ausführen (oder auf Stellen verweisen, die ich übersehen habe)? Als Literaturbeispiel außerhalb des eingeschränkten Bereichs, in dem deine Experimente stattfanden, nennst du beispielsweise Das Urteil. Nun gilt etwa für dessen reiche Rezeption sicherlich keine Privatheit in einem solchen Sinne, dass sie sich in der Beengtheit eines isolierten Leseerlebnisse-Abschnitt in einem fiktiven exzellenten Artikel zum Urteil widerspiegeln könnte. Ich erwarte vielmehr, dass zumindest in einem guten Artikel zu einem besonderen literarischen Text mit entsprechender zeitüberdauernder Rezeption und Forschung (ich spreche also nicht von Zeitgenössischem, worauf du dich eingegrenzt hast) dieser Privatraum gesprengt und die Nicht-Propositionalität (um bei deinem Begriff zu bleiben) nahezu im gesamten Artikel proliferiert. Eine formale Analyse etwa ist zwar ein sehr ernsthaftes, aber im guten Fall kein trockenes Geschäft, bei dem die literarische Erfahrung inmitten all der propositionalen Inhalte, die für die formale Analyse notwendig sind, wmgl. in ihren Zwischenräumen, mitunter besseren Ausdruck erfahren kann als durch einen typischen Leseerlebnisse-Abschnitt. Sie kann sich in objektivierender Bestimmung des Verhältnisses des Werkes zu einer gesellschaftlichen Wirklichkeit finden (und ja, ich sage hier bewusst Werk und ziele auch auf Objekthaftigkeit, ich kenne das Buch von Attridge ein wenig, im Modus der Auslese für kulturwissenschaftliche Verwertbarkeit werden dort in scheinbarer Offenheit zahlreiche theoretischen Ansätze berücksichtigt, dann aber auch ganz nebenbei bei Seite geschoben, wobei sie grausam sanft ihrer Zähne beraubt werden; und die literarische Erfahrung kann eben gerade in der Erfahrung der Konstituierung als Objekt liegen, Ende des Seitenhiebs) und in den die Textaspekte disseminierenden Nachzeichnungen von Rezeptionspfaden. Also noch eine Frage: Ohne infrage zu stellen, dass die Leseerlebnisse-Abschnitte auf etwas verweisen, was von prinzipieller Wichtigkeit für den Umgang mit Literatur (auch in der Wikipedia) ist, auch ohne die Privatheit per se abzutun, aber das sie konstituierende räumliche Verhältnis als kontingent ansehend: Kann es nicht sein, dass Misstrauen gegenüber diesen Abschnitten gerade aus einem Ernstnehmen der Literarizität über die Fassung eines privaten Bereichs hinaus erwächst? (was nicht heißen soll, dass das Misstrauen in deinen konkreten Fällen kein Irrtum war) Bei einem Leseerlebnisse-Abschnitt im Artikel Das Urteil oder Under der linden (du sprichst auch die Mediävistik an) würde auch ich dann misstrauisch werden (was für mich keine Pauschalerlaubnis zur Löschung etwa ab einem bestimmten Alter des Werkes wäre, aber zumindest ein Hinweis auf eine Unausgegorenheit des Artikels). Ich will auch nicht behaupten, du hättest solche Abschnitte für alle Artikel eingefordert (à la Formatvorlage), möchte nur zur Auseinandersetzung mit dem Verhältnis deiner Untersuchung und der Leseerlebnisse-Abschnitte zum Allgemeineren der Literatur in der Wikipedia anregen. Schöne Grüße --Chricho (Diskussion) 19:40, 9. Sep. 2015 (CEST)
- Danke für die Anregung! Das Allgemeinere der Literatur in der Wikipedia, wie würdest du es beschreiben? --C.Koltzenburg (Diskussion) 19:58, 9. Sep. 2015 (CEST)
- Eher desolat. Wir haben die ganz guten Artikel zu den Platonischen Dialogen, freilich aber auch der Strenge der Altphilologie geschuldet. Ich stimme Edith Wahr mit der obigen Aussage zu:
- „Derlei hat sich in den letzten Jahren bei den verschiedensten Kandidaturen wiederholt, es wird also bemängelt, nicht etwa begrüßt, dass sich die Artikel über Literaten zumeist in neutralen und trocken beschriebenen Lebensfakten erschöpfen. Das Problem ist nicht, dass solche Inhalte abgelehnt würden, sondern dass zu wenige Autoren zutrauen, so etwas zu verfassen.“
- Gerade den Artikel zu Denis Diderot halte ich auch für gut, er erfährt jedoch aufgrund seines Ausuferns auch viel Ablehnung. Die Hauptautorin hat da wirklich etwas geleistet, trotz vieler Flüchtigkeitsfehler. Das heißt nicht, dass es ganz essayistisch würde, aber die Betrachtung von Werk und gesellschaftlichem Kontext über genannte „trocken beschriebene[] Lebensfakten“ klar hinausgeht.
