Kurs:Dresdner Baudenkmäler/Der Wohnhausbau von 1620 bis gegen 1700

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Fig. 505. Grosse Brüdergassc Nr. 8-


Ueberhänge, Holzbau.


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Der Wohnhausbau von 1620 bis gegen 1700.

Nach dem grossen Kriege setzt bald eine neue Kunst ein, jedoch erhielten sich eine Anzahl von Bauresten älteren Stiles, namentlich des Holzbaues, die wohl zumeist mehr der Mitte und dem dritten Viertel des 17. Jahrh. angehören.


a) Ueberhänge. Ueberhänge finden sich noch ganz vereinzelt.

Salzgasse Nr. 12 ragt das erste Obergeschoss um Rahmholzstärke hervor. Ob die Balkenköpfe noch vorhanden sind, lässt sich nicht feststellen, da der Bau verschalt und verputzt ist.

Salzgasse Nr. 14. Der Dachaufbau über dem zweiten Obergeschosse ist vorgekragt und trägt einen Giebel.

Grosse Frohngasse Nr. 19. Der kleine Bau scheint noch unter dem jetzt den Ueberhang umkleidenden Putz die Balkenköpfe zu besitzen. An dem Rundbogenthor die Jahreszahl y,


1622. Diese ist wichtig, weil dadurch die ganze Bauweise zeitlich bestimmt wird.


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Fig. 511. Schreibergasse Nr. 21. Balkenkopf.


b) Reste alten Holzbaues.

Der Holzbau erhielt sich in Dresden nur noch an ganz einzelnen Stellen in den Höfen, und zwar ist der Anfang des 18. Jahrhunderts als der Wende- punkt zu bezeichnen, mit dem der Steinbau überall auch für die Hinterhäuser verwendet wurde. Es sind daher nur noch wenig Spuren der alten Anordnungen erhalten.

Schreibergasse Nr. 9. Dreifensterhaus mit einfachen Renaissancegewänden an den drei Obergeschossen. Im ersten Obergeschoss unter dem mittleren Fenster ein Relief, Gehänge aus Früchten, Reben und Weinlaub; wohl 17. Jahrh.

Der Hof ist gut erhalten. Durch drei Geschosse eine jetzt vielfach verbaute Holzarchitektur mit modernen Holzsäulen. Die Unterzüge noch nach gothischer Weise profilirt, doch mit steinartigen Quaderungen verziert. Die Brüstungen mit reich gedrehten Docken. Die des obersten Geschosses sind plumper, wohl spätere Ergänzungen.

Schrei bergasse Nr. 10. Aehnliche Hofanlage, doch sind statt der Docken im Profil ausgeschnittene Brettstücke angewendet.

Schreibergasse Nr. 21. Als Rest der alten Hofanlage erhielt sich das Kopfstück eines Unterzuges unter dem Umgang des ersten Obergeschosses. Dieses ist consolenartig profilirt und zeigt in erhabener Schnitzerei neben einem Palm- blatt die Inschrift: L. c. G. 1664. (Fig. 511.)

Breitestrasse Nr. 13(?). Der Hof zeigte bis zum Abbruch des Hauses 1898 eine höchst malerische Holzarchitektur (Fig. 512). Die Docken in hüb-


Dresden (Stadt), Wohnhausbau 1620—1700.


scher gedrehter Arbeit, ähnlich jenen Schreibergasse Nr. 9. Die ursprünglich offenen Umgänge waren durch Fenster und Brettverschlag geschlossen worden.


Fig. 512. Breitestrasse Nr. 13, Hof. Abgebrochen 1898.


Aehnliche Bauten: Grosse Brüdergasse Nr. 11. Holzgalerie mit hüb- schen Docken in den Brüstungen. — Grosse Brüdergasse Nr. 3. Die Unter-


lag. 516. Altmarkt Nr. 5, Trägerprofil. Fig. 514 u. 515. Altmarkt Nr. 5, Deckenkonstruktion.


züge zeigen Quaderung wie im Hofe Schreibergasse Nr. 9 — Schössergasse Nr. 27 — Galeriestrasse Nr. 17 — Galeriestrasse Nr. 20 — Grosse


Holzbau. Deekenkonstruktion.


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Frohngasse Nr. 2 — Zahnsgasse Nr. 13, mit einem Eeste einer profilirten Säule.

c) Deckenkonstruktion.

