Stetigkeit von Funktionen mehrerer Veränderlicher (§1)
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- Seien die Dimensionen und die Menge
- sowie der Raum
- gegeben. Jedem Punkt werde vermöge der Funktion
- genau ein Punkt
- zugeordnet. Wir nennen den Definitionsbereich und
- den Wertebereich der Funktion . Genauer schreiben wir:
.
- Wir sprechen von einer beschränkten Funktion , wenn es eine Konstante gibt, so dass die Abschätzung
für alle
- richtig ist. Andernfalls sprechen wir von einer unbeschränkten Funktion.
- Sei im Definitionsbereich der Funktion ein Häufungspunkt gewählt. Weiter existiere ein Punkt , so dass es für alle ein gibt mit der Eigenschaft
für alle mit .
- Dann heißt A der Limes der Funktion an der Stelle und man schreibt:
oder .
- Auf dem Intervall mit sei die Funktion gegeben. Dann nennen wir
- den rechtsseitigen Limes der Funktion an der Stelle und
- den linksseitigen Limes der Funktion an der Stelle .
- Sei die Funktion auf dem Definitionsbereich gegeben, welcher den Häufungspunkt enthält. Weiter sei der Punkt gewählt. Dann gilt die beziehung
- genau dann, wenn für jede Punktfolge
mit
- die Aussage
- gilt.
„“:
Sei
erfüllt. Dann gibt es nach Definition 2 für alle ein , so dass
für alle
mit
ausfällt. Für eine konvergente Punktfolge
mit
erhalten wir
für alle
und somit folgt . Also ergibt sich
.
„“:
Wir zeigen diese Implikation indirekt – unter der Voraussetzung
(1) Für alle
mit
gilt
.
Wäre die Aussage
(2)
falsch – also die folgende Behauptung:
(3) Für alle
existiert ein
, so dass
für alle
mit
erfüllt ist.
Dann existiert ein , sodass es zu jedem einen Punkt mit gibt, welcher erfüllt. Wählen wir nun sukzessiv
so finden wir Punkte
mit
und
.
Offenbar ist nun aber erfüllt – im widerspruch zur voraussetzung (1).
q.e.d.
- Sei der Punkt und die Funktion auf dem Definitionsbereich gegeben. Dann heißt die Funktion stetig im Punkt , wenn es zu jedem ein mit der Eigenschaft
für alle mit
- gibt.
- Sei die Funktion auf dem Definitionsbereich erklärt und ein Häufungspunkt von . Dann sind die folgenden Aussagen äquivalent
- 1. Es ist stetig im Punkt ;
- 2. Es gilt
;
- 3. Für alle Folgen
mit
- haben wir
.
Dieser folgt sofort aus den Definitionen 2 und 4 sowie Satz 1.
q.e.d.
- Seien die Funktionen im Punkt stetig und die Skalare beliebig gewählt. Dann ist auch die Funktion
- im Punkt stetig.
Sei eine Folge mit . Dann erhalten wir
(4)
.
q.e.d.
- Seien die Funktionen im Punkt stetig. Dann ist auch die Funktion
- im Punkt stetig. Falls zusätzlich für alle erfüllt ist, so ist auch die Funktion
- stetig im Punkt .
Sei eine Folge mit . Dann liefern die grenzwertsätze
sowie
.
q.e.d.
Satz 5 (Komposition stetiger Abbildungen)
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- Seien die Punkte und gegeben sowie die Funktionen und mit – dabei sind die Dimensionen gewählt. Weiter sei stetig im Punkt und stetig im Punkt . Dann ist auch die verkettete Funktion bzw. die Komposition
(5)
- im Punkt stetig.
Sei eine Folge mit , dann ist
die Folge der Funktionswerte. Da f im Punkt x stetig ist gilt
.
Da nun im Punkt stetig ist, folgt
.
Also ist im Punkt stetig.
