Kurs:Internet-Marketing/ThemenWS1516/Digitale Aufklärung oder Digitale Demenz
Einleitung
BearbeitenDas Internet. Heutzutage ein unabdingbares Gut in unserem alltäglichen Leben. Die Jugendlichen von heute können sich ihr Leben nicht ohne ihr Smartphone und die damit einhergehende Erreichbarkeit vorstellen. Doch wie beeinflusst die Digitalisierung in dieser Zeit unsere alltäglichen Handlungen? Und ist diese voranschreitende Digitalisierung eher eine Entmachtung in unserer Persönlichkeit oder eine Bereicherung? In dieser Hausarbeit werden im Folgenden die zwei Thesen einander gegenüber gestellt und hinterher deren Bedeutung für das Marketing diskutiert. Zunächst wird der Begriff Internet Marketing erläutert, um die Thematik näher zu bringen. Anschließend folgen die Begriffserklärungen “Digitale Demenz” nach Spitzer sowie die Erläuterung des Begriffs “Digitale Aufklärung” nach Cole und Urchs. Es wird eine Einordnung der für diese Arbeit relevanten Begriffe stattfinden und anschließend einen Überblick über die beiden genannten Entwürfe gegeben sowie die Resonanzen besprochen. Es folgt eine Gegenüberstellung der Konzepte, welche hinterher auf ihre Bedeutung für das Internet Marketing untersucht werden. Die Ergebnisse werden im Fazit zusammengefasst, dieses enthält zudem einen Ausblick.
Grundlagen
BearbeitenAls Erstes soll ein Überblick des Arbeitsumfelds verschafft werden. Hierzu werden die für die Arbeit relevanten Begriffe Online oder Internet Marketing, “Digitale Demenz” und “Digitale Aufklärung” erklärt.
Online Marketing
BearbeitenUm den Begriff des Online Marketings präziser zu erläutern, ist es zunächst hilfreich den Begriff des Marketings zu betrachten. Beim Marketing liegt das Hauptaugenmerk eines Unternehmens auf der „dauerhaften Befriedigung der Kundenbedürfnisse“ (Meffert 2012: 10). Dies erfolgt primär durch Kontrolle, Planung und Koordination auf allen gegenwartsnahen und denkbaren Märkten. Basierend auf dieser Grundlage ist Online Marketing ein Marketing-Instrument, welches auf die interaktive Nutzung des World Wide Web ausgerichtet ist (vgl. ebd.: 22f.).
Online oder auch Internet Marketing befasst sich primär mit Optionen, online Marketing zu schalten, um Conversions auf den jeweiligen Internetseiten abzuschließen oder zu optimieren (vgl. Haller/ Hartwig/ Liedtke 2010: 213). Eine Möglichkeit Werbung zu positionieren, ist das Display Advertising. Auf unternehmensfremden Websites wird durch Anklicken des Users auf den Werbebanner auf die eigentliche Homepage des Werbepublisher geführt. Der Gewinn erfolgt gewöhnlich durch Tausender-Kontakt-Preis (TKP). Die CPC -Cost-per-Click- ermittelt die Userklicks, hier zahlt der Werbebetreiber pro Userklick (vgl. CPC Consulting 2014). Anzeigen können ebenso durch Pop-up/Pop-under, Dynamische Ads oder Video Ads in In-Stream-Videos erfolgen (vgl. Booth/ Koberg 2012: 24ff.).
Gewünschte Zielgruppen werden in der Regel über Targeting evaluiert, um so das Zielpublikum durch präzise und wirksame Werbemittel zu erreichen. Definitionsmerkmale können unter anderem Sprache, Nutzerverhalten, Herkunft aber auch demographische Merkmale sein (vgl. Hass/ Willbrandt 2011: 12ff.).
Eine sehr kostensparende Werbemaßnahme ist das E-Mail Marketing. Unternehmen können E-Mails an ihre Kunden versenden, um so ihren Umsatz zu steigern.
Digitale Demenz
BearbeitenDie Etablierung des Begriffs „Digitale Demenz“ wird vor allem durch den Psychologen Manfred Spitzer betrieben. Sein Beitrag zu den Folgen der Digitalisierung soll hier daher als Grundlage zur Klärung der Begrifflichkeit dienen.
Spitzer, der als Professor der Psychiatrie und Neurowissenschaften das Thema aus der Sicht der Gehirnforschung betrachtet, positioniert sich bei der Frage nach der immer stärker verfolgten Digitalisierung auf Seiten der Ablehner. Er sieht die zunehmende Gefahr einer Veränderung des Gehirns. Er stützt sich dabei auf Studien, die ebendies festgestellt haben sollen. In dem Vorwort seiner Monographie schreibt er, dass
„Ärzte in Südkorea, einem hochmodernen Industriestaat mit weltweit führender Informationstechnik, bei jungen Erwachsenen immer häufiger Gedächtnis-, Aufmerksamkeits- und Konzentrationsstörungen sowie emotionale Verflachung und allgemeine Abstumpfung [verzeichneten]. Sie nannten das Krankheitsbild digitale Demenz“ (Spitzer 2012: 8).
