Inklusion (Pädagogik)/Voraussetzungen für das Gelingen

Aufgaben für Lernende Bearbeiten

  • Versuchen Sie die Voraussetzungen für das Gelingen zu identifizieren und versuchen Sie diese in Ihrer Bildungseinrichtung bezogen auf die Komplexität und die dafür notwendigen Herausforderungen von "einfach" bis "schwer umsetzbar" zu ordnen! Welche Einfluss auf die Lernsitation erwarten Sie von den einfach umsetzbaren Voraussetzungen für das Gelingen inklusiven Unterrichts?
  • Von welchen Voraussetzungen erwarten Sie den größten positiven Einfluss auf das Gelingen inklusiven Unterrichts? Begründen Sie Ihre Entscheidung!

Voraussetzungen für das Gelingen inklusiven Unterrichts Bearbeiten

„In einer Schule, die sich der Inklusion verpflichtet sieht, werden Lehrer und Fachpersonal größten Wert darauf legen, jeden Schüler als Persönlichkeit zu sehen.“

– mittendrin e. V. (Hrsg.): Eine Schule für Alle – Inklusion umsetzen in der Sekundarstufe.[1]

Die Umsetzung von Inklusion setzt einen gezielten und gewollten Umgang mit Vielfalt sowie die Anerkennung heterogener Schülerpersönlichkeiten voraus, legt dabei großen Wert auf die Unterschiedlichkeit in der Bildung und verzichtet auf das Prinzip der Homogenität. Deswegen erfordert die inklusive Schule keine bestimmten einzelnen Methoden oder Konzepte für ihre Umsetzung: vielmehr benötigt die Inklusion eine weitgehend flexible, zieldifferenzierte Anwendung unterschiedlicher Unterrichtsmethoden und organisatorischer Vorschläge, um die Bedürfnisse aller Schüler befriedigen zu können: „Inklusion ist eine Haltung“.[2]

Sie ist ein Thema für alle Schulformen und nicht auf einzelne, unter Umständen bereits belastete oder auch wegbrechende Schularten wie „Hauptschule“ zu konzentrieren oder zu beschränken.[3]

Wichtige Fragestellungen für eine erfolgreiche Umsetzung inklusiver Pädagogik sind:

  • die Formulierung genauer gemeinsamer Ziele in Lehrerkollegien[4]
  • die Erarbeitung eines gemeinsamen Verständnisses von Inklusion und das Bewusstsein einer gemeinsamen Aufgabe der betroffenen und ausführenden Pädagogen
  • die Schaffung sich gegenseitig unterstützender Strukturen im Sinne von Lehrgruppenunterricht („Teamteaching“)
  • die Schaffung einer Atmosphäre, in der sich alle Schüler willkommen fühlen
  • besondere, individuelle Förderung als etwas grundsätzlich Normales im Regelunterricht zu begreifen
  • ein besonderes Augenmerk auf das soziale Miteinander in (und auch außerhalb) von Unterrichtsgruppen.

Graumann weist darauf hin, dass es zwar wichtig und gut ist, wenn Lehrende die Idee der Inklusion als „Haltung“ verinnerlicht haben. Für Inklusion zu sein und motiviert zu sein, in inklusiven Klassen zu unterrichten ist zwar eine wichtige Voraussetzung, doch das reicht nicht. Voraussetzungen für das Gelingen sind auch die entsprechenden Rahmenbedingungen: 1. Die personelle Ausstattung einer Schule und einer Klasse. Das heißt, um eine Förderung zu gewährleisten, die den individuellen Bedarfen der Schüler/innen gerecht wird, müssen bedarfsspezifisch ausgebildete Förderlehrkräfte in der Klasse mitarbeiten und zur Teamarbeit bereit sein. 2. Die räumlichen und sächlichen Voraussetzungen müssen gegeben sein wie Gruppenräume, Lehr- und Lernmittel für die individuellen Bedarfe u. a. m. und 3. eine sehr enge Zusammenarbeit zwischen Elternhaus und Schule muss gewährleistet sein.