Die Decken der Obergeschosse waren bis ins 18. Jahrhundert Balkendecken, zumeist mit profilirten Einschubbrettern. Seit dieser Zeit kamen allgemein Kohr- putzdecken auf Brettverschalung in Aufnahme, die dann zumeist nur durch einige gezogene Profile verziert wurden. Bei zahlreichen Umbauten älterer Häuser land sich die alte Anordnung unter dem Putze und auch jetzt noch dürfte sie vielfach dort zu finden sein. Leider ist sie meines Wissens nirgends erhalten geblieben.

Altmarkt Nr. 5. Das Haus ge- hört nach seinen klassisch gebildeten Fenstergewänden (Fig. 513), die jedoch hinter der Flucht des Putzes zurückstehen, der Zeit um 1600 an. Im ersten Ober- geschoss befindet sich eine profilirte Bal- kendecke (Fig. 514, ebenso im Erdge- schoss Fig. 515), wo auch die durch leichte Kundstäbe an den Kanten ver- zierten Einschubbretter noch sichtbar sind. Die Balken des Obergeschosses sind 26 cm breit und in einer Höhe von 22 cm sicht- bar. An den Kanten derbe Rundstäbe. Besonders reich ist der 50 cm hohe, 40 cm starke Unterzug im ersten Ge- schoss profilirt (Fig. 516).

Aehnliche Decken finden sich: Salz- gasse Nr. 15 im Hausflur, Salzgasse Nr. 16 im Hausflur, ohne Einschub, grosse Kirchgasse Nr. 7 in der Durch- fahrt, Terrassengasse Nr. 14 an der Hofgalerie des ersten Obergeschosses.

Grosse Kirchgasse Nr. 7. Die Decke des sehr breiten Hausflurs zeigt kräftige Unterzüge und Balken, sowie Einschub, der in der geschilderten Weise profilirt ist. Das Haus entstand nach den Profilen der beiden Obergeschosse im 16. Jahrhundert, wurde aber 1695 umgebaut. Das ergiebt sich aus vier in die hintere, gegen die Weissegasse Nr. 4 zu gelegene Front eingemauerten Schlusssteinen mit den Zahlen 1.6.9.5. Der- selben Zeit gehört das Thor an der grossen Kirchgasse an. Das Haus dient noch heute als Brauerei, für welchen Zweck das Hintergebäude errichtet wurde.

Schlossstrasse Nr. 18. Beim Hausumbau 1899 wurden die Putzdecken fort- geschlagen. Es fanden sich darunter Malereien auf den profilirten Balkendecken (Fig. 517). Die Balken waren mit Fruchtgewinden, der Einschub mit ovalen Feldern geziert, in denen symbolische Darstellungen angebracht waren. Derbe Arbeiten aus der zweiten Hälfte des 17. Jahrh. Sie wurden leider wieder verputzt.


Fig. 517. Schlossstrasse Nr. 18, Deckenmalerei.


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Dresden (Stadt), Wohnhausbau 1620-1700.


Ganz vereinzelt erhielten sich Stuckdecken reicherer Bildung, so an dem Hause am Kanzleigässchen Schlossstrasse Nr. 36 (Fig. 518, vergl. S. 417), der reichsten mir bekannten Anordnung dieser Art im Dresdner Wohnhausbau.

d) Erker.

Im Allgemeinen kam es noch nicht zu einer wirklich ausgebildeten Facaden- architektur. Die Gebäude sind noch durchaus schlicht, nur die Fenster profilirt. Die Giebel verschwinden mehr und mehr.


Fig. 518. Schlossstrasse Nr. 36. Stuckdecke.


Zur Bereicherung des Strassenbildes dienten vorzugsweise die Erker. Oft erscheinen diese nur als Ausbauten vor ein Fenster, und sind dann zumeist in Holz hergestellt worden.

Die monumentaleren Erker, wie ein solcher am Gleinig'schen Hause Schloss- strasse Nr. 1 in gothischer Zeit erscheint, dürften während des 16. Jahrhunderts noch nicht sehr zahlreich gewesen sein. Erst gegen das Ende dieser Zeit werden sie häufiger angewendet. Vor dem Kriege entstanden auch wohl noch einige Erker, die als vorbereitend hier genannt sein mögen.

Schlossstrasse Nr. 6. Zweigeschossiger Erker schlichter Art, mit fein gequaderten Ecklisenen. Es erhielten sich am oberen Dache die Wasserspeier (ob alt?) in Zink und die eisernen Stützen unter diesen. Um 1600.


Bau- u. Kunstdenkm, d. K. Sachsen. XXIII, Dresden Stadt. Beil. XXXV.


^Dresden: Giebel, Schlossstrasse g\fo. 34.


Erker. Nach dem Kriege entstandene Bauten. 661


Grosse Brüdergasse Nr. 11. Schlichter, sehr beschädigter Erker.

