Einleitung

Der Satz von Euler ist eine Verallgemeinerung des kleinen Satzes von Fermat. Während der kleine Satz von Fermat nur für Primzahlen gilt, kann der Satz von Euler auf beliebige natürliche Zahlen   angewendet werden, die teilerfremd zur Basis   sind[1]. Der Satz von Euler ist der zentrale Satz zum Beweis der Korrektheit des RSA-Kryptosystems[2]. Außerdem werden wir ihn nutzen, um einen weiteren Satz für die Korrektheit des RSA-Kryptosystems zu zeigen, nämlich dem chinesischen Restsatz.

Satz von Euler

Größte gemeinsame Teiler, (Satz 1) Eulersche  -Funktion

und kleine Satz von Fermat

Größte gemeinsame Teiler
Seien  , wobei mindestens eine der beiden Zahlen ungleich Null.

Wir bezeichnen   mit   als den größten gemeinsamen

Teiler der Zahlen   und  , falls gilt:

 :   und  

und

 : Für alle   mit   und  [3].

Eulersche  -Funktion
Für die eulersche  -Funktion gilt:  [4][5] mit

 [6][5].

Satz 1 Eigenschaft der  -Funktion bei Primzahlen
Sei   prim, dann gilt:  [6][7].
Kleiner Satz von Fermat
Für jede Primzahl   und jede dazu teilerfremde natürliche Zahl   ist

folgende Kongruenz erfüllt:  [8][9].

Seien   und  , dann gilt  [1][10].

Bemerkung: Für prime Moduli   gilt nach Satz 1 Eigenschaft der Eulerschen  -Funktion bei Primzahlen  , also geht für diese der Satz von Euler in den kleinen Satz von Fermat über[1].

Beweis Satz von Euler

Teil 1

Wir zeigen zunächst die Aussage: wenn   prim, dann gilt   mittels vollständiger Induktion nach  .

Bemerkung: Bei der vollständigen Induktion wird eine Aussage in der Regel für alle natürlichen Zahlen bewiesen. Dabei beginnt man bei einem Startwert (meist   oder  ) und zeigt, dass die Aussage für diesen Startwert gilt. Man nennt dies den Induktionsanfang. Anschließend wird während des Induktionsschritts gezeigt, dass wenn die Aussage für eine Zahl gilt, dann gilt sie auch für die nächstgrößere Zahl[11][12].

Seien   prim und  , dann soll gelten

  für  .

Eulersche  -Funktion, Kongruenz, wichtige Sätze

und der Binomialkoeffizient

Eulersche  -Funktion
Für die eulersche  -Funktion gilt:  [4][5] mit

 [6][5].

Kongruenz
Seien   und  , dann gilt  [13].
Satz 1 Eigenschaft der  -Funktion bei Primzahlen
Sei   prim, dann gilt:  [6][7].
Kleiner Satz von Fermat
Für jede Primzahl   und jede dazu teilerfremde natürliche Zahl   ist

folgende Kongruenz erfüllt:  [8][9].

Satz 3 Eigenschaft der  -Funktion bei Primzahlen
Seien   prim und   mit  , dann gilt:  [6][7].
Binomischer Lehrsatz[14]
Für alle Elemente   und   eines kommutativen monoiden Rings und für

alle natürlichen Zahlen   gilt die Gleichung

 .[14][15]

Binomialkoeffizient[14]
Seien  , dann gilt:

 [14][16]

Wir zeigen nun durch vollständige Induktion, dass die Kongruenz   korrekt ist.

Induktionsanfang

Wir beginnen mit  .

 

 , für  

 , nach Satz 1 der Eigenschaft für  -Funktionen  

Dies ist genau der kleine Satz von Fermat, welchen wir bereits bewiesen haben.

Induktionsvoraussetzung

Wir nehmen an, dass   für ein festes   mit   gilt.

Induktionsbehauptung

Wir wollen zeigen, dass   gilt.

Induktionsschritt

Nach der Kongruenz gilt folgende Äquivalenz der Induktionsvoraussetzung:

  mit   und Satz 3 der eulerschen  -Funktion gilt  .

Für   folgt unter erneuter Verwendung von Satz 3 der eulerschen  -Funktion

 .

