Einführung

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In der Mathematik ist ein Filter eine nichtleere nach unten gerichtete Oberhalb-Menge innerhalb einer umgebenden halbgeordneten Menge. Der Begriff des Filters geht auf den französischen Mathematiker Henri Cartan[1] zurück.

Veranschaulichung

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Anschaulich betrachtet definiert ein Filter in der Topologie eine Art Durchgangsgangskontrolle, bei der zu grobe Element den Filter nicht passieren können. In einem topologischen Raum   ist die Menge der Umgebungen   von   selbst ein Filter und ein beliebiger Filter   konvergiert gegen den Punkt   ("passiert den Umgebungsfilter"), wenn dieser Filter   feiner ist, als der Umgebungsfilter   von  .

Bemerkung - Ideale

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Filter in der umgekehrten Halbordnung heißen Ideale der Ordnung oder Ordnungsideale.

Anwendungen

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Filter treten in der Theorie der Ordnungen und Verbände auf.

Mengenfilter

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Ein wichtiger Spezialfall sind Mengenfilter, d. h. Filter in der durch die Mengeninklusion halbgeordneten Potenzmenge einer Menge. Mengenfilter werden besonders in der Topologie verwendet und erlauben dort die Verallgemeinerung des Begriffs der Folge für topologische Räume ohne abzählbare Umgebungsbasis.

Umgebungsfilter

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So bildet das System der Umgebungen   eines Punktes   in einem topologischen Raum einen speziellen Filter, den Umgebungsfilter. Umgebungsfilter können in Räumen, die kein Abzählbarkeitsaxiom erfüllen, zur Definition von Netzen verwendet werden, die die Rolle der Folgen aus der elementaren Analysis teilweise übernehmen.

Gerichtete Mengen

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Man fasst dazu einen Filter als gerichtete Menge auf und betrachtet Netze auf dieser gerichteten Menge.

Ultrafilter

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Mit einem Ultrafilter (der kein Hauptfilter ist) auf den natürlichen Zahlen lassen sich die hyperreellen Zahlen der Nichtstandardanalysis konstruieren. Allerdings wird die Existenz solcher Filter selbst nur durch das Auswahlaxiom – also nicht konstruktiv – gesichert.

Allgemeine Definitionen

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Eine nichtleere Teilmenge   einer Quasiordnung  [2] heißt Filter, wenn folgende Bedingungen erfüllt sind:

  • (Q1)   ist eine Oberhalb-Menge:  
  • (Q2)   ist nach unten gerichtet:   und  


Erläuterung - gerichtetes Mengensystem

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  • (Q1) bedeutet, dass alle (mit   in Relation stehenden) Elemente, die größer als   sind, sind Teil des Filters.
  • (Q2) bedeutet, dass   ist bzgl. der Umkehrrelation der betrachteten Halbordnung gerichtet.

Definition - eigentlicher Filter

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Der Filter   heißt eigentlicher (oder echter) Filter, wenn er nicht gleich   ist, sondern eine echte Teilmenge  .[3]

Bemerkung - Halbordnung

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Jeder Filter auf einer quasi- oder halbgeordneten Menge   ist Element der Potenzmenge von  . Die Menge der auf derselben (schwach)[4] halbgeordneten Menge definierten Filter wird durch die Inklusionsrelation   ihrerseits halbgeordnet. Sind   und   Filter auf derselben (schwach) halbgeordneten Menge  , so heißt   feiner als     gröber als   wenn  . Ein maximal feiner echter Filter heißt Ultrafilter.

Filter in Verbänden

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Während diese Definition von Filter die allgemeinste für beliebige quasi- oder halbgeordnete Mengen ist, wurden Filter ursprünglich für Verbände definiert. In diesem Spezialfall ist ein Filter eine nichtleere Teilmenge   des Verbandes  , die eine Oberhalb-Menge ist und abgeschlossen unter endlichen Infima, d. h. für alle   ist auch  .

Hauptfilter

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Der kleinste Filter, der ein vorgegebenes Element   enthält, ist  . Filter dieser Form heißen Hauptfilter, und   ein Hauptelement des Filters. Der zu   gehörende Hauptfilter wird als   geschrieben.

