Kurs:E-Marketing 2/Themenseite/Open Innovation

Gruppe: Aike S., Johann W.

Einleitung

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Unter Open Innovation versteht man die Öffnung des Innovationsprozesses von Organisationen und damit die aktive strategische Nutzung der Außenwelt zur Vergrößerung des Innovationspotenzials. Dieser Vorgang kann einige Gründe haben, wie zum Beispiel steigender Innovationsdruck oder durch die Globalisierung, die einen steigenden Wettbewerbsdruck zu Folge hat. Dies und kürzere Produktlebenszyklen erhöhen die Notwendigkeit den Innovationsprozess zu optimieren.

Des Weiteren können die für Innovationen notwendigen Investitionen und Vorleistungen die Ressourcen vieler Organisationen überfordern. Dadurch ergibt sich für diese Organisationen Open Innovation als eine Möglichkeit um Innovationen voran zu bringen ohne dabei einem hohen Risiko ausgesetzt zu sein. Somit bietet Open Innovation Unternehmen die Möglichkeit Produkte und Dienstleitungen effizienter, effektiver und in kürzerer Zeit zu entwickeln und auf den Markt zu bringen.

Grundlagen

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Im Folgenden soll auf die Definitionen und Ursachen für Open Innovation eingegangen werden.

Definition

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Der Begriff beschreibt eine Strategie im Innovationsmanagement, die heute zur Leitidee vieler Unternehmen wird. Statt sich nur auf die internen Fähigkeiten der eigenen Forscher und Entwickler zu verlassen, werden externe Problemlöser in den Innovationsprozess integriert. Open Innovation sieht den Innovationsprozess als einen vielschichtigen offenen Such- und Lösungsprozess, der zwischen mehreren Akteuren über die Unternehmensgrenzen hinweg abläuft.

Dies geschieht dabei nicht in Form klassischer Forschungs- und Entwicklungskooperationen oder der Beauftragung von Ingenieurdienstleistern, sondern durch einen offenen Aufruf an ein großes, undefiniertes Netzwerk an Akteuren, an einer Entwicklungsaufgabe mitzuwirken. Mit Open Innovation bezeichnen wir so jene Aktivitäten der Interaktiven Wertschöpfung, die sich auf die Entwicklung neuer Produkte für einen größeren Abnehmerkreis oder neuer Prozesse beziehen.

Open Innovation stellt dabei neue Methoden und Ansätze zur Verfügung, um besseren Zugang zu Bedürfnis- und Lösungsinformation zu erhalten und so die Effizienz und Effektivität im Innovationsprozess zu steigern. Dabei gibt es zwei zentrale Ansatzpunkte von Open Innovation.

  • Zum einen soll durch die aktive Integration von Kunden und Nutzern in alle Phasen des Innovationsprozesses Bedürfnisinformation besser erhoben werden als durch klassische Maßnahmen der Marktforschung oder eines Trendscoutings.
  • Zum anderen soll durch die Nutzung eines großen heterogenen Netzwerks an externen Experten die Lösungssuche verbessert werden. Ziel ist, besondere Kompetenzen oder lokales Wissen der externen Partner zur Lösungsfindung zu nutzen. [1]

Ursachen für Open Innovation

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Eine Ursache für Open Innovation ist der stetig steigende Innovationsdruck der zur Folge hat, dass der Wettbewerbsdruck immer größer wird. Gleichzeitig sinkenden Forschung & Entwicklungs-Budgets und aufgrund steigenden Forschung & Entwicklungs-Kosten werden Unternehmen dazu gezwungen ihre Innovationsprozesse zu öffnen, um durch die Einbeziehung der Außenwelt gezielt ihr Innnovationspotenzial zu erhöhen.

Eine stärkere Nutzung der Außenwelt führt zu einer effektiveren Ideengenerierung, zu marktnäheren Innovationen sowie einer schnelleren Kommerzialisierung von Technologien. [2]

Im Durchschnitt kooperieren 34% aller Unternehmen in Europa (Eurostat 2001), wobei die Elektronik-, Luft- und Raumfahrt- sowie die Pharmazeutische Industrie führend sind (OECD 2002).

