Kurs:Krieg und Propaganda: bis zum 1. Weltkrieg (WS 2015)/Philipp und Pressburger (Kinematographen- und Filmgesellschaft)

Auszug aus dem Lehmann, 1913: Band 1, Branchenverzeichnis.[1]

Philipp & Preßburger war ein österreichisches Filmunternehmen, das sowohl als Filmverleih als auch als Filmproduktionsgesellschaft tätig war. Die Firma mit Sitz im 7. Wiener Gemeindebezirk wurde am 1. Jänner 1912 von den Filmproduzenten Arnold Preßburger und Sigmund Philipp gegründet und ging 1918 in die Sascha Filmindustrie AG über.

Geschichte

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Auszug aus dem Handelsregister "Philipp & Preßburger" in: Kinematographische Rundschau 1912[2]

Vor der Gründung ihrer eigenen Firma waren Sigmund Philipp und Arnold Preßburger angesehene Mitarbeiter der Rády Maller Kinematographen und Films Gesellschaft m.b.H. im 1. Bezirk, der ältesten Filmleihanstalt der Monarchie.[3][4]

Im Dezember 1911 wurde in der Kinematographischen Rundschau "Die Schwalbe" bekanntgegeben, dass die beiden ihre bisherigen Stellungen für die Gründung einer eigenen Filmgesellschaft namens Philipp & Preßburger aufgaben.[5]

Gründung

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Zwei Monate später, am 4. Februar 1912, ist der erste Auszug aus dem Handelsregister in selbiger Zeitung zu finden. Darin werden der offizielle Firmenname "Philipp & Preßburger. Verschleiß und Verleih von kinematographischen Apparaten und Films", die Gesellschaftsform einer OHG und die beiden Gesellschafter veröffentlicht.[6]

 
Ehemaliger Firmensitz Philipp & Preßburger, Neubaugasse 31, 1070 Wien.

Standort

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Damals wie heute ist der Wiener Gemeindebezirk Neubau ein Anziehungspunkt für Filmschaffende. Der Firmensitz der Philipp & Preßburger Kinematographen- und Filmgesellschaft befand sich in der Neubaugasse 31.

Übernahme

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1918 wurde die Gesellschaft von der Sascha Film-Industrie AG übernommen und die beiden ehemaligen Gründer in den ersten Verwaltungsrat der neuen Firma gewählt.[7]

Graf Alexander Kolowrat wurde der Präsident der Sascha Film-Industrie AG, Sigmund Philipp Vizepräsident und Preßburger wurde zum Generaldirektor der Firma. [8]

Die Sascha Film-Industrie AG übernahm alle zu der Zeit bestehenden Filialen, Niederlagen und Betriebsstätten mit sämtlichen Aktiven und Passiven der Firmen Sascha Filmfabrik A. Kolowrat, Österreichisch-ungarische Sascha-Messter Filmfabrik GesmbH und Philipp & Preßburger. Im Falle von Philipp & Preßburger waren das die Betriebe:

  • VII. Neubaugasse Nr. 31
  • VII. Neubaugasse Nr. 21 und
  • XIV Diefenbachgasse Nr. 3, sowie deren Filialen in Budapest und Lemberg.

Die reinen Aktiven der Firma wurden mit 1.732.400 Kronen berechnet und ab dem 1. November 1917 ging der Betrieb der übernommenen Anlagen für Rechnung der Sascha Film-Industrie AG.[9]


Trotz schwer aufzufindender Unternehmensgeschichte wird festgehalten, dass es sich um eine bedeutende Firma zu Zeiten des ersten Weltkriegs handelt. So lässt sich in einem der Werke, das die jüdische Geschichte in Wien festhält, folgendes Zitat finden:


„[...] die Philipp & Preßburger Allgemeine Kinematographen und Film-Gesellschaft, eine der bedeutendsten Filmdistributionsgesellschaften der Monarchie“
Joachim Riedl: Wien, die Stadt der Juden. Die Welt der Tante Jolesch. S. 395

Gründer

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Sigmund Philipp

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Grabstelle Familie Philipp am Wiener Zentralfriedhof.