Schlossstrasse Nr. 12. Schlichter zweigeschossiger Erker. Um 1620.

Etwa um 1720 dürfte das zweite Geschoss aufgesetzt worden sein, das einen Altan mit schmiedeeisernem Gitter trägt.

Grosse Brüdergasse Nr. 19. Zweigeschossiger Erker einfacher Art, ohne Pilasterordnung, statt dessen mit leichtem Flachrelief verzierte Lisenen. An der unteren Brüstung Quaderungen.

Schlossstrasse Nr. 34 (Tafel XXXV). Die sehr stattliche Anlage von Giebel und breitem Erker giebt den Höhepunkt dieser Entwickelung an. Vergl. S. 417.


e) Nach dem Kriege entstandene Bauten. Webergasse Nr. 2, Ecke Altmarkt. Der Bau hat jetzt vier Obergeschosse, erscheint aber noch in Canalettos Bildern mit zwei Obergeschossen und reich mit Bildnereien geschmückt. Vergl. Hasche Bd. I, S. 227 flg. Die Fenster sind durchweg im Eundbogen geschlossen und zeigen Detailformen, aus denen her- vorgeht, dass der Bau ursprünglich um 1500 entstand. (Vergl. S. 636.) Er erfuhr 1659 einen Umbau, dem er seinen Erker verdankt und zu Ende des 18. Jahr- hunderts einen zweiten durch den Architekten Weinlig, bei welcher Gelegenheit er um zwei weitere Obergeschosse erhöht wurde. Der Erker ruht auf zwei Tragsteinen, die als Bären gebildet sind. Diese wurden bei einem Umbau von 1901 freigelegt und sorgfältig restaurirt. Die Bären halten Wappenschilde. Auf dem linken nebenstehendes Wappen und die Inschrift:

Hans Georg- Beijer | C. S. H. | Commissarius | 1659.

Der Erker ist von Holz und hat Ba- luster an der Brüstung. Die eigenthümliche und reiche Ausschmückung, die das Haus zu dieser Zeit erhielt, ersieht man aus Ca- nalettos Stichen.

An der Hausfront gegen die Webergasse ist das nebenstehende Wappen (rechts), vielleicht das des Buchhändlers Christof Arnold, seit 1819 Besitzer des Hauses; eingemauert.

Grosse Brüdergasse Nr. 1 (Fig. 519), Ecke Schlossstrasse, schossiger Erker vor einem dem 15. Jahrhundert angehörigen Hause, auf zwei Consolen und einem breiten Tragsteine zwischen diesen. Die Brüstung ist leider durch Firmenschilder verdeckt. Im ersten Obergeschoss fein cannelirte korinthische Dreiviertel -Säulen. Zwischen diesen ein Bogen mit Zwickeln in reichem Flaehornament. Auf der Brüstung im zweiten Obergeschoss eine reiche Barockkartusche, an den Ecken der Postamente Fruchtgehänge. Darüber ge- wundene korinthische Drei viertel -Säulen, an denen Weinranken emporstreben; ebensolche auf den Zwickeln.

Die Arbeit, die eine grosse formale Unsicherheit verräth, dürfte um 1650 entstanden sein, ähnlich wie der Erker am Hause Wilsdruffer Strasse Nr. 14, der mit dieser manches Verwandte hat.


Zweige- Er ruht


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Dresden (Stadt), Wohnhausbau 1020 — 1700.


Im Hofe erkennt man das Durcheinander zahlreicher Stilarten. Die Wendel- treppe und der offene Bogengang gehören wohl dem Bau von 1650 an. Doch sind auch ßenaissancetheile erhalten.

Kleine Brüdergasse Nr. 4. Eingeschos- siger, kleiner Holzerker von schlichter Art auf Steinconsolen (Fig. 520), deren Fratzen und Schnörkelwerk auf die Zeit um 1650 weisen. Modern bezeichnet 1477, was jedoch ohne Be- zug zum Erker ist.

Am Markt Nr. 10 (Englisches Kaufhaus), 1669 erbaut vom Leinwandhändler Stubbing- Ueber dem Thore befand sich die Inschrift, von der jeder Vers ein Chronostichon auf 1669 darstellt:

Me civis posuit sapiens Hannovera splendens quem genuit nacta quippe fidelis ope; Mercator patria Sedian, Stupingius anglus Cuias? Londino me renovavit ita Ille suas patriae nota pol dixit amore extructas aedes nomine trifolii Haue post albondo Stupingius iste removit. Sit sat. In excelsis me tegat ipse deus.

M. C. Gerlachius fecit.


Die Engländer besassen das Haus bis 1722. Die Inschrift ist verschwunden, das Haus jetzt ganz kunstlos.