Durch die starke Einbeziehung und Verknüpfung von Vorschlägen und Ideen von außerhalb wird ein Produkt erstellt bzw. verbessert. Dies führt zu einer größeren Akzeptanz des Produkts am Markt, weil Kunden sich mit diesem besser identifizieren können. Somit ist der Kunde stärker an das Produkt und an das Unternehmen gebunden. Dies hat einen größeren Umsatz zur Folge hat, nicht zu Letzt wegen der größeren Bereitschaft einen höheren Betrag für das Produkt zu bezahlen.

Des Weiteren werden durch die Einbeziehung der Öffentlichkeit zeitaufwändige klassische Entwicklungsprozesse verbessert. So ist ein Unternehmen nicht mehr auf die zeitaufwändigen koordinations- und Feedbackschleifen angewiesen, was sich in einer kürzeren Time-to-Market Zeit niederschlägt. Diese Zeitersparnis kann auch als eine Kostenersparnis gesehen werden. Sie wird sogar umso höher, wenn Kunden finanziell anspruchsvollere Tätigkeiten übernehmen, wie beispielsweise den Bau eines Prototyps. Die daraus gewonnenen Ersparnisse können dann wieder in die Forschung und Entwicklung investiert werden.

Ansätze und Ausgestaltungsformen von Open Innovation

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Es existieren zahlreiche Möglichkeiten und Methoden mit denen Kunden, Lieferanten, Freiwillige, etc. in den Innovationsprozess mit eingebunden werden können. Dazu zählen die Lead-User-Methode, Innovationswettbewerbe, Toolkits, sowie Virtuelle Gemeinschaften (Communities). Dabei zielen alle Methoden auf die Kreativität und das Innovations-Potenzial der Masse ab.

Lead-User-Methode

Für das Verständnis der Lead-User-Methode ist es wichtig sich vor Augen zu führen, welche Eigenschaften einen Lead-User ausmachen. Lead-User (auch trendführender Kunde/Nutzer genannt) sind Nutzer, die Bedürfnisse an den Massenmarkt stellen, welche von diesem noch nicht erfüllt werden können. Sie versprechen sich einen besonders hohen Nutzen von einer Bedürfnisbefriedigung/Problemlösung. Somit können mit Hilfe der Lead-User zukünftige Bedürfnisinformationen eines Markts erkannt werden, was sehr hilfreich bei der Entwicklung von neuen Produkten sein kann. Lead-User sind oftmals selbst innovativ tätig und durch den hohen Nutzen, den sie sich aus der Lösung eines Problems versprechen, sind sie hoch motiviert ihre Bedürfnisse zu stillen. Lead-User gelten auch oft als Experten, da sie sich spezielle Kenntnisse und Fähigkeiten auf dem Weg zur Lösung eines Problems aneignen.

Bei der Lead-User-Methode wird gezielt versucht solche Nutzer in die Produktentwicklung mit einzubeziehen. Die Methode läuft in der Regel in folgenden vier Phasen ab:

  1. Erkennung wichtiger Markttrends
  2. Identifikation von Lead-Usern
  3. Workshop zur Entwicklung innovativer Produktkonzepte mit den Lead-Usern
  4. Übertragung der gewonnenen Ergebnisse auf einen größeren Markt


Innovations-Toolkits

Innovations-Toolkits für Open Innovation ähneln auf den ersten Blick sogenannten Produktkonfiguratoren. Sie bieten den Kunden eine Möglichkeit selbstständig neue Produktinnovationen zu entwickeln. Diese Innovationen sollen anschließend einem Massenmarkt angeboten werden. Somit dienen Innovations-Toolkits dazu den möglichen Kunden zu motivieren Produktinnovationen zu entwerfen, die genau seinen Vorstellungen entsprechen. Dadurch wird ein gewisses Maß an Entwicklungs- und Innovationsaktivitäten auf die Anwender ausgelagert.

Außerdem soll diese Methode Zugang zu implizitem Wissen der Nutzer bieten, da vielen Kunden ihre Wünsche nicht bewusst sind, oder sie diese nicht explizit formulieren können. [3] Eine effiziente Nutzung von Innovations-Toolkits bedarf der Beachtung von fünf wesentlichen Prinzipien.