Wir können   nun umschreiben:

 

 , da  

 

 , nach  

Nun kann man den binomischen Lehrsatz anwenden, da es sich bei dem Restklassenring   um einen kommutativen Ring handelt, wobei   ein Monoid ist (siehe Lernaufgabe).

Also

 

Betrachten wir nun die Summen

 ,   und   getrennt voneinander.

Es gilt

 , da jeder der Summanden aus einem Faktoren   mit   und einem Binomialkoeffizienten besteht und der Faktor   immer von   teilbar ist und lediglich mit einer natürlichen Zahl (dem zugehörigen Binomialkoeffizienten) multipliziert wird.

Wir müssen nun also nur noch die beiden Summanden   und   betrachten.

Da  , ist   .

Es gilt:  .

Wir wissen nun also, dass

 

und nach hinzufügen des Summanden  :

 .

Wir haben also gezeigt, dass gilt:

 

und die vollständige Induktion ist abgeschlossen.

Primfaktorzerlegung, Teilerfremdheit, (Multiplikativität für Primzahlen der)

Eulersche  -Funktion und Folgerung aus Lemma 4 des  

Primfaktorzerlegung
Sei   mit  , dann ist   als Produkt von Primzahlen darstellbar und wir nennen diese

Primfaktorzerlegung. Es gilt  mit  .

Die Darstellung ist, abgesehen von der Reihenfolge der Faktoren, eindeutig[17].

Teilerfremdheit
Zwei ganze Zahlen   und  , wobei mindestens einer der beiden Zahlen ungleich Null ist,

heißen teilerfremd, wenn  [18]. Betrachten wir mehr als zwei Zahlen, dann

nennen wir diese paarweise teilerfremd, wenn je zwei beliebige von diesen Zahlen zueinander

teilerfremd sind[19][18].

Eulersche  -Funktion
Für die eulersche  -Funktion gilt:  [4][5] mit

 [6][5].

Multiplikativität der eulerschen  -Funktion für Primzahlen
Seien   und   prim und  , dann gilt  [4][7].
Folgerung aus Lemma 4 des  
Gilt   und   mit  , dann folgt  [20].

Teil 2

Nun wählen wir eine Zahl   mit   und folgender Primfaktorzerlegung:

 .

Da   und   teilerfremd sind, kann auch keiner der Primfaktoren   mit   ein Teiler von   sein.

Wir erhalten die Kongruenz:

  mit  .

Nun nutzen wir die Multiplikativität der eulerschen  -Funktion:

 , also ist jeder Faktor   ein Teiler von  .

Daher gilt nicht nur  , sondern auch

  mit  .

Da die Primfaktorpotenzen   paarweise teilerfremd sind, gilt nach der Folgerung aus Lemma 4 des ggT :

 ,

und da

 

die Primfaktorzerlegung von   ist, gilt

 .

Wir haben somit den Satz von Euler bewiesen■[21]

Lernempfehlung

Kursübersicht
Übergeordnete Lerneinheit
8: Korrektheit des RSA-Verschlüsselungsverfahrens
Vorherige Lerneinheit Aktuelle Lerneinheit Empfohlene Lerneinheit
8: Korrektheit des RSA-Verschlüsselungsverfahrens 8.1: Satz von Euler 8.2: Chinesischer Restsatz