Spitzer beschreibt das Gehirn als einen Muskel, der eingesetzt werden muss, damit dieser wächst und sich weiter entwickelt (vgl. ebd.: 46ff.). Ist dies nicht der Fall, dann nehmen die geistlichen Fähigkeiten im Laufe der Zeit ab, ein „geistiger Abstieg“ findet statt. Eben dies ist auch die Bedeutung des Begriffs Demenz (vgl. ebd.: 14ff.; 52ff.; 60). „Digitale Demenz“ beschreibt dabei, dass das Gehirn durch die Nutzung digitaler Medien weniger kognitive Leistung erbringen muss und dadurch ebendiese nachlässt. Dies wird im gesamten Werk auch z.B. im Teilkapitel „Wer denken lässt, wird kein Experte“ deutlich (vgl. ebd.: 16).
Digitale Aufklärung
BearbeitenDer Begriff “Digitale Aufklärung” wurde erstmals im gleichnamigen Werk von Ossi Urchs und Tim Cole publiziert. Durch das neue Zeitalter des World Wide Webs bieten sich der Menschheit Möglichkeiten, wie es vor 50 Jahren noch undenkbar gewesen wäre. Heute kann alles online gemacht, gekauft, verkauft, gemietet und vor allem erklärt werden. Die digitale Aufklärung soll ein anderes, positiveres Licht auf die neue Vernetzung der Menschen werfen. Norbert Bolz, Professor für Medienwissenschaften an der TU Berlin schrieb über das Werk: „Wir wollen und müssen unsere eigenen Geschichten ersinnen und erzählen. Vor allem aber müssen wir lernen, Neues auch neu zu denken.“ (Bolz in Urchs/ Cole 2013: Rückseite).
Quintessenz des Buches ist, das der Mensch für sich selbst denken soll. Das Internet gibt den Menschen neue Optionen, doch entscheiden müssen und sollen die Menschen selbst. Dies riet bereits Immanuel Kant im 18. Jahrhundert den Menschen, aufgrund dessen trägt das Buch den Titel “Digitale Aufklärung” (vgl. Cole 2014).
Konzepte und Resonanzen
BearbeitenIn diesem Kapitel werden die beiden Konzepte “Digitale Demenz” bzw. “Digitale Aufklärung” näher beschrieben und aufgezeigt. Zusätzlich soll ein Einblick in die Rezeptionen der Theorien gegeben werden, um ansatzweise zu veranschaulichen, wie die Thesen von dem Endverbraucher angenommen werden. Später soll diese Herausstellung in die Analyse bezüglich der Folgen für das Online Marketing einfließen.
Konzept “Digitale Demenz”
BearbeitenIm Gegensatz zum Konzept der „Digitalen Aufklärung“, welches im Anschluss vorgestellt wird, weist die „Digitale Demenz“ auf die Gefahren der Digitalisierung hin und zeigt Folgen dieser auf. Dabei geht es vor allem darum, dass das Internet das Denken übernimmt, „uns geistige Arbeit abnimmt“ (Spitzer 2012: 19), und das Gehirn dadurch weniger gefördert wird. In dem Buch von Manfred Spitzer wird deutlich, wie das Konzept funktioniert. Wie bereits bei der Erklärung des Begriffs genannt, steht dabei vor allem die Abnahme der geistigen Leistungsfähigkeit im Vordergrund (vgl. ebd.: 18). Der Autor weist auf unterschiedliche Lebensbereiche hin, in denen diese Verluste bereits zu verorten sind. Einige davon werden im Folgenden beschrieben.
Mehrfach wird die Möglichkeit der ständigen Zugänglichkeit von Daten und den damit verbundenen Folgen des Vergessens genannt: Telefonnummern, Namen, Stadtpläne (27ff.), Aufgaben (101ff.). Die Tatsache, dass alles nachgelesen und abgespeichert werden kann, nimmt dem Gehirn die Notwendigkeit ab, sich Sachverhalte merken zu müssen. „Wenn wir unser Gehirn nicht gebrauchen, dann entstehen dort auch keine Spuren, d.h. es wird nichts gelernt“ (ebd.: 96).