  1. „Try-and-Error“-Prozess: Kunden können hierbei ihre Wünsche besser konkretisieren.
  2. Dem Nutzer muss die Möglichkeit geboten werden den Entwicklungsstand seiner Arbeit jederzeit einsehen zu können und diesen gegebenenfalls weiterzuentwickeln.
  3. Ein großer Lösungsraum muss zur Verfügung gestellt werden, damit der Nutzer bei der Entwicklung seiner Idee nicht eingeschränkt wird.
  4. Das Toolkit muss ein hohes Maß an Benutzerfreundlichkeit aufweisen, damit der Nutzer die volle Bandbreite der Funktionen nutzen kann um seine Idee zu verwirklichen.
  5. Es muss eine fehlerfreie Übertragung der Entwicklung des Nutzers in die Produktion möglich sein und darf vom Hersteller nicht verändert oder angepasst werden. [4]


Innovationswettbewerbe

Bei dieser Methode handelt es sich, wie der Name schon sagt, um einen Wettbewerb. Hierbei wird ein Wettbewerb zu einem bestimmten Thema veranstaltet und die Gewinner mit einem Preis belohnt. Im Gegensatz zu anderen Methode herrscht bei dieser noch ein hoher Wettbewerbsdruck, der die Nutzer noch zusätzlich motiviert. Ergebnisse eines Innovationswettbewerbs können innovative Ideen, Verbesserungsvorschläge oder die Lösung einer gestellten Aufgabe sein.


Communities

In einer Community (virtuelle Gemeinschaft) kommunizieren und/oder interagieren mehrere Nutzer miteinander. Dies geschieht in der Regel über das Internet. Hierunter fallen zwei wesentliche Methoden. Bei beiden wird auf eine Community zurückgegriffen und auf das Wissen dieser abgezielt. Dazu gehören die Netnography und das Crowdsourcing. Unter Netnographie versteht man die Nutzung der Innovationskraft von Online-Communities. Crowdsourcing beschreibt hingegen die Einbeziehung einer Gruppe von freiwilligen Mitgliedern, die auf einer gegebenen Plattform an vorgegebenen Aufgabenstellungen arbeiten und dadurch interaktiv Wert schöpfen. [5]


Netnographie

Netnographie ist eine Methode, um die Innovationskraft von Online-Communities zu nutzen. Dabei wird die Nutzung des Internet in den Vordergrund gestellt, was auch am Namen ersichtlich ist (Fusion aus „Ethnographie“ und „Internet“).

Generell basiert Netnographie auf den Grundzügen der Ethnographie, also auf der Beobachtung des Verhaltens von Gruppen und einzelnen Mitgliedern. Daraus ergibt sich, dass Netnographie eine beobachtende Forschungsmethode darstellt. Dank des Internets kann eine Diskussion einer Gruppe beobachtet werden, ohne der Gruppe beitreten zu müssen, was eine nichtteilnehmende Beobachtung ermöglicht. Daraus können dann unbeeinflusste und unverfälschte Ergebnisse gewonnen werden.

Durch die Anonymität der Mitglieder in Foren und Gruppen können wahrheitsgemäße und unverfälschte Aussagen zu intimen, kontroversen und tabuisierten Themen nahezu garantiert werden. Daraus können Einblicke zu geheimen Wünschen und tatsächlichen Meinungen der Benutzer gewonnen werden.


Crowdsourcing

Crowdsourcing (auch „Schwarmauslagerung“ genannt) bezeichnet die Auslagerung von Unternehmensaufgaben und –strukturen auf die Arbeitskraft und Intelligenz der Masse. Unter Masse versteht man hierbei eine Ansammlung von Freizeitarbeitern (Experten und Dienstleiter) im Internet. Diese Masse kann auf unterschiedlichste Weisen eingebunden werden. So kann sie zum Beispiel Inhalte generieren, diverse Aufgaben und Probleme lösen oder an Forschungs- und Entwicklungsarbeiten beteiligt sein. Crowdsourcing ist eine Art offener Aufruf auf einer Plattform, der zur Mitarbeit anregen soll.

Daraus ist erkennbar, dass Crowdsourcing ein Prinzip der Arbeitsteilung darstellt.