- Ich nenne mal noch mal positives: w:Un homme qui dort scheint im Gegensatz zum Gros eine ordentliche Darstellung formaler Aspekte geschafft zu haben, aber das ist auch Perec, wo das, zumindest für einen Anfang, am einfachsten ist, es ohnehin offenliegt. Wie sähe ein guter Artikel zu Un coup de dés aus? Eines auf verschiedene Weisen als paradigmatisch angesehenen Textes mit anspruchsvoller Form und reicher Rezeption, die sich auch nicht auf eine Gegenüberstellung von Interpretationen verengen ließe, eben weil der Text nicht bloß als zu interpretierendes Objekt rezipiert wurde. Da bräuchte es wirklich tiefe Beschäftigung. w:Der Zauberberg hat einen exzellenten Artikel bekommen, w:À la recherche du temps perdu dagegen nicht einmal ansatzweise. Sagt das etwas über die Texte aus? Wenn für letzteren gerade Erfahrungen wesentlich sind, mit denen man sich schwertut, aber auch Unerfahrbarkeiten, mit denen es dann noch schwerer wird? Grüße --Chricho (Diskussion) 02:20, 10. Sep. 2015 (CEST)
- Zu gern würde ich zusammen mit anderen einen Artikelentwurf zu w:Stéphane Mallarmés Un coup de dés.. und genau an den von dir eingebrachten Punkten arbeiten. Wer weiß, vielleicht liest ja jemand mit... --C.Koltzenburg (Diskussion) 13:40, 10. Sep. 2015 (CEST)
- Ob die Art und Qualität eines Wikipedia-Eintrags etwas über die Texte aussagt? Hm, unter welchen Bedingungen würdest du dies denn annehmen wollen (ich wünsche mir ne Hypothese her)? --C.Koltzenburg (Diskussion) 13:40, 10. Sep. 2015 (CEST)
- Eher desolat. Wir haben die ganz guten Artikel zu den Platonischen Dialogen, freilich aber auch der Strenge der Altphilologie geschuldet. Ich stimme Edith Wahr mit der obigen Aussage zu:
- Nun lautet ja deine Antwort: "Eher desolat." Jetzt werde ich mal überlegen, unter welchen Aspekten ich deiner Anregung denn folgen könnte, mich mit dem Verhältnis meiner Untersuchung und der Leseerlebnisse-Abschnitte zu einem als desolat eingeschätzten "Allgemeineren der Literatur in der Wikipedia" zu befassen. Ich erinnere mich jedenfalls ganz gut, mir zu Beginn meiner Forschungsphase diese Frage bewusst nicht gestellt zu haben, sondern einen Helikopterblickwinkel lieber anderen zur wissenschaftlichen Bearbeitung überlassen zu wollen. --C.Koltzenburg (Diskussion) 13:40, 10. Sep. 2015 (CEST)
- Ob sich angesichts von weböffentlichen Leseforen die Erfahrung einer (eventuell) bisher als privat empfundenen Wissensart (jenes spezielle, von mir als kreierbar vermutete, nicht-propositionale Wissen aus Literaturlektüre) geändert hat, wäre auch eine spannende Frage. Und die Antworten könnten Einfluss haben auf die bisherige Einschätzung, was bei Wikipedia als "enzyklopädischer Stil" anzusehen ist. --C.Koltzenburg (Diskussion) 13:40, 10. Sep. 2015 (CEST)
- Nachtrag zu "von mir als kreierbar vermutet": Dass es im Kontakt mit Literatur nicht-propositionales Wissen zu erwerben gibt, meinen einige namhafte Leute, die im Gebiet der Literaturphilosophie gründlich nachdenken (siehe Zusammenfassung im Kapitel Forschungsstand im Abschnitt Nicht-propositionales Wissen aus Literaturlektüre). Dass es aktiv kreierbar ist, denke ich seither mehr und mehr, aber bisher eben als Vermutung. Falls jemand Forschung dazu kennt, egal in welcher Sprache, freue ich mich über Hinweise. --C.Koltzenburg (Diskussion) 14:56, 10. Sep. 2015 (CEST)
Über die von mir angenommene prinzipielle Wichtigkeit von Erlesnissen im Umgang mit Literatur (oder Literatur**) denke ich etwas nach (in einem der beiden Gutachten zu meiner Diss kam dieser Aspekt auch zur Sprache und ich danke dir für den Impuls, auch re Attridge, hierzu nochmal zu arbeiten). Also: Dankesehr, speziell und auch allgemeiner, Chricho, sehr anregend. --C.Koltzenburg (Diskussion) 13:40, 10. Sep. 2015 (CEST)