- Sei die Funktion auf dem Definitionsbereich gegeben. Dann heißt die Funktion stetig auf , wenn in jedem Punkt stetig ist.
- Den Vektorraum der stetigen Funktionen auf dem Definitionsbereich bezeichnen wir mit . Hierbei haben wir für und die Verknüpfungen:
sowie .
- Falls die Bilddimension darstellt, schreiben wir kurz . Auch wenn aus dem Zusammenhang der Bildraum hervorgeht, lassen wir diesen unerwähnt. Mit deuten wir im Fall an, dass wir im Bildbereich die komplexe Multiplikation verwenden.
- Auf der kompakten Menge sei die stetige Funktion vermöge mit dem Wertebereich
- gegeben. Weiter sei injektiv, d. h. für je zwei Punkte mit folgt . Dann ist die Umkehrfunktion
- von erklärt durch
für und mit
- stetig auf . Dabei erfüllt die Umkehrfunktion die Identitäten:
für alle und für alle .
Sei und eine Folge mit . Dann haben wir
(6)
zu zeigen. Hierzu setzen wir und . Wäre die Aussage (6) falsch, so gäbe es von der Folge in der kompakten Menge eine Teilfolge mit
.
Da die Funktion stetig ist, erhalten wir
.
Wegen der Injektivität von folgt mit ein Widerspruch – und (6) ist richtig.
q.e.d.
- Sei die Funktion auf dem Definitionsbereich gegeben. Dann heißt die Funktion gleichmäßig stetig auf , wenn es zu jedem ein mit der Eigenschaft
für alle mit
- gibt.
- Sei eine beschränkte und abgeschlossene – d. h. kompakte – Punktmenge und eine stetige Funktion. Dann ist gleichmäßig stetig auf .
Sei vorgegeben. Da die Funktion in jedem Punkt stetig ist, gibt es zu jedem ein derart, dass für alle mit die Ungleichung gilt. Zu jedem definieren wir nun die offene Teilmenge
Diese Menge bilden eine offene Überdeckung von . Da nach Voraussetzung beschränkt und abgeschlossen ist, gibt es nach dem Überdeckungssatz von Heine und Borel endlich viele Punkte
mit , so dass
gilt. Wir setzen jetzt
.
Nun seien beliebige Punkte mit . Da die Mengen
ein Überdeckungssystem von bilden, finden wir ein mit der Eigenschaft
.
Weiter gilt dann:
(7)
.
Wegen der Stetigkeit folgt hieraus und
für alle
mit
.
Also ist gleichmäßig stetig auf .
q.e.d.
Satz 8 (Fundamentalsatz von Weierstrass über Maxima und Minima)
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- Auf der kompakten Menge sei die reellwertige Funktion stetig. Dann gibt es Punkte und , so dass
für alle
- erfüllt ist.
Wir zeigen nur die Existenz von . Durch die Spiegelung folgt dann die Existenz von . Wir erklären
und finden eine Folge mit der Eigenschaft
.
Die Folge ist beschränkt, da die Menge beschränkt ist. Nach dem Häufungsstellensatz von Weierstrass gibt es eine konvergente Teilfolge
mit der Eigenschaft
,
denn die Menge ist abgeschlossen. Wegen der Stetigkeit von auf gilt weiter
.
Mit haben wir einen Punkt gefunden, an dem das Minimum annimmt.
q.e.d.
Satz 9 (Zwischenwertsatz von Bolzano und Weierstrass)
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- Sei das Intervall mit gegeben sowie eine stetige Funktion mit der Eigenschaft . Dann gibt es zu jedem Wert ein mit .
Nach Voraussetzung ist die Menge
nicht leer. Wir erklären
und sehen ein. Es gilt
für alle
und wir finden eine Folge mit . Somit gilt
.
Wäre nun richtig, so gäbe es wegen der Stetigkeit von ein , so dass
für alle
gilt. Dieses steht im Widerspruch zur Wahl von und es folgt .
q.e.d.