"Crowdsourcing ist die Strategie des Auslagerns einer üblicherweise von Erwerbstätigen entgeltlich erbrachten Leistung durch eine Organisation oder Privatperson mittels eines offenen Aufrufes an eine Masse von unbekannten Akteuren, bei dem der Crowdsourcer und/oder die Crowdsourcees frei verwertbare und direkte wirtschaftliche Vorteile erlangen." [6]

Das Internet stellt eine wichtige Voraussetzung für das Crowdsourcing dar und ermöglicht somit für eine Gruppe von Personen, die geographisch verteilt sind, das interaktive Arbeiten an einem gemeinsamen Projekt. Eine besondere Form des Crowdsourcing ist das Crowdfunding. Dabei zielt ein Unternehmen nicht auf die Ideen oder die Arbeitskraft der Masse ab, sondern versucht diese als Kapitalgeber zu gewinnen.

Das wohl bekannteste Beispiel für Crowdsourcing ist die Plattform Wikipedia. Hierbei versucht eine Masse von Freiwilligen das Wissen der Welt in einer Enzyklopädie zusammenzutragen und allen frei zugänglich zu machen.

Generell existieren zahlreiche Einsatzgebiete für Crowdsourcing. So können beispielsweise Marken, Logos und Verpackungen designt werden, aber auch einfache Abgaben von Bewertungen sind ebenfalls möglich.

Open Innovation in der Praxis

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Es gibt mehrere nennenswerte Motive für Unternehmen um Open Innovation zu implementieren. Darunter fallen:

  • Rekrutierung neuer Wissensträger
  • Identifikation zukünftiger Trends
  • Erschließung neuer Märkte und Marktsegmente sowie Stärkung der eigenen Marktposition

Das Risiko hohe Misserfolgsquoten innovativer Produkte führte in den 90er Jahren zu vermehrter Gründung von strategischen Allianzen. Solche Allianzen ermöglichen es Kosten und Risiken um bis zu 90% zu senken und die Innovationszyklen zu verkürzen. [7]

2006 veranstaltete IBM den „Innovation Jam“ an dem 150.000 Menschen teilnahmen und bei dem in 72 Stunden mehr als 46.000 neue Ideen entwickelt wurden. Aufgrund dieser Ergebnisse entschied sich IBM 100 Millionen US-Dollar in die Ausarbeitung und Implementierung der zehn besten Ideen zu investieren.

Auch bei Henkel setzt man stark auf die Integration von externem Wissen. Neben einem Netzwerk von 500.000 externen Erfindern wird zusätzlich die Kundenintegration stark gepflegt. So behauptet das Unternehmen, dass die meisten seiner Innovationen von den Kunden kommen und daher pro Jahr mindestens 500 Kundenbesuche durchgeführt werden.

Auf der anderen Seite gibt es auch Unternehmen, die nicht im direkten Kontakt mit den Endverbrauchern stehen und trotzdem in ihrer frühen Phase der Wertschöpfungskette bemüht sind externes Wissen zu nutzen. Bayer Material Science veranstaltet regelmäßige Netzwerktreffen mit Unternehmen aus anderen Industrien um gemeinsame Zukunftsszenarien zu entwickeln und um Herausforderungen in der Zukunft besser abschätzen zu können. [8]

Kernprozesse

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Man kann Open Innovation in drei Kernprozesse zerlegen. Diese unterteilen sich in den Outside-In-Prozess, den Inside-Out-Prozess und den Coupled-Prozess.

Beim Outside-In-Prozess wird externes Wissen in den Innovationsprozess integriert. Dieses Wissen wird von Zulieferern, Kunden oder Unternehmen bereitgestellt und dient dazu die Qualität und die Geschwindigkeit des Innovationsprozesses zu erhöhen. Vor allem Unternehmen in weniger technologieintensiven Industrien setzen vermehrt auf den Outside-In-Prozess, weil sie sich unter anderem Nebenergebnisse von technologieintensiven Industrien erwarten. Während der Outside-In-Prozess in der Vergangenheit vorwiegend bei Klein- und mittelständischen Unternehmen zu finden war, rückt die Unternehmensgröße heute immer mehr in den Hintergrund und selbst Großunternehmen integrieren diese Prozesse. Unternehmen in wissensintensiven Industrien spezialisieren sich typischerweise auch auf den Outside-In-Prozess, da der Bedarf an Wissen nicht allein durch interne Anstrengungen gedeckt werden kann. Beispielsweise hat sich Henkel, um einen externen Zugang zu Anregungen und innovativen Ideen zu erhalten, der webbasierten Plattform „InnoCentive“ angeschlossen. Diese Plattform verbindet Experten großer Unternehmen aus aller Welt. Als Service bietet die Plattform ein Online-Forum an, in dem Großunternehmen durch finanzielle Anreize wissenschaftliche Innovationen fördern und belohnen können. Dabei werden Belohnungen bis zu 200.000 Dollar geboten, die das Unternehmen erhält, welches das Problem lösen kann. Finanziert wird das Forum durch geringe Gebühren, die das Unternehmen, welches auf der Suche nach dem Wissen ist, für das Einstellen der Aufgabe an die Plattform zu entrichten hat. [9] Unter den Partnern dieser Plattform befinden sich bekannte Namen wie NASA oder SAP.