Chricho, du fragtest neulich (s.o.): "Kannst du zu diesem Verhältnis [von "nicht-proportionales Wissen" in meinem Titel und einer allgemeineren Problematik in der Wikipedia] noch etwas ausführen (oder auf Stellen verweisen, die ich übersehen habe)?" Im Abschnitt Wissen über Literatur bei Wikipedia findet sich dazu:
"Im nun folgenden [...] geht es um die Anforderung einer distanzierten Ausdrucksweise als Anzeichen für Neutralität und was dies aus meiner Sicht für Einträge zu einzelnen Sprachkunstwerken bedeutet. Wenn es sich bei Wissen, das Literatur zu vermitteln in der Lage ist, in hohem Maße um nicht-propositionales Wissen handelt, bei Wikipedia aber propositionale Formen von Wissen bereitgestellt werden sollen, wie müsste ein Eintrag zu einem literarischen Werk aussehen? Genauso wie Einträge mit Wissenswertem über Bauwerke, Begriffe oder Personen? Ich meine: Nein"
und zuvor, im Abschnitt Prämissen, schrieb ich:
"Eine weitere Prämisse ist, dass für ein kritisches Nachdenken zum öffentlich vorherrschenden Machtdiskurs (bei Wikipedia derjenige, dass (allein) propositionales Wissen präsentierbar sei) in der Privatsphäre des Individuums ein künstlerischer Freiraum bestehen muss und Literaturlektüre als ein Gestaltungsmittel für diesen Freiraum anzusehen ist (Lorenz 2012:369)."
Also, ja, es besteht ein Verhältnis, ich habe es bisher aber eher wenig auffällig eingestreut. In einer Artikelpublikation (auf Englisch) werde ich diesen Punkt pointierter zur Sprache bringen.
Btw, der Titel der Belegfassung trug noch den Anspruch von Wikipedia als Zitat vornweg: „The sum of all human knowledge“, und dann folgte: Nicht-propositionales Wissen ... ;-)
--C.Koltzenburg (Diskussion) 09:37, 16. Sep. 2015 (CEST)
* und **
BearbeitenIch bin ja für jeden Manierismus zu haben, aber dieser mit den Sternen hier ist dann jdf. weder selbstverständlich noch so subtil, dass jede Erklärung ihm Unrecht tun würde. Der einfache * hat mich bei der ersten Verwendung nach einer Fußnote suchen lassen, er sah so aus, als verweise er auf eine übliche Fußnote zur Erklärung des generischen Maskulinums. Gerade das liegt hier aber ja nicht vor, sondern durchgängige Sternsetzung bei gelegentlich zumindest auch weiblichen Formen. Die zwei ** werden nur im Fließtext angesprochen. Zudem kann ich „Anonym*“ nicht nachvollziehen, Anonyma und Anonymus sind Substantive, aber Anonym? --Chricho (Diskussion) 02:27, 10. Sep. 2015 (CEST)
- Danke für deine Lesarten; meinerseits dies: Nach meiner Erfahrung ändern Leute ihren Umgang mit sprachlichen Möglichkeiten von Zeit zu Zeit, und da kann es passieren, dass sich eine Sache, die von dir ggf. als weniger subtil eingeschätzt wird, kaum völlständig plausibilisieren ließe. Also: diesmal keine nähere Antwort dazu von mir; nimm's einfach mit Gelassenheit ;-) --C.Koltzenburg (Diskussion) 14:42, 10. Sep. 2015 (CEST)
- Die Gelassenheit hab ich, werde nur nicht immer gerne von einem (scheinbaren) Verweis ins Leere geführt, dachte auch weniger an eine „vollständige Plausibilisierung“ als an „Personenbezeichnungen werden durchweg mit einem * markiert.“ Aber nun gut, passt schon. Grüße --Chricho (Diskussion) 15:10, 10. Sep. 2015 (CEST)
- @Chricho: Warum ruderst Du zurück? – Spätestens bei
- (...) als Unterabschnitt im Eintrag zur Autorin* verlinkt hatte: „La Vie commune“ von Lydie Salvayre (...)