Auch wenn es keine spezifische inklusive Didaktik gibt, so ist es doch erforderlich, dass sich die Lehrkräfte mit Lehr- und Lernkonzepten vertraut machen, die der Heterogenität in inklusiven Klassen gerecht werden. Die derzeitige heftige Kritik von Lehrpersonen und Eltern an der Umsetzung von Inklusion zeigt, dass es nicht so einfach ist wie oben gesagt.[5]

Ausbildung der Lehrkräfte Bearbeiten

Ganz allgemein wird vor allem eine entsprechende Anpassung der Lehrerausbildung als entscheidend für die Erlangung positiver Ergebnisse angesehen. Darüber hinaus wird die Steuerung durch Politik und Verwaltung anstelle eines freien Spiels der Kräfte vor Ort als notwendig erachtet, ebenso wie umfassende Unterstützungsleistungen; zur bestmöglichen Förderung aller Schüler ist eine substantielle Umorientierung notwendig. Klemm und Preuss-Lausitz empfehlen,

„wenn sie ‚auf dem Weg zu Inklusion‘ als Teil einer Implementationsstrategie eine systematische Überprüfung aller Verordnungen unter Inklusionsgesichtspunkten empfehlen: Die derzeit noch unterschiedlichen Unterrichtsvorgaben für zielgleich und zieldifferent lernende Schülerinnen und Schüler sollten für den Gemeinsamen Unterricht so zusammengeführt werden, ‚dass einerseits die allgemeinen (Mindest-) Lernziele, andererseits die davon abweichenden individuellen Lernziele‘ ermöglicht werden. Sie empfehlen, die undifferenzierte, starre Leistungsbewertung mit sechs Ziffernzensuren durch eine kompetenzorientierte Bewertung in Verbindung mit der Information über die individuelle Lernentwicklung zu ersetzen. Portfolios sollten als Grundlage für Entwicklungsgespräche und Förderpläne dienen und Selbstbewertungen ermöglichen. Als unvereinbar mit dem Ziel der Inklusion sind aus ihrer Sicht Rückstellungen, Klassenwiederholungen und Abschulungen.“

Gestaltung von Unterrichtsräumen Bearbeiten

Eine mögliche Form der Umsetzung wäre beispielsweise die Einrichtung eines „Matheraumes“, eines „Geografieraumes“, eines „Informationsraumes“. In diesen Räumen kann es wiederum verschiedene Bereiche geben: eine „Bücherecke“, eine „Computerecke“, eine „Lese- und Schreibecke“ usw. Die Schüler können ihren Aufenthalt in den Räumen weitgehend selbst planen und bestimmen. Ein fragend-entwickelnder Frontalunterricht, wie er an deutschen Schulen bislang weitgehend üblich ist, findet hier keine Anwendung.

Anwendung moderner Pädagogik Bearbeiten

Viele Methoden und Konzepte der sog. modernen Pädagogik wie die Organisation einer Schule in altersgemischten Gruppen anstelle der Bildung herkömmlicher Klassen, Gruppenarbeit bei fächerübergreifenden Themen, oder neuartig gestaltete Räume dienen der Umsetzung des Grundgedankens der Inklusion stärker als traditionelle didaktische Methoden. Althergebrachte institutionelle Vorgaben wie homogene Lerngruppen nach Leistung stehen mehr oder weniger im Gegensatz zu den Zielen der Inklusion, der Orientierung an Möglichkeiten.[3]