Der Inside-Out-Prozess zeichnet sich durch die Externalisierung von internem Wissen aus. Dadurch können Ideen durch Lizensierung schneller auf den Markt gebracht werden und Technologien besser multipliziert werden, als das durch eine interne Ausbeutung möglich wäre. Der Inside-Out-Prozess stützt die Annahme, dass Erfindungen und Innovationen nicht notwendigerweise dort stattfinden müssen, wo sie genutzt und in neue Produkte umgesetzt werden. Ein weiteres Merkmal des Inside-Out-Prozess als Innovationsstrategie sind Spillovers, positive Nebeneffekte von Innovationen, die auch in anderen Industrien erfolgreich vermarktet werden können. Beispielsweise wurde Teflon ursprünglich für Weltallmissionen entwickelt, heute allerdings dient es zur Beschichtung von Küchenutensilien. Ein weiteres Beispiel ist TCP/IP, das ursprünglich für militärische Zwecke entwickelt wurde und auf dem heute das Internet basiert. Diese branchenübergreifenden Innovationen entstehen, wenn Unternehmen solche Technologien lizensieren die in anderen Industrien eine Neuheit darstellen. Hinzu kommt, dass branchenübergreifende Innovationen auch in finanzieller Hinsicht eine hohe Bedeutung haben. [10] Allerdings wird beim Vergleich der Unternehmensgrößen deutlich, dass nur große multinationale Konzerne aktive Auslizensierungsstrategien besitzen, mit denen sie substanzielle Ressourcen ansammeln können. Die Vorteile für diese Strategie sind zahlreich. Neben der Gewinnung von Zugängen zu neuen und ergänzenden Wissensbereichen, der Verwaltung von Kapazitätsengpässen, der Konzentration von Kernkompetenzen, der Geschwindigkeitszunahme, spielt auch die Kostenverteilung eine große Rolle. Firmen die den Inside-Out-Prozess als Schlüsselprozess ansehen, sind primär grundlagenforschungsorientierte Unternehmen wie zum Beispiel IBM, die ihre Forschung für das eigene Geschäft unternehmen. Diese Unternehmen haben zum Ziel, ihre Forschungs- und Entwicklungskosten zu senken und ihre Entwicklungsrisiken zu streuen. [11]

Der dritte Prozess, der Coupled-Prozess verbindet die beiden vorher genannten Prozesse und stellt eine Mischform dieser dar. Bei der Kopplung der Integration und Externalisierung von Wissen zum Zweck der gemeinsamen Entwicklung in Allianzen, Joint Ventures oder Innovationsnetzwerken wird eine Balance zwischen Geben und Nehmen angestrebt, die den Kooperationserfolg bedingt. Der Coupled-Prozess ist in allen Firmengrößen gängig. Untersuchungen haben gezeigt das Firmen bei 35% ihrer Forschungs- und Entwicklungs-Projekte externe Partner einbinden. Allerdings unterscheidet sich die Anzahl stark unter den verschiedenen Clockspeed-Kategorien (Industriegeschwindigkeiten). Im Bereich der Industrien mit schnellen Innovationszyklen liegt die Zahl deutlich höher, bei ca. 50%, im Vergleich mit langsamen Clockspeed-Kategorien. Hier liegt die Rate nur bei 20%. Auffällig ist außerdem, dass die Unternehmen ihre Partner meist auf nicht konkurrierenden Märkten suchen oder auf Technologieführer zurückgreifen. Die meisten Unternehmen arbeiten nicht mit Regierungen oder kommerziellen Forschungsinstituten zusammen sondern greifen lieber auf Universitäten mit Weltruf zurück. Nicht jedes Unternehmen integriert alle Innovationspartner, sondern konzentriert sich auf diejenigen, die leicht zu erreichen sind oder über spezifisches, benötigtes Wissen und Fähigkeiten verfügen. [12]