- passt es für mich nicht mehr. Egal was für sprachliche Manierismen der akademische Diskurs im universitären Milieu aktuell verlangen mag, das geht nicht nur Dir zu weit. -- Martinus KE (Diskussion) 17:06, 1. Apr. 2020 (CEST)
- @Chricho: Warum ruderst Du zurück? – Spätestens bei
- Die Gelassenheit hab ich, werde nur nicht immer gerne von einem (scheinbaren) Verweis ins Leere geführt, dachte auch weniger an eine „vollständige Plausibilisierung“ als an „Personenbezeichnungen werden durchweg mit einem * markiert.“ Aber nun gut, passt schon. Grüße --Chricho (Diskussion) 15:10, 10. Sep. 2015 (CEST)
„von Bourdieu angedachte Gleichwertigkeit von Rezeptionsarten“
BearbeitenWo hat er das angedacht? Das interessiert mich. --Chricho (Diskussion) 14:01, 10. Sep. 2015 (CEST)
- Ja, mich auch. Knapp vor Einreichung der Diss war ich dem nicht mehr näher nachgegangen, aber deine Nachfrage - danke - ist ein guter Anlass, es jetzt zu tun. Gruß, --C.Koltzenburg (Diskussion) 14:44, 10. Sep. 2015 (CEST)
- ... und schwupp, ja, da hatte ich's her, Zahner 2010 kann ich also gleich mal noch als meinen (wenigstens indirekten) Beleg nachtragen. Dank. --C.Koltzenburg (Diskussion) 15:18, 10. Sep. 2015 (CEST)
- Die Regeln der Kunst. Gut zu wissen. Grüße --Chricho (Diskussion) 15:39, 10. Sep. 2015 (CEST)
- ... und schwupp, ja, da hatte ich's her, Zahner 2010 kann ich also gleich mal noch als meinen (wenigstens indirekten) Beleg nachtragen. Dank. --C.Koltzenburg (Diskussion) 15:18, 10. Sep. 2015 (CEST)
- Bourdieu macht in Regeln der Kunst zu seinem Flaubert-Kapitel einen Anhang, der mir fast das Konzept eines Wikipedia-Artikels zu haben scheint, sogar inklusive der Begründung (siehe Fußnote 1), Chricho. --C.Koltzenburg (Diskussion) 07:31, 25. Sep. 2015 (CEST)
Erläuterung zu Erlesnis als Teil eines Leseerlebnisses
BearbeitenIn meinem Kommentar zu diesem Blogpost bei fontanefan.blogspot.de (dankeschön) erläutere ich meinen Ansatz, etwas allgemeiner gesprochen, so:
"Ich meine, dass bei Literaturlektüre vieles passieren kann, womit man nicht gerechnet hat. Lesen ist also nichts weniger als ein Abenteuer, vor allem dann, wenn man bereit ist, sich auf die eigenen Leseerlebnisse einzulassen. Was diese enthalten oder woraus sie sich zusammensetzen, hängt von der Person ab, die liest, und von der Situation, in der sie liest, auch, ob sie das Werk schon einmal gelesen hatte, wohl auch vom Werk, aber nicht nur. Denn wenn ich ein Werk nach einigen Jahren erneut lese, kann es sein, dass ich über völlig andere Leseerlebnisse berichten würde als beim ersten Mal. Am Werk allein kann es also nicht liegen, wenn ich bestimmte Leseerlebnisse habe.
Ein Erlesnis kann Teil eines Leseerlebnisses sein, nämlich dann, wenn man ein Gespür dafür entwickelt, was man beim Lesen von Literatur außer "Faktenwissen" noch alles erwerben kann: nicht-beweisbares Wissen nämlich. Beim Lesen entstehen zum Beispiel Gefühle. Wenn ich beim Lesen meine Gefühle spüre, kann es sein, dass ich etwas auf neue Weise zu verstehen meine. Vielleicht habe ich die Welt zum ersten Mal aus dem Blickwinkel eines Kindes gesehen, das auf der Flucht seine Eltern verloren hat.