- Eine reellwertige Funktion auf dem Definitionsbereich heißt (schwach) monoton steigend, wenn für alle mit die Ungleichung (bzw. ) erfüllt ist. Sie heißt (schwach) monoton fallend, wenn für alle mit die Ungleichung (bzw. ) gilt.
- Sei auf dem Intervall die monoton steigende Funktion erklärt und gesetzt. Dann hat die Gleichung für jedes die eindeutig bestimmte Lösung . Die so definierte Funktion ist auf dem Intervall stetig und es gilt:
Nach dem Zwischenwertsatz hat die Gleichung
für alle mindestens eine Lösung.
Wir zeigen nun die Eindeutigkeit der Lösung: Gäbe es nämlich zwei Lösungen
mit ,
so entsteht ein Widerspruch zur Monotonie der Funktion . Also gibt es zu jedem genau ein mit . Wir erhalten mittels die Umkehrfunktion .
Die Stetigkeit der Umkehrfunktion entnehmen wir sofort dem Satz 6.
q.e.d.
Gleichmäßige Konvergenz von Funktionenfolgen (§2)
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- Auf dem Definitionsbereich sei die Folge der Funktionen
- gegeben; dabei sind die Dimensionen gewählt. Dann heißt diese Funktionenfolge (punktweise) konvergent, wenn für jedes der Grenzwert existiert. Wir nennen dann
- ihre Grenzfunktion.
- Auf dem Definitionsbereich D sei die Folge der stetigen Funktionen
- gegeben; dabei sind die Dimensionen gewählt. Dann heißt diese Funktionenfolge gleichmäßig konvergent, wenn für jedes ein Index mit der eigenschaft
- existiert.
Satz 1 (Konvergenzsatz von Weierstrass)
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- Auf dem Definitionsbereich konvergiere die Folge stetiger Funktionen
- gleichmäßig gegen die Grenzfunktion . Dann ist stetig auf .
Sei beliebig gewählt. Zu vorgegebenem existiert ein Index , so dass (3) erfüllt ist. Da die Funktion im Punkt stetig ist, gibt es ein , so dass
(4)
für alle
mit
richtig ist. Somit folgt
(5)
für alle
mit
.
Also ist stetig in .
q.e.d.
Satz 2 (Vollständigkeit des -Raums)
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- Sei die Folge stetiger Funktionen
- auf dem Definitionsbereich gegeben. Dann konvergiert die Funktionenfolge gleichmäßig gegen die stetige Grenzfunktion genau dann, wenn es zu jedem einen Index gibt, so dass
- erfüllt ist.
Die Funktionenfolge konvergiere gleichmäßig auf gegen die Grenzfunktion . Dann gibt es zu jedem einen Index , so dass für alle und alle ausfällt. Damit folgt
(7)
für alle
und alle
.
Zu vorgegebenem existiert nun ein Index mit der Eigenschaft (6). Damit ist die Punktfolge eine Cauchyfolge im . Wegen der Vollständigkeit dieses Raumes existiert der Grenzwert
für alle . In der Ungleichung (6) vollziehen wir den Grenzübergang und wir erhalten für jedes ein mit folgender Eigenschaft:
für alle
und alle
.
Also konvergiert die Funktionenfolge gleichmäßig auf gegen .
q.e.d.
- Auf dem Raum mit erklären wir die Supremumsnorm oder auch -Norm wie folgt:
(8)
.
- Auf dem Definitionsbereich sei die Folge stetiger Funktionen
- gegeben; dabei ist die Dimension gewählt. Dann heißt die Funktionenreihe
- gleichmäßig konvergent auf , wenn die Folge der Partialsummen
- gleichmäßig auf konvergiert.
Satz 3 (Weierstraßscher Majorantentest bzw. M-Test)
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- Auf dem Definitionsbereich sei die Folge stetiger Funktionen
- gegeben, welche der Ungleichung
- für alle genügen. Dabei bilden die Zahlen
- gemäß
- eine konvergente Reihe. Dann konvergiert die Funktionenreihe
- gleichmäßig auf .