Sigmund Philipp, bisweilen auch Siegmund Philipp (* 13. Jänner 1860 in Elek, Ungarn; † 6. Juni 1929 in Wien), war der Sohn des Kaufmanns Salomon Philipp und Cäcilia Philipp (geborene Reisner).[10] In diversen Zeitungen und Artikeln findet man Philipp nur mit "lang gesprochenem i" (ie). In den Matriken wird jedoch klar ersichtlich, dass er sich offiziell nur mit einem i schreibt,[11][12] was auf einen Irrtum oder sozialisierte Vorgehensweise (die Schreibweise Siegmund ist vorrangig im deutschen Sprachgebrauch zu finden) schließen lässt.

Am 19. April 1885 heiratete er Marie Kuranda (Tochter von Jakob Kuranda und Johanna Kuranda, geborene Klein).[13] Die beiden bekommen vier Kinder - Friederike (* 25. November 1885), die Älteste, gefolgt von Rudolph (* 26. Oktober 1886), Georg (* 16. Juni 1888) und Karl Johann (* 4. Dezember 1895), dem Jüngsten, welcher im Jahre 1960 als tot erklärt werden musste, später konnte jedoch sein Sterbedatum im Zeitraum vor Beendigung des zweiten Weltkriegs festgestellt werden.[14]

Vor der Gründung von Philipp & Preßburger war Sigmund Philipp unter anderem als Kaufmann und Beamter tätig. Nach Übernahme der Philipp & Preßburger OHG durch die Sascha Film-Industrie AG gründete Philipp gemeinsam mit seinem Sohn Georg 1926 die Philipp & Co OHG (Vertrieb und Verleih von Filmen), laut Handelsregisterauszug wurde sie 1932 wieder gelöscht.[15]

Als Ausschussmitglied des Bundes der Kinoindustriellen wohnte er neben dessen Präsidenten Josef Somló diversen Deputationen bei.[16]

Philipp starb im Alter von 69 Jahren an Herzmuskelentartung, was heutzutage einer Herzmuskeldegeneration[17][18] gleichzusetzen ist, und wurde am 9. Juni 1929 am Wiener Zentralfriedhof (Tor 1, Gruppe 53b, Reihe 7, Grab 34) beerdigt.[19][20]

Arnold Pressburger

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→ Hauptartikel: Arnold Pressburger

Arnold Pressburger, teilweise auch Preßburger, (* 27. August 1885 in Pressburg, Österreich-Ungarn; † 17. Februar 1951 in Hamburg) ist der Sohn von Ignacz Presßburger und Rozalia Preßburger (geborene Kohn). In den Matriken der israelitischen Kultusgemeinde wird er als ehemaliger Buchhalter geführt.[21]

Am 4. Juni 1911 findet in Wien die Heirat mit Stefanie Hannak (Tochter von Jakob Hannak und Kati Hannak, geborene Hochwald) statt.[22] Aus ihrer Ehe gehen zwei Kinder hervor: Fritz (alias Fred, der später selbst als Filmproduzent tätig ist)[23] und Nelly.[24] Nelly Preßburger war als Studentin der Universität Wien zuletzt im Wintersemester 1937/38 an der Philosophischen Fakultät inskribiert. Ihre Abschlussprüfungen waren ihr nach dem "nationalsozialistischen Anschluss" aus antisemitischen Gründen jedoch verwehrt.[25]

Auch Preßburger war Mitglied des Bundes der Kinoindustriellen.[26]

 
Monopol: Philipp & Preßburger. Kinematographen u. Films-Gesellschaft.[27]

Das Filmunternehmen Philipp & Preßburger war sowohl in der Produktion, als auch im Verleih von Filmen tätig. Mit Beginn des ersten Weltkrieges, der auch auf das Kino nicht ohne Rückwirkung geblieben ist, musste es jedoch wie so viele andere auch finanzielle Opfer bringen. Trotz alledem versuchten Philipp & Preßburger den Filmmarkt zu stärken und wiesen auch in den Kriegsjahren einen regen Filmverleih vor.[28]

Unter den Filmen, die sich im Verleih von Philipp & Preßburger befanden, waren die unterschiedlichsten Genres vertreten: von Lustspielen (z.B.: Willibald als Millionär, 1918), über Verfilmungen von Detektivromanen, bis hin zu aktuellen Themen der Zeit, wie die Propaganda bezüglich Kriegsanleihen im ersten Weltkrieg (z.B.: Wer zuletzt lacht…, 1918).

Oftmals erwarben Leihanstalten das Monopol für ganz Österreich-Ungarn und vergaben dann die Rechte für einzelne Gebiete an regionale Firmen.

Die folgenden Angaben zu den angeführten Filmen beziehen sich ausschließlich auf den Verleih in Österreich, in Einzelfällen sogar lediglich auf Wien. [29]

Produktionen und Verleih

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Literatur

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  • Anton Thaller: Österreichische Filmografie Band I. Spielfilme 1906 - 1918. Verlag Filmarchiv Austria, Wien 2010, ISBN 978-3-902531-70-4.
  • Joachim Riedl (Hrsg): Wien, Stadt der Juden. Die Welt der Tante Jolesch. Paul Zsolnay Verlag, Wien 2004, ISBN 3-552-05315-8.

Einzelnachweise

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  1. Handels- und Gewerbe-Adreßbuch nach Geschäften und Gewerben geordnet nebst Anhang Verzeichnis der zur Führung des k.u.k. Hof-Titels, auch des k.u.k. Kammer-Titels berechtigten Gewerbetreibenden und Industriellen in Wien.
  2. Kinematographische Rundschau und Schausteller-Zeitung "Die Schwalbe", Nr. 204, 4. Februar 1912, S. 9. In: Austrian Newspapers Online, Österreichische Nationalbibliothek, http://anno.onb.ac.at/cgi-content/anno?aid=kir&datum=19120204&seite=9&zoom=33
  3. Kinematographische Rundschau und Schausteller-Zeitung "Die Schwalbe", Nr. 197, 17. Dezember 1911, S. 8. In: Austrian Newspapers Online, Österreichische Nationalbibliothek, http://anno.onb.ac.at/cgi-content/anno?aid=kir&datum=19111217&seite=8&zoom=33.
  4. Kinematographische Rundschau und Schausteller-Zeitung "Die Schwalbe", Nr. 187, 8. Oktober 1911, S. 17. In: Austrian Newspapers Online, Österreichische Nationalbibliothek, http://anno.onb.ac.at/cgi-content/anno?aid=kir&datum=19111008&seite=17&zoom=33.
  5. Kinematographische Rundschau und Schausteller-Zeitung "Die Schwalbe", Nr. 197, 17. Dezember 1911, S. 8. In: In: Austrian Newspapers Online, Österreichische Nationalbibliothek, http://anno.onb.ac.at/cgi-content/anno?aid=kir&datum=19111217&seite=8&zoom=33.
  6. Kinematographische Rundschau und Schausteller-Zeitung "Die Schwalbe", Nr. 204, 4. Februar 1912, S. 9. In: Austrian Newspapers Online, Österreichische Nationalbibliothek, http://anno.onb.ac.at/cgi-content/anno?aid=kir&datum=19120204&seite=9&zoom=33
  7. Wiener Allgemeine Zeitung, 6 Uhr-Blatt, Nr. 12082, 31. Juli 1918, S. 3. In: Austrian Newspapers Online, Österreichische Nationalbibliothek, http://anno.onb.ac.at/cgi-content/anno?aid=waz&datum=19180731&seite=3&zoom=33.
  8. "30 Jahre Sascha-Film" - Eine Festschrift der Sascha-Film Verleih u. Vertriebs G.m.b.H; Wien, September 1948
  9. Wiener Stadt- und Landesarchiv: Akt 1.3.2.119.A10/1.7101/1921 - Sascha Film-Industrie AG 1921, Statuten der Sascha Filmindustrie Aktiengesellschaft, Wien, 1918
  10. Auszug aus dem Sterbebuch der israelitischen Kultusgemeinde Wien, 1376/1929, Sigmund Philipp.
  11. Auszug aus dem Sterbebuch der israelitischen Kultusgemeinde Wien, 1376/1929, Sigmund Philipp.
  12. Auszug aus dem Trauungsbuch der Israelitischen Kultusgemeinde Wien, 53/1885, Sigmund Philipp und Marie Kuranda.
  13. Trauungsbuch der Israelitischen Kultusgemeinde Wien, 53/1885, Sigmund Philipp und Marie Kuranda.
  14. Matrikenamt der IKG Wien, A/VIE/IKG/I/BUCH/MA/GEBURTSBUCH/37,38,44;
  15. Wiener Archiv Informationsystem, Handelsregisterakt A 59/178a, https://www.wien.gv.at/actaproweb2/benutzung/search.xhtml
  16. Kinematographische Rundschau und Schausteller-Zeitung "Die Schwalbe", Nr. 346, 25. Oktober 1914, S. 2. In: In: Austrian Newspapers Online, Österreichische Nationalbibliothek, http://anno.onb.ac.at/cgi-content/anno?aid=kir&datum=19141025&seite=2&zoom=33
  17. Leikon Herzmuskelentartung, http://www.gesundheit.de/lexika/medizin-lexikon/herzmuskelentartung
  18. Lexikon Herzmuskeldegeneration, http://www.gesundheit.de/lexika/medizin-lexikon/myodegeneratio-cordis
  19. Auszug aus dem Sterbebuch der israelitischen Kultusgemeinde Wien, 1376/1929, Sigmund Philipp.
  20. Friedhofsdatenbank der IKG Wien, Zentralfriedhof 1. Tor, Sigmund Philipp; http://friedhof.ikg-wien.at/search.asp?lang=de.
  21. Trauungsbuch der israelitischen Kultusgemeinde Wien, 90/1911, Arnold Preßburger und Stefanie Hannak
  22. Trauungsbuch der israelitischen Kultusgemeinde Wien, 90/1911, Arnold Preßburger und Stefanie Hannak
  23. siehe dazu Wikipedia-Eintrag zu Arnold Pressburger
  24. Geburtsbuch der Israelitischen Kultusgemeinde Wien, 1397/1913, Nelly Preßburger
  25. Gedenkbuch für die Opfer des Nationalsozialismus an der Universität Wien 1938, http://gedenkbuch.univie.ac.at/index.php?id=435&no_cache=1&person_single_id=2043&person_name=Pressburger&person_geburtstag_tag=not_selected&person_geburtstag_monat=not_selected&person_geburtstag_jahr=not_selected&person_fakultaet=not_selected&person_kategorie=not_selected&person_volltextsuche=&search_person.x=1&result_page=1 (27.01.2016)
  26. Kinematographische Rundschau und Schausteller-Zeitung "Die Schwalbe", Nr. 436, 16. Juli 1916, S. 12. In: In: Austrian Newspapers Online, Österreichische Nationalbibliothek, http://anno.onb.ac.at/cgi-content/anno?aid=kir&datum=19160716&seite=13&zoom=33&query="pressburger"&provider=P03&ref=anno-search
  27. Kinematographische Rundschau und Schausteller-Zeitung "Die Schwalbe", Nr. 348, 8. November 1914, S. 9. In: Austrian Newspapers Online, Österreichische Nationalbibliothek, http://anno.onb.ac.at/cgi-content/anno?aid=kir&datum=19141108&seite=9&zoom=33&query=%22philipp%2B&provider=&ref=
  28. Kinematographische Rundschau und Schausteller-Zeitung "Die Schwalbe", Nr. 348, 8. November 1914, S. 38. In: Austrian Newspapers Online, Österreichische Nationalbibliothek, http://anno.onb.ac.at/cgi-content/anno?aid=kir&datum=19141108&seite=33&zoom=33&query=%22philipp%2B&provider=&ref=
  29. Anton Thaller: Österreichische Filmografie Band I. Spielfilme 1906 - 1918. Verlag Filmarchiv Austria, Wien 2010, S. 12, ISBN 978-3-902531-70-4
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