In dem Schulwesen wird ebenso zunehmend mit dem Computer und neuen Technologien gearbeitet, auch wenn von Spitzer aufgezeigte Studien belegen, dass kein Erfolg zu vermerken ist. Im Gegenteil, technische Probleme und Sicherheitslücken sind ein beständiges Problem. Zudem wird nicht „tief“ genug gelernt, da der Computer z.B. das Abschreiben von der Tafel abnimmt, was zur Folge hat, dass Worte nur noch oberflächlich wahrgenommen werden (vgl. ebd.: 79ff.).
Der soziale Bereich ist ebenfalls ein umfangreiches Thema. Spitzer fasst Studien zu sozialem Verhalten zusammen und stellt heraus, dass der persönliche Kontakt zu positiveren Gefühlen, Erfolg in sozialen Beziehungen, engeren Freundschaften und besserem Schlaf führt (vgl. ebd.: 113f.). Der Forscher weist außerdem auf den Zusammenhang zwischen Mediennutzung und Bindung zu Eltern und Freunden hin. Er beschreibt dazu zwei Studien, die im Vergleich „die deutliche Zunahme des Bildschirmmedien-Konsums – von täglich drei auf sechs Stunden – bei gleichzeitiger deutlicher Abnahme der Bindung zu den Eltern und Freunden […]“ verzeichnen (ebd.: 196).
Schließlich nennt der Wissenschaftler gesundheitliche Folgen der Mediennutzung:
„Schlaflosigkeit, Depressionen und Sucht sind äußerst gefährliche Auswirkungen des Konsums digitaler Medien […] Hinzu kommt, dass Übergewicht gerade in den letzten Jahren zunehmend mit Suchtverhalten in Verbindung gebracht wird, insbesondere im Lichte neuer Daten aus der Gehirnforschung. Sozialer Rückzug und Ängste sind häufige Begleiterscheinungen […]“ (ebd.: 272).
Im Ganzen wird in dem Werk, wie anfangs bereits ausgeführt, auf Gefahren hingewiesen, die durch die zunehmende Digitalisierung entstehen. Diese werden nach Spitzer jedoch größtenteils ignoriert und es wird argumentiert, dass erst eine Eingewöhnung der Nutzung der neuen Medien stattfinden müsse, dass die „Misserfolge nur auf Implementierungsprobleme zurückzuführen seien“ (ebd.: 86f.).
Resonanzen
BearbeitenDer Begriff „Digitale Demenz“ wird vor allem mit dem Werk von Spitzer verbunden. Reaktionen darauf sind in diversen Zeitungen zu finden. In der WELT wird die Begrifflichkeit aufgegriffen, nach Ausführung von Hirnforscher Hans-Peter Thier die Bezeichnung jedoch verfehlt. Er beschreibt Demenz im Verständnis der Medizin als „einen Verlust ursprünglich verfügbarer kognitiver Fertigkeiten – ein Verlust des Gedächtnisses, eine Einschränkung des Denkvermögens, Orientierungsstörungen und letztendlich einen Zerfall der Persönlichkeitsstruktur“ (Thier 2013) und erklärt, dass keine Beweise für einen Zusammenhang von Mediennutzung und Hirnverfall vorliegen (vgl. ebd.).
André Spang bezieht sich in seinem Artikel in der TAZ weniger auf die neuronalen Vorgänge. Vielmehr stellt er die Bedeutung korrekter Nutzung digitaler Medien heraus und nennt das darin enthaltene Potential. „Es geht um kritisch-analytische, verantwortungsvolle und konstruktive Mediennutzung“ (Spang 2012). Weiterhin führt der Autor aus, dass Spitzer nicht auf die Möglichkeiten des Internets sowie das Web 2.0 und neue Lernmethoden eingeht, welche das Potenzial der Digitalisierung ausschöpfen würden. Außerdem sorgt Spitzer mit seinem Beitrag für stärkere Ablehnung und damit für Verzögerung einer Erfolg bringenden Lösung (vgl. ebd.).
Konzept “Digitale Aufklärung”
BearbeitenDas Werk „Digitale Aufklärung“ von Urchs und Cole befasst sich, wie bereits in 2.3 erläutert, mit der Hypothese, dass das Internet die Menschheit klüger macht. In ihrem Buch eruieren sie mit Hilfe von zehn Thesen, warum dies zutrifft und dass das Hauptaugenmerk in der heutigen Zeit darauf liegen sollte, das der Mensch für sich selbst denkt und sich nicht der Masse hingibt.
