Sei nun die Matrix in (2.11) konstant, Das Prinzip der Superposition und die daraus folgende Formel (2.17) ist in diesem Spezialfall gültig und liefert die Lösung des inhomogenes Problems (2.11). Die der homogenen Gleichung zugehörige Fundamentalmatrix besteht aus unabhängigen vektorwertigen Funktionen die den Lösungen von
entsprechen. Jede andere Lösung dieser homogenen Differentiagleichung lässt sich als Kombination dieser Lösungen darstellen. Die Konstanten werden später durch die Anfangsbedingung bestimmt, denn es muss gelten
Die Lösung von (2.18) bestimmen wir mithilfe von Eigewerten (EW) und Eigenvektoren (EV) der Matrix . Für die Eigenwerte und Eigenvektoren von gilt: wobei oder der -te Eigenwert und oder der zugehörige Eigenvektor ist, . Nach dem Umformulieren der obigen Gleichung erhalten wir woraus folgt, dass die Matrix singulär ist. Das ist äquivalent zu . Die Determinante ist ein Polynom -ten Grades in , das sogenannte charakteristischen Polynom . Also sind die Eigenwerte Nullstellen von . Im Folgenden betrachten wir zunächst den Fall der einfachen Nullstellen von ,
Wir suchen nun nach der Lösung von (2.18). Besteht der Lösungsvektor aus dem (konstanten) Eigenvektor Anteil und dem skalaren Anteil , dann entsteht auf der rechten Seite von (2.18) , und der nicht-konstante, abhängige, skalare Anteil von muss den Ausdruck enthalten. So kommen wir zu einer Lösung (überzeugen Sie sich davon dass .)
Schließlich definieren wir die Fundamentalmatrix für die homogene Dgl (2.18) im Fall einfacher Eigenwerte.
Defintion 2.4 (Fundamentalmatrix für die homogene Dgl (2.18) im Fall einfacher Eigenwerte
Seien die Eigenwerte der Matrix einfach, Die Fundamentalmatrix der homogenen Differentialgleichung (2.18) hat dann folgende Form
wobei die die (einfachen) Eigenwerte und die zugehörigen Eigenvektoren von sind.
Nun können wir die eindeutige Lösung des Anfangswertproblems bestimmen. Sei die Lösung von (2.18) mit . Dann ist , wobei die Spalten der Fundamentalmatrix (2.19) sind und die Konstanten als Lösung des folgenden linearen Systems bestimmt werden, Dieses lineare System entspricht genau der Bedingung da .
Beispiel 2.3. Finde die Lösung der Anfangswertaufgabe dritter Ordnung Nach dem Umformulieren dieser Gleichung in ein System von Dgl für erhalten wir Wir bestimmen die Eigenwerte und Eigenvektoren der Systemmatrix. Das charakteristische Polynom dieser Matrix ist Die Nullstellen von sind Die entsprechende Eigenvektoren zu diesen Eigenwerten sind (nachrechnen!) (oder nicht-verschwindende vielfache davon). Nun können wir die allgemeine Lösung unseres Systems mithilfe von (2.19) als eine beliebige Kombination der Spalten der Fundamentalmatrix bestimmen, Die Lösung unserer ursprünglichen Differentialgleichung dritter Ordnung entspricht der ersten Komponente von also . Aus den Anfangsbedingungen ergibt sich schließlich .
Die gesuchte Lösung ist .
Wir betrachten nun den Fall, wenn die Matrix in (2.18) mehrfache Eigenwerte besitzt. Sei ein -facher Eigenwert von , . Also hat das charakteristische Polynom (von Grad ) höchstens verschiedene Nullstellen . Angenommen es gibt keine weiteren mehrfachen Nullstellen von . Dann erhalten wir für durch Auflösen von nach insgesamt unabhängige Eigenvektoren. [1]. Die Fundamentalmatrix (2.19) kann nicht vollständig konstruiert werden.
Wie erzeugt man die restlichen unabhängigen Spalten von ?
Um diese Frage zu beantworten, müssen wir uns die Vielfachheit eines Eigenwertes genauer anschauen. Man unterscheidet zwischen
algebraischer Vielfachheit (AVf) von : das ist die Vielfachheit der Nullstelle von , in unserem Fall ist es .
geometrischer Vielfachheit (GVf) von : das ist die Dimension des Lösungsraumes von , (die Dimension von Kern()).