Zahnsgasse Nr. 7. Interessanter Bau der zweiten Hälfte 1 7. Jahr- hunderts. Hof.

Schlossstrasse Nr. 26. Das Haus hat nur zwei Obergeschosse, deren Fenster die go- thischen Profile wohl der Zeit von 1480 auf- weisen. Der Erker und das Hauptgesims dürf- ten um 1670 entstanden sein. Im ersten Ober- geschoss hat er überschlanke jonische Pilaster, im oberen gewundene korinthische Dreiviertel- Säulen. Die Brüstung zeigt geschnitztes derbes Ornament. — So bescheidene Bauten waren also nach dem Kriege in der da- mals vornehmsten Strasse der Stadt möglich!

Wilsdruffer Strasse Nr. 4. Sehr bescheidener, zweigeschossiger Erker in Holz, mit einfacher Dreiecksverdachung; stark verändert.


Fig. 520. Kleine Brüdergasse Nr. 4.


Fig. 519. Grosse Brüdergasse N


Bauten der Zeit nach 1660.


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Wilsdruffer Strasse Nr. 20. Zweigeschossig, mit Engelsköpfen an den Ecken. Eeizvolle Arbeit. Auf der Brüstung des ersten Obergeschosses ein Relief das leider jetzt zumeist verdeckt und unkennbar ist; seitlich sieht man zwei Bienenkörbe, die je- doch Arbeiten der Zeit uml870 zu sein scheinen. Die übrigen Details: Engelsköpfe an den Ecken, Blumengehänge an der Brüstung des Oberge- schosses, Kartuschen an den Brüstungen der Seitenansicht weisen auf die Zeit um 1660.

Schlossstrasse Nr. 14 (Fig. 521). Zwei- geschossiger Erker, unten mit jonischen, oben mit korinthischen Pilastern. Auf der unteren Brüstungsplatte eine grosse Muschel und Stoff- gehänge in Relief. Diese sitzt auf einem kräf- tigen Profil, das zwei Consolen und zwischen diesen einen breiten Tragstein tragen. Die Schäfte der Pilaster sind durch zierliches Re- naissance-Ornament gegliedert. Auf dem Fries der jonischen Ordnung feine Stoffgehänge. Die Brüstung des zweiten Obergeschosses ist durch vier Reliefbaluster, die Eckpostamente sind durch schöne Fratzen gegliedert. Das Werk dürfte der Zeit um 1660 angehören.

Schlossstrasse Nr. 16. Der Erker ist mehrfach umgestaltet worden und wurde 1900 vollends verbaut.

f) Bauten der Zeit nach 1660. Wilsdruffer Strasse Nr. 14. Das Haus, das 1649 — 1695 dem Stadtprediger Magister Christian Zimmermann gehörte, giebt ein vor- zügliches Bild einer städtischen Bauanlage der Zeit um 1650—60. Der Eingang, dessen Thor eine Fortbildung der alten sächsischen Form ist, liegt links. Ein Gang führt zu dem Haus- flur, der nach dem Hofe zu liegt. Die gerad- läufige Treppe ist so angeordnet, dass unter ihr bequemer Zugang zum Hausflur ist. Die beiden Obergeschosse (Fig. 522) haben je zwei Zimmer nach vorn, dem Hauptzimmer ist der Erker angefügt. Im ersten Obergeschoss ist der hintere Theil des 13,5 m tiefen Hauptbaues überwölbt, im Erdgeschoss der ganze Bau. Das Haus ist unverkennbar als Einfamilienanlage gedacht, da die Treppe überall nur durch das Vorhaus zugänglich ist. Den Hof umgeben im Erdge- schoss ringsum offene Gänge, wie solche auch in den Obergeschossen und an der Brandmauer hinführen. Das Gässchen zwischen Wilsdruffer Strasse und grosser


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Fig. 521. Schlossstrassp Nr. 14.


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Dresden (Stadt). Wohnhausbau 1620 — 1700.


Brüdergasse giebt dem Seitenflügel das genügende Licht. Für die Wirthschafts- räume des Hinterhauses muss dies vom Hofe aus gesucht werden.

Die Schauseite (Fig. 523), die Steche (Die Bauten von Dresden, Seite 68) in das Ende des 16. Jahrhunderts verweist, indem er einen nachträglichen Umbau annimmt, scheint mir durchaus der Zeit um 1660 anzugehören. Die Fenster des Erdgeschosses wurden im 19. Jahrhundert erweitert. In den drei Obergeschossen umgeben die Fenster derbe geputzte Kähmen; der Erker ist in Holz gebildet und an den Ecken mit leichter Quaderung versehen und endet mit einer ge- schwungenen Haube. Der Giebel ist zweigeschossig, mit fünf jonischen und drei korinthischen Pilastern, reichen Anschwüngen und Putz- füllungen. Die Gesimse sind ver- kröpft, als Bekrönung dienen zwei

Delphine mit verschlungenen Schweifen.