Die erste und mitunter wichtigste These befasst sich mit der Digitalisierung der „Welt“ (vgl. Urchs/ Cole 2013: 29). Alles wird digitalisiert, um die Produktivität zu erhöhen, ganz nach dem Urprinzip des Kapitalismus. In der zweiten These wird postuliert, dass sich durch die Digitale Aufklärung „[...] die ganze Art, wie wir leben und arbeiten, wie wir lernen und spielen, wie wir einkaufen und miteinander Geschäfte machen, wie wir uns unterhalten, insbesondere aber die Art wie wir kommunizieren ganz grundsätzlich verändert" (Urchs/ Cole 2013: 30f.). Dadurch wird gleichzeitig betont, dass sich Digitalisierung nicht mehr rückgängig machen lässt. Die dritte These betitelt die Thematik der rasanten Veränderungen der realen und digitalen Welt. Beide Welten verschmelzen immer mehr miteinander: Konkret sind u.a. wearable Computers gemeint. Und auch hier schreiben die Autoren, dass dies alles nicht „automatisch“ geschehe, sondern dass jeder für sich selbst entscheiden muss, was relevant und sinnvoll für ihn erscheint und was nicht (vgl. ebd.: 31f.). Weiterführend referieren die Autoren über die immer dünner werdende Grenze zwischen real und irreal. Ist der Flirt bei einem Social Media Kanal weniger real als ein Flirt an einer Bar? Es muss eine neue Begrifflichkeit gefunden werden, um solche Dinge so beschreiben zu können, dass diese Begrifflichkeit dem gerecht wird (vgl. ebd.: 33f.). In der fünften These von Urchs und Cole erläutern sie, dass die heutigen Massenmedien ihre “[...]gemeinschafts- und identitätsstiftende Funktion.” (Urchs/ Cole 2013: 33) verloren haben. Die Autoren erwarten den Bedeutungsverlust der alten Medien und das damit einhergehende Zeitungssterben (vgl. ebd.: 34ff.). Ein weiterer Aspekt der Digitalen Aufklärung sei die disruptive Entwicklung von Medien, welche dramatisch voranschreitet (These 6). Es ist heutzutage immer schwieriger abzuschätzen, ob und wann etwas (z.B. ein Produkt) Erfolg vorweisen kann. Nicht jede Produktidee fand so großen Anklang wie das IPhone, welches die Autoren als das Schweizer Taschenmesser der digitalen Welt beschreiben (vgl. ebd.: 36ff.). Die siebte These vertritt die Ansicht, dass das Leben in der digitalen Welt zwar komplexer wird, doch aber nicht komplizierter. Im Gegenteil: Es wird einfacher. Viele neue Möglichkeiten bietet das Netz, doch um diese nutzen zu können, muss die Bereitschaft, sich einer erhöhten Anstrengung auszusetzten, gegeben sein (vgl. ebd.: 39). In ihrer achten These betrachten die Autoren den Menschen und seine veränderte Art zu Denken. Dadurch, dass die Menschheit vernetzte Systeme versucht zu verstehen, wird auch ihr Denken zunehmender vernetzter und digitaler (vgl. ebd.: 40f.). Die vorletzte These erklärt, wie bereits in These vier erläutert, die nicht mehr angemessenen Begrifflichkeiten für die sich immer weiterentwickelnde Gegenwart (vgl. ebd.: 41f.). In ihrer zehnten und letzten These fordern Urchs und Cole eine “Digitale Aufklärung”; eine Gesellschaftstheorie des Internets. „[...] neu und selbst gedachte Kategorien, die allein dieser grundsätzlich veränderten Welt gerecht werden können. Nur damit können wir diese Welt kritisch reflektieren und produktiv nutzen.“ (Urchs/Cole 2013: 42). Es ist an der Zeit, wieder Kants Leitgedanken aufleben zu lassen: „Jederzeit selbst zu denken, ist die Aufklärung. “ (Kant 1784: 20ff.).
Resonanzen
BearbeitenIm Folgenden sollen zwei Onlinerezensionen zum Werk „Digitale Aufklärung“ von Ossi Urchs und Tim Cole betrachtet werden.
Auf literaturkritik.de veröffentlichte der Autor Rafeal Arto-Haumacher im Januar 2014 seinen Artikel „Loblied auf die Internetkultur“. In diesem referiert er über das genannte Werk weitestgehend positiv. Nach Arto-Haumacher sei „Digitale Aufklärung“ ein lesenswertes Werk zur gegenwärtigen Internetkulturthematik. Die relevante Strömung ist in dem Buch richtig erfasst worden und liefert hoffnungstragende Denkanstöße für den Leser. Summa summarum hätte sich Arto-Haumacher bei der grundlegenden Leserfrage Warum macht uns das Internet klüger? mehr Tiefgang erwartet, doch die gedankliche Richtung sei die richtige (Arto-Haumacher 2014).