Fall 1: (GVf=AVf)
Die Situation ist einfach, wenn die geometrische Vielfachheit von der algebraischen Vielfachheit () entspricht. Dann erhalten wir alle notwendigen Eigenvektoren zu durch Lösen von nach , denn die Lösungen spannen einen - dimensionalen Eigenraum zu auf. Fall 2:(GVf<AVf)
Falls die geometrische Vielfachheit von kleiner als ist, müssen wir mit weiteren Vektoren, so genannte verallgemeinerte Eigenvektoren, auffüllen. Sei (GVf). Dann erhalten wir zu erstmal wie im Fall 1 Eigenvektoren durch Lösen von . Weitere verallgemeinerte Eigenvektoren (auch genannt Hauptvektoren der Stufe 2, 3 u.s.w.) erhält man durch Einsetzen der bereits bekannten Eigenvektoren (oder Hauptvektoren) in die rechte Seite und Auflösen nach : Durch das Einsetzen der ersten Gleichung von oben in die Gleichung für den zuletzt erzeugten Eigenvektor erhält man für den ersten Hauptvektor , dass Man nennt deswegen auch Hauptvektor der Stufe 2. (Die Eigenvektoren werden auch Hauptvektoren der Stufe 1 genannt.) Durch sukzessives Einsetzen erhält man für den Hauptvektor die Stufe 3, schließlich für den Hauptvektor die Stufe .
Die Eigenvektoren zusammen mit den Hauptvektoren spannen einen - dimensionalen Eigenraum zu auf und werden benutzt, um die fehlenden Spalten der Fundamentalmatrix, die zu dem -fachen Eigenwert gehören, zu erzeugen.
Defintion 2.5 (Fundamentalmatrix für mehrfach Eigenwerte)
Sei ein - facher Eigenwert der Matrix . Der zu dem Eigenwert zugehörige Teil der Fundamentalmatrix (2.18) hat folgende Form (2.20)
wobei die sind die Eigenvektoren und Hauptvektoren zu , deren Konstruktion oben im Fall 1 und 2 beschrieben ist.
Beispiel 2.4. Gegeben sei eine Matrix mit dem charakteristischen Polynom . Die Nullstellen sind (dreifach), (dreifach). Sei die geometrische Vielfachheit von , und die von . Bestimme die Fundamentalmatrix vom System . Eigenraum zu :
Durch Lösen von erhält man die Eigenvektoren . Den dritten verallgemeinerten Eigenvektor (Hauptvektor der Stufe 2) erhält man durch Lösen von Eigenraum zu :
Durch Lösen von erhält man den Eigenvektor . Die fehlenden verallgemeinerten Eigenvektoren (Hauptvektoren von Stufe 2 und 3) erhält man durch Lösen von Die Fundamentalmatrix ist nun gegeben durch
Bemerkung 2.1 (Fall: komplexe Eigenwerte)
Nach dem Fundamentalsatz der Algebra hat das Charakteristische Polynom für mit Vielfachheit gezählt Nullstellen, d.h. hat Eigenwerte.
Neben den oben behandelten reellen Nullstellen bzw. Eigenwerten kann es vorkommen, dass komplexe Eigenwerte und komplexe Eigenvektoren hat. Also ist und aufgeteilt in Realteil und Imaginärteil. Auch in dem Fall ist eine Lösung des Systems, die aber komplexwertig ist. Wie kommt man nun zu reellen Lösungen?
Komplexe Nullstellen reeller Polynome kommen immer paarweise komplex-konjugiert vor, daher ist mit auch eine Nullstelle und damit ein Eigenwert. Zugehörige Eigenvektoren sind dann auch komplex-konjugiert zueinander . Entsprechend ist dann auch eine Lösung.
Beachtet man nun die Euler-Identität so lassen sich aus den zwei Lösungen mithilfe von Summe und Differenz die neuen, reellwertigen Lösungen für die Differentialgleichung finden. Haben die komplexen Nullstellen selbst eine höhere Vielfachheit, so geht man dann analog zum reellen Fall vor und muss entsprechend mit multiplizieren. Hier gehen wir auf diesen Fall nicht weiter ein.
↑Die lineare Unabhängigkeit der Eigenvektoren hängt mit der Diagonalisierbarkeit der Matrix zusammen: ist diagonalisierbar existiert eine nichtsinguläre Matrix mit Man kann zeigen, dass symmetrische Matrizen diagonalisierbar sind und reele Eigenwerte besitzen.