Galeriestrasse Nr. 9, Ecke Frauenstrasse (Taf. XXXVI). Die schmälere Front gegen die Frauen- strasse kennzeichnet sich durch die Unregelmässigkeit ihrer Fenster- achsen als älterer Bau. An der Ecke ein Erker von besonders stattlichen Abmessungen. Er ruht auf einer aus vorkragenden Quadern gebil- deten Console, an deren unterer Spitze eine Schlange sich windet. Sie trägt auf dem Kopfe einen Edelstein. Die Obergeschosse in einfachem Aufbau, die Fenster noch mit Renaissanceprofilen. Auf den Flächen zahlreiche Inschriften. Im Fries des zweiten Stocks bez. :

Da pacem Domine | in diebus nostris Quia non esaelius (?) | Qui punguet pro nobis | Nisi tu DEUS noster.


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Fig. 522. Wilsdruffersfrasse Nr. 14.

In der Brüstung des zweiten Stocks bez.:

Soli Deo laus | honor et gloria. Initium Sapientiae | timor Domioi. Benedictio Domini | divites facit. Non nobis Domine | non nobis sed nomi- | ni tuo da gloriam.

Im Fries des ersten Stocks bez.:

Anno redemptoris et j saluatoris nostri | IHESU CHRISTI | MDCCXX.

In der Brüstung des ersten Stocks bez.:

Verbum Domini | manet in aeternum. nisi Dominus aedifi- | caverit domum | frustra laborant | qui aedificant eam. Corrige praeteritum | praesens rege | cerne futurum. Vespera iam venit | nobiscum Christe j maneto extingui. 1 lucem ne patiare j tu


am.


Bau- u. Kunstdenkm, d. K. Sachsen, XXIII. Dresden Stadt, Beil, XXXVI.


^Dresden: ^rker, (Jaleriestrasse 3\Jo. 9.


Bauten nach 1660.


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Die Jahreszahl 1720 bezieht sich, wie schon Hasche bemerkte, nicht auf den Erker selbst, der wohl nach einem Brande von 1671 entstand, sondern vielmehr auf den sehr stattlichen Anbau an das ältere Haus längs der Galerie- strasse, dessen einfach ernste Architektur dieser Zeit entspricht.

Wilsdruffer Strasse Nr. 30. Dreigeschossiger schlichter Erker, aus- gezeichnet durch zwei freistehende Putten an den Ecken der unteren Brüstung und ein reizvolles Puttenrelief auf der Brüst- ungsplatte. Wohl ein Werk der Zeit um 1670. Leider die unteren Theile durch Firmenschilder verdeckt.

Gr osse Brüdergasse Nr. 6. Be- scheidener eingeschossiger Holzerker mit gewundenen korinthischen Dreiviertel- Säulen, um die sich Wein rankt. Engels- köpfe an der Brüstung. Der alte, mit Akanthusblättern verzierte Tragstein ist erhalten. Um 1670.

S c hl o ss Strasse Nr. 13. Beschei- dener Erker mit Blumenornamenten.

Webergasse Nr. 1, Altmarkt. Vor der nach dem Altmarkt zu gelegenen dreifensterigen Facade ein grosser drei- geschossiger Erker mit toscanischen, jo- nischen und korinthischen Pilastern von ziemlich leeren Formen. Um 1670?

Webergasse Nr. 3. Eeste eines stark umgebauten, aus dem Achteck ge- bildeten Erkers. Nach den Akanthusblät- tern am Tragstein zu urtheilen, um 1670 entstanden.

Scheffelstrasse Nr. 22. Dreige- schossiger, nüchterner Erker mit toscani- schen Pilastern.

Es erhielt sich das alte Thor mit schmiedeeisernem Oberlicht.

Altmarkt Nr. 3. Erker, Dreifenster- haus mit 4 Obergeschossen, nach Steche (Die Bauten von Dresden, S. 67) von 1670, die Obergeschosse von 1743. Auf der

Brüstung des ersten Obergeschosses eine Gruppe singender und springender Knaben, die sich durch künstlerische Auffassung auszeichnen. Die Worte: Olim aliter sind der Composition beigefügt. Auf dem Erker ein Altan mit Stein- brüstung.

