Kurs:Einführung in Produktionsmanagement/Operative Planung/Nachfrageprognose

Die Nachfrageprognose ist ein wichtiger Bestandteil der betrieblichen Abläufe. Sie hilft dabei unter anderem folgende Fragen zu beantworten:

  • Sollen neue Kapazitäten aufgebaut oder eventuell alte abgebaut werden?
  • Zu welcher Zeit sollten Betriebsferien stattfinden?
  • Wann wird die Nachfrage nach einem Gut so gering sein, dass weitere Produktion nicht lohnt (im PC-Bereich oft anzutreffen)?
  • Wie gehe ich mit sporadischer Nachfrage um?

Einleitend sollte grundsätzlich klargestellt werden, dass Nachfrageprognosen nie eine Garantie für eine tatsächlich eintretende Nachfrage sein können. Selbst bei relativ präzisen Modellen können unvorhergesehene Ereignisse in der Politik, ein aggressives Marketing eines Konkurrenten oder ein plötzlicher Imageverlust des eigenen Unternehmens nicht vorhergesagt werden. Grundsätzlich unterscheiden wir zwischen qualitativen und quantitativen Verfahren. Während qualitative Verfahren lediglich die Richtung bestimmen (Nachfrage steigt, fällt oder bleibt nahezu unverändert), versuchen quantitative Verfahren, wie der Name schon sagt, die Verläufe zu quantifizieren. Wir werden uns hier ausschließlich auf Zeitreihen- und Regressionsmodelle beschränken, Ökonometrie und Marketing werden außen vor gelassen. Eine erschöpfende Behandlung der Nachfrageprognose würde den Rahmen dieses Kurses sprengen, aus diesem Grund werden lediglich folgende Prognosemodelle behandelt:

  • für stationäre Nachfrage
    • gleitender Durchschnitt
    • Exponentielle Glättung 1. Ordnung
  • für trendförmigen, aber linearen Verlauf
    • Exponentielle Glättung 1. Ordnung mit Trendkorrektur
    • lineare Regression

Somit werden Modelle, die saisonale Schwankungen implizieren (hier wäre beispielsweise an den Speiseeis oder Brettspiele zu denken), in diesem Kurs ebenso vernachlässigt, wie Nachfragemodelle die sich mit auslaufenden Produkten beschäftigen. Eine Vertiefung der Nachfrageprognose ist im Kurs Nachfrageprognose geplant.

Nomenklatur für die Nachfrageprognose

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  aktuelle Periode
  Prognosehorizont
  Anzahl der vergangenen Perioden, die für die Prognose verwendet werden
  tatsächliche Nachfrage in Periode t
  Nachfrage in Periode t-1
  Schätzwert für konstanten Zeitreihenanteil für Periode t
  Schätzwert für Zeitreihenteil, welcher den Trend beschreibt
  Glättungsparameter
  Prognose für Periode  

Eine genauere Erläuterung dieser Variablen folgt in dem Abschnitt, in dem sie jeweils erstmals verwendet werden.

Nachfrageprognosen bei stationärem Verlauf

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Diese Prognosen eignen sich für Güter, bei denen nicht zu erwarten ist, dass sich deren Nachfrage im Zeitverlauf überhaupt ändert. Ein Beispiel hierfür wäre Spülmittel, welches wohl weder trendförmigen noch saisonalen Nachfrageänderungen unterliegt. Folgendes Beispiel wird für beide Prognosearten konstruiert: Wir befinden uns am Ende des Monats Juni. Die Absatzdaten der vergangenen 6 Monate seien die folgenden:

Monat Januar Februar März April Mai Juni Juli August September Oktober November Dezember
  1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12
  100 94 92 97 102 103 101 100 107 109 101 98

Mittels der jeweiligen Prognosemethode soll nun in den Monaten ab Juli eine Prognose für den jeweils kommenden Monat druchgeführt werden. Für die Prognose für Juli liegen dementsprechend nur die Daten bis Juni vor, für die August-Prognose ist dann die Juli-Nachfrage von 101 bekannt, für die September-Prognose die Nachfrage von Juli und August usw. Zu den Nachfragedaten sei noch gesagt, dass es zweimal zu Ausreißern kommt: im Februar/März nach unten, und im September/Oktober nach oben.

Nachfrageprognose mittels gleitendem Druchschnitt

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Dieses ist das wohl simpelste Nachfragemodell: Man berechnet einfach den Durchschnitt der Nachfrage der vergangenen Perioden und nimmt diesen als Prognosewert.