Implementierung

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Um die Produktentwicklung effizienter und effektiver zu gestalten empfiehlt es sich zu Anfang Lieferanten-Innovationstage zu veranstalten. Hier können die Lieferanten Verbesserungen zu Produkten und Prozessen liefern oder neue Produkte betrachten. Weiterhin ist zu empfehlen, dass Kunden früh aktiv in die Innovationsphasen einbezogen werden. Durch kundenspezifische Innovationen erhöht sich so die Objektivität und die Akzeptanz der Kunden wird verbessert. Als weiterer Schritt sollten Innovationsnetzwerke gegründet werden, wie es zum Beispiel Bayer Materials macht. Aber auch externe, schon vorhandene Innovationsplattformen können genutzt werden um die breite Masse zu erreichen. Durch die Zerlegung von Problemen können Lösungen für diese gefunden werden, welche dann später erfolgreich realisiert werden können. Ein weiterer Schritt zur erfolgreichen Implementierung von Open Innovation sind Knowlege-Broker wie zum Beispiel High-Tech-Institute (Fraunhofer oder CSEM) zu nutzen. Weiterhin sollten Vorgaben bezüglich der externen Impulse gemacht werden. Darunter fallen zum Beispiel Vorgaben die bestimmen wie viel Prozent aller Innovationen von externen Partnern stammen müssen. Ein weiterer wichtiger Punkt ist, dass Diversität und gesteuerte Fluktuation gefördert werden sollte. Neue Mitarbeiter können für ein Unternehmen besonders wertvoll sein, da sie noch nicht betriebsblind sind und so externe Impulse einbringen können. Als letzter Punkt sollte beachtet werden, dass das Top-Management die Open-Innovation-Philosophie vorleben sollte.

Trotz dieser Empfehlungen ist es besonders wichtig die Unternehmensstrategie und die einzelnen Geschäfte genau zu betrachten, denn nur wer dem Kunden Werte schafft und diese auch erhalten kann, wird innoviert kommerziell erfolgreich sein. Andernfalls hat man zwar eine große User Community (wie beispielsweise bei Open-Source-Projekten) kann aber aus den Erkenntnissen kein Profit für das eigene Unternehmen schlagen. Daher müssen Innovationsprozesse im Hinblick auf die Öffnung des Unternehmens sorgfältig analysiert werden. [13]

Erfolgsfaktoren

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Am Beispiel IBM wird deutlich, welche Erfolgsfaktoren die Öffnung des Innovationsprozesses mit sich bringt. IBM gehört mit zu den erfolgreichsten Unternehmen auf dem schnell wachsenden IT-Markt, doch trotzdem musste sich IBM gegen starke Konkurrenten aus dem Hardware-Sektor (Cisco und HP) und dem Software-Sektor (Microsoft, Oracle und SAP) in diesem hart umkämpften und dynamischen IT-Markt wehren. Um dieser Herausforderung des Marktes gerecht zu werden öffnete IBM seinen Innovationsprozess. Im Rahmen dieser Öffnung werden jährlich rund 350 Kundenworkshops durchgeführt und dort bis zu 100 gemeinsame Forschungsprojekte, Produktangebote, integrierte Lösungen und neu entwickelte Technologien vorgestellt. Außerdem werden Wissenschaftler, Lieferanten, Kunden und potenzielle Partner eingeladen um externen Input zu den Forschungsaktivitäten des Unternehmens zu geben. Auch das aktive Patentmanagement spielt neben diesen externen Inputgebern und Entwicklungspartnern eine wichtige Rolle für IBM. Mit seinen 40.000 Patenten ist IBM weltweit führend. Da nicht alle neuen Technologien genutzt werden können, werden Technologien die nicht unternehmenskritisch sind lizensiert um Ideen schneller auf den Markt bringen zu können. Dadurch erwirtschaftet das Unternehmen 1,5 Milliarden Euro Umsatz und verbreitet nebenbei auch noch IBM-Standards. Einen weiteren wesentlichen Eckpfeiler für den Innovationserfolg von IBM bilden gemeinsame Entwicklungsprojekte. So arbeitet das Unternehmen mit 80 Universitäten, 30 Industriepartnern und in mehr als 20 öffentlichen geförderten Forschungsprojekten zusammen. Durch diese Öffnung des Innovationsprozesses ist IBM in der Lage flexibler auf Marktforderungen zu reagieren.