Literatur

  1. a b c „Satz von Euler“. In: Wikipedia, Die freie Enzyklopädie. Bearbeitungsstand: 27. März 2019, 10:16 UTC. URL: https://de.wikipedia.org/w/index.php?title=Satz_von_Euler&oldid=186980132 (Abgerufen: 25. November 2019, 10:25 UTC; Formulierung verändert)
  2. Rivest, R. L., Shamir, A., & Adleman, L. (1978). A method for obtaining digital signatures and public-key cryptosystems. Communications of the ACM, 21(2) (S. 120–126). S. 123.
  3. Burton, D. M., & Dalkowski, H. (2005). Handbuch der elementaren Zahlentheorie mit über 1000 Übungsaufgaben und ihren Lösungen. Lemgo: Heldermann Verlag. S. 24.
  4. a b c d Kryptologie - Mathematische Vertiefung (PH Freiburg SS 2017). (5. Dezember 2019). Wikiversity, . Abgerufen am 8. Januar 2020, 12:14 von https://de.wikiversity.org/w/index.php?title=Kryptologie_-_Mathematische_Vertiefung_(PH_Freiburg_SS_2017)&oldid=605650. (Formulierung verändert)
  5. a b c d e f Stroth, G., & Waldecker, R. (2019). Elementare Algebra und Zahlentheorie (2. Aufl.). Birkhäuser Basel. S. 77.
  6. a b c d e f Seite „Eulersche Phi-Funktion“. In: Wikipedia, Die freie Enzyklopädie. Bearbeitungsstand: 24. August 2019, 16:52 UTC. URL: https://de.wikipedia.org/w/index.php?title=Eulersche_Phi-Funktion&oldid=191644019 (Abgerufen: 7. Januar 2020, 09:45 UTC; Formulierung verändert)
  7. a b c d Wätjen, D. (2018). Kryptographie: Grundlagen, Algorithmen, Protokolle. Springer-Verlag. S. 42.
  8. a b Seite „Fermatscher Primzahltest“. In: Wikipedia, Die freie Enzyklopädie. Bearbeitungsstand: 7. März 2017, 21:10 UTC. URL: https://de.wikipedia.org/w/index.php?title=Fermatscher_Primzahltest&oldid=163373890 (Abgerufen: 23. Dezember 2019, 11:46 UTC; Formulierung verändert)
  9. a b Oswald, N., & Steuding, J. (2015). Elementare Zahlentheorie: Ein sanfter Einstieg in die höhere Mathematik. Springer Spektrum. S. 129.
  10. Euler, L. (1763). Theoremata arithmetica nova methodo demonstrata. 8 (S. 74–104). S. 102.
  11. Seite „Vollständige Induktion“. In: Wikipedia, Die freie Enzyklopädie. Bearbeitungsstand: 20. Dezember 2019, 06:00 UTC. URL: https://de.wikipedia.org/w/index.php?title=Vollst%C3%A4ndige_Induktion&oldid=195068438 (Abgerufen: 12. Januar 2020, 09:16 UTC; Formulierung verändert)
  12. Schäfer, W., Georgi, K., & Trippler, G. (1999). Mathematik-Vorkurs—Übungs- und Arbeitsbuch für Studienanfänger. Vieweg+Teubner. S. 102.
  13. Buchmann, J. (2016). Einführung in die Kryptographie (6. Aufl.). Berlin, Heidelberg: Springer. S. 37.
  14. a b c d Seite „Binomischer Lehrsatz“. In: Wikipedia, Die freie Enzyklopädie. Bearbeitungsstand: 28. Dezember 2019, 11:23 UTC. URL: https://de.wikipedia.org/w/index.php?title=Binomischer_Lehrsatz&oldid=195279006 (Abgerufen: 10. Januar 2020, 14:31 UTC; Formulierung verändert)
  15. Reiss, K., & Schmieder, G. (2014). Basiswissen Zahlentheorie: Eine Einführung in Zahlen und Zahlbereiche (3. Aufl.). Springer Spektrum. S. 44.
  16. Witt, K.-U. (2001). Binomialkoeffizienten. In K.-U. Witt (Hrsg.), Algebraische Grundlagen der Informatik: Zahlen—Strukturen—Codierung—Verschlüsselung (S. 145–148). Vieweg+Teubner Verlag. S. 145.
  17. Ziegenbalg, J. (2015). Elementare Zahlentheorie: Beispiele, Geschichte, Algorithmen (2., überarb. Aufl). Springer Spektrum. S. 66.
  18. a b Burton, D. M., & Dalkowski, H. (2005). Handbuch der elementaren Zahlentheorie mit über 1000 Übungsaufgaben und ihren Lösungen. Heldermann Verlag. S. 26.
  19. Seite „Teilerfremdheit“. In: Wikipedia, Die freie Enzyklopädie. Bearbeitungsstand: 26. September 2019, 13:33 UTC. URL: https://de.wikipedia.org/w/index.php?title=Teilerfremdheit&oldid=192615323 (Abgerufen: 10. Januar 2020, 13:56 UTC)
  20. Burton, D. M., & Dalkowski, H. (2005). Handbuch der elementaren Zahlentheorie mit über 1000 Übungsaufgaben und ihren Lösungen. Lemgo: Heldermann Verlag. 27.
  21. Burton, D. M., & Dalkowski, H. (2005). Handbuch der elementaren Zahlentheorie mit über 1000 Übungsaufgaben und ihren Lösungen. Heldermann Verlag, S. 153f.