Zu vorgegebenem gibt es einen Index dass für alle mit die Ungleichung
gilt. Damit ist
(10)
für alle
und alle
erfüllt, sodass die Folge der Partialsummen gleichmäßig konvergent ist.
q.e.d.
- Die Potenzreihe
- konvergiere für alle mit bei festem Radius . Dann konvergiert für jeden Radius die Potenzreihe
mit
- gleichmäßig. Somit stellt
mit
- eine stetige Funktion dar.
Für alle Punkte mit gilt
.
Der Satz 12 aus §6 in Kapitel I liefert die konvergenz der Reihe
.
Der Weierstraßsche Majorantentest impliziert die gleichmäßige Konvergenz der Reihe in der abgeschlossenen Kreisscheibe und folglich ist dort stetig. Da der Radius beliebig gewählt wurde, ist sogar stetig in der offenen Kreisscheibe .
q.e.d.
- Sei eine absteigende reelle Zahlenfolge mit
- und dem Grenzwert . Dann ist die durch
- definierte Funktion stetig auf ihrem Definitionsbereich.
Nach Satz 4 stellt für eine stetige Funktion dar. Zu zeigen bleibt die Stetigkeit für und . Hierzu betrachten wir die Folge stetiger Funktionen.
(11)
mit einem . Wir zeigen mittels partieller Summation, dass dort gleichmäßig gegen konvergiert. Wenn wir über später verfügen, so ergibt sich für die Ungleichung
(12)
,
wie man den Abschätzungen
(13)
und
(14)
entnimmt. Also erhalten wir
(15)
für alle
mit
und
,
falls erfüllt ist – mit einem hinreichend großen . Somit stellt
für alle eine stetige Funktion dar.
q.e.d.
- Sei eine komplexe Zahlenfolge, so dass die Reihe konvergiert. Dann folgt die Stetigkeit der Funktion definiert durch
(16)
.
Da die Reihe konvergiert, ist auch die Reihe für alle konvergent. Es bleibt nur die Stetigkeit von im Punkt zu zeigen: Hierzu weisen wir die gleichmäßige Konvergenz der Funktionenfolge
(17)
nach. Zu vorgegebenem gibt es ein , so dass
für alle
richtig ist. Somit folgt für alle mittels partieller Summation
(18)
.
Da die Funktionen auf stetig sind für und sie dort konvergieren liefert Satz 1 die Stetigkeit der Grenzfunktion
.
q.e.d.
- Seien und Folgen komplexer Zahlen, so dass die Reihen
- mit den Koeffizienten
- konvergieren. Dann gilt die Identität
.
Wir definieren die Funktionen
(19)
,
welche nach dem Abelschen Stetigkeitssatz auf dem intervall stetig sind. Für alle Punkte gilt nun
(20)
,
da die Reihen dort absolut konvergieren. Beim Grenzübergang erhalten wir
(21)
.
q.e.d.
Reelle und komplexe Differenzierbarkeit (§3)
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- Sei das offene Intervall mit den Grenzen sowie die Dimension gegeben. Dann nennen wir die Funktion
- im Punkt (reell) differenzierbar, falls der Grenzwert
(1)
- existiert. Wir nennen die Ableitung von im Punkt .
Die Existenz des obigen Grenzwerts (1) bedeutet, dass für jede Folge mit folgendes gilt:
(2)
.
- Die Funktion aus Definition 1 ist genau dann im Punkt differenzierbar, wenn es eine stetige Funktion
mit der Eigenschaft
- so gibt, dass die linear approximative Darstellung
- erfüllt ist.
Sei an der Stelle differenzierbar. Dann erklären wir die Hilfsfunktion
(4)
für
für
.
Die Differenzierbarkeit liefert
(5)
Stellen wir (4) geeignet um, so finden wir die gesuchte Darstellung (3).