 


 

Mit den Daten des Beispiels soll nun einmal eine Prognose unter Berücksichtigung der letzen 6 Monate (also  ) und einmal unter Berücksichtigung der letzten 3 Monate (also  ) durchgeführt werden. Beispielhaft sei hier die 6-Monatsprognose für Juli durchgeführt:

 


 

Somit wird auf diese Art eine Nachfrage von 98 prognostiziert.

In der folgenden Tabelle sind nun die Ergebnisse sowie die Abweichungen vom tatsächlichen Ergebnis zusammengefasst:

Monat Juli August September Oktober November Dezember
  7 8 9 10 11 12
  101 100 107 109 101 98
    98 98,17 99,17 101,67 103,67 103,5
Abweichung 3 1,83 7,83 7,33 2,67 5,5
    100,67 102 101,33 102,67 105,33 105,67
Abweichung 0,33 2 5,67 6,33 4,33 7,67

Auch wenn diese Methode leicht und verständlich ist und nur die Speicherung der letzten   Nachfragewerte erfordert, so offenbart das obige Beispiel bereits die Nachteile:

  1. Ältere Nachfragewerte werden ebenso stark berücksichtigt wie neuere Nachfragewerte. Dies führt für den Juli zu erheblichen Prognosefehlern bei der 6-Monate-Prognose
  2. Zu kurze Rückverfolgungen der Vergangenheitswerte führen zum einen zu stärkeren Schwankungen insgesamt, weiterhin aber auch zu einer starken Beeinflussbarkeit durch Ausreißer, kurz nach deren auftreten

Aufgrund dieser Mängel soll deshalb nun eine zweite Möglichkeit für stationäre Nachfrageprognose vorgestellt werden:

Nachfrageprognose mit exponentieller Glättung erster Ordnung

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Die Idee der Nachfrageprognose mit exponentieller Glättung erster Ordnung ist, dass bisherige Prognosen fortgeschrieben werden, zu einem gewissen Anteil aber der aktuelle Nachfragewert miteinfließt. Dieser Anteil wird durch den Wert von   bestimmt. Konkret wird der konstante Zeitreihenanteil also folgendermaßen fortgeschrieben:

 

und für den Prognosewert wieder gilt:

 

Warum sowohl hier als auch bei der vorherigen Prognose immer mit   gearbeitet wurde und nicht gleich mit   wird sich bei den weiteren Methoden erschließen, zunächst möge dies erst einmal hingenommen werden.

Da dieses Verfahren jedoch iterativ ist, muss noch ein Startwert   bzw. für das obige Beispiel   (da wir ja im Juli erstmals eine Prognose wagen wollen) bestimmt werden. Hierfür können unterschiedliche Verfahren herangezogen werden, für dieses Beispiel soll einfach die tatsächliche Nachfrage des Monats Mai unser Startwert sein, also  . Denkbar wäre auch der Durchschnitt aller bisher bekannten Nachfragewerte - die Beeinflussung der Prognose durch den Startwert wird nach wenigen Schritten schon sehr gering.

Die Höhe von   beeinflusst dementsprechend ganz wesentlich das Ergebnis, dies wird das Ausrechnen des obigen Beispiels mit   und  . Beispielhaft sei hier wieder der erste Wert ausgerechnet:

 


 

Die Prognose für den Monate Juli beträgt also 102,1. Mit dem hier ausgerechneten Wert von   (102,1) und der tatsächlichen Nachfrage im Monat Juli (101) wird dementsprechend Ende Juli folgende Prognose für den August vorgenommen:

 


 

Die Prognose für August beträgt also 101,99.

In folgender Tabelle seien wieder alle Prognosen zusammengefasst:

Monat Juli August September Oktober November Dezember
  7 8 9 10 11 12
  101 100 107 109 101 98
    102,1 101,99 101,79 102,31 102,98 102,78
Abweichung 1,1 1,99 5,21 6,69 1,98 4,78
    102,3 101,91 101,34 103,04 104,83 103,68
Abweichung 1,3 1,91 5,66 5,96 3,83 5,68

Hier ist nun zu erkennen, dass die Schwankung des Prognosewertes mit Zunahme von   ebenso zunimmt.

Grafiken, die dies besser erkennen lassen finden sich im Wikibook Materialwirtschaft.

Status und Pläne zur Entwicklung dieses Kapitels

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  • Kapitel ist zu etwa 50% (inhaltlich) und 25% (vom Arbeitsaufwand her) fertiggestellt
  • Einbau der Trendprognosen
  • Erstellung von Grafiken zur Verdeutlichung
  • u.U. Überarbeitung des stationären Verlaufs
  • Verlinkung einer ods-Datei zum Erstellen eigener Prognosen