Grosse Brüdergasse Nr. 17. Erker, zweigeschossig, mit unten dorischen, xxiii. 6 (44)


Fig. 523. Wilsdruffer Strasse Nr. 14.


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Dresden (Stadt), Wohnhausbau 1620 — 1700.


oben jonischen Pilastern, breitem kräftig profilirten, unverzierten Tragsteine. An den Brüstungen Gehänge. Um 1680.

Grosse Brüdergasse Nr. 18. Sorgsam gepflegter, gut erhaltener Erker mit zwei korinthischen Geschossen. Auf dem breiten reich ausgestatteten Trag- steine, sowie auf den Ecken der unteren Brüstung und auf jenen der unteren Pilaster geflügelte Engelsköpfe. Auf der unteren Brüstungsplatte ein dickes Fruchtgehänge. Gehänge auch am oberen Theile der unteren Pilaster. Das anmuthige Werk dürfte um 1680 entstanden sein.

Grosse Brüderffasse Nr. 43. Zweigeschossiger Erker einfacher Art, unten mit dorischen, oben jonischen Pi- lastern. Auf der oberen Brüst- ung die Inschrift: Jesus, die untere ist neuerdings verändert worden.

Kleine Brüdergasse Nr. 6. Schlichter Holzerker in zwei Geschossen, mit Pilastern in wenig verstandener jonischer und korinthischer Ordnung.


g) Häuser mit gegli ederten Facaden.

Etwa um 1680 setzte die Kunst eines Architekten ein, der die Facaden zu gliedern verstand. Es war dies vielleicht Michael Plancke. Die Häuser sind noch zumeist schlicht und zeigen vorwiegend holländische Beeinflussung.

Wilsdruffer StrasseNr.35. Das Erdgeschoss ist verändert, die drei Obergeschosse sind durch schlichte Platten als Gurt- gesims getheilt. Die Fenstergewände sind unprofilirt, in den Brüstungen schlichtes Bahmenwerk. Den einzigen Schmuck bilden schlicht herabhängende Blattge- binde, die in allen drei Geschossen die Schäfte beleben. Die Wirkung ist ruhig und entbehrt nicht der Vornehmheit. Um 1680.

Wilsdruffer Strasse Nr. 19. Das dreigeschossige Haus hat drei Fen- ster Front. Die Wände sind durch gequaderte Lisenen, schlichte Platten als Gurt- gesims und unter den Fenstern gegliedert. Auf den Fensterbrüstungen Frucht- gehänge. Vor dem Mittelfenster in zwei Geschossen ein Erker mit jonischen und korinthischen Pilastern. Im Obergeschoss erhielt sich das alte Fenster- kreuz. Von demselben Meister. Um 1680.

Scheffe Istrasse Nr. 16. Schlichtes, vier Fenster breites Haus mit drei


Fig. 524. Kasernenstr. Nr. 3. Fig. 525. Wilsdruffer Strasse Nr. 15.


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Obergeschossen. An den Brüstungen mit Stuckornamenten. Nach Art jenes Niederländers wohl um 1680 erbaut. Das vierte Obergeschoss wohl neuer.

Kasernenstrasse Nr. 3 (Fig. 524). Auf zwei gequaderten toscanischen Säulen und einem breiten Tragsteine über deren Gebälk ruhen die zwei Ober- geschosse eines Erkers mit dorischen und korinthischen Pilastern. Der Tragstein ist seitlich mit Löwenköpfen verziert und enthält die Inschrift:


Fig. 526. Rampische Strasse Nr. 9. Fig. 527. Wilsdruffer Strasse Nr. 7.


geschosses ein fliegender Engel mit einem Spruchbande und der Inschrift:

Recte faciendo neminem timeas.

Das Haus mit zwei Obergeschossen und einfachen Fensterumrahmungen. Wohl kurz nach dem Brande von 1685 entstanden.

Wilsdruffer Strasse Nr. 15 (Fig. 525). Vorzüglich erhaltener, reicher, zweigeschossiger Erker. Unten jonische, oben korinthische Pilaster. Diese, wie die Brüstungen und die verkröpften Gesimse sind bedeckt mit Fratzen, Engels- köpfen, Kartuschen und Blumengehängen. Auf der Kartusche der oberen Brüst- ung ein Monogramm aus zahlreichen verschlungenen Buchstaben, anscheinend

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Dresden (Stadt), Wohnhausbau 1620 - 1700.


G D F u. S. Vielleicht mit Bezug auf den Kath- und Steuerbuchhalter Gottfried Schmidt. Wohl um 1680.