Primfilter

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Ein echter Filter   in einem Verband   mit der Zusatzeigenschaft

 

heißt Primfilter.

Der zum Filter duale Begriff ist der des Ideals: Ein Ideal (auch Ordnungsideal) ist eine gerichtete Unter-Halbmenge in einer Quasi- oder Halbordnung.[3]

Betrachtet man in einer halbgeordneten Menge   die Umkehrrelation  , so ist auch   wieder eine halbgeordnete Menge. Die so durch Dualisierung entstehende Struktur als   notiert.

Ein Filter in   ist ein Ideal in   und umgekehrt.

Ebenso erhält man aus einem (distributiven) Verband   durch Vertauschen der beiden Verbandsverknüpfungen Supremum   und Infimum   wieder einen (distributiven) Verband. Sind in   ein kleinstes Element 0 und ein größtes Element 1 vorhanden, so werden sie ebenfalls vertauscht.

Beispiele

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Teilbarkeit

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In  , dem beschränkten Verband der natürlichen Zahlen unter Teilbarkeit, ist für alle   die Teilermenge   von   ein Ideal.   ist genau dann ein Ideal, wenn  .

Nullstrahlen

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Wir betrachten in der sogenannten punktierten komplexen Ebene   die Teilmengen   für   der (offenen) Strahlen aus der Null (kurz: Nullstrahlen). Auf   definieren wir nun eine Halbordnung  , indem wir   als kleiner-gleich   betrachten, falls   und   auf demselben Strahl liegen und   betraglich kleiner-gleich   ist. D. h.

 

für  .

In der halbgeordneten Menge   sind nun alle Filter gegeben durch die Nullstrahlen und deren offene und abgeschlossene Teilstrahlen

 

für alle   mit   Jeder dieser Filter ist echt. Außerdem folgt aus  , dass   feiner   feiner   feiner  ; insbesondere ist   ein maximal-feiner echter Filter und damit ein Ultrafilter. Für jede komplexe Zahl   ist der abgeschlossene Strahl   ihr Hauptfilter   mit   als (einzigem) Hauptelement.

Die Ordnungsideale in   entsprechen den fehlenden Strahlenabschnitten zwischen der Null und dem Beginn jedes Teilstrahls. Ist der Teilstrahl offen, enthält er also nicht seinen Aufpunkt, so fehlt auch im entsprechenden Ordnungsideal der Aufpunkt – analog ist er im abgeschlossenen Fall in Teilstrahl und Ideal jeweils enthalten. (Filter und Ordnungsideal sind also nicht disjunkt!) Aus dem Nullstrahl ergibt sich kein entsprechendes Ordnungsideal, da der „fehlende“ Strahlenabschnitt durch die leere Menge gegeben wäre (die kein Filter sein kann). Die Ideale haben also die Form:

  und
 

für alle   und  .

Mengenfilter

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Definition

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Ein wichtiger Spezialfall eines Filters – vor allem in der Topologie – sind Mengenfilter. Man geht in diesem Fall von der durch die Mengeninklusion halbgeordneten Potenzmenge   einer beliebigen nichtleeren Menge   aus. Eine echte Teilmenge   ist genau dann ein Mengenfilter oder Filter, wenn folgende Eigenschaften erfüllt sind:

  • (F1)   und  ,
  • (F2)  ,
  • (F3)  .

Ein Mengenfilter, für den gilt

 ,

der also zu jeder Teilmenge diese selber oder ihr Komplement enthält, heißt Ultrafilter auf  .[3]

Diese Definitionen stimmen mit den oben gegebenen für echte Filter in Verbänden überein, da die Potenzmenge von   einen Verband bildet.

Beispiele 1 für Mengenfilter

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  •   heißt der von   erzeugte Hauptfilter.
  • Ist   ein topologischer Raum mit Topologie  , dann heißt   Umgebungsfilter von  .
  • Ist   eine unendliche Menge, dann heißt   Fréchet-Filter der Menge  .
  • Ist   ein nichtleeres Mengensystem von   mit folgenden Eigenschaften

Filterbasis

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  • (FB1)   und
  • (FB2)  ,
so heißt   Filterbasis in  .

