Darstellung der älteren Bau- und Kunstdenkmäler des Königreichs Sachsen

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Dresden (Stadt), Festungsbau. — Königliches Schloss


Bastion I, der grosse Bär (von béyer, dem Schutzdamm zwischen Hafen

und Elbe), mit dem davor liegenden Hafen reichte bis nahe an den heutigen

Kurfürstenplatz. Die Kurtinen waren durch Caponièren an den Ecken nach

innen gebrochen. Die folgenden Bastionen II, III, IV und V waren von etwa gleicher

Anlage. In der Mitte enge Kessel, starke Wälle überragten das Mauerwerk.

Zwischen III und IV das Schwarze Thor, das zu einer architektonischen Ge-

staltung nicht gelangte, zwischen Bastion V und IV, jener an der Elbe, die sich

im Walle im Palaisgarten erhielt.

Das Weisse Thor wurde 1718 von Fürstenhof erbaut, jedoch nie ein-

gewölbt, so dass nur die beiden Schauseiten standen. Diese zeigten eine schwere

Pilasterarchitektur und einen Rundbogen mit Wappen.

Die Befestigungen längs der Elbe erhielten keine stärkere Ausbildung.


Das Königliche Schloss

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Das Königliche Schloss.

Die älteste Erwähnung eines Schlosses (curia) geschieht 1285 in einer Ur-

kunde Markgraf Heinrichs des Erlauchten. Ueber den Standort dieses Baues ist

Sicheres nicht bekannt, doch dürfte er dem kriegerisch wichtigsten Punkte der

Stadt, nämlich dem Brückenkopfe, nicht zu fern gestanden haben.

Seit dem 15. Jahrhundert werden die Erwähnungen häufiger. 1407 wird

Margaretha von Dohna mit einem Hof „in der gassen genant uff dem Taschen-

berge an unserm unde der Barfussenbrudere boymgarten" belehnt. (Tafel XI).

1459 wird ein Freihof, genannt der Taschenberg, erwähnt, der zwischen dem

Schlosshofe und der Mönche Garten lag. Es wird hierdurch die Südgrenze

des Schlossgrundstücks festgelegt.

Das Schloss lag demnach am linken Elbufer westlich von der Brücke. Es

bildete das Grundstück einen langen dreieckigen Streifen, der von der Stadtmauer

und dem Zwinger vor dieser bis an die Nordfront des jetzigen Kleinen Hofes

reichte. Vor diesem befand sich jenes „gessichin gein unserm sloss ober", von dem

1413 die Rede ist. Dann folgte bis an das noch heute „Taschenberg" genannte Gässchen

der Freihof, dessen Grund nach und nach mit dem Schlosse vereinigt

wurde. An der Stadtmauer stiessen die Baumgärten von Schloss und Kloster

zusammen.

Seit 1471 giebt das sogenannte „Wittenberger Archiv" einige klarere Auf-

schlüsse:

1471 wird ein Thurm gemauert und gedeckt, Fenster und Anderes werden

gemacht. 1472 werden 1919 Schock Groschen verrechnet und zwar wird an der

Kapelle, am Gang zur Kapelle und am Thorhaus gearbeitet. Dort werden 39 Schock

den Steinmetzen gezahlt, „die stehen meister Arnalt zu." Gemeint ist wohl

zweifellos Meister Arnold von Westphalen, der Erbauer der Albrechtsburg

zu Meissen. 1473/74 werden 1722 Schock verrechnet, 1476 werden Keller ge-

graben, wird das Haus im Zwinger gebaut. Meister Heinrich der Kannengiesser

macht Formen, Meister Erhart der Zimmermann fasst Büchsen. Es handelte

sich also gleichzeitig um Kanonenguss. Ferner wird die Orgel geschnitzt und

kommen 7 Tafeln in die Kapelle. Der Bau kostet 271 Schock 23 gr.


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Altes Haus.


In den Jahren 1477/78 und den folgenden werden wieder zahlreiche Bau-

arbeiten erwähnt. Der Bau kostet 347 Schock. Simon Moller malt Fenster.

Im dritten Jahr, 1478/79 wird Hans Reynhart als der Baumeister genannt.

Er macht den Zwinger, das neue Haus wird gedeckt, die Zimmerleute erhalten

den wesentlichen Antheil an den Kosten von 268 Schock. 1480 betragen die

Kosten 251 Schock.

Als Giesser erscheint 1479 und 1480 wiederholt Heinrich Kannengiefser.
Die Frage, welches der hier erbaute Schlosstheil sei, soll zu beantworten versucht werden.

1. Das Alte Haus

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1. Das „Alte Haus."

Es befindet sich nämlich zur Zeit im Grünen Gewölbe ein in seine Geschosse

zerlegbares Modell des Schlosses aus der letzten Zeit der Regierung Herzog

Georgs [† 1539]. (Fig. 219 — 222, abgebildet bei Haenel, Adam und Gurlitt,

Sächsische Herrensitze und Schlösser, Blatt 47.) Dieses und die Vergleichung

mit dem gegenwärtigen Bestand ermöglichen einige Schlüsse auf die Geschichte

des Baues. Die Grundrisse entnahm ich Aufnahmen des Schlosses von den

Architekten E. Noack und G. R. Schleinitz, die mir vom Kgl. Hausmarschall-

amte gütigst zur Verfügung gestellt wurden.

Der Bau bestand hiernach aus vier Flügeln. In dem gegen Norden ge-

richteten wird der Mittelraum im Modell die alte Hofstube genannt. An diesen

schliesst sich westlich der Saal vor der alten Hofstube und die Harnischkammer,

die sich in dem damals den Bau abschliessenden Westthurm, dem Hausmanns-

thurm, befand. Dieser Bau ist gesondert geblieben in den beiden unteren Ge-

schossen. Allem Anscheine nach ist die Bezeichnung als „alte" zurückzubeziehen

auf einen Bau aus der Zeit vor dem 15. Jahrhundert. Spuren einer Architektur

aus dieser Zeit erhielten sich in den Obergeschossen nicht, dagegen zeigen sich

solche im Keller. Die Keller (Fig. 223) unter diesem Bautheile bilden eine ge-

sonderte Anlage und zwar im Tonnengewölbe gedeckte Bäume. Die mittleren

beiden haben 7,5 m Breite, bei nahezu 4,25 m Mauerstärke. Die hinteren Räume

werden getrennt durch eine schlicht gefaste, im Kleeblattbogen gebildete Thüre,

anscheinend ein Werk der Zeit um 1300 Gegen Westen schliesst sich das

Fundament des Hausmannsthurmes an, durch welches wohl erst beim Umbau

um 1550 ein schmaler Gang gebrochen wurde. Gegen Osten ist ein besonderer

Kellerraum angelegt, von dem ein Verbindungsgang von etwa 1,7 m Breite südlich

vor dem Georgenthore hin zu einem Baume jenseits der Schlossstrasse an der

Nordwestecke des späteren Kanzleigebäudes führt. Der Gang erstreckte sich

anscheinend noch weiter hin und dient jetzt zur Verbindung mit der Hofküche.

Ueber dem Keller lagen im Modell nicht bezeichnete Erdgeschossräume, da-

neben das „Heimlich Gemach." Die jetzt hier befindlichen Bäume sind anders

eingetheilt und zeigen keine Spur alter Architektur. Im ersten Obergeschoss

befand sich die „Alde Hoff Stuben" und der „Sahl vor der alden Hoff Stuben".

Im zweiten Obergeschoss die „Grosse Frauen Zimmer Stube" neben der Treppe

der „blaz vorm Fr. Zimmer," weiter die „Stube zum Fr. Zimmer" und das

„Heimlich Gemach und Kammer". In dem nördlich vorgelegten Erker

befand sich eine „Kammer" und eine „kleine Stube", sowie der Abort.

3* (22*)


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Dresden (Stadt), Königliches Schloss.

Zweites Obergeschoss

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Zweites Obergeschoss.

1. Hausmannsthurm.

2. Heimlich Gemach und Kammer.

3. Stube zum Fr. Zimmer.

4. blaz vorm Fr. Zimmer.

5. Grosse Frauen Zimmer Stube.

6. Kammer.

7. kleine Stube.

8. Abort.

9. Der Fürstin Gemach.

10. Platz vor der Fürstin Gemach.

11. Dantzsall.

12. Schössereithurm.

13. Treppe.

14. Gang.

15. Laterne.

16. Gang.

17. Bisschoffs-Stuben.

18. Cammer dabey.

20. Gewölbe.

22. Schornstein.

23. Gang.

25. Cammer dabey.

26. ?

27. Capelle.

28. Treppe.


Erstes Obergeschoss

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Erstes Obergeschoss.

1. Harnischkammer

2. Sahl vor der alden Hoff-Stuben.

3. Alde Hoff-Stuben.

4. Erker.

6. Herzogen Friedrichs Kammer.

7. Stuben.

8. Sahl vor dem Gemach.

9. Sahl vor der Hoff-Stuben.

10. Hoff-Stube.

11. Schössereithurm.

12. Treppe.

13. Verbindungsgang,

14. Laterne.

15. 16. Verbindungsthurm und Treppe.

17. Canzley Kammer.

18. Canzley.

21. Inner Canzley.

22. Vorplatz.

23. Gang in die Kirchen.

24. Schornstein.

25. Rathsstuben.

26. Kochkammer.

28. Gepläs zur Orgel.

29. Capelle.

30. Treppe.


Erdgeschoss

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Erdgeschoss.

1. Hausmannsthurm.

3. Durchgang zum Zwinger.

5. Heimlich Gemach.

8. Gewölb zur Küchenn.

9. Platz vor der Schneiterey.

10. Gewölb zur Schneiterey.

11. Beygewölb zu Schneiterey.

12. Die Schneiterey.

13. Brobiantkammern zur S.

14. Das hinderste Gewölb zur S. C.

15. Das Handgewölb zur S. C.

16. Silberkammer, die seillen (!)

17. Schössereithurm.

18. Treppe.

19. Wache.

20. Thor unter der Laterne (!).

21. Wachstube (?).

22. Küchenstube

23. Zergarten.

24. Gang.

25. Herlass (!).

26. Feuermeuer.

27. Vor Wass (?) Platz

28. Rahmkeller.

29. Speiss und Brotkammer vor die Fürsten.

30. Treppe.


Fig. 219 – 222. Königliches Schloss, Grundrisse nach dem Modell von 1528.


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Fig. 219 – 222. Königliches Schloss, Grundrisse nach dem Modell von 1528.

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Altes Haus. Bau vor 1471.


Drittes Obergeschoss

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Drittes Obergeschoss.

1. Des Herzogs Johanns

Schlaffkammer.

2. Herz. Johanns Stuben.

3. Die Cammer dabey.

4. Platz vor dem Gemach.

6. Uffgang oder Treppe.

7. Kleines Gewölb.


Fig. 222.


Meter. [Maßstab.]


Westlich an den Flügel legte sich der

„Hausmannsthurm." Er beherbergte im Erd-

geschoss die „Speisskamer zur Küchen", im

ersten Obergeschoss die „Harnischkammer",

im zweiten Obergeschoss einen unbezeichneten Raum.

Es würde demnach das älteste Schloss

aus einem rechteckigen Bau von 48,5 zu 14 m

bestanden haben, der von der Brücke durch

einen 13,5 m breiten Zwischenraum getrennt

war. Es sei ferner noch als Vermuthung aus-

gesprochen, dass der Thurm, der die „Inner

Canzley" beherbergte, älteren Ursprungs ist

und dass die innere Hofmauer des Westflügels

die ursprüngliche Begrenzung des Schlosses nach Westen darstellt.


2. Der Bau vor 1471

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2. Der Bau vor 1471.

Der zweiten Bauperiode möchte ich zunächst den Flügel längs der Schloss-

strasse zuweisen und zwar den an die Südostecke des alten Baues stossenden

Theil. (Taf. XII.) Hier finden sich vier ungefähr quadratische Joche von Ge-

wölben mit Diagonalrippen in einfacher Profilirung, die als Schlussstein ein

Wappenschild haben. Jenes über dem südöstlichen dieser Gewölbe (jetzt vorderer

Zehrgarten) trägt das sächsische Wappen. Die Form dieser Bautheile weist auf

die Mitte des 15. Jahrhunderts, so namentlich der auf jeder Seite in zwei Hohl-

kehlen profilirte Trennungsbogen. Die anstossenden Räume bis an das jetzige

Georgenschloss heran erwecken durchaus den Eindruck, als seien sie nachträglieh

angefügt. Sie sind unscheinbar und von jeher nur für Nebengelasse verwendbar

gewesen. Sie stehen in Verbindung mit dem vor dem Georgenthore hinführenden

unterirdischen Gange, der wohl hinter dem ersten Landpfeiler der Brücke sich

hinzieht, Die Verwendung dieser Räume ist aus den Inschriften im Modell er-

sichtlich. Jener der beiden nördlichen Gewölbe ist zwar ohne Bezeichnung. Er

dürfte die Küche beherbergt haben. Die vier Eckräume enthielten das „Gewölb

zur Küchen", den „Platz vor der Schneiterey", „das Gewölb zur Schneiterey"

und „das Beygewölb zur Küche", das südliche Joch enthielt „die Schneiterey".

Die Ueberwölbung der weiter südlich liegenden Räume ist anscheinend nicht

mehr die alte. Hier reihten sich an die Schneiderei die „Brobiand Camern zur S.",

das „hinderste Gewölb zur S. C", „Handgewölb zur S. C.", die „Silberkammer,

die seitten". Der Eckthurm, der später den Namen Schössereithurm trug, soll

nach chronikalischen Nachrichten erst 1528 errichtet worden sein.

Noch in den Plänen des 18. Jahrh. (Taf. XII) zeigt sich der ursprüngliche Zu-

stand erkennbar. An die vier Joche legen sich gegen Süden noch sechs, so dass

eine gleichartige Reihe von Räumen entsteht, die sich von der Ecke des alten

Schlosses 30 m weit erstreckt und auch noch weiterhin anscheinend alte Gewölbe

hatte. Der Bau gewann somit eine Länge von 59 m längs der Schlossstrasse.

Vor diesen Flügel legte sich an der Hofseite eine Treppenanlage. Im ersten

Geschoss zog sich ein offener Gang längs der östlichen und nördlichen Hoffront


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Dresden (Stadt), Königliches Schloss.


hin. Dieser scheint am

Ostflügel nach alten

Abbildungen noch im

17. Jahrhundert erhal-

ten gewesen zu sein.

Doch wurde hier an-

scheinend 1549 die

Front etwas weiter vor-

gerückt, indem eine

neue Untermauerung

der Obergeschosse statt-

fand.

Ueber diesen Räumen

fand sich im ersten

Obergeschoss die grosse

„Hoffstube", die bei einer Breite von etwa

13 m eine Länge von 34 m erreichte. Im

Modell wurden die Bäume gegen Nord-

ost als „Sahl vor der Hoffstuben", „Sahl

vor dem Gemach", ,,Stuben" und „Her-

zogen Friedrichs Kammer" bezeichnet.

Gemeint ist mit diesem Namen der Sohn

Herzog Georgs, der am 26. Februar 1539

verstorbene Herzog Friedrich.

Im zweiten Obergeschoss befand sich

der „Dantzsall", an den sich nördlich ein

schmaler „Platz vor der Fürstin Gemach"

und dann, mit dem Blick auf die Elbe,

der „Fürstin Gemach" anlehnte. Der

Tanzsaal hatte mithin schon eine Grösse

von rund 13 : 39 m.


3. Bau seit 1471

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3. Bau seit 1471.

Der Umbau seit 1471 betraf den west-

lichen Flügel.

Der Zwinger, von welchem in den

Acten die Rede ist, dürfte zwischen dem

Schlosse und der Stadt gelegen haben.

Das neu erbaute „Haus im Zwinger"

wäre demnach jenes, welches an die alte

Westmauer des Hofes westlich sich an-

legte. Hierbei erhielt sich als gesonder-

ter bis in das dritte Obergeschoss ge-

wölbter Bautheil jener oben erwähnte

Innere Canzleithurm, der im Erd-

geschoss eine Treppe, im ersten Oberge-


Georgenthor


Schlossstrasse


Hof


Fig. 223. Königliches Schloss, Keller unter dem Alten Haus und dem Georgenthor. Zustand vor dem Umbau von 1890.



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schoss die „Inner Canzley", darüber ein „Gewölbe" und endlich „das kleine

Gewölbe“ beherbergte. Er endete in einer kurzen Spitze und vier Eckthürmchen.


Der nördlich anstossende Bautheil bietet weiteres Interesse. Im Erdgeschoss

dehnt er sich breit aus und ist als „Feuermauer" und „Vor- (Wasch?) Platz"

bezeichnet. Zweifellos stand hier die grosse Hofküche mit einem gemauerten

Schornstein, der im Erdgeschoss 6 1/2 m im Geviert gehabt haben dürfte, nach oben

sich aber verjüngte, so dass nur ein mässiger Essenkopf den Abschluss bildete.


Weiter nördlich, im Anschluss an den Hausmannsthurm lag die Vorlage:SperrSchrift

(siehe oben S. 143 flg.), und zwar reichte sie durch beide Obergeschosse, während

sich im Erdgeschoss der „Rahmkeller" und die „Speiss- und Brotkammer vor

die Fürsten" befand. Ueber der Kanzel stand die Orgel, denn die südlich an

die Kapelle anstossende Kammer enthielt das „Gepläs zur Orgel", die nächste

wird als Kochkammer bezeichnet.


An der Westmauer führte durch alle Geschosse ein Gang hin. Vor diese

legte sich ein erkerartiger Anbau, der in den drei Geschossen enthielt: den

„Küchenraum" und einen „Herlass" bezeichneten Raum; die „Rathsstuben" und

einen unbezeichneten Raum; einen unbezeichneten Raum und die „Cammer dabey".


Die Südwestecke des Schlosses war viergeschossig. Im Erdgeschoss legten

sich drei Räume an den Inneren Canzlei-Thurm: ein Gang, der „Zergarten" und

die „Küchenstube"; darüber befand sich im Gange eine Verbindungstreppe, die

„Canzley Stube" und die „Canzley Kammer"; im zweiten Obergeschoss die „Bis-

schoffs-Stuben" (Bischofsstube) und die „Cammer dabey"; im dritten Obergeschoss

der „Uffgang oder Treppe", der „Platz vor dem Gemach", und an der Südseite

nebeneinander „des Herzog Johanns Schlaffkammer", „Herzog Jobanns Stuben"

und die „Cammer dabey". Gemeint ist Herzog Georgs Sohn, Herzog Johann,

† 11. Januar 1537.


In der nordwestlichen Hofecke lag die zweite grosse Treppe, welche zu-

gleich die Verbindung zwischen Nord- und Westflügel herstellte. Diese, wie der

ganze Flügel wurde 1549 durch Kurfürst Moritz abgebrochen.


Der Vorlage:SperrSchrift war künstlerisch der hervorragendste. Er beherbergte das

von Arnold geschaffene Thorhaus, das bis ins 18. Jahrhundert stand, die so-

genannte „Laterne" (Fig. 224 und 225). Es war ein rechtwinkeliger Bau, der

im Erdgeschoss sich im Spitzbogen dem Thore öffnete, im ersten Obergeschoss

durch je einen Erker nach Süd und Nord, im zweiten Obergeschoss durch je

einen Balkon sich öffnete. Ein spitzer Thurm überragte den Bau. Westlich

befand sich eine Wendeltreppe, südlich ein Gang in die grosse Hofstube, be-

ziehentlich in den Tanzsaal. ✓


Aeusserlich scheint das Schloss ohne Schmuckformen gewesen zu sein. Der

Hausmannsthurm, über dem Dache sich zum Achteck ausbildend, überragte ihn.

Thurmhelme fanden sich ausser dem über dem Inneren Canzleithurm und der

Laterne über dem südöstlichen Treppenhause, den Vorbauten vor der Nord- und

Westfront, der Treppe neben der Laterne. Die Kapelle deutete ein Dachreiter

an; der Ostflügel hatte gegen die Schlossseite drei, gegen den Hof einen Dach-

erker.


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Dresden (Stadt), Königliches Schloss.


4. Die Bauthätigkeit von 1480 bis 1530

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4. Die Bauthätigkeit von 1480 bis 1530.

Was in der Folgezeit am Schlossbau geschah, ist nicht sicher nachweisbar;

man ist zumeist auf die Chroniken angewiesen.


Fig. 224 und 225. Königliches Schloss, erstes und zweites Obergeschoss. Die Laterne und das Kanzleihaus, Zustand zu Ende des 16. Jahrh.


Zunächst meldet Weck vom Gusse dreier Glocken, von welchen die kleinste

die Inschrift trug:

Anno domini MCCCCLXXX.

Die grössere hatte den Weihespruch:

O rex gloriae veni cum pace.

und dazu die Jahreszahlen:

Anno domini MCCCCLXXXI.
Anno domini MCCCCLXXXXI.


1494 soll ein Sturm den Thurm (welchen?) umgeworfen haben. 1513 sind

nach den Kammerreehnungen des Käthes Baumaterialien zu einem Schlossbau

geliefert worden. Der „Pirnische Mönch" erzählt in seiner Chronik: „1518

ward das forstliche Haus am Slosse zu einer Cornschüttunge und stallunge an-

gefangen czu bawen und 1519 vollendet." Weck hat im 17. Jahrhundert daraus


[[w:wikisource:de:Benutzer:Methodios/Beschreibende Darstellung der älteren Bau- und Kunstdenkmäler des Königreichs Sachsen. Stadt Dresden./S. 342.


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File:Gurlitt Dresden TecZ 1903 048.jpg + File:Gurlitt Dresden TecZ 1903 048a.jpg


Bautätigkeit von 1480 bis 1530. Georgenthor.


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Bautätigkeit von 1480 bis 1530. Georgenthor.


schliessen wollen, dass dies „forstliche Haus" das älteste Schloss gewesen sei,

dessen Reste man im späteren Hofbrauhause, Rauchhause und Provianthause er-

kennen wollte. Wahr hieran dürfte nur sein, dass diese Gebäude, die bis 1718

standen und deren südwestlicher Punkt etwa an der Stelle der Mitte des west-

lichen Zwingerpavillons lag, die Grenzen der alten Vorburg darstellen, die gegen

Süden bis an den „Taschenberg" heranreichten. (Vergl. Tafel XI)


Im Jahre 1518 soll auch ein Brand das Schloss beschädigt haben, der im

Backhause entstand und den Helm des Hausmannsthurmes zerstörte. Dies be-

stätigt die Haube auf dem Thurme, die im 15. Jahrhundert nicht entstanden sein

kann, und die starken Lieferungen von Baumaterialien von der Stadt in den

Jahren 1518 und 1519. Dann soll 1528 der Schössereithurm an der Süd-

ostecke des Schlosses errichtet worden sein.

1530 brannte nach Weck der Hausmannsthurm ab, nachdem im Backhause

ein Feuer ausgekommen war. Nach dieser Zeit dürfte das Modell des Schlosses

entstanden sein.

5. Das Georgenthor

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5. Das Georgenthor.

Eine künstlerisch höher stehende Bauthätigkeit begann 1533 mit dem Um-

bau des Elbthores, das auf den beiden ersten Landpfeilern der Brücke am

linken Elbufer stand. Dies Thor wird urkundlich 1407 als Elbisches Thor be-

zeichnet, erscheint 1414 als Elbthor auf der Brücke, 1445 als Wasserthor. 1458

wurde neben dem Schlosse unter dem Wasserthore gepflastert. 1501 wurde

neben dem Elbthore ein Thorhäuschen gebaut.

Zweifellos hatte das Thor eine doppelte Aufgabe: es vermittelte den Zugang

zur Brücke (Elbthor) und den zum Elbstrande (Wasserthor). So erscheint es

auf dem Modell der Stadt von 1528/33.

Jedenfalls machen die erhaltenen Beste des Unterbaues (Tafel XIII und XIV)

den Eindruck, als seien sie älter wie 1533. Man erkennt in der Mitte des

Hauptdurchganges zur Brücke einen rund 6,6 m breiten, 6 m langen Raum, der

das alte Thor darstellen dürfte. Die Ueberwölbung ist in einfachen Diagonalrippen

gebildet; diese haben noch birnförmige Profile, wenngleich von matter Bildung.

Ebenso sind die Profile an der Verlängerung der Thorhalle von nur 5,4 m Breite

und gegen 15 m Länge. Es stand diese Verlängerung, wie es scheint, über einem

Brückenbogen, während der erstbezeichnete Raum auf einem Pfeiler aufgebaut war.

Diese beiden Theile dürften das alte Elbthor darstellen, wie es etwa bis

1471 bestand. Dem Umbau von 1533 gehört der nur 3,75 m breite und 10 m

lange Anbau nach Süden, sowie die vier Gewölbe gegen Osten an. Dies ergiebt

sich schon aus der Uebereinstimmung der Rippenprofile — zwei Hohlkehlen an

jeder Seite — und der Steinmetzzeichen. Die kräftige Säule am „alten Canzley

Gewölbe", sowie jene in dessen Mitte, wie die sorgfältige Behandlung des Rippen-

werkes sind beachtenswerth.

Ferner wurde überbaut der Raum zwischen dem Thore und dem Schlosse,

und zwar ist dieser dauernd im Erdgeschoss zu untergeordneten Zwecken ver-

wendet worden. Ursprünglich dürfte hier zwischen Thor und Schloss ein Weg

zum Elbufer hinabgeführt haben. Es zeigte sich bei den Umbauten von 1899,

dass von diesem Gang in das Schloss etwa 1—1, 5 m unter der Gleiche des

Georgenthores Thüren führten. Es stellte also erst Herzog Georg die bauliche


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Dresden (Stadt), Königliches Schloss.


Verbindung zwischen Schloss und Thor her. Neben dem zur Brücke führenden

Thorbogen wurde daher an der Schlossstrassenseite ein zweiter erbaut, der als

Eingang zum Schlosse diente. Er erhielt daher als Schmuck auch die Medaillons

der beiden Fürsten Herzog Georg und Herzog Johann. Dieses Thor hatte keinen

entsprechenden Ausgang auf der Elbseite, es sei denn einen seitlichen in den

Zwinger vor der Nordfront des alten Schlosses.


Statt dessen scheint ein Wasserthor östlich vom Georgenthor offen geblieben

zu sein. Im Stadtmodell ist freilich dieses als überwölbt dargestellt. Doch scheint

mir dieser Bautheil nicht so, wie er hier gebildet ist, ausgeführt worden zu sein.


Noch im November 1568 erhielt ein Gold-
schmied Michel Linsenheuer einen Bauplatz
„nächst dem Pförtlein, wenn man von der
Canzlei nach dem Brückenthor gehen will, und
Hansen Widmanns, Uhrmachers, Häuslein ge-
legen". Dieser Platz, heisst es, sollte frei und
unverbaut bleiben und zur Aufbewahrung von
Baugeräth für die neue Canzlei dienen (Haupt-
staatsarchiv Cop. 343 Bl. 426). Die Canzlei
war inzwischen vom Westflügel des Schlosses, dem
innern Canzleithurm (siehe oben S. 340) nach
dem Georgenthor verlegt worden. Es ent-
stand ein mit einfachen Diagonalrippen über-
deckter Raum, in dessen Mitte ein starker runder
Pfeiler steht; später wurde die Vorderwand
dieses Raumes (gegen den Stallhof) heraus-
gebrochen, seit unter Kurfürst August die
Canzlei am Canzleigässchen gebaut worden war
(Taf. XIII.) Es bestand also zwischen dieser
Canzlei und Brückenthor ein Pförtlein. Die
Verhältnisse änderten sich dadurch, dass Kur-
fürst August das Georgenthor ganz absperrte.
Der Zugang zur Stadt von der Elbe geschah
bis ins 18. Jahrhundert durch die Augustus-
strasse. Unter dem Georgenthore war nur

eine Verbindung vom Stallhofe nach dem Zwinger vor der Nordfront des Schlosses

offen, das eigentliche Thor war aber anscheinend bis zum Schlossbrande von 1701

beiderseitig zugemauert.


Der Umbau von 1899 gestattete zwar eine sehr genaue Untersuchung

des Erdgeschosses, doch wurde eine wesentliche Aufklärung nicht geschaffen. Auch

von den künstlerischen Formen des Neubaues haben sich neben Abbildungen, so

namentlich bei Weck, nur Theile erhalten.


Das Georgenthor besass gegen die Elbe und gegen die Stadt zu stattliche

Schauseiten, von denen zwei Kupferstiche in Weck's Chronik ein ungefähres

Bild geben.

Nordthor.

An der Elbseite, Nordseite (Fig. 226), durchbrach nur ein Thor das Erd-


Fig. 226. Georgenthor, Nordseite. Skizze nach Weck, Zustand bis 1701.

[nicht in Commons]


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Bau- u. Kunstdenkm. d. K. Sachsen, XXII, Dresden Stadt Beil. XV.


345

Georgenthor, Nordthor.


geschoss (Fig. 227 und 228, Tafel XV). Dieses ist eingefasst von zwei candelaber-

artigen Säulen vor breiten Pilastern. Lebhaft bewegte tanzende Putten, zierliche

Rundmedaillons, Gehänge von Schnürwerk, Blumen u. dgl. schmücken die schlan-

ken Schäfte. Die Kapitäle sind von ausserordentlicher Schönheit und Eigenart.

Der Abschluss des Thores ist rundbogig. Als Schlussstein dient eine kleine Scheibe


Fig. 227 und 228. Königliches Schloss, Georgenthor, Nordthor. Zustand bis 1899.


mit einem Todtenkopfe. In den Zwickeln ist dargestellt: links Adam hingestreckt,

mit einer Hacke auf der Schulter, rechts Eva mit einem Kinde auf dem Schoosse;

fein behandelte, sehr flache Reliefs. Zwischen den schlanken Verkröpfungen des

Gesimses im Architrav die Inschrift:

(per in) VIDIAM DIAB0LI MORS

(intr) AVIT IN ORBEM.


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Dresden (Stadt), Königliches Schloss.


Den Architrav durchschnitten in roher Weise die Tragsteine eines Balcons,

dem auch das ganze Hauptgesims weichen musste. Beim Umbau vom Jahre

1899 wurde dieser Balcon entfernt und das über dem Gesims befindliche Relief

(Fig. 229) freigelegt. Dieses, aus zwei Steinen bestehend, ist 1,29 m hoch, 94 cm

breit und zeigt in einer schlichten Bogenarchitektur Kain, der den auf dem Boden

liegenden, mit der Linken abwehrenden Abel erschlägt, im Hintergrunde das


Fig. 229. Königliches Schloss, Georgenthor, Relief über dem Nordthor.

[Nicht in Commons]


Opferfeuer. Der Balcon zerstörte die das Relief umgebende Architektur und die

Wappenlöwen über den Säulen.

Zerstört ist ferner der Bau, welcher aus der Bekrönung emporwuchs, und

den Kragstein unter einem Erker mit seinem Geäst umkleidete. In diesem war

die Schlange dargestellt. Zu beiden Seiten die Bildsäulen Adams und der Eva.

Von den beiden Friesen, die sich unter den Fenstersohlbänken hinzogen, erhielten

sich nur einige Wappen aus der oberen Reihe. Diese sind:


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Georgentlior, Nordthor.

347


Georgenthor, Nordthor


1. Altenburg, mit der Inschrift Aldenburgk und dem Steinmetzzeichen Fig. 230

Nr. 38.

2. Pfalz Thüringen.

3. Regalienschild.

4. Orlamünde, bez. Gefertiget Ao 1534. Erneuert Ao. 1835 und den Zeichen Fig. 230

Nr. 38 und 39.

5. Pfalz Sachsen.

6. Landsberg.

Todtentanz

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Todtentanz.


Den Fries über dem zweiten Geschoss bildete

der berühmte Todtentanz, ein Relief von 1,22 m

Höhe und 12,47 m Gesammtlänge. (Vergl. Wanckel

und Flechsig, Die Sammlung des K. S. Alter-

thumsvereins, Dr. 1900, S. 49 flg.)

Der Erker theilte diesen in zwei ungleiche

Theile. Der Tanz bewegte sich in einem Reigen

von West nach Ost. Voran geht der Tod (Fig. 231),

ein Knochenmann, der eine Schalmei bläst und ein

Weinglas in der Rechten emporhält. An dem ihn

umhüllenden bandartigen vielverschlungenen Ge-

wande hält sich der Papst an. Er trägt eine Krone

und den Hirtenstab. Es folgen ein Cardinal mit

Hut und Stab, ein Bischof und ein Abt mit Krumm-

stab und Mitra, ein Domherr mit Doctorhut und

Hermelin, ein Pfarrgeistlicher im Chormantel, mit

einer Monstranz in der Rechten, ein Buch in der

Linken gebückt hinschreitend, und ein Bettelmönch.

Hinter dem Erker folgt der zweite Zug. Vorn

wieder der Tod, mit Knochen die Trommel spielend.

Dann der Kaiser mit Krone und Scepter (unver-

kennbar Karl V.), der König mit Hut und Scepter

(Ferdinand ?), der Herzog (Georg der Bärtige, mit

dem goldenen Vliess und dem Rosenkranz), ein

Hofherr (Kanzler), zwei Ritter (Graf und Ritter?),

ein Rathsherr (Gelehrter?), ein Werkmeister (wahr-

scheinlich Hans Schickentantz selbst), ein Stadt-

knecht, der Bauer mit dem Dreschflegel und endlich

der Bettler mit der Krücke. Es fehlt in der er-

haltenen Reihe wohl der Tod, der den dritten Zug anführte. Ihm folgt die

Aebtissin, die Fürstin, die Bäuerin, welche Gänse auf dem Rücken trägt. Nach

der Darstellung bei Weck, Tafel 9, fehlt hier die Frau von Adel und die Bürgers-

frau, welche er freilich auf Tafel 10 auch nicht darstellt. Den Beschluss macht

der Geizhals mit dem Geldsacke, ein Kind und von diesem geführt ein mit dem

Hute grüssender Bettler, hinter welchen der Tod mit der Sense herschreitet.

Nach Flechsig sind die letzten vier Gestalten vom Bildhauer Johann Emanuel

Brückner um 1721 ergänzt worden.


Fig. 230. Königliches Schloss. Steinmetzzeichen.

[fehlt in Commons]


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348


Dresden (Stadt), Königliches Schloss.


Die Gestalten sind im Allgemeinen etwas kurz gerathen, die Schritte sind

schwerfällig, die Bewegungen weit ausladend, die Glieder und Köpfe meist zu

gross für den Rumpf, Verzeichnungen fehlen nicht. Aber jedenfalls handelt es

sich um ein sehr bedeutendes bildnerisches Werk. Die Stimmung, die durch das

Ganze geht, das dumpfe Hintrotten dem Tode entgegen ist meisterhaft dargestellt.

Nur Wenige halten Umschau: der Domherr thut es, ohne im Fortschreiten zu

stocken, der Pfarrer im Gespräch mit dem Mönche. Der Kopf dieses, wie jener

des Papstes und des Bischofs sind von meisterhaftem Ausdruck. Ein Stocken

im Gange zeigt sich erst wieder bei dem mit besonderer Liebe dargestellten

Herzog Georg. In dessen Arm legt der ihm folgende Hofherr den seinigen, in-

dem er an der Hand den schwer gerüsteten Grafen herbeiführt. Es handelt

sich hier sichtlich um Anspielungen auf ganz bestimmte Persönlichkeiten und

Vorgänge. Sie erscheinen wie eine vor dem letzten Gange berathende Gruppe.


Fig. 231. Königliches Schloss, Georgenthor. Todtentanz, Anfang der Reihe.

[fehlt in Commons]


Man weiss aus der Geschichte, wie Herzog Georg nach dem Hinscheiden seiner

Söhne von der Zukunft die Zerstörung seines Lebenswerkes, die Erhaltung des

kirchlichen Lebens im Sinne der alten Religion unter staatlichem Einfluss, be-

fürchtete. Ueber die Gestalt des Werkmeisters ist gestritten worden. Flechsig

bezeichnet ihn als Zimmermann, wohl seines Schurzfelles wegen. Ich möchte

dahin gestellt sein lassen, ob der Zustand des Zuges thatsächlich hier genaue

Unterscheidung der Nebendinge ermöglicht.

Der Todtentanz entstand, wie Flechsig richtig aus der Barttracht des Herzogs

Georg schliesst, zwischen 1533 und 1537, wohl nach dem Orlamündeschen

Wappen von 1534. Er wurde wahrscheinlich durch den Schlossbrand von 1701

beschädigt, bei dem Neubau entfernt und 1721 an der Neustädter Kirche, 1733

auf dem Neustädter Kirchhofe aufgestellt. 1898 wurde er abgeformt. Gipsabguss

im Museum des K. Alterthumsvereins.


Der Giebel des Georgenthores war abgetreppt und mit kleinen Consolen und

Figuren verziert.


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349


Georgenthor. - Nordthor. - Südthor.

Südthor

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Südthor.


Auf der Stadtseite, Südseite (Fig. 232), hatte das Erdgeschoss zwei Thore

(Fig. 232, 233), von denen sich Reste hinter der im 18 Jahrhundert vorgebauten

Galerie zum Theil in lebhafter Bemalung und Vergoldung erhielten. Sie zeigen

einen ähnlich reichen Schmuck in Flachornamenten wie die an der Elbseite. In

den Zwickeln des gegen Westen zu gelegenen Thores finden sich zwei kreisförmige

Medaillons, und zwar links ein Bildniss des Herzogs Georg ohne Bart, baarhaupt,

auf der Brust das sächsische Wappen und die Inschrift:

GEORG DVX SAXONIAE AETATIS SVAE XXXXXVIIII MDXXX

rechts Herzog Johann mit breitem Hute, Feder

und Wappen, bez.:

JOHANNES DVX SAXONIAE AETATIS
SVAE XXXV. (1533).

Darüber im Architrav die Inschrift:

ANN. DOM. MDXXXV.

Der Bogen ist gemarkt mit folgenden Stein-

metzzeichen Fig. 230 Nr. 43, 44, 45, 46, 47, 48.


Herzog Johann wurde am 24. August 1533

35 Jahr alt. Herzog Georg am 27. August 1530

59 Jahr. Die drei verschiedenen Jahreszahlen

geben wohl Aufschluss über Beginn und Schluss,

die also in die Jahre 1530 und 1535 fielen. Hier

erscheint Herzog Georg noch bartlos, da er erst

seit 1534 den Bart trug.

Das zweite Thor ist bis auf geringe Reste zer-

stört, doch zeigt sich noch darüber das Untertheil

des Reliefs aus der Bekrönung, welche durch den

Anbau eines Verbindungsganges vor dem Erdge-

schoss im 18. Jahrhundert zerstört wurde. Nach

der Zeichnung Wecks befand sich hier ein Cru-

cifis, von welchem Reste wieder zum Vorschein

kamen, als Mitte Mai 1899 jener Verbindungsgang

abgebrochen wurde. Es zeigten sich zwei Kinder,

die am Fusse des Kreuzes standen. In den Zwickeln

fand sich der Löwe und das Lamm, die den Tod

und die Schlange „dämpfen", mit den theilweise

wieder aufgedeckten Inschriften:

Leo de tribu Juda (Agnus) RE(demit(?) suos).


Fig. 232: Georgenthor. Südseite. Skizze nach Weck, Zustand bis 1701.


Auf dem Architrav stehen die gleichfalls 1899 zum Vorschein gebrachten

Inschriften:


(NO)S AVTEM GLORIARI OPOR(TET)

(IN)CRVCE DOMINI NOSTRI (IESV)

IN QVO SALVS (VITA) ET RESVR

(RE)CTIO NOSTRA PER QVEM SAL(VA)

TI ET LIBERATI SVMVS.


Darüber sieht man die muschelartig gegliederten Verdachungsanläufe. Das

Thor ist 1900 in der Einfahrtshalle des Jagdthores wieder aufgestellt worden.


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350


Dresden (Stadt), Königliches Schloss.


Der übrige Wandschmuck bestand in drei Geschossen von je zehn kurzen

Pilastern, davon zwei den Fenstern, eines dem Raum zwischen diesen entsprachen.

Die Felder neben den Mittelfenstern füllte ein Rankenwerk, das über den Pilastern

zusammenwachsend bis zum Giebel emporreichte. Neben einander sah man in

der Achse die Taube und Gottvater mit der Inschrift:

Hic est filius meus dilectus.
Das dritte Obergeschoss zierten die Bildsäulen des h. Georg und h. Christo-

pherus, die Giebel Flachbilder eines Kaisers und des Christkindes mit den (allein

erhaltenen) Inschriften:

HIC PVER ............. IMPERATOR VRBIS OCT

MAIOR TE EST .... AVIANVS SEMPER AVGVSTVS


Fig. 288. Königliches Schloss, Georgenthor, Südthor. Zustand vor 1899.


Im oberen Geschoss die Jungfrau mit dem Kinde, daneben Engel mit den Inschriften:

Gloria in
excelsis deo
et in ter .......... bonae vo
ra pax ho .......lunta
minibus ......... tis

Als Bekrönung des Giebels Engel. Am Thore finden sich die Steinmetz-

zeichen Fig. 230, Nr. 40 — 42. Nähere, nicht ganz zutreffende Beschreibung

bei Weck S. 25 flg. Vergl. Dr. Beutel, Dresdner Anzeiger, 24. Juni 1899, Nr. 172.

E. Haenel, Denkmalpflege, Band I, Nr. 15, Berlin 1899.

Die Aufdeckungen von 1899 stellten ferner fest, dass die Gesimse an der

Stelle, wo der dritte, östliche Thoreingang sich an das alte Thor anlehnt, ver-

kröpft waren, der Bau von 1535 also hier seinen Abschluss fand.

Der geistige Inhalt der Ausschmückung der Schauseiten ist an der Elbfront

die Darstellung von Sünde und Tod, an der Stadtseite jene der Erlösung.


w:wikisource:de:Benutzer:Methodios/Beschreibende Darstellung der älteren Bau- und Kunstdenkmäler des Königreichs Sachsen. Stadt Dresden./S. 350.


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351


Georgenthor, Moritzbau.


Als der Erbauer des Georgenschlosses wird von Alters her Hans Schicken-

tantz bezeichnet. Urkundlich hat sich diese Nachricht nicht belegen lassen,

doch spricht auch nichts gegen sie. Nach dem actenmässig beim Bau des

Schlosses Hartenfels in Torgau festzustellenden Baubetriebe wurden die Arbeiten

an Dresdner Steinmetzen vergeben, die sie nach dem Entwürfe des Bauleitenden,

dort Conrad Krebs, ausführten und fertig behauen auf den Bau lieferten. Es

handelt sich also um eine ausgebreitete, in Dresden sesshafte Thätigkeit, bei der

Schickentantz als Brudermeister der Hütte jedenfalls ein hervorragender Antheil

zufiel. Am Thore finden sich die Zeichen Fig. 230, Nr. 43—49.

Am 1. Mai 1899 begann der Umbau des Thores. Hierbei wurden die er-

haltenen Reste sorgfältig aufbewahrt und an anderer Stelle wieder aufgerichtet:

PROFILE VOM GEORGENTHOR (SCHLOSSSTRASSENSEITE)


Fig. 234. Königliches Schloss, Georgenthor. Profile des Südthores.

das Südthor im Jagdthore, das Nordthor an der Westseite des Georgenschlosses. Beschädigte Theile wurden hier leicht überarbeitet, Fehlendes ergänzt.

6. Der Moritzbau

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6. Der Moritzbau.
Im Jahre 1547 liess Kurfürst Moritz den Westflügel des alten Schlosses ab-

brechen und am 1. September 1548 begann er einen Neubau. Ueber diesen ver-

gleiche meinen Aufsatz in den Mittheilungen des K. S. Alterthumsvereins Heft 28.

Es wurden verausgabt:

vom 15. September 1548 bis 28. December 1549: 22,375 fl. 16 gr. 4 pf.

1550: 21,375 „ 15 „ 9 „
1551: 20,683 „ 14 „ 7 „
1552: 12,069 „ 14 „ 7 „
1553: 9,784 „ 15 „10 „
1554: 14,652 „ 5 „ 3^j
100,941 fl. 19 gr. 4 pf.

w:wikisource:de:Benutzer:Methodios/Beschreibende Darstellung der älteren Bau- und Kunstdenkmäler des Königreichs Sachsen. Stadt Dresden./S. 351.


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352


Dresden (Stadt), Königliches Schloss.


Wer den eigentlichen Entwurf schuf, steht nicht fest. Wahrscheinlich war

es Caspar Vogt, der seit 1541 als Zeugmeister bestellt war, 1545 Oberzeug- und

Baumeister über den Festungsbau des ganzen Landes wurde und wohl 1560 starb.

Hans Dehn ist wohl mehr mit der Baubeaufsichtigung betraut gewesen. Dieser

wurde 1500 geboren, war anfangs Förster in Dresden, scheint sich namentlich

um das Harnischwesen verdient gemacht zu haben, wurde 1541 Oberförster,

baute als solcher die Befestigung von Altendresden, wurde 1549 geadelt als

Dehn-Rothfelser, 1554 Amtmann in verschiedenen Aemtern, baute nach chroni-

kalischen Nachrichten die Schlösser Senftenberg, Radeberg und Moritzburg, nach

archivalischen das Schloss Grüllenburg und starb am 13. Juli 1561.


Der eigentlich bauleitende Architekt dürfte Meister Bastian gewesen sein.

Es ist dies der seit 1538 in den Brückenamtsrechnungen genannte Bastian

Steinmetz (nicht Stentz, wie ich früher fälschlich las). In der Rechnung von

1544 wird er, wie schon gesagt, Bastian Kramer genannt, und erscheint sein

Zeichen auf einem Siegel (siehe S. 21). Neben ihm wird Balthasar Kramer

mehrfach in den dreissiger Jahren genannt. Bastian ist mir nur bis 1554 begegnet,

nach ihm ist an der Brücke Melchior Trost thätig, der schon 1535—44 für

Schloss und Schlosskapelle zu Torgau wichtige Arbeiten ausführte und seit 1545

Obersteinmetz am Festungsbau wurde (f 9. Februar 1559). Nach ihm war Hans

Kramer als Hofsteinmetz angestellt (seit 1554 bestellt, seit 1565 in Danzig

thätig, dort bis 1573 nachweisbar) und tritt namentlich Hans Werner als

leitender Künstler in Dresden hervor. Diese deutschen Künstler führten wohl

im Wesentlichen die Gesimse, Dachgiebel, Fenster- und Thürgewände aus.

Seit 1553 erscheint neben dem welschen Maurer Boch und dessen Leuten

der welsche Steinmetz Johann Maria in den Rechnungen, während Meister

Bastian als deutscher Steinmetz bezeichnet wird. Der Gesammtlohn der welschen

Steinmetzen wird 1555 auf 3804 fl., der der deutschen auf 10,050 fl. berechnet.

Jene hatten also sehr wesentlichen Antheil an der Gesammtgestaltung. Ob Jo-

hann Maria selbst diesen Einfluss ausübte, ist fraglich. Er wird nur noch ein-

mal in den Acten genannt, nämlich am 28. October 1553, wo Kurfürst August

die „Abfertigung" (Entlassung) des Meisters bis zu seiner Ankunft nach Dresden

hinauszuschieben befiehlt.


Unter dem den Dresdner Acten entnommenen Namen ist wohl zweifellos jener

Juan Maria Padovano zu erkennen, der um 1520 in Venedig, 1527 im

Santo zu Padua, 1536 am Belvedere auf dem Hradschin in Prag thälig war,

1549 am Schloss Stern bei Prag arbeitete. Dass er in Lauenstein thätig war, wie

ich früher annahm, ist ein Irrthum. Er ist ferner derselbe, der unter dem Namen

il Mosca bald nach seinem Auftreten in Dresden in Polen erscheint. Das Grab-

mal des Erzbischofs Nicolaus Dzierzgowski im Dom zu Gnesen (1554), die Tuch-

halle zu Krakau u. a. m. werden auf diesen Künstler zurückgeführt. Eine genauere

Untersuchung seines Lebensganges böte gewiss mancherlei Aufschlüsse zur Ge-

schichte der Renaissance im Nordosten.


Die Schauseiten des Schlosses waren nach aussen wie nach dem Hofe zu

durchweg mit Sgraffiten auf schwarzem Grunde verziert. Ausgeführt wurden

diese von den italienischen Malern Francesco Ricchino und Benedict und

Gabriel de Thola. Von diesen dürfte Ricchino der bedeutendere gewesen


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353


Moritzbau. Baubeschreibung.


sein. Vasari rühmt ihn. Er kehrte wegen des Podagras schon 1555 nach Italien

zurück, wozu er am 23. Juli vom Kurfürsten die Erlaubniss erhielt. Die beiden

Thola, denen sich als jüngster Bruder noch Quirinus zugesellte, blieben in

Sachsen, waren aber zumeist als Musiker thätig. Vergleiche über sie meinen

Aufsatz in den Mittheilungen des K. S. Alterthumsvereins Heft 28, Seite 50 flg.

Benedict starb um 1571/72, Gabriel vor 1569, Quirinus und Horatius de Thola,

Söhne eines der Vorigen, erst im 17. Jahrhundert, Andreas Paul 1601. Die

jüngeren waren lediglich „Instrumentisten". Benedict und Gabriel malten 1563 die

Decke des Steinernen Saales (über der Kapelle) für 640 fl., nachdem sie 1000 fl.

dafür gefordert hatten. Benedict reiste zweimal (1563 und 1566) nach Italien.


Der Ausbau des Schlosses begann mit der Umgestaltung des Ostflügels. Der

Treppenthurm in der Nordostecke des Hofes trägt zweimal die Inschrift 1549.

Zugleich wurden die alten, den Hof beengenden Treppen entfernt.


Am 23. Februar 1549 berieth Ernst von Miltitz, Oberhauptmann des

Meissnischen Kreises, mit dem Amtmann und Harnischmeister Hans Dehn, dem

Ober-Zeug- und Baumeister Caspar Vogt von Wierandt und dem Rath Dr.

Komerstadt die gefertigten Pläne und berichtete darüber an Kurfürst Moritz.

Man beschloss, mit dem Neubau über den Graben in den Garten zu rücken, den

Hof also nach Westen zu verlängern. Den Fortgang des nun lebhaft in Angriff

genommenen Baues erläutern die Acten, wie die Inschriften der süd- und nord-

westlichen Treppenthürme. Im Jahre 1551 war der Sgraffitoschmuck zum min-

desten in Angriff genommen. Es fand sich diese Jahreszahl am Gesims gegen

die Schlossstrasse. Das Thor zur Schlosskapelle (Tafel V) wurde 1555 vollendet,

die Thürflügel 1556.

Baubeschreibung.

Das Schloss (Fig. 235) war nunmehr gegen Westen um das Doppelte vergrössert

Es bestand aus folgenden Theilen: dem Alten Haus mit dem an diesen stossen-

den Hausmannsthurm; dem alten Ostbau mit dem an diesen stossenden Schösserei-

thurm von 1528 und einer neuen Verlängerung gegen Süden, der Schösserei ; der

Laterne; dem „langen schmalen Haus", welches nun den Hof gegen Süden ab-

schloss; dem „Grossen Hause," welches gegen Westen lag; dem Kapellenflügel,

der westlich an den Hausmannsthurm sich anlegte; den Treppenthürmen im Nord-

osten, Nordwesten und Südwesten.

1. Der Ostflügel behielt im Erdgeschoss seine alte Raumeintheilung im

Wesentlichen bei. Neue Kunstformen entstanden nicht. Der offene Umgang an

der Hofseite wurde abgebrochen, die Schauseite etwas weiter gegen den Hof

hinausgerückt. Im ersten Obergeschoss wurde die Hofstube gegen Norden ver-

längert, so dass sie bis in die Hofflucht des Nordflügels reichte. Im zweiten

Obergeschoss wurde der sogenannte Riesensaal angelegt, der bis zur Elbfront

reichte. (Vergl. S. 370.)

2. Der Schössereithurm. Der Thurm entstand, wie erwähnt (nach

D. O. Schürers handschriftlicher Chronik), 1528. In den ältesten Modellen er-

scheint er in drei runden Geschossen, das vierte ist achteckig und mit Giebeln

versehen. 1553 wurde er mit 30 Centner Kupfer gedeckt. Damals erhielt er

das vierte Geschoss, den schlanken Helm und nahe dessen Spitze eine tauben-

schlagartige Wachstube, die dem Ganzen einen im Stadtbilde auffallenden Ab-

4* (23*)


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354


Dresden (Stadt), Königliches Schloss.


schluss gab. Der Thurm brannte 1701 mit ab und wurde darauf abgebrochen,

da er die Schlossstrasse einengte.


3. Die Schösserei (Fig. 224 und 225), der Bau südlich vom Ostflügel,

in dem sich später die sogenannte Englische Treppe befand. Er war durch eine

innere Wendeltreppe zugänglich und scheint ursprünglich in allen Geschossen

Verwaltungszwecken gedient zu haben,


4. Die Laterne blieb im Wesentlichen unverändert, erhielt jedoch an der


Fig. 235. Modell des Königlichen Schlosses.

[fehlt in Commons]


Aussenseite ein neues Thor und durch den Zimmermeister Lucas ein neues

Dach.


5. Das Lange Schmale Haus verband den Küchenflügel mit der Laterne,

im zweiten Geschoss enthielt es eine Galerie, in den übrigen Geschossen Reihen

kleinerer Räume.

6. Das Grosse Haus beherbergte im Erdgeschoss in der Nordecke das

Grüne Gewölbe, einen über drei Pfeilern gewölbten Saal. Von dem anstossen-

den, über einem Pfeiler gewölbten Raum führt eine noch erhaltene Pforte mit

Treppe in den Schlossgarten. Weiterhin befanden sich hier die Wirthschafts-


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355


Moritzbau , Baubeschreibung.


räume, in der Südecke die Küche. Vor die Nordostecke des Schlosses legte sich

eine kleine rechtwinkelige Bastion zum Bestreichen der Facen. In den Ober-

geschossen befanden sich hier zwei Fluchten stattlicher Zimmer. Ein Gang

führte später vom ersten Geschoss nach dem im Osten gelegenen Badhause. Eine

kleine Wendeltreppe verband die Geschosse im Inneren untereinander. Im Dach-

geschoss befand sich die Kunstkammer.


7. Das Kapellenhaus beherbergte im Erdgeschoss und ersten Obergeschoss

die Kapelle (vergl. S. 144 flg.). Im oberen Geschoss lag der Steinerne Saal, der

schon 1553 mit 616 Platten Rochlitzer Stein von Meister Bastian belegt wurde.


8. Der Hausmannsthurm. Im Kellergeschoss (Fig. 223) wurde durch

diesen ein Gang nach den unter dem Neubau sich hinziehenden schönen Kellereien

gelegt. Das Erdgeschoss ist nur durch ein kleines Thor von Süden aus zugänglich

gewesen, ehe das jetzige „Grüne Thor" durchgebrochen wurde. Auch in den

Obergeschossen wagte man nur kleine Thüren durch das alte Gemäuer zu brechen,

so dass der Thurm einen starken Abschnitt im Grundrisse schuf.


Zur Herstellung besserer Verbindungen wurde der „Altan" (Fig. 236) an der

Hofseite vorgebaut, ein schmaler Gang in drei Geschossen über einer Säulenhalle.

Das Untergeschoss ist dorischer Ordnung. Die Säulen stehen auf cylindrischen

Postamenten, auf der Platte des Kapitals ein einfacher Mäander. Ueber der Säule

Mauerstreifen, in denen sieh die Archivolten todtlaufen. Diese Anordnung findet

sich auch in den beiden Obergeschossen. In den Zwickeln kleine Rundmedaillons

mit Briefköpfen. Auch die Postamente unter den Säulen des ersten Obergeschosses

sind cylindrisch. Zwischen diesen Steinplatten mit Reliefs die Brüstung bildend.

Ueber den Beliefs Inschriften. Die Darstellungen sind:

An der westlichen Schmalseite:

1. Ein Heer zieht nach rechts, wo vor dem in Wolken erscheinenden Gott-

vater der geharnischte Josua kniet. Mit Bezug auf die Stärkung Josuas in

seinem Beruf (Josua Cap. 1, 1-2). Dazu die Inschrift:

ZIEHE. VEBER. DIESEN. IORDAN. DV. VND. DAS. VOLC


An der nördlichen Vorderseite:
2. Zur Rechten sieht man die sich aufbäumenden Wellen des Jordan, das

Heer mit der Bundeslade, mit Fahnen und auf Stäben getragenen Schlangen

zieht durch den trockenen Fluss, Mädchen mit Krügen auf dem Kopfe ziehen

voraus. Hinter der Lade wird das Denkzeichen aus Steinen aufgebaut (Josua

Cap. 3 und 4). Dazu die Inschrift:

D I E. LADE. DES. BVNDES. IM. IORDAN. IOSVA. AM IV. CAP.
3. Das Heer, in dessen Mitte die Lade getragen wird, zieht um Jericho.

Vorn Posaunen Blasende. Die Mauern der Stadt fallen ein (Josua Cap. 6). Dazu

die Inschrift:

DER.HERR.SPRACH.ZV IOSVA.SIEHE.ICH HABE IERICHO.SAMT.
IHREM.COENIGE.VND.VOLCE.IN DEINE HENDE GEBEN. I0SVA
AM I CAP.
4. Gottvater schwebt über der niedergesetzten Lade, Josua wirft sich vor

der Lade nieder. Links ein Zelt mit Kämpfenden, im Hintergrunde die vor den

Männern zu Ai Fliehenden, rechts die Bestrafung Achans und seines Geschlechts (?)

(Josua Cap. 7). Dazu die Inschrift:

ABER.DIE CINDER. ISRAELS VERGRIFFEN.SICH AM. VERBAN-
NETEN.ZV IERICHO VND FLOHEN. FVR. AI. IOSVA.AM.VII.CAP.



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356


Dresden (Stadt), Königliches Schloss.


Fig. 236. Königliches Schloss, Altan, Zustand vor 1898.

[fehlt in Commons]


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Moritzbau, Baubeschreibung.


5. Die Eroberung der Stadt Ai. Man sieht das scheinbar fliehende Heer

des Josua und hinter der Mauer die aus dem Hinterhalt einbrechenden Juden

(Josua Cap. 8, 1 — 25). Dazu die Inschrift:

DER.HERR.SPRACH.ZV.IOSVA: SIEHE.ICH.HABE.DEN.COENIG
ZV.AI.SAMT.DEN.VERBVNDETEN.VOLC IN DEINE. HENDE
GEBEN.IOSVA.VIII CAP.
6. Links die an Bäumen gehenkten fünf Könige von Makkeda, in der Mitte

unter einer Wolke das vom Hagel erschlagene Heer der Amoriter, rechts die

Höhle, in der sich jene Könige verbargen (Josua Cap. 10). Dazu die Inschrift:

IOSVA.SPRACH:MACHET.AVF.DAS.LOCH.DER.HOEHLE.VND
BRINGET.HERVOR.DIE V.COENIGE.ZV.MIR.IOSVA.X CAP.


Fig. 237. Königliches Schloss, Relief vorn Altan. Zustand vor 1896.

[Fehlt in Commons.]


An der Ostseite (Fig. 237):
7. Das Heer zieht gegen die Festungsthürme von Makkeda und erstürmt

diese (Josua Cap. 10, 28). Dazu die Inschrift:

ER.GEWANN.AVCH.MACEDA.VND.SCHLVG.SIE.MIT.DER.SCHAERFE.
DES.SCHWERTS.
Die Darstellungen haben wahrscheinlich Bezug auf die Siege des Herzogs

Moritz über Kurfürst Johann Friedrich und Kaiser Karl V.

Die Reliefs, welche sich jetzt an der Arkade befinden, sind Nachbildungen

der sehr verwitterten alten. Diese selbst zeigten starke Uebertreibung in den

Bewegungen, eine gehäufte und unruhige Composition. Sie sind von derselben

Hand wie das Relief am Kirchenthore (S. 148).

Diese Hand war unbedingt eine deutsche. Wir sahen schon, dass die


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358


Dresden (Stadt), Königliches Schloss.


Architektur, wie sie am Schlosskapellenthor 1555 (siehe oben S. 148), an dem

Denkmal Melchior Hauffes 1572 (siehe oben S. 67), am Altar der Frauenkirche

1582 (siehe oben S. 45 flg.) auftritt, wie sie am Rathhaus zu Leipzig 1558

(Heft XVII und XVIII S. 312 flg.) erscheint, trotz ihrer akademischen Strenge

deutschen Künstlern zugehört. Die grosse Wahrscheinlichkeit hat es für sich,

dass Hans Walther der Verfertiger dieser Arbeiten gewesen sei.


Die Säulen des Obergeschosses waren schlichter jonischer Ordnung. In den

Zwickeln Flachornament. Im zweiten Obergeschoss füllten Ballustren die Brüstung,

die Säulen waren von einer der Composita verwandten Ordnung, in den Zwickeln

Medaillons. In diesen drei Geschossen war der Gang in Sandstein überwölbt,

im Gewölbe vertiefte rhombische Rosetten mit zierlichem Flachornament. Das

dritte Obergeschoss zeigte rechteckige Postamente, zwischen diesen Ballustren,

deren Zwischenräume je ein kleines schmiedeeisernes Gitter füllte, darüber fein

und formrichtig ausgeführte (alte?) korinthische Säulen und ein Holzgebälk , welches das Dach trug.


An der Rückwand des zweiten Obergeschosses sah man bis in die achtziger

Jahre Reste der Fresken, die sich früher hier befanden.

Bei dem Umbau von 1896 wurde der Altan wesentlich verändert. Die

Säulenstellungen wurden abgetragen und 2,12 m weiter vorgerückt. Im Erd-

geschoss wurden die Mauern, die dort lange Zeit die Säulen verbanden, entfernt,

im ersten und zweiten Obergeschoss Fenster in die Bogenöffnungen eingefügt, das

dritte Obergeschoss fast ganz erneuert. Das alte Holzdach wurde ganz beseitigt.


Der Hausmannsthurm selbst wurde umgestaltet. Nach einem Brande von 1518

hatte er kurz oberhalb des Umganges eine niedrige Haube erhalten. An deren

Stelle wurde ein neues Obergeschoss mit welscher Haube, Laterne und schlanker

Spitze aufgesetzt. In dieser Form erhielt sich der Thurm bis in das Jahr 1674.


9. Das Alte Haus zeigt im Erdgeschoss nicht wesentliche Aenderungen.

Auch in den Obergeschossen wurden nur die Zimmer anders angeordnet, nament-

lich eine grosse Hofstube geschaffen. Der Gang durch das Schloss in den Nord-

zwinger wurde in den Kapellenflügel verlegt.


10. Die Treppenthürme (Schnecken) in der nordöstlichen (Fig. 238)

und der nordwestlichen Hofecke stimmen unter sich in den Hauptformen überein.

Sie bestehen je aus einem cylindrischen Kernbau mit schräg ansteigenden Fenstern

in fünf Geschossen übereinander. Das Dach bildet eine kleine Kuppel mit

Laterne und hohem Helm. Die unteren Geschosse sind mit einer Architektur

umkleidet, die in stetiger Fortentwickelung sich aus jener der Treppenthürme

der Schlösser Meissen, Wittenberg, Torgau und Berlin ergab. Das Erdgeschoss

zeigt breite Postamente, deren Vorderfläche Reliefornament schmückt. Sie enden

in einem dem Jonischen verwandten Kapitäl. Zwischen den Postamenten sind

Flachbogen, die von Kolossalgestalten getragen werden. Ueber den Postamenten

zieht sich auf verkröpftem Gesims ein Umgang hin, der das zweite Pilaster-

geschoss trägt: wieder Postamente mit Rundmedaillons an der Frontseite, die

Schäfte mit reichem Reliefornament geziert. Ueppig reiche Kapitäle und ein

stark verkröpftes, vielgegliedertes Hauptgesims mit figürlichen Darstellungen im

Fries schliessen die Architektur ab.


In der Einzelbehandlung unterscheiden sieh die beiden Treppenthürme nicht

unerheblich. Am nordöstlichen, dem zweimal mit der Jahreszahl 1549 bezeichneten,


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359


Moritzbau, Baubeschreibung.


finden sich als Kolos-

salgestalten Krieger,

wie es scheint Hel-

den, darunter Simson

mit dem Eselskinn-

backen, ein zottiges

Weib und ein zottiger

Mann, beide nackt.

In den Zwickeln er-

scheint Adam und

Eva, in den unteren

Postamentreliefs ein

liegender Hirsch, der

den Baum des Pa-

radieses mit dem

Elternpaar als Ge-

weih trägt und ein

Widder mit dem

Opfer Kains. Im

oberen Fries findet

sich eine sehr be-

wegte Darstellung

eines Reiterkampfes.

An den Risaliten Ein-

zelgestalten (Fig. 239

und 240), z. B. ein

nackter trommelnder

Krieger. Die Kapi-

täle sind sehr geist-

reich behandelt. Ne-

ben Büsten wachsen

zu den Ecken Füll-

hörner hervor, auf

denen Kinder so

sitzen, dass sie die


Platte mit dem

Rücken tragen und

das Gesäss nach aus-

sen strecken. Mehr-

fach findet man sol-

che Zeugnisse eines

derben Witzes.


An der nordwest-

lichen Schnecke, die

zweimal mit 1550

bezeichnet ist, haben



Fig. 238. Königliches Schloss, Nordostschnecke. Zustand vor 1883.

[Fehlt in Commons]


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360


Dresden (Stadt), Königliches Schloss.


die Kolossalgestalten den Charakter

von Hermen, die auf einem Menschen-

fusse stehen. Die Gestalten sind stark

bewegt, im Nackten nicht immer

glücklich, wenngleich mit aufmerk-

samer Beobachtung der bewegten

Muskeln gezeichnet. Die Ornament-

füllungen neigen noch mehr zum

Fratzenhaften und Komischen, we-

nigstens an den Postamenten, deren

eines den Unterkörper eines Mannes

bis an die Hüfte als Hauptmotiv zeigt

In die Füllungen der Pilaster sind

mehrfach Putten eingefügt, deren

Bildung eine italienische Hand zeigt.

Die Kapitäle sind besonders reich und

geistvoll behandelt. Pane ersetzen

die Eckvoluten, solche erscheinen

auch in den Bildwerken des Frieses,

und zwar an den Verkröpfungen. In

den Rückenlagen ist der Trojanische


Fig. 239. Königliches Schloss. Von der Nordostschnecke.

[Fehlt in Commons.]


Krieg dargestellt: der Kampf an den

Schiffen links, eine Kampfscene in der Mitte, die Erstürmung der Stadt und

Flucht des Aeneas rechts. — Während an den unteren Theilen die Deutschen

unverkennbar auch bei Behandlung

der Sculpturen das Uebergewicht ha-

ben, erscheinen die Pilasterfüllungen,

die Kapitäle und namentlich die

Fries-Reliefs durchaus als italienische

Werke: Die der östlichen Schnecke

konnte nur ein Bildhauer schaffen,

der römische Reliefplastik genau

kannte; die der westlichen zeichnen

sich durch eine besonders reiche

Formgebung aus.


Auf Fig. 230 sind an den Treppen-

thürmen zum Theil im Jahre 1879

gefundene Zeichen angegeben. Viele

von diesen sind verschwunden, seit die

Treppenthürme 1883—1888 einer Er-

neuerung unterzogen wurden ; andere

sind so verwittert, dass sie nicht

mehr erkennbar sind.

Es stammen von der nordöst-

lichen Schnecke, und zwar von

dem runden Fenster des Erdge-


Fig. 240. Königliches Schloss. Von der Nordostschnecke.

[Fehlt in Commons.]


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361


Moritzbau, Baubeschreibung. Innerer Ausbau.


schosses: 1, 2, 15; von den reich verzierten Pilastern: 3, 4, 5, 6, 7, 13, 18, 32, 33, 34;

von den Thürleibungen: 3, 7, 35, 36; von den Kolossalgeslalten:

9, 10; vom Sockel: 7, 8, ferner das nebenstehende Zeichen M D M K


Von der nordwestlichen Schnecke, von den Fensterleibungen: 28, 29, 30,

27a, 3, 24, 25; von reichverzierten Pilastern: 13, 17, 20, 21, 22, 12, 11, 6a, 37;

von den Kolossalgestalten: 31, 23, 3, 26; ferner die

nebenstehenden Zeichen (Juan Maria Padovano?) (M) . (M P) . I P M

Auf das wiederholte Vorkommen des G. C. (siehe nebenstehend) G C

an grösseren figürlichen Arbeiten sei hingewiesen.


11. Der dritte Treppenthurm in der Südwestecke zeigt eine andere

Anordnung. Er hat an den Ecken ornamentale Pilaster, die das schneckenartig

emporsteigende Gesims tragen. Die Formen sind schlichter und stehen dem

Georgenthor näher. Am vordersten Pfeiler des Erdgeschosses findet sich ein

Kapitäl, an welchem ein bärtiger Mann mit Maassstab und Zirkel, den Hut auf

dem Kopfe, neben einem zweiten, glatzköpfigen, gleichfalls bärtigen, mit Winkel

und Klöppel hervorschaut. Es sind dies sicher zwei Werkleute des Baues, wohl

Caspar Vogt und Bastian Kramer. Ueber beiden ein leider leeres Schild. Unter

dem Hauptgesims zweimal die Inschrift 1550.


Zum Theil haben an dieser Schnecke die Steintheile erneuert werden müssen.

So im Jahre 1900. Sie wurden schon 1683 genau nachgeahmt, als nach dem

Vorbilde dieser Schnecke die südöstliche erbaut wurde. Dort findet sich über

dem baarhauptigen Manne (Fig. 241) ein Zeichen. Es ist fraglich, ob dies sich

auf den Meister von 1550 oder 1683 bezieht.


Ein kleines interessantes Bauglied ist auch der Tragstein am Fenster der

Kellerei, welcher bestimmt war, bei der Ausgabe des Weines zu dienen. Er

wurde 1877 von Hofbaurath Krüger erneuert.


Die architektonische Aussengestaltung des Baues war eine einheitliche.

Durchweg wurden die Fenstergewände gebildet durch profilirte Facen, auf denen

scheibenartige Verzierungen liegen. Die Stürze sind geradlinig.


Die Wände sind glatt verputzt und waren mit Sgraffiten verziert. Diese zeigen

im Erdgeschoss eine Quaderung, über diesen ein Triglyphengesims. Sonst waren

figürliche Darstellungen gewählt.


Unter dem schlichten Hauptgesims zogen sich ringsum Inschriften hin. Die

an der Schauseite gegen die Schlossstrasse lautete:

Mauritius, dei gratia dux Saxoniae sacri Romani imperii archimarschalens et elector MDLI.

Den Bau schlossen allseitig kräftige Giebel ab, welche sich zum Theil er- hielten.

7. Der innere Ausbau

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7. Der innere Ausbau.

Die Ausstattung der Wohnräume dürfte von vornherein eine reiche gewesen sein.

Die Tischlerarbeiten fertigten Hans Willkomm und Georg Fleischer.

1553 war Willkomm mit sieben Gesellen thätig, Fleischer mit zehn Gesellen.

Ausserdem erscheint ein Meister Bartel, der für 200 fl. die Decke des Frauen-

zimmers machte. Die Tischler allein erhielten beim Bau 8373 fl., während 366 fl.

für Flaserholz ausgegeben wurde. Fleischer fertigte eine eingelegte Flaserdecke

„am kleinen Schnecken" für 140 fl., ferner Decken und Brustgetäfel in mehreren

Bäumen. Die welschen Maler erhielten mit ihren Buben die Woche 29 fl. Da



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362


Dresden (Stadt), Königliches Schloss.


sie Farben und Gold beanspruchen, müssen sie auch im Innern des Schlosses

thätig gewesen sein. Sie erhielten im Ganzen 5626 fl. Die deutschen Maler,

von denen Meister Andres (Bretschneider?) genannt wird, erhielten 2932 fl.

Von diesen Decken hat sich nichts erhalten.


Früh werden Tapezereien erwähnt. Unzweifelhaft besass der Hof solche

niederländischer Herkunft. Wichtig ist aber, dass auch in Dresden solche in

unmittelbarem Anschluss an den Schlossbau gefertigt wurden. Von einem Teppich-

macher spricht ein Brief Kurfürst Augusts vom 24. October 1554: er fertigt den

Deutschen- und Türken-Zug. Es ist 1555 von Patronen für eine Jagd die Rede,



Fig. 241. Königliches Schloss. Von der Südostschnecke.


die dem Teppichmacher nicht rechtzeitig geliefert wurden und die Lukas

Kranach zu zeichnen aufgegeben war. Es dürfte dieser Teppichmacher wohl

jener Seger Bombeck sein, der 1545—52 in Leipzig lebte (vergl. Heft XVII/XVIII,

S. 323 flg.), und es dürfte der dort beschriebene Teppich, „das Urtheil Salomoniis"

von 1557, in Dresden gefertigt sein, obgleich Bombeck im August dieses Jahres

in Weimar lebte. Den Grund hierfür sehe ich in dem Umstande, dass die im

Hintergrunde abgebildete Stadt Dresden darzustellen scheint, freilich im Spiegel-

bilde.

Ausserdem befanden sich sicher 1550 Teppichmacher in Dresden. Ihnen soll

das Altendresdner Rathhaus eingeräumt werden. 1552 — 54 werden Heinrich

von Hohemühl, 1563 seine Wittwe, 1553 seine Gesellen Hans Stichelmamn


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363


Moritzbau. Innerer Ausbau.


von Bruſslow (Brüssel), Hans Schlotzs von Bruſslow und Samson

Faber von Enge (Enghien im Hennegau) genannt. (Vergl. Richter, Ueber

die altniederländischen Bilderteppiche in der K. Gemäldegalerie, Dresdner Ge-

schichtsblätter 1893, Nr. 1.)


Mehrfach ist in literarischen Quellen von der reichen Ausstattung der Schloss-

kapelle mit Teppichen die Rede, namentlich waren zwei Passionen, die alte

(11 Stück) und die neue (10 Stück) berühmt, von denen die neue in Dresden

gewirkt worden war, da die dazu gehörigen Patronen noch lange im Schlosse

verwahrt wurden.


Nicht minder reich war die Ausstattung mit Jagdtrophäen. Für diese

schnitzte Georg Fleischer, der im Schlosse seine Werkstätte hatte, zu Hun-

derten Schilde und Thierköpfe, namentlich für die Geweihe. In den Acten ist

er 1572, 1575, 1582, 1583 in dieser Thätigkeit erwähnt. Er arbeitet auch an

der Drehlade des Kurfürsten August, eines eifrigen Drechslers, so 1563, 1576,

1578, 1579, 1582.


Ein merkwürdiger Raum ist das Zimmer im zweiten Obergeschoss des Haus-

mannsthurmes, jetzt Porzellanzimmer. Im ersten Obergeschoss ist der Thurm

noch heute in der Achse des Flügels ohne Verbindung mit den Nebenräumen,

überwölbt mit flachem Kuppelgewölbe und tiefen Kappen. Diese Wölbart lässt

auf italienischen Einfluss schliessen. Dieser tritt nun auch im zweiten Ober-

geschoss hervor. Die Wölbart ist dieselbe. Auf dem Gewölbe (Fig. 242) sind

Stuckverzierungen in einem überaus geistreich behandelten Flachrelief angebracht.

Der quadratische Raum hat abgeschrägte Ecken, seine Wände sind im 18. Jahr-

hundert durch dunkelbraune, zum Theil vergoldete Holzpilaster mit korinthischen

Kapitälen und Spiegelflächen gegliedert worden. In den Achsen nach der Zimmer-

flucht befindet sich je eine Thür, nach aussen und nach dem Hofe je eine Bogen-

öffnung. Das Spiegelgewölbe wird getragen von je drei Lünetten über jeder Wand,

über denen die Stichkappen aufsteigen. Der Spiegel selbst ist stukkirt, in hell-

grünen und hellbraunen Tönen mit feiner Goldverzierung gemalt. Die Umrahmung

ist in Streifen vierfach concentrisch gegliedert. Im ersten, äussersten Streifen

abwechselnd Vasen und Tritonen, die auf Muschelhörnern blasen, im zweiten

Grotesken, Vögel und Banken, im dritten sitzende Paare mit Guirlanden, im vierten,

dem Mittel, in ein sphärisches Octogon eingeschlossen ein Kentaur, auf dessen

Bücken Amor mit dem Bogen sitzt. Dies Alles in zartestem Flachrelief. Die

Gewölbezwickel zeigen Festons und Kraniche, dreimal einen schwebenden Genius.

Die jetzt in pompejanischem Roth gehaltenen Stichkappen sind von Guirlanden

eingefasst. In den Rundbögen auf hellgrünem Grunde figürliche Flachreliefs in

hellbräunlich getöntem, leicht mit Gold aufgehöhtem Stuck, von links ab:

Hofseite: 1. Ein nackter bärtiger Flussgott liegt nach links, auf eine Urne
gelehnt, aus der das Wasser fliesst.
Das Mittelfeld ist unausgefüllt.
2. Flussgott, nach rechts liegend und den Kopf umwendend, nur
mit einem Lendenschurz.
Westseite: 3. Flussgott, wie 1, mit beiden Händen die Urne haltend.
4. Links eine geschwänzte Priapusherme unter einem Baume, rechts
eine knieende Frau, die eine Kette darbringt.


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364


Dresden (Stadt), Königliches Schloss.


Fig. 242. Königliches Schloss, Porzellanzimmer. Gewölbe.

[Fehlt in Commons.]


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365


Moritzbau. Innerer Ausbau.


5. Ruhender Mann nach rechts, von hinten gesehen, im Mantel;
der rechte Arm ruht auf seinem Schenkel.

Nordseite: 6. Nackter Mann nach links, den rechten Arm auf einen Felsen

gestützt.
7. Links eine Satyrherme, die mit der linken Hand am Fusse einer
Schweinshaut zieht, die rechts über einem Baumaste hängt.
8. Nackter liegender Mann, nach rechts den Arm hinter sich auf-
stützend.

Ostseite: 9. Sitzender Mann, in seinen Mantel gehüllt, dessen Falte er mit

der Linken fasst.
10. Links ein knieender Satyr, der mit der Linken nach dem Kopfe
einer rechts stehenden Faunsherme greift, die sich nach ihm
wendet. Hinter ihr hängt eine Klapper an einem Baume.
11. Ruhender Greis, nach rechts, ein Füllhorn im Arme, den Ober-
körper halb vom Mantel umhüllt.


In gleicherweise ist das sogenannte Grüne Gewölbe stukkirt. Es finden

sich hier acht Kreuzgewölbe in zwei Jochen über drei quadratischen Pfeilern.

Die Mittel nehmen rechtwinkelig umrahmte Felder ein, in deren ovale, mit

Reliefornamenten geschmückte Schilde sich befinden. Dargestellt sind in Art der

Kameen klassische Vorgänge, und zwar sind erkennbar die Europa mit dem Stier,

Leda mit dem ihr nahenden Schwan, Leda in der Umarmung des Schwanes,

Orpheus (?), Flöte blasend, vor ihm ein Stier, und weitere mir nicht verständ-

liche Vorgänge. Die zweite Darstellung der Leda schliesst sich an jene auf der

Attika der Bibliothek in Venedig eng an und weist somit abermals auf einen

oberitalienischen Meister. Zwischen den Mittelfeldern solche mit Ornament und

einfachen Cassetten. In den Zwickeln Chimären und Greifen nach Art jener im

Thurmzimmer. Die Decke ist unbemalt.


Der anstossende Raum ist durch einfache Reihungen von Früchten und Eier-

stäben an den Graten der Kreuzgewölbe verziert.


Diese plastischen Arbeiten in ihrer reichen, prachtvollen Modellirung

schliessen sich eng an Genuesische Werke des 16. Jahrhunderts an. Namentlich

ist die Verwandtschaft mit der Stukkirung des Hauptsaales des Palazzo Andrea

Doria unverkennbar. Dieser Palast wurde seit 1527 erbaut, die Ausschmückung

stammt von Perin del Vaga, dem Schüler Rafaels, der seit 1529 an diesem

beschäftigt war. Es sei darauf hingewiesen, dass König Ferdinand durch den

Gesandten des Kaisers 1538 „Maister Paulin della Stella" mit 13 Gesellen aus

Genua nach Prag berief, dass unter diesen wohl auch der in Dresden thätige

Bildhauer sich befand.


In dem grossen Schlossmodell im Grünen Gewölbe erscheinen mehrere

Räume mit besonderer Liebe dargestellt. So der Riesensaal, von dem unten

(Seite 370) die Rede sein wird. Dieser hatte damals nur Geschosshöhe. Gegen

das Alte Haus zu war eine Trompeterbühne angebaut, gegenüber eine solche an

die Wand gemalt. Die Decke war noch flach. Ferner die Schlosskapelle