Bei der Literaturlektüre kann also ein Wissen entstehen, das nur subjektiv beschreibbar ist, falls es überhaupt beschreibbar ist. Meine Bereitschaft, mich in Kontakt mit Sprachkunst zu begeben, ermöglicht es mir, zu außergewöhnlichen Erkenntnissen über mich selbst und über meine (bisherige) Sicht der Welt zu gelangen.
Mit dem Begriff Erlesnis fasse ich den nicht-beweisbaren Anteil dieser Erkenntnisse, also das nicht-propositionale Wissen, das ich bei einer bestimmten Lektüre erworben zu haben meine.
Mein Vorschlag ist, unsere jeweiligen Erlesnisse genauer in Augenschein zu nehmen und sie anderen mitzuteilen, indem wir über sie schreiben. In meine Arbeit habe ich vier Essays über Sprachkunstwerke integriert. Es sind Interpretationen, in denen meine Erlesnisse wesentlich sind: Ich bringe in einer wissenschaftlichen Arbeit Erlesnisse zur Sprache. Wenn mehr Leute sich trauten, so zu schreiben, könnten Wikipedia-Einträge fundiert mit Leseerlebnissen ausgestattet werden, so dass insgesamt bei Wikipedia über Literatur lebendiger geschrieben werden kann als bisher."
--C.Koltzenburg (Diskussion) 08:47, 14. Sep. 2015 (CEST)
- Ich habe ein wunderschönes Gefühl beim Lesen diesen Abschnitts! Es kommt sicherlich nicht nur von der Idee, die du audrückst, und von ihrer Originalität. Auch die Klarheit der Sprache erinnert mich an etwas flüssiges und freies wie Wasser. Im nächsten Schritt spüre ich die Weite auf einem abstrakten Niveau, wenn ich diese Sprache mit der in den oberen Abschnitten vergleiche. Das spricht für eine Bandbreite von Möglichkeiten, das Unsagbare "zwischen den Zeilen auszudrücken". Yassens (Diskussion) 14:55, 17. Sep. 2015 (CEST)
- Dankeschön! --C.Koltzenburg (Diskussion) 08:00, 22. Sep. 2015 (CEST)
- Dass sich Leseerlebnisse in Wikipedia-Einträgen zwischen den Zeilen ausdrücken lassen, dass es möglicherweise der einzige gangbare Weg für einen enzyklopädischen Eintrag wäre (oder sein solle) und dass Spuren der jeweils eigenen Einstellung zum Werk im Artikeltext ohnehin nicht vermeidbar seien ... Aspekte dieser Art werden seit 19. September 2015 in der deutschsprachigen Wikipedia-Community debattiert, auf der Seite w:Benutzer Diskussion:Grillenwaage, in einem Thread mit dem Titel "die Vielfalt unterschiedlicher Leseerfahrungen" --C.Koltzenburg (Diskussion) 08:00, 22. Sep. 2015 (CEST)
Debatte bei Grillenwaage (de.wikipedia.org) vom 19. September bis 6. Oktober 2015
BearbeitenNebenan auf einer Unterseite dokumentiert:
Debatte bei Grillenwaage (de.wikipedia.org), 19. September bis 6. Oktober 2015
Kleinzeug
Bearbeiten(1) Im Artikel ist zu lesen:
- Die vorliegende Arbeit setzt an dem Punkt an, dass (...) das unbestimmte Nummeral „all“ im Wesentlichen qualitativ interpretiert wird: (...)
Das Wort gibt's nicht. Vermutlich ist Numerale (Zahlwort) gemeint (Fehlertyp: falsch verstandene Rechtschreibreform). Klassisch sieht man das Wort eher als Indefinitpronomen an (so übereinstimmend Duden-Grammatik 2006 § 410 und Wikipedia).
(2) Im Literaturverzeichnis:
- Moraru, Christian (2010 [2005]), „Narrative versions“, in: Routledge Encyclopedia of Narrative Theory, Routledge, London 2010, S. 385-386. Print. Hartwig
Was hat "Hartwig" hier zu bedeuten? Durch "Copy & Paste" verursachter Fehler? Löschen? -- Martinus KE (Diskussion) 18:30, 1. Apr. 2020 (CEST)