Erzeugter Filter aus Filterbasis

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Ein solches Mengensystem erzeugt auf natürliche Weise einen Filter

 
Dieser heißt der von   erzeugte Filter.

Definition - Bildfilter

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Ist   eine Abbildung zwischen zwei nichtleeren Mengen und   ein Filter auf  , so bezeichnet   den von der Filterbasis   erzeugten Filter. Dieser heißt Bildfilter von  .[5]

Anwendungen in der Topologie

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In der Topologie ersetzen Filter und Netze die dort für eine befriedigende Konvergenztheorie unzureichenden Folgen. Insbesondere die Filter als sich verengende Mengensysteme haben sich hier als gut geeignet zur Konvergenzmessung erwiesen.[6] Man erhält auf diesem Wege oft analoge Sätze zu Sätzen über Folgen in metrischen Räumen.

Konvergenz von Filtern

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Ist   ein topologischer Raum, heißt ein Filter   genau dann konvergent gegen ein  , wenn  , d. h., wenn   feiner ist als der Umgebungsfilter   von  , d. h. alle (es genügen offene) Umgebungen von   enthält. Schreibweise:   Von der Verfeinerung von Zerlegungen spricht man besonders im Zusammenhang mit Integrationstheorien.

Stetigkeit von Abbildung über Filterkonvergenz

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So ist zum Beispiel eine Abbildung   zwischen zwei topologischen Räumen genau dann stetig, wenn für jeden Filter   mit   gilt, dass  .

Konvergenz gegen mehrere Punkte

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In einem nicht-hausdorffschen Raum kann ein Filter gegen mehrere Punkte konvergieren. Hausdorff-Räume lassen sich sogar gerade dadurch charakterisieren, dass in ihnen kein Filter existiert, welcher gegen zwei verschiedene Punkte konvergiert.[7]

Beispiel - Konvergenz

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In der chaotischen Topologie     konvergiert jeder Filter gleichzeitig gegen alle Punkte aus  .

Siehe auch

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Literatur

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Zu den allgemeinen, ordnungs- und verbandstheoretischen Begriffsbildungen und ihren Anwendungen: Zu den Anwendungen in der mengentheoretischen Topologie:

  • Boto von Querenburg: Mengentheoretische Topologie. 3., neu bearbeitete und erweiterte Auflage. Springer, Berlin u. a. 2001, ISBN 3-540-67790-9.
  • Thorsten Camps, Stefan Kühling, Gerhard Rosenberger: Einführung in die mengentheoretische und die algebraische Topologie (= Berliner Studienreihe zur Mathematik. Bd. 15). Heldermann, Lemgo 2006, ISBN 3-88538-115-X.
  • Lutz Führer: Allgemeine Topologie mit Anwendungen. Vieweg, Braunschweig 1977, ISBN 3-528-03059-3.
  • Horst Schubert: Topologie. 4. Auflage. B. G. Teubner, Stuttgart 1975, ISBN 3-519-12200-6.

Originalarbeiten

  • Henri Cartan: Théorie des filtres. In: Comptes rendus hebdomadaires des séances de l’Académie des Sciences. Band 205, 1937, ISSN 0001-4036, S. 595–598, Digitalisat.
  • Henri Cartan: Filtres et ultrafiltres. In: Comptes rendus hebdomadaires des séances de l'Académie des Sciences. Band 205, 1937, S. 777–779, Digitalisat.

Einzelnachweise und Anmerkungen

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  1. Cartan: Comptes rendus. Band 205, S. 595–598, 777–779.
  2. d. h. einer Menge   mit einer reflexiven und transitiven Relation  , auch Präordnung, schwache Halbordnung oder schwache partielle Ordnung genannt. Insbesondere fällt jede halbgordnete Menge unter diese Voraussetzung. 
  3. a b c Stefan Bold: AD und Superkompaktheit, Mathematisches Institut der Rheinischen Friedrich-Wilhelm-Universität Bonn, April 2002, Seite 2–3
  4. schwach halbgeordnet syn. quasigeordnet
  5. Analog für Ideale.
  6. Führer: Allgemeine Topologie mit Anwendungen. 1977, S. 9.
  7. Schubert: Topologie. 1975, S. 44.

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