Wir gehen nun von der Darstellung (3) aus, subtrahieren und dividieren durch :
(6)
.
Hieraus ermitteln wir
(7)
,
womit die Differenzierbarkeit von im Punkt folgt.
q.e.d.
- Sei die Funktion aus Definition 1 im Punkt differenzierbar. Dann ist sie dort auch stetig.
- Sei die Funktion aus Definition 1 gegeben. Falls diese in allen Punkten differenzierbar ist, nennen wir differenzierbar in . Wir erhalten dann die abgeleitete Funktion
vermöge
- oder kurz die Ableitung von auf .
Satz 3 (Linearität der Differentiation)
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- Seien im offenen Intervall mit den Grenzen die Funktionen
- im Punkt differenzierbar und die Skalare beliebig gewählt. Dann ist auch die Funktion
- im Punkt differenzierbar und es gilt
(9)
.
Für alle ermitteln wir die Identität
.
Hieraus folgt durch Grenzübergang die Gleichung (9).
- Falls die differenzierbare Funktion aus Definition 2 eine stetige Ableitung
- besitzt, so sprechen wir von einer in stetig differenzierbaren Funktion. Der Vektorraum der 1-mal stetig differenzierbaren Funktionen auf dem offenen Intervall wird gegeben durch
(11)
- mit den Verknüpfungen aus Definition 6 in §1. Falls die intervallgrenzen erfüllen, so erklären wir den Vektorraum der 1-mal stetig differenzierbaren Funktionen auf dem kompakten Intervall wie folgt:
(12)
.
- Seien im offenen Intervall mit den Grenzen die Funktionen
- im Punkt differenzierbar. Dann ist auch die Funktion
- im Punkt differenzierbar und es gilt
(13)
.
Für alle berechnen wir
(14)
.
Der Grenzübergang liefert schließlich die Identität (13).
q.e.d.
- Seien im offenen Intervall mit den Grenzen die Funktionen
- im Punkt differenzierbar. Weiter sei die Bedingung
für alle
- erfüllt. Dann ist auch die Funktion
- im Punkt differenzierbar und es gilt
(15)
.
Für alle ermitteln wir
(16)
.
Wiederum liefert der Grenzübergang die behauptete Identität (15).
- Sei im offenen Intervall mit den Grenzen die Funktion
- im Punkt differenzierbar und der Bildpunkt erklärt. Auf dem Intervall mit den Grenzen sei die Funktion
- im Punkt differenzierbar und die Inklusion sei erfüllt. Dann ist auch die Funktion
- im Punkt differenzierbar und es gilt die Kettenregel
(17)
.
Wir betrachten beliebige Folgen mit dem Grenzwert . Wir definieren
sowie
und setzen zunächst die Bedingung
(18)
für alle
mit einem hinreichend großen Index voraus. Dann erweitern wir die Differenzenquotienten
(19)
Hieraus folgt durch Grenzübergang die Gleichung (17).
Insofern die Bedingung (18) verletzt ist, so gibt es eine Teilfolge
mit
für alle
.
Wir erhalten dann für die Differenzenquotienten
(20)
.
Beim Grenzübergang erhalten wir wiederum
.
q.e.d.
Satz 7 (Differentiation der Umkehrfunktion)
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- Seien die offenen Intervalle mit den Grenzen und mit gegeben. Die stetige, streng monotone, surjektive Funktion
- besitze die Umkehrfunktion
.
- Weiter sei in differenzierbar und erfülle für alle . Dann ist die Funktion
- im offenen Intervall differenzierbar und es gilt
(21)
.
Wir wählen einen Punkt beliebig sowie eine Folge
mit
.
Wegen der Stetigkeit der Umkehrfunktion ist für die Folge
die Relation erfüllt. Wir erhalten dann
(22)
für alle . Wegen erhalten wir
(23)
.
q.e.d.