Diese Kombination von Ansätzen hat IBM über die letzten Jahre erfolgreich gemacht und führte dazu, dass andere Unternehmen diese Schritte zu imitieren versuchen, da deutlich wurde, dass durch eine flexible Innovationsstrategie neue Herausforderungen des Marktes gemeistert werden können.

IBM hat den Ort der Innovation (Ideen und Transformation in eine Technologie) vom Ort der Wissensentwicklung (Erfindung) und vom Ort der Kommerzialisierung (Produktentwicklung oder Vermarktung) getrennt. Somit hat IBM alle drei Kernprozesse von Open Innovation (Outside-In-Prozess, Inside-Out-Prozess und Coupled-Prozess) implementiert. [14]

Chancen und Risiken

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Open Innovation kann viele Vorteile für Unternehmen bieten. Durch das Auslagern von Ideen zu anderen Bereichen können neue Märkte erschlossen werden und durch das Offenlegen von Ideen können diese auf unterschiedliche Wege auf den Markt eingeführt werden. Hierdurch verringern sich der Ressourcenbedarf und die Kosten. Vor allem wird der Time-to-Market Prozess verkürzt. Darunter versteht man die Zeitdauer die ein Produkt von der Entwicklung bis zur Markteinführung durchläuft. In dieser Zeit entstehen für das Produkt zwar Kosten aber es kann kein Umsatz mit diesem erwirtschaftet werden. Ein weiterer positiver Effekt von Open Innovation kann die Minimierung von technologischen und wirtschaftlichen Risiken einer Innovation sein. Durch Partnerschaften mit anderen Unternehmen kann der Zugang zu neuen Technologien gesichert werden, wodurch auch die Forschung und Entwicklung effizienter gestaltet werden kann. Des Weiteren können die Innovationszyklen verkürzt werden, da man ein größeres Maß an externen Ideen und Kreativität zur Verfügung hat auf das man zurückgreifen kann. Aufgrund der Einbeziehung des Wissens von Kunden/Nutzern steigt außerdem auch die Akzeptanz dieser gegenüber dem Produkt. Zusätzlich können zukünftige Markttrends frühzeitig erkannt werden und es kann auf diese entsprechend reagiert werden.

Auf der anderen Seite gibt es allerdings auch einige Nachteile die Open Innovation mit sich bringt. Vor allem die Koordination des Aufbaus und dessen Erhalt werden Erschwert und verhindern möglicherweise den eigenen Vorsprung eines Unternehmens in besonders wettbewerbsrelevanten Technologiesektoren. Auch die erhöhte Abhängigkeit zu anderen Unternehmen kann sich als problematisch darstellen, da es zu Geheimhaltungsproblemen kommen kann. Vereinzelnd kann es auch zu Erhöhung der Kosten und der Zeitdauer eines Projekts infolge von Abstimmungserfordernissen (Verhandlungs- und Transaktionskosten) kommen. So können beispielsweise in die Produktentwicklung einbezogene Lead-User vom Projekt abspringen, was zu unerwarteten Schwierigkeiten führen würde.

Über die letzten Jahre hat Open Innovation sowohl in der Theorie als auch in der Praxis immens an Bedeutung gewonnen. Als Hauptgründe sind hierfür die verkürzten Innovationszyklen, steigende industrielle Forschungs- und Entwicklungskosten und anhaltende Verknappung der Ressourcen aufzuführen. Außerdem ist der signifikante Bedeutungszuwachs mit der Feststellung zu erklären, dass es für Unternehmen sinnvoll ist, neue Wege außerhalb des gegenwärtigen Marktes zu suchen, um eigene Ideen auf den Markt zu bringen. Hinzu kommt auch die Erkenntnis, dass die Quelle, wo Wissen kreiert wird, nicht zwingend der Innovationsquelle entsprechen muss, beziehungsweise müssen beide auch nicht notwendigerweise innerhalb des Unternehmens entspringen. [15]

Open Innovation kann somit eine Antwort auf den immer weiter stetig steigenden Wettbewerbsdruck der aus dem Innovationsdruck resultiert sein. Durch die erfolgreiche Implementierung und Umsetzung von Open Innovation können sich Unternehmen weiterhin erfolgreich auf dem Markt behaupten unter anderem weil neue Markttrends frühzeitig erkannt werden können und auf diese entsprechend reagiert werden kann. Dies ist besonders gut am Beispiel des Unternehmens IBM, dass alle drei Kernprozesse von Open Innovation erfolgreich integriert hat, erkennbar.