Eampische Strasse Nr. 9 (Fig. 526). Die Gesammtanlage ist ähnlich den oben bezeichneten Häusern von niederländischer Art. Statt der Gehänge treten Zweige, Akanthusranken und Muscheln in Stuck auf. Auf der oberen Brüstungsplatte des zweigeschossigen Erkers das hebräisch geschriebene Wort Jehova. Das Haus ist ausgezeichnet durch vorzügliche Erhaltung. Selbst das feine Eisengitter am Austritt über dem Erker ist alt. Wohl um 1690.

h. Erker des endenden Jahrhunderts.

Wilsdruffer Strasse Nr. 7. Das Haus besteht aus zwei Theilen: Der öst- liche gehört noch der Eenaissance an und erhielt zwei zweigeschossige Erker, unten mit dorischen, oben mit jonischen Pilastern. Auf der unteren Brüstung je ein Gehänge, auf der oberen eine Kartusche. Die Consolen unter dem einen Erker (Fig. 527) wurden bei einem Umbau 1899 leider beseitigt. Um 1690.

Seestrasse Nr. 15. Ein Eenaissancebau mit um 1690 vorgesetztem zwei- geschossigen Erker von schlichten Formen, unten jonischen, oben korinthischen Pilastern.

Wilsdruffer Strasse Nr. 42. Dreigeschossiger Erker, verziert mit schweren Fruchtgehängen und Engelsköpfen an den Pilastern. Als Schmuck der Brüstung im zweiten Geschoss ein eigenartiges Flachornament, im dritten Geschoss ein in Stein gehauener, ausgehängter Teppich. Tragstein Arbeit der Zeit um 1690. Die fünffensterige Facade ist sonst völlig ungegliedert.

Wilsdruffer Strasse Nr. 12. Drei Obergeschosse. Die fünf Fenster sind ungleich über die Facade vertheilt, so dass links drei eine Gruppe bilden. Vor dem mittleren dieser der durch zwei Geschosse gehende Erker. Die Fenster sind von ganz glatten Gewänden umgeben. An den Brüstungen sind im ersten Obergeschoss Bandornamente , im zweiten Laubgehänge, im dritten ein laufender Hund angebracht. Alles dies schlicht und grossförmig. An den Hausecken ge- quaderte Lisenen. Das Erdgeschoss ist umgebaut. Die Consolen unter dem Erker sind durch Firmenschilder versteckt.

Der Erker dürfte um 1690 entstanden sein. Die Ornamente in ihrer klassi- cistischen Form scheinen gleichzeitig, gehören möglicherweise aber auch erst der Zeit um 1790 an.

Aehnliche solche Erker aus dem endenden 17. Jahrh.: Schlossstrasse Nr. 2, 1881 stark „verschönert" — Galeriestrasse Nr. 20, schlicht, zweige- schossig — Galeriestrasse Nr. 16, desgleichen — Brühische Gasse Nr. 4, schlichter Holzerker in zwei Obergeschossen, hübsche Thüre mit in Holz ge- schnitztem, durchbrochenen Oberlicht — Grosse Brüdergasse Nr. 5. Zwei- geschossig, mit schönen Engelsköpfen an den Brüstungsecken, auf der Brüstung als Füllung ein aufgespanntes Tuch. — Grosse Brüder gasse Nr. 3. Aehnlich Nr. 5, unten jonisch, oben korinthisch. Vielfach beschädigt. — Scheffelstrasse Nr. 7. Leerer in den Formen.

Schlichte Erker von ziemlich derben Formen wurden noch um 1700 zahlreich vor die alten Häuser gebaut. Man findet solche noch : Wilsdruffer Strasse Nr. 37. Eingeschossig. — Web er gasse Nr. 12. Dreifensterhaus mit zwei-


Bauten des endenden Jahrhunderts.


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geschossigem einfachen Erker. — Wilsdruffer Strasse Nr. 24. Zweigeschossig. Schuhmach ergasse Nr. 3, zweigeschossig, vor einem Dreifensterhaus mit drei Obergeschossen — Schlossstrasse Nr. 21 — Kleine Brüdergasse Nr. 8. Zweigeschossig, ausgezeichnet dadurch, dass sich die alten Fensterkreuze erhielten. Diese sind von Eichenholz, breit und an der Vorderseite mit natura- listischen Blumen in Schnitzerei verziert. — Kleine Brüdergasse Nr. 1 — Grosse Brüdergasse Nr. 41. Zweigeschossig, der Tragstein neu.

i) Neubauten des endenden Jahrhunderts.

Es entstanden auch Neubauten, bei denen die meist schmalen Facaden ge- wöhnlich sehr einfach behandelt wurden.

Am Markt Nr. 7. Haus von sieben Fenster Front mit zwei Obergeschossen und drei Fenstern im mittleren Dachausbau, über dem sich ein Giebel hinzieht. Das seitliche Thor weist auf die Zeit um 1700. Es ist mit Blumengehängen und Schlusssteinen verziert,

Der Bau entspricht noch dem ländlichen Grundwesen der Neustadt. Ebenso

An der Augustusbrücke Nr. 3 (früher „die Zeit", jetzt „Kaiserhof"). Das Haus war ohne künstlerische Bedeutung, doch ausgezeichnet durch eine an der Ecke gegen die Brücke zu schwebend angebrachte Statue des Saturn, eines geflügelten alten Mannes, der in der Rechten die Sanduhr emporhielt, während die Linke die Sense trug. Die Uhr soll die Inschrift 1685 getragen haben, die Sense: Joh. Ephraim Kunath 1788.

Die mehrfach restaurirte überlebeusgrosse Statue galt als ein Werk des Balthasar Permoser und war von lebhafter Bewegung. Das Haus wurde 1874 abgebrochen, die Statue kam in einen Schuppen unter einem Brückenpfeiler. Vergl. Gurlitt, Dresdner Anzeiger 1877, Nr. 206. Inzwischen verschollen.

Kasernenstrasse Nr. 31. Kräftig ausgebildetes Gartenthor, dem die Thore in dem Gartenhause entsprechen. Neben dem Thore eine Thüre für Fussgänger.

Weitere Häuser aus dieser Zeit: Hauptstrasse Nr. 21, schlicht — Hein- richstrasse Nr. 3, Hausthüre mit geschnitztem Oberlicht, bezeichnet mit einem Monogramm aus J(?)H und G — An der Dreikönigskirche Nr. 5 — Rampische Strasse Nr. 27, Dreifensterhaus mit drei Obergeschossen, der Holzerker in eigenartig derber Formgebung.

Der Brand von 1685, der so wesentliche Theile der Neustadt vernichtete, brachte dort bald eine regere Bauthätigkeit nach sich. Zunächst entstanden einige Häuser, die ackerbürgerlichen Verhältnissen zu entsprechen scheinen.

Kasernenstrasse Nr. 1 (Zur Rose). Haus mit zwei Obergeschossen von bescheidener Höhe, ganz schlichter Facade. Auf dem sehlicht kräftigen Thore im Schlusssteine eine Rose, bez. 1695.

Kasernenstrasse Nr. 15. Schlichtes Haus mit stattlicher Hofanlage Auf dem Schlusssteine des Einfahrtsthores mit einem Monogramm aus J F C bezeichnet. Wohl um 1695.

Kasernenstrasse Nr. 17. Aehnlich wie Nr. 15.

An der Drei königskirche Nr. 3. Sehr beschädigtes, durch Quaderung gegliedertes Haus der Zeit um 1690.


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Hauptstrasse Nr. 22 (Taf. XXX VII). Das Haus ist von einem Künstler mit feinerer Hand und steht den Hugenottenbauten jener Zeit nahe. Hasche, der die Architektur lobt, berichtet — sicher irrthümlich — , es sei von de Bodt erbaut. Dem widerspricht schon, da de Bodt wesentlich später nach Dresden kam, die

Inschrift am Erker: Anno — Wer GOTT vertraut hat wohl gebaut — 169(3. Auch

weisen die angebrachten Kränze und Blumenwerk auf diese Zeit. Die Ruhe in der Behandlung der einfachen und vornehmen Architekturformen, die Gemessen-

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Schmuck zeichnen den Bau unter den zeitgenössischen Werken aus. Die Original- pläne befinden sich in der Sammlung weiland König Friedrich Augusts, Nr. 97344, 97320 und 97511. Ein Plan stellt den Bau um einen Erker und zwei Fenster verlängert dar.

Rähnitzgasse Nr. 7. Interessantes Haus wohl aus gleicher Zeit. Erkennbar nur noch die beiden Obergeschosse in einfach kräftigen Formen, das gequaderte Thor im Hofe. Gerühmt wird es namentlich von Iccander. Nach Hasche war das Erdgeschoss „sehr gothisch". Im Hofe eine ge- quaderte Renaissancethüre.

Im Grunde, Hinter- haus von Am Markt Nr. 2. Haus in der Art des Gebäudes von 1696 Hauptstrasse Nr. 22, doch von einfacher Gliederung durch die drei Geschosse in gequaderten oder glatten Flächen. Auf dem Schlusssteine bezeichnet mit Handels- marke H. H. und 1716. Also ein Nachzügler dieser Art,


Fig. 528. Schössergasso Nr. 16.


Das Barockhaus.

a) Die Jahrhundertwende.