- Sei die Funktion auf dem abgeschlossenen Intervall mit den Grenzen stetig und auf dem offenen Intervall differenzierbar. Weiter sei erfüllt. Dann gibt es eine Stelle mit .
Falls erfüllt ist, so folgt und die Aussage des Satzes ist richtig.
Andernfalls gibt es ein mit und wir können ohne Einschränkung annehmen. Nach Satz 8 aus §1 gibt es eine Maximalstelle mit der Eigenschaft
(24)
für alle
.
Wir betrachten jetzt den Differenzenquotienten mit den Eigenschaften
(25)
für alle
und
für alle
.
Da im Punkt differenzierbar ist, liefern der links- und rechtsseitige Grenzwert in (23) die Beziehung
(26)
bzw.
.
Somit folgt .
q.e.d.
Satz 9 (Allgemeiner Mittelwertsatz der Differentialrechnung)
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- Seien die Funktionen auf dem abgeschlossenen Intervall mit den Grenzen stetig und auf dem offenen Intervall differenzierbar. Weiter gelte
für alle
- und . Dann gibt es eine Stelle mit
.
Wir betrachten die Hilfsfunktion
(27)
.
Wir ermitteln, dass in stetig und in differenzierbar ist sowie
.
Nach dem Rolleschen Satz gibt es einen Punkt mit der Eigenschaft
(28)
bzw.
(29)
.
q.e.d.
Satz 10 (Mittelwertsatz der Differentialrechnung)
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- Sei die Funktion auf dem abgeschlossenen Intervall mit den Grenzen stetig und auf dem offenen Intervall differenzierbar. Dann gibt es eine Stelle mit der Eigenschaft
.
- Man findet also im Innern des Intervalls einen Punkt, wo das Steigungsmaß der Tangente an die Funktion mit dem der Sekante durch die Punkte und übereinstimmt.
- Über den Mittelwertsatz sieht man leicht ein, dass eine Funktion schwach monoton steigend bzw. fallend ist, falls ihre Ableitung nicht negativ bzw. nicht positiv in ihrem Definitionsintervall ist.
- Auf der offenen Menge sei die Funktion erklärt und der Punkt sei gewählt. Dann heißt im Punkt komplex differenzierbar, wenn der Grenzwert
- existiert. Wir nennen die komplexe Ableitung der Funktion an der Stelle . Falls für alle existiert und die Funktion stetig ist, nennen wir die Funktion holomorph in .
Mit den konvergenten Potenzreihen werden wir in Satz 15 wichtige Beispiele holomorpher Funktionen kennen lernen. Insbesondere stellen also die Polynome holomorphe Funktionen dar. Wir geben nun mit der Funktion
eine nicht holomorphe Funktion an. Für einen beliebigen Punkt betrachten wir die Grenzwerte
sowie
Somit ist für kein komplex differenzierbar.
Wir notieren nun die Differentiationsregeln für holomorphe Funktionen, die wir wie im Reellen beweisen können; dieses überlassen wir dem Leser zur Übung.
Satz 11 (Linearitäts-, Produkt- und Quotientenregel für holomorphe Funktionen)
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- Auf der offenen Menge seien die holomorphen Funktionen sowie die komplexen Konstanten gegeben. Dann sind auch die Funktionen
und
- holomorph und es gilt die Linearitätsregel
- bzw. die Produktregel
- Falls zusätzlich für alle gilt, so erfüllt die holomorphe Funktion
- die Quotientenregel
.
Satz 12 (Kettenregel für holomorphe Funktionen)
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- Seien und zwei offene Mengen, auf denen die holomorphen Funktionen
und
- erklärt sind. Dann ist auch die Funktion
- holomorph und es gilt die Kettenregel
.
- Auf der offenen Menge sei die Funktion holomorph – mit der komplexen Ableitung . Weiter sei im offenen Intervall mit den Grenzen die Funktion reell differenzierbar mit der stetigen Ableitung