Allerdings hat jedes Unternehmen eine andere Struktur und muss somit selbst entscheiden ob es den Versuch wagen möchte diesen neuen Prozess auszuprobieren und als Erfahrung für die Zukunft zu nutzen. Letztendlich darf man diesen Prozess nicht als Unternehmensbereicherung auf die Kosten des armen Mannes sehen, sondern als eine gegenseitige Zusammenarbeit zwischen einem Unternehmen und seinen Kunden, von der beide Seiten profitieren. [16]


Referenzen

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  1. Vgl. Was ist Open Innovation?
  2. Vgl. Neue Ideenquellen erschließen - Die Chancen von Open Innovation, S. 6
  3. Vgl. Piller (2003a)
  4. Vgl. Interaktive Wertschöpfung – Open Innovation, Individualisierung und neue Formen der Arbeitsteilung, S. 198
  5. Vgl. Michael Bartl: Open Innovation. Der offene Umgang mit Wissen verändert das Innovationsmanagement, Open Journal of Knowledge Management, 29. März 2010
  6. Vgl. Wie Surfen zu Arbeit wird. Crowdsourcing im Web 2.0, S. 69
  7. Vgl. Die Öffnung des Innovationsprozesses erhöht das Innovationspotenzial, S. 132
  8. Vgl. Neue Ideenquellen erschließen - Die Chancen von Open Innovation, S. 7
  9. Vgl. Die Öffnung des Innovationsprozesses erhöht das Innovationspotenzial, S. 135
  10. Vgl. Die Öffnung des Innovationsprozesses erhöht das Innovationspotenzial, S. 136
  11. Vgl. Neue Ideenquellen erschließen - Die Chancen von Open Innovation, S. 9
  12. Vgl. Neue Ideenquellen erschließen - Die Chancen von Open Innovation, S. 10
  13. Vgl. Neue Ideenquellen erschließen - Die Chancen von Open Innovation, S. 10-11
  14. Vgl. Die Öffnung des Innovationsprozesses erhöht das Innovationspotenzial, S. 133
  15. Vgl. Die Öffnung des Innovationsprozesses erhöht das Innovationspotenzial, S. 137
  16. Vgl. Open Innovation - Eine Ausarbeitung von Natalja und Darja Kalisch

Literaturverzeichnis

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  • Gassmann, Oliver , Enkel, Ellen (2009): Neue Ideenquellen erschließen – Die Chancen von Open Innovation, in Marketing Review St. Gallen, Nr. 2, S. 6-11
  • Gassmann, Oliver , Enkel, Ellen (2006): Open Innovation: Die Öffnung des Innovationsprozesses erhöht das Innovationspotenzial, in Zeitschrift Führung und Organisation, Nr. 3, S. 132-138
  • Reichwald, Ralf , Piller, Frank (2009): Interaktive Wertschöpfung – Open Innovation, Individualisierung und neue Formen der Arbeitsteilung, 2. Auflage
  • Papsdorf, Christian (2009): Wie Surfen zu Arbeit wird. Crowdsourcing im Web 2.0, 1. Auflage

Key Questions

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  1. Was sind die 3 Kernprozesse von Open Innovation?
    • Outside-In-Prozess
    • Inside-Out-Prozess
    • Coupled-Prozess

  2. Beschreiben Sie kurz die 4 Phasen der Lead-User-Methode.
    • Erkennung wichtiger Markttrends
    • Identifikation von Lead-Usern
    • Workshops zur Entwicklung innovativer Produktkonzepte
    • Projektion der Produktergebnisse auf einen größeren Markt

  3. Welche Ursachen gibt es für Open Innovation?
    • Steigender Wettbewerbsdruck durch Innovationsdruck
    • Steigende Forschung- und Entwicklungskosten
    • Notwendigkeit zur Verkürzung der Innovationszyklen
    • Verkürzung des Time-to-Market Prozesses
  • Aike S
  • Johann W