Seien die Zahl und der Vektor mit vorgegeben. Zu den festen positiven Konstanten betrachten wir das Rechteck
.
Hierauf sind die beschränkten, stetigen Funktionen
mit
in
für mit der Schranke gegeben. Wir behandeln im folgenden das Anfangswertproblem: Gibt es eine Größe und einmal stetig differenzierbare Funktionen
(1)
für
,
die das folgende Differentialgleichungssystem
(2)
für
mit den Anfangsbedingungen
(3)
für
lösen? Dieses Anfangswertproblem können wir mit den Setzungen
(4)
wie folgt zusammenfassen:
(5)
.
Nun stellen sich die folgenden drei Fragen:
- Existenz: Gibt es eine Lösung des Anfangswertproblems (1) – (3)?
- Eindeutigkeit: Ist diese Lösung eindeutig bestimmt?
- Stabilität: Bleibt die Lösung in der Umgebung der ursprünglichen Lösung, falls man die Anfangswerte und die rechten Seiten etwas stört? Hängt die Lösung sogar differenzierbar von den Anfangswerten ab?
- Unter der Voraussetzung (a) sind die folgenden beiden Aussagen äquivalent:
- I. Es gibt Funktionen für , die das Anfangswertproblem (1) – (3) lösen.
- II. Es gibt Funktionen für , die (1) erfüllen und das Integralgleichungssystem
(6)
- lösen.
: Die Funktionen für lösen das Anfangswertproblem (1) – (3); somit erhalten wir durch Integration
für
.
: Die Funktionen lösen (6) für . Somit folgt sowie und Differentiation liefert
für
.
Wir fassen (6) zusammen zu der Identität
.
Wir werden eine Lösung dieser Integralgleichung konstruieren, indem wir diese durch eine Folge von Polygonzügen approximieren. Hierzu benötigen wir den fundamentalen Auswahlsatz von Arzelà-Ascoli,den wir für Funktionen in mehreren Veränderlichen bereitstellen. Eine Indizierung der Komponenten ist hierbei überflüssig, so dass wir jeweils die Folgen eindeutig mit den Indizes kennzeichnen können.
- Seien die Zahlen fest und die Menge kompakt. Die Funktionenfamilie
mit der Indexmenge
- sei mit den nachfolgenden Eigenschaften gegeben:
- I. Die Menge ist gleichmäßig beschränkt, d. h. es gibt eine Konstante , so dass
für alle und alle
- II. Die Menge ist gleichgradig stetig, d. h. zu jedem gibt es ein mit der Eigenschaft:
.
- Behauptung: Dann enthält eine auf der Menge gleichmäßig konvergente Teilfolge
,
- welche gleichmäßig gegen die stetige Funktion
- konvergiert.
1. Wir zählen die rationalen Gitterpunkte in der kompakten Menge wie folgt ab:
(7)
.
Da die Menge
beschränkt ist, gibt es eine Teilfolge
,
so dass
existiert. Da wiederum die Menge
beschränkt ist, gibt es eine weitere Teilfolge
,
so dass
existiert. Offenbar gilt weiter
.
Wir konstruieren so eine Folge von Teilfolgen
,
so dass
für alle
existiert. Durch den Übergang zur Diagonalfolge
erhalten wir eine Folge mit der Eigenschaft
für alle
.
2. Wir zeigen nun die gleichmäßige Konvergenz der Funktionenfolge
.
Zu vorgegebenem reichen nach dem Heine-Borelschen Überdeckungssatz endlich viele der offenen Mengen
mit
zur Überdeckung der kompakten Menge aus, also etwa die offenen Kugeln
mit
.
Da eine endliche Menge ist, gibt es eine Zahl , so dass
für alle
und alle
gilt. Nun folgt für alle und alle die Ungleichung
(8)
.
Hierbei haben wir zu einen Punkt mit ausgewählt, was wegen der obigen Überdeckungseigenschaft möglich ist. Folglich existiert
und es gilt
für alle
.
Somit konvergiert gleichmäßig gegen die stetige Funktion
.
q.e.d.
- Sei die Voraussetzung (a) erfüllt und die Größe
- erklärt. Dann gibt es Funktionen
für ,
- die das Anfangswertproblem (1), (2), (3) lösen.
Offenbar reicht es aus, eine Lösung auf dem Intervall zu konstruieren.
1. Sei eine beliebige Zerlegung des Intervalls in Teilintervalle mit dem Feinheitsmaß
.
Zu dieser Zerlegung konstruieren wir nun den Euler-Cauchyschen Polygonzug
wie folgt: Auf dem Intervall definieren wir
und wir berechnen
.
Somit folgt
(9)
für
.
Auf dem Intervall definieren wir
und wir berechnen
.
Wir schätzen nun wie folgt ab
(10)
Wir führen nun das Verfahren fort und enden mit
.
Wir berechnen
und schätzen nun wie folgt ab:
(11)
Schließlich erklären wir noch die stückweise konstante Funktion
(12)
.
2. Wir betrachten nun die Funktionenfamilie
(13)
.
Wie in Teil 1. zeigt man, dass für jedes die Abschätzung
(14)
für alle
mit
richtig ist. Somit ist eine gleichmäßig beschränkte, gleichgradig stetige Funktionenklasse. Auf Grund von Satz 2 können wir nun eine Zerlegungsfolge vom Intervall mit dem Feinheitsmaß
(15)
für
finden, so dass für die zugehörigen Euler-Cauchyschen Polygonzüge
(16)
folgendes gilt: Die Funktionenfolge konvergiert auf dem Intervall gleichmäßig gegen die stetige Funktion
.
Die zugehörigen Treppenfunktionen bezeichnen wir mit
.
3. Beachten wir nun die Eigenschaften (14) und (15), so konvergiert die Folge von Treppenfunktionen
(17)
gleichmäßig auf dem Intervall
für
.
Auf Grund der gleichmäßigen Stetigkeit der Funktionen für folgt die gleichmäßige Konvergenz von
(18)
.
Mit einem Konvergenzsatz für Riemannsche Integrale (siehe Satz 2 aus §5 in Kapitel V) erhalten wir die Identität
(19)
q.e.d.