Verzicht auf Ziffernnoten Bearbeiten

Die interne wissenschaftliche Begleitung sowie eine externen Evaluation von inklusionsorientierten Entwicklungsprozessen eines hessischen Schulversuchs an vier Grundschulen von 2009 bis 2013 (Begabungsgerechte Schule) kam zu dem Schluss, dass die Umsetzung inklusiver Pädagogik sich nicht auf die Umsetzung schulorganisatorischer Maßnahmen beschränken lasse und ein Verzicht auf Ziffernnoten (zugunsten der Einführung von Kompetenzrastern) entscheidend für den Erfolg inklusiven Unterrichts sei.[7] Im Übrigen ist die traditionelle Form der Benotung in Ziffern Ausdruck einer Gleichbehandlung aller Schüler in Form der Anlegung gleicher Maßstäbe, mithin Ausdruck eines zielgleichen Unterrichts und schon von daher nicht mit einem zieldifferenten Unterricht vereinbar.

Positives Denken Bearbeiten

Im Mai 2014 sorgte der Fall „Henri“ für Aufmerksamkeit in den deutschen Medien. Der Junge mit Down-Syndrom, der nach dem Willen seiner Eltern ursprünglich ein Gymnasium besuchen sollte,[8] wechselte tatsächlich auf eine Realschule, wo er zieldifferent unterrichtet wird.

Nach dem Abebben des Medienrummels bilanziert „Spiegel Online“: „Henri hat das Down-Syndrom, deshalb lernt er anders, langsamer und manches gar nicht. Doch seine Eltern wollen, dass er trotzdem bei allem dabei sein kann, dass er nicht in einer Parallelwelt groß wird. […] [Henris Vater meint]: ‚Henri braucht später einen Beruf.‘ Und dafür soll er lesen, schreiben und rechnen lernen, so gut es geht, nicht nur bügeln oder wie man Obst schnippelt. ‚Wir werden irgendwann nicht mehr da sein‘, sagt [der Vater]. ‚Und dann muss er mit seinem Leben klarkommen. Das lernt er nicht abgeschirmt von der Außenwelt.‘“

Literatur/Quellenangaben Bearbeiten

  1. Verlag an der Ruhr 2012, ISBN 978-3-8346-0891-8, S. 146: Individuelle Lernbedürfnisse
  2. Otto Herz, lebenslernorte.de (Memento des Originals vom 4. März 2016 im Internet Archive)  Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.@1@2Vorlage:Webachiv/IABot/www.lebenslernorte.de[[Kategorie:Wikipedia:Defekte Weblinks/Ungeprüfte Archivlinks Skriptfehler: Ein solches Modul „Archivbot“ ist nicht vorhanden.]], 16. Januar 2015
  3. 3,0 3,1 3,2 Brigitte Schumann: Auf dem Weg zur Inklusion? – Gemeinsames Lernen von Kindern mit und ohne Behinderungen. Blog, 26. November 2011
  4. Wilfried Steinert: „Eine inklusive Schule gelingt nur gemeinsam“. (PDF) Podium Schule. Bertelsmann Stiftung, 2010, abgerufen am 8. April 2019 (Interview).
  5. Olga Graumann: Inklusion – eine unerfüllbare Vision. Eine kritische Bestandsaufnahme. Barbara Budrich, Opladen / Berlin / Toronto 2018, ISBN 978-3-8474-2231-0.
  6. Empfehlungen zur Umsetzung der UN-Behindertenrechtskonvention im Bereich der allgemeinen Schulen. Gutachten, erstellt im Auftrag des Ministeriums für Schule und Weiterbildung des Landes Nordrhein-Westfalen., Essen, Berlin, Juni 2011. In: schul-inklusiv.de (1,4 KB, 13. Dezember 2011).
  7. Brigitte Schumann, bildungsklick.de: Voraussetzung für inklusive Pädagogik: Verzicht auf Ziffernnoten. Gastbeitrag, 15. Januar 2015
  8. Lena Greiner: Schüler mit Down-Syndrom: Was wurde aus Henri, der nicht aufs Gymnasium durfte? Spiegel Online. 10. Mai 2015

Seiten-Information Bearbeiten

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