Kurs:Das Internet als verlängerter Arm des Militärs?/Kursbeschreibung
Kursbeschreibung
Bearbeiten"The military wanted computers. [They] had the need and they had the money, but they didn't have the genius". Das sind die Worte des Physikers Harris Mayer, der gemeinsam mit John von Neumann in Los Alamos an den ersten intelligenten Rechenmaschinen forschte. Im Januar kam "The Imitation Game" in die Kinos, ein Film der zeigt, wie Wissenschaftler um Alan Turing finanziert durch die British Navy im Zweiten Weltkrieg die deutsche Verschlüsselungsmaschine Enigma knackten und wichtige Grundlagen für die theoretische Informatik legten. Computer wurden gebaut und Lösung für komplexe Probleme zu finden, die sich im Krieg stellten. Erst machten sie vor allem Berechnungen, später grafische Umsetzungen, heute sind nicht nur im Militär, sondern auch in unserem Alltag nicht mehr wegzudenken. Auch das Internet wurde entwickelt um eine Lösung für ein zentrales militärisches Problem zu finden: Dezentrale, stabile Netzwerke zwischen den einzelnen Rechenmaschinen herzustellen. In einem interdisziplären Kurs erklären wir die technischen Grundlagen des Internets und World Wide Webs und stellen diese in den historischen Kontext des Militärs. Dabei nähern wir uns der Frage in wie weit die technische und kulturelle Entwicklung des Internets durch das Militär motiviert war und wie das für uns heute so wichtige Internet in seinen grundlegenden Funktionen durch militärisches Denken beeinflusst ist. Der Kurs verfolgt eine interdiziplinären Ansatz und nimmt dezidiert eine technische und eine technikhistorische Perspektive ein. Damit verbinden wir Natur und Geisteswissenschaft und wollen die Wichtigkeit beider Seiten betonen, die notwendig sind um ein solches Thema zu fassen.
Um herauszufinden, ob die Erfindung des Internets militärisch war, ist es notwendig zu verstehen, wie das Internet und seine wichtigsten Anwendungen überhaupt funktionieren. Im technischen Teil des Kurses lernen wir die grundlegenden Netzwerkprotokolle und Designprinzipien des Internets kennen. Dazu betrachten wir wie Computer in einem lokalen Netzwerk durch das Ethernet Protokol miteinander verbunden werden. Anschliessend erarbeiten wir, wie durch das Internet Protokol und Router lokale Netzwerke zu dem Internet verknüpft werden. Wir werden lernen was eine logische Verbindung von 2 Computern im Sinne des Transmission Control Protokol ist und wie dieses die Zuverlässigkeit des Internets sicher stellt. Anschließend betrachten wir die 3 wichtigsten Anwendungen des Internets nämlich Domain Name System, Email und World Wide Web. Wir werden sehen, wie das Erste manipuliert werden kann und wie die Amerikanische Regierung die Kontrolle darüber besitzt und bei den letzten beiden die Anwendungsdaten perse unverschlüsselt übertragen und mitgehört werden können.
In einem zweiten Schritt werden wir die technischen Grundlagen mit der Genealogie des Internets in Verbindung setzen. Die Idee einer dezentralen Vernetzung von Informationsstandpunkten kommt ursprünglich aus dem US-Militär. Durch die Zusammenarbeit von Militär, Politik, Wirtschaft und Wissenschaft konnte Forschung betrieben werden, die genuin militärischen Zwecken dienen sollte. Heute ist das Internet aber ein zentraler Bestandteil unseres zivilen Lebens. Wir zeichnen nach, ob das Internet jemals rein militärisch war und fragen, in wie weit die militärische Note auch heute noch in das Internet eingeschrieben ist. Dafür werden wir historische und techniksoziologische Texte von bekannten Wissenschaftlern, wie Friedrich Kittler lesen. Außerdem werden wir uns orgininal Quellenmaterial zuwenden, um einen Einblick in zeitgenössische Diskussionen zu erhalten. In diesem Zusammenhang behandeln wir auf historischer Ebene die frühe Entwicklung von Computern und deren erster Einsatz in militärischen Operationen. Schließlich sind es die Computer, die eine solche Vernetzung überhaupt möglich machen.
Für diesen Kurs solltet ihr eine Begeisterung und Offenheit für komplexe Aufgaben mitbringen, denn sowohl die technischen Komponenten des Internets als auch die historischen und technikphilosophischen Hintergründe und vor allem auch die Verbindung von beiden bedarf Lust am Rätseln. "Its all a game", würde Alan Turing sagen.
Über Janine Noack
BearbeitenJanine hat in Berlin erst Geschichte, Politik und Soziologie studiert um dann in Cambridge ihren Master in Modern European History unter der Betreuung von Christopher Clark abzuschließen. Mittlerweile schreibt sie ihre Promotion zum Einsatz von Computertechnik in der NVA und der Bundeswehr von den 1960er bis in the 1980er Jahre. Neben der Promotion hat Janine Spaß an allem, was mit Digital History, Programmieren und Computern zu tun hat, leitet regelmäßig Seminare für Schülerinnen und Schüler und ist politisch aktiv.
Über Rene Pickhardt
BearbeitenRene hat Mathematik, Physik, Informatik und chinesische Sprache studiert. Durch seinen Beruf an der Uni hat er den ersten Massive Open Online Kurs über Web Science ins Leben gerufen. Inspiriert durch die freien Technologien des Internets ist er Blogger und setzt sich für freies Wissen, freie Bildung und ein modernes Urheberrecht ein. Er hat bereits 4 technische Kurse für die Schülerakademie geleitet und freut sich nun auf seinen ersten interdisziplinären Kurs mit Janine.