Julia Solinski schrieb kurz nach der Publizierung des Werkes ihre Rezension. Das Buch sei „eine bunte Mischung aus Technikgeschichte und Kulturphilosophie“ (Solinksi 2013). Auch sie schreibt, dass dem Werk an manchen Stellen an Tiefgang fehle. Zudem kämen die Autoren nicht über den Punkt der großen Behauptungen hinaus, auch könne von einer leichten Strukturlosigkeit gesprochen werden und am Ende des Buches bleibe lediglich die Aussage beim Leser hängen, dass irgendwie alles mit dem Internet besser werden solle, doch wie wird in diesem Werk nicht beantwortet (vgl. ebd. 2013).
Gegenüberstellung und Forschungsstand
BearbeitenNun sollen die beiden Konzepte in Verhältnis zu einander gestellt werden. Sie werden auf Parallelen und Schwerpunkte überprüft. Anschließend werden neueste Studien herangezogen, um den momentanen Forschungsstand zu beschreiben. Diese sollen zudem einen eventuellen Aspekt für die Einbettung ins Online Marketing liefern, indem sie den Ist-Zustand beschreiben.
Gegenüberstellung der Konzepte
BearbeitenDie Verfechter der Konzepte “Digitale Demenz” und “Digitale Aufklärung” scheinen auf den ersten Blick Gegensätze zu vertreten. Hier sollen die vorliegenden Konzepte genauer betrachtet werden.
Wie in vorangegangenen Kapiteln beschrieben, vertritt Spitzer die Meinung, Digitalisierung sei noch nicht auf dem Niveau angelangt, dass sie von Nutzen ist. Vielmehr stellt sie eine Gefahr für die Menschheit – vor allem für die neue Generation – dar. Er behauptet, durch die Nutzung neuer Medien wird dem Gehirn das Denken und Lernen abgenommen, wodurch es, wie jeder Muskel, erschlafft (vgl. Spitzer 2012: 19; 37).
Dem entgegen stehen die Ausführungen von Urchs und Cole (2013), die aufzeigen, dass durch die neuen Medien auch neue Denkweisen entstehen. Auch innerhalb der Resonanzen findet sich diese Aussage wieder. „Wenn man das Netz produktiv nutzt, dann wird es auch den Verstand fordern“, schreibt Spang (2012) in seinem Artikel.
Beide Thesen haben den Menschen als Mittelpunkt ihrer Thematik. Darüber hinaus ist ebenso der eigene Wille ein essenzieller Punkt ihrer Thesen. Denn nur der eigene Wille eines jeden Menschen kann Dinge in verschiedene Richtungen lenken, die Technik bzw. die Digitalisierung ist lediglich ein menschengeschaffener Aspekt in unserem Leben, welcher selbstständig und weise genutzt werden muss.
Neueste Studien
BearbeitenTrotz der genannten Gefahren der Digitalisierung ist diese bereits erfolgt und auch der Bereich des Marketings kann sich die neuen Möglichkeiten der Implementierung zunutze machen. Vor allem auf das Werk von Spitzer sind einige Studien gefolgt, die die im Buch aufgestellten Hypothesen überprüfen. Diese sollen als Grundlage dienen, um Konsequenzen für das Marketing ableiten zu können.
Appel und Schreiner (2014) konfrontieren in ihrer Metaanalyse die aktuelle Internetkritik mit aktuellen Forschungsergebnissen. Sie greifen neun populäre Mythen aus Spitzers Buch auf.
"Es geht im Einzelnen um die Reduzierung sozialer Interaktion, die Verringerung gesellschaftlicher Partizipation, Einsamkeit durch Internetnutzung, weniger Wohlbefinden durch Internetnutzung, Bildschirmmedien und Übergewicht, Effekte von Computer-unterstütztem Unterricht, die Wirkungslosigkeit von computerbasierten Lernspielen, verringerte schriftsprachliche Kompetenzen sowie um aggressives Erleben und Verhalten durch gewalthaltige Computerspiele" (Appel & Schreiner 2014:8).
Der Gesamtkorpus der Forschungsergebnisse, die von Appel & Schreiner (2014) herangezogen wurden, umfasst ausschließlich Studien, die im Jahr 2002 oder später publiziert wurden, um der aktuellen Entwicklung der Mediennutzung Rechnung zu tragen.
Der erste Mythos, welcher besagt, dass das Internet zu sozialer Isolation führe, konnte laut Appel & Schreiner (2014) widerlegt werden. Es gibt keinen statistischen Zusammenhang zwischen Internetnutzung und Häufigkeit von sozialer Interaktion mit Freunden und Familie. Ebenso wenig lässt sich ein Hinweis auf weniger politisches oder gesellschaftliches Engagement finden. Die Ergebnisse deuten im Gegenteil eher darauf hin, dass mehr Internetnutzung mit mehr Engagement einhergeht. Es kann auch empirisch nicht gestützt werden, dass die Internetnutzung mit mehr Einsamkeit einhergeht. In Bezug auf Lebenszufriedenheit und depressives Verhalten ergeben sich sehr leichte Korrelationen, allerdings sind laut Appel und Schreiner (2014) 99,75% der Depressionswerte auf andere Faktoren zurückzuführen. Die Metaanalyse konnte auch zeigen, welche Effekte Medien auf das Lernen haben. Es wurden Internet-Lernbedingungen oder Blended-Learning-Bedingungen (eine Kombination aus Internet und Face-to-Face Instruktion) mit einer reinen Face-to-Face Lernsituation verglichen. Die Ergebnisse zeigen, dass für die Blended-Learning-Szenarien der größte Lernerfolg verzeichnet werden konnte, insbesondere dann, wenn das Lernen kooperativ erfolgte. Zwischen reinem selbstständigen Online-Lernen und traditionellem Lernen liegt aber kein signifikanter Unterschied vor. Spritzers Hypothese, dass durch computerbasierte Lernspiele die Lerninhalte zu kurz kommen würden, hat sich ebenfalls nach empirischen Ergebnissen nicht bewahrheitet. Durch Computerspiele angereicherte Lernszenarien zeigten sich gegenüber traditionellem Unterricht sogar überlegen, wobei der Effekt davon abhängt, wie das Spiel und die Navigation durch das Spiel gestaltet waren. Appel und Schreiner (2014) zeigen außerdem, dass durch das Schreiben am Computer die schriftsprachlichen Kompetenzen nicht gemindert werden. Lediglich die Hypothesen, dass es einen Zusammenhang gibt zwischen Internetnutzung und Fettleibigkeit, sowie das Führen zu aggressiven Erleben und Handeln durch gewalthaltige Inhalte, konnten empirisch gesichert werden. Allerdings sind selbst diese empirischen Ergebnisse nicht allgemein übertragbar. Einen Zusammenhang für Übergewicht besteht vor allem bei Kindern unter 12 Jahren. Auch in Bezug auf aggressives Verhalten ist Mediengewalt nur einer von mehreren Einflussfaktoren und als möglicherweise erklärungskräftigerer Faktor wird unter anderem die Familie angeführt.
Döring (2014) führt einige sozialpsychologische Zusammenhänge zwischen Internetnutzung und psychischen Wohlbefinden auf, die sich durch Verdrängungs-, Kompensations- und Strukturverstärkungseffekte erklären lassen. Dieser Erklärungsanasatz ist ebenfalls eine Reaktion auf Spitzers Buch und fasst die psychologischen Chancen und Risiken der Internetnutzung zusammen. Durch Internetnutzung verlieren nach der Verdrängungshypothese diejenigen an Lebensqualität, die bereits psychische Probleme haben. So wird über das Internet versucht, durch angenehme Online-Aktivitäten vom eigenen Leid abzulenken. Die zunehmende Realitätsvermeidung führt zu einer zunehmenden Internetnutzung, wo bei psychisch stabilen Nutzern ein Übersättigungseffekt eintreten würde. Andererseits profitieren laut Döring (2014) diejenigen, die aufgrund von Situations- und Umweltfaktoren sozial isoliert sind. Laut der Kompensationshypothese betrifft das die Menschen, die aufgrund von Verpflichtungen, Krankheit, geografischer Zerstreutheit etc. nicht in der Lage sind via Face-to-Face- Kommunikation Kontakte zu pflegen. Auch profitieren Personen davon, die aufgrund ihrer Persönlichkeit (zum Beispiel Schüchternheit) soziale Interaktion als belastend empfinden und sich über computervermittelte Kommunikation Kontakte aufbauen können. Dies kann dann identitätsstärkend und sozial unterstützend wirken. Es können sich dann aus den Online-Kontakten häufig auch Offline-Kontakte entwickeln. Die Verstärkung von sozialer Ungleichheit durch Internetnutzung wird von Döring (2014) durch die Strukturverstärkungshypothese erklärt. Diese besagt, dass psycho-sozial Privilegierte besonders stark vom Internet profitieren und ihre Vorteile in der Lebensqualität weiter ausbauen können. Das heißt, dass kontaktfreudige und sozial kompetente Personen ihr Netzwerk durch Online-Kommunikation quantitativ und qualitativ weiter entwickeln. Diejenigen, die im wahren Leben sozial isoliert sind, werden im Internet mit hoher Wahrscheinlichkeit ebenfalls Ausgrenzung erleben, denn auch im Internet sind Kontakte nicht ohne weiteres zu finden. Auch soziale und geschlechterspezifische Unterschiede lassen sich bei der Internetnutzung feststellen. Gymnasiasten benutzen im Vergleich zu Hauptschülern laut dem mpfs (2013) das Internet hauptsächlich zum recherchieren und zur Vorbereitung auf den weiteren Berufsweg und vergrößern damit weiter ihren Vorsprung gegenüber Haupt- und Realschülern. Geschlechterspezifische Unterschiede zeigen sich bei der Produktion von nutzergeneriertem Content. Männer sind im Web deutlich häufiger vertreten und werden in den Massenmedien häufiger zitiert.
Griesbaum (2014) beleuchtet in seinem Beitrag die Potenziale und Gefahren mobiler und sozialer Technologien für das individuelle Lernen und Lernverhalten. Hier werden ein umfassender, allgegenwärtiger Informationszugriff sowie die Verbreitung von Inhalten und die Erleichterung von sozialen Austauschprozessen als großer Vorteil betrachtet. Herausforderungen werden eher im Bereich der Informationsüberlastung und des Datenschutzes gesehen. Das Internet kann durch verschiedene Plattformen kognitive und kreativitätsfördernde Mehrwerte, auch als Lernressource, hervorbringen. Durch den Einsatz von Informations- und Kommunikationstechnologie zu Lernzwecken (E-Learning) kann jeder Lernende weltweit, orts- und zeitunabhängig, mit weiteren Interessierten lernen, sich austauschen und Ressourcen nutzen. Laut Friedman (2013) haben Massive Offene Online Kurse (MOOCs) ein enormes Potenzial günstige Bildung zu gewährleisten und dadurch Leute aus der Armut zu befördern. Griesbaum (2014) stellt heraus, dass eine Vielzahl von zugangsoffener Lernangebote für alle entsteht. Durch die zunehmende Verbreitung von Tablets und Smartphones gewinnt auch mobiles Lernen zunehmend an Dynamik. Dadurch zeichnet sich ein erhöhtes informationelles und soziales Lernkapital ab. Grenzenloses Lernen wird über Räume, Zeiten und Geräte hinweg ermöglicht; reale und virtuelle lernbezogene Aktivitäten wechseln sich ab und reichern sich gegenseitig an. Allerdings weist Griesbaum (2014) in seinem Beitrag außerdem darauf hin, dass die neuen Medien daran gewöhnen, jedes Informationsbedürfnis jederzeit befriedigen zu können und es dadurch zu einer kognitiven Verflachung kommen könnte. Weitere Probleme sind die Informationsüberlastung, Unterbrechungsgefahr und das Ablenkungspotenzial durch die neuen Medien. Allerdings kann nicht völlig geklärt werden, ob die neuen Medien zu oberflächlichen und kurzfristigen Denkmustern konditionieren. Den wesentlichen Faktor stellt nämlich die Nutzung der Technologien dar und die Mediendisziplin. Fähigkeiten zur Selbststeuerung und der Begrenzung der Mediennutzung werden gesellschaftlich immer zentraler werden.
Einbettung ins Online Marketing
BearbeitenWie in vorangegangenen Kapiteln erwähnt, kann sich das Marketing der neuen Medien bedienen und unter Beachtung bestimmter Regeln gezielt jeden einzelnen Kunden ansprechen. Hier sollen einige Methoden besprochen werden, die in dieser Arbeit vorliegenden Diskussion zum Vorschein getreten sind.
Zum einen sind bestimmte Formen der Werbung zu beachten. Wie die Studien, die sich mit Digitaler Demenz beschäftigt haben, bestätigen, ist eine Überlastung von Nachteil (Griesbaum 2014). Zu viel Werbung ist also überfordernd und kann den gegenteiligen Effekt beim Kunden erzielen. Unternehmen sollten darauf achten, eine entsprechende Gestaltung – weniger bunte, blinkende Lichter – zu gewährleisten. Die Bedeutung von Einfachheit wird auch bei Urchs und Cole deutlich. In ihrer siebten These sprechen sie davon, dass die vielen Möglichkeiten des Internets bestimmte Vorgänge vereinfachen, dazu sei dennoch ein Maß an Anstrengung erforderlich (vgl. Urchs/ Cole 2013: 39). Die Nutzer, die diese Anstrengungen nicht investieren wollen, sollen dennoch erreicht und zufriedengestellt werden. Es liegt also nahe, die Marketingmittel so einzusetzen, dass sie aussagekräftig und simpel zugleich gestaltet sind, um dem Überfluss an Angebot im Netz künstlich entgegenzuwirken.
Hinzu kommt, dass medienaffine Nutzer Werbung zu vermeiden wissen. Dies stellt eine Herausforderung dar. Das vom Marketing eingesetzte Material darf nicht als Werbung enttarnt werden, denn diese kann schnell geblockt werden. Doch auch der Kunde sollte es nicht als solche empfinden, um es nicht als Informationsüberfluss einzuordnen.
Eine andere Herausforderung für das Marketing ist zu wissen, welche Produkte bei den Kunden auf Interesse stoßen. Bei den immer stärker werdenden Möglichkeiten im Netz, ist hier die genaue Analyse dieser umso wichtiger.
Weiter besteht der Aspekt des individuellen Nutzers. Wie in der oben genannten These von Döring (2014) bestehen bei unterschiedlichen Menschengruppen jeweils spezielle Bedürfnisse. Diese können für die Zwecke des Unternehmens eingesetzt werden. Wie in den Grundlagen beschrieben, stehen dem Online Marketing unterschiedliche Tools zur Bestimmung der Kundenbedürfnisse zur Verfügung. Ist der Nutzer auf die Verbesserung seiner Lebensqualität aus, kann ein entsprechendes Angebot erfolgen. Ist ein Unternehmen auf Kundenkontakte oder auf die Teilnahme bei einer Online Community aus, können entsprechende Einladungen erfolgen. Hier sollte auch auf Kosten als einen wichtigen Faktor verwiesen werden. Ist das Nutzerverhalten bekannt, so kann das Marketing sinnvoll eingesetzt und Ausgaben für irrelevante Werbung eingespart werden.
Schließlich kann das Online Marketing den Vorteil der Neuheit der digitalen Welt nutzen. Cole und Urchs (2013: 41f.) sprechen von neuen Begrifflichkeiten, die noch nicht up to date sind. Damit ist an der Stelle vor allem auf den Diskurs der Digitalisierung Bezug genommen, dennoch eröffnet diese Tatsache auch Möglichkeiten für andere Fachbereiche. So können Begriffe implementiert werden, die einen Nutzen für das Unternehmen darstellen. Das Prinzip sei ähnlich den Firmennamen, die als Bezeichnung für bestimmte Gegenstände mit der Zeit übernommen wurden: Tempo für Papiertaschentuch.
Fazit
BearbeitenZusammenfassend kann gesagt werden, dass die viel diskutierten Hypothesen aus Spritzers Buch empirisch kaum haltbar sind und es zudem sehr schwer ist, Veränderungen im Gehirn überhaupt zu überprüfen. Deutlich wurde auch, dass die Gruppe von Internetnutzern sehr heterogen ist, und sich je nach Gruppe psychosoziale Vorteile oder eben auch Nachteile in der Internetnutzung ergeben. Auf der einen Seite spiegeln sich alters- und geschlechtsspezifische Unterschiede in der Internetnutzung wider und es lassen sich unterschiedliche Folgen aus dem Verhalten der jeweiligen Nutzer ableiten. Auf der anderen Seite wird versucht durch E-Learning bestehende soziale Ungleichheiten aufzuheben und Bildung einem breiten Personenkreis zugänglich zu machen. Probleme mit dem Internet als Lernressource bestehen vor allem durch Informationsüberflutung, Ablenkungsgefahr und Verflachung von Denkprozessen. Es lässt sich also pauschal nicht sagen, ob das Internet schlau oder dumm macht. Der Effekt der Internetnutzung auf das Individuum hängt stark von dessen Verhalten und der Fähigkeit zur Selbstregulation ab. Außerdem spielen andere Faktoren wie psychische Stabilität, Eingebundenheit in reale soziale Netzwerke und technische Fähigkeiten eine große Rolle. Will man die Auswirkungen der neuen Medien auf den psychosozialen Bereich, sowie Lerninfrastruktur und Lernprozesse erklären, muss man auch immer die Bedingungen der Technikadaption und das Nutzungsverhalten mit einbeziehen. Technologische Innovationen können Katalysatoren für den gesellschaftlichen Wandel sein und zur Transformation von Märkten führen. Für das Internet-Marketing bedeutet das, dass je mehr sich bestimmte Medien verbreiten, der Wert steigert. In Zukunft wird unter anderem eine weitere Öffnung und Kommerzialisierung des Bildungsmarktes absehbar sein, und das öffentliche Bildungssystem möglicherweise Ressourcen abbauen. Durch die Heterogenität der Nutzer kann eine ebenso vielfältige Masse an Produkten im Internet angeboten werden, die im Bereich Content, Commerce, Context und Connection liegen. Zentral ist aber, dass das Internet das reale Leben nicht ersetzt, sondern dieses anreichert. Die Zukunft für erfolgreiches Internet Marketing könnte nach den empirischen Erkenntnissen im grenzenlosen Übergang zwischen Internetnutzung und realer Welt liegen und der Verknüpfung von verschiedenen Elementen aus beiden Bereichen.
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