Kurs:Dresdner Baudenkmäler/Goldener Reiter

Das Reiterdenkmal August's des Starken.

Vergl. J. L. Sponsel, das Beiterdenkmal Augusts des Starken und seine Modelle. Neues Archiv für Sächsische Geschichte und Alterthumskunde 1901, Bd. XXII, S. 102 flg. J. L. Sponsel, Kabinetstüeke der Meissner Porzellan- Manufaktur von J. J. Kändler, 1900. S. 85 flg.; E. Wiedemann, Dresdner An- zeiger, 4. Januar 1885. G. O. Müller, a. a. 0., S. 10.

Schon 1707 erhielt Balthasar Permoser den Auftrag, ein grosses Pferd zu schnitzen. 1715 ist dann die Bede von einem Reiterdenkraal für den König. Der Architekt Longuelune war nach Berlin zu de Bodt gesendet worden, und berichtet von dort über seine Zeichnungen nach dem gefertigten Thonmodell. Wer dies Modell gefertigt hat und in welchem Maassstabe es gehalten war, ist unklar. Sponsel vermuthet, dass eine Bronzestatuette im Kgl. grünen Gewölbe mit diesem Modell im Wesentlichen übereinstimmt. Diese Statuette war von Le Plat 1716 in Paris gekauft worden. Sponsel hält sie für eine Arbeit des Francois Coudray oder eines der grossen Pariser Meister der Zeit Coysevox und Girardon. Zum Guss wurde dann Jean Joseph Vinache 1719 von Paris herangezogen. Jedenfalls lässt das Modell eher auf französischen, als auf deutschen Ursprung schliessen. Vielleicht hat auch Guillaume Hulot, nach Schlüters Fortgang der hervorragendste Bildhauer in Berlin, mit dem Werke zu thun.

Die folgende Zeit verging mit allerhand Versuchen, die zu keinem Ergebniss führten. Vielleicht gehört die jetzt im Stallhof liegende Türkengestalt (Vergl. S. 591) zu einem dieser Versuche; sie könnte als Stütze für den Pferdebauch gedient haben.

Ernstere Schritte erfolgten seit 1727. Vinache erhielt den Auftrag für ein grosses Modell; man suchte dann einen Aufstellungsort für das Denkmal. Die grossartigen Pläne Z. Longuelunes für die Aufstellung des Denkmals auf der Elbbrücke befinden sich im Archiv des Oberhofmarschallamtes. Einer trägt die Jahreszahl 1731. Nach anderen Plänen (vergl. S. 605, Fig. 454) sollte der Beiter auf dem Dache des Blockhauses Aufstellung finden.

Am 19. April 1730 wurde ein rohes Holzmodell zu der Beiterfigur auf einem Brückenpfeiler versuchsweise aufgestellt. Aufmessungen nach dem Modell im Archiv des Oberhofmarschallamtes. Auch von Johann Joachim Kändler wird


Reiterdenkmal August's des Starken.


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1732 ausdrücklich gesagt, dass er ein Eeiterbild des Königs in Arbeit habe; ver- muthlich zur Ausführung in Porzellan. Vergleiche die Modelle in der Königl. Por- zellansammlung. Vielleicht hat diese Angabe auch Bezug auf das Modell in der Königl. Skulpturensammlung. Nach Sponsel ist aber als wahrscheinlicher anzu- sehen, dass Paul Heermann dieses Modell schuf. Es ist in Gyps, bronze- farben angestrichen und stellt den König auf einem kurbettirenden Eosse vor. Er trägt die Kriegstracht seiner Zeit, d. h. Kürass, Arm- und Schenkelschiene, Stiefel, Schärpe und Degen, und hält in der rechten Hand den Commandostab. Sein Haupt bedeckt eine mächtige Perücke, Schultern und Rücken ein glücklich drapirter Mantel.

Dieses Modell kann nicht zur Ausführung gedient haben und entspricht auch nicht den Aufnahmen Longuelunes, bei denen der König stets in antiker Tracht erscheint, Es haben sich also zwei Modelle gegenüber gestanden: das des deutschen und das des französischen Meisters. Das grosse Modell von Vinache scheint zur Ausführung bestimmt worden zu sein.

Jedenfalls hatte der Vorgang in Berlin, das Schlütersche Denkmal des grossen Kurfürsten auf der Langen Brücke, Einfluss auf den Plan. Ein Reiterdenkmal von gleicher Gestaltung findet sich schon in der Radirung P. Schenks für den Neustädter Markt vorgesehen. Auch sonst versuchte man an verschiedenen Stellen einen geeigneten Aufstellungsort zu finden.

1732 wurde dem Kupferschmied Ludwig Wiedemann aus Nördlingen der Auftrag ertheilt, die Statue in Kupfer zu treiben. Dieser hatte sich durch Erfinden einer „Luftkanone" den Titel eines Leutenants verdient und wurde nun zum Capitän ernannt. Am 18. März 1733 und 19. April 1734 besichtigte August III. das Werk in Wiedemanns Werkstätte in der Friedriebstadt. Am 29. Juni 1735 genehmigte der König den vom General de Bodt ausgewählten Platz auf dem Neustädter Markte und bestimmte, dass der Reiter mit dem Gesicht nach dem Thore gerichtet werde. Man beabsichtigte, das Postament in Stuck zu verzieren, und zwar die Langseiten mit figurenreichen Reliefs. Vergl. das Gemälde Canalettos in der Dresdner Galerie.

Am 12. August 1735 wurde der Grundstein für das Denkmal selbst gelegt und zwar auf dem Neustädter Markte. Die Entwürfe zu diesem hatte wieder Longuelune geliefert (Fig. 469). Am 26. November 1736 erfolgte die Enthül- lung des Denkmals, obgleich das Postament noch in Bossen stand, das erst 1884 nach Plänen von Constantin Lipsius vollendet wurde. Am 7. März 1864 fiel das Schwert des Reiters ab, es wurde 1884 wieder befestigt. 1900 wurde das Denkmal neu vergoldet. Wiedemann hat ähnliche Arbeiten, wie es scheint, nicht wieder ausgeführt. Er blieb als Major und Oberst bis 1748 in Dresden, ging dann nach Wien und soll 1754 gestorben sein. Er hat sichtlich das Mo- dell nicht ganz erreicht. Einige Theile, wie der Ansatz der Oberschenkel am Leibe, sind recht unverstanden behandelt, der Ausdruck des Kopfes wenig ver- feinert. Die Mühseligkeit der Technik liess viel vom Schwünge des Modells ver- loren gehen. (Taf. XXXIV).

Der König ist dargestellt in antiker Kleidung, baarhaupt. Die Linke führt den Zügel, die Rechte den Feldherrnstab, das Pferd „kurbettirt," d.h. es wird vom Reiter in einer Stellung gehalten, in der es auf den Hinterfüssen steht und


624 Dresden (Stadt), Reiterdenkmal August's des Starken.


Fig. 469. Das Reiterdenkmal August's des Starken. Aufzeichnung und Sockelentwurf von Longuelune.


Bau- u. Kunstdenkm. d. K. Sachsen, XXIII. D.esden Stadt. Beil. XXXIV.


^Dresden: ^Denkmal .König Augusts des Starken.


Brunnen am Neustädter Markt.


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den Oberkörper empor hält; der Kopf ist an den stark gebogenen Hals heran- gezogen.

Die Inschriften am Postament sind 1884 angefügt.

Zu der Umgebung des Denkmals und Ausgestaltung des ganzen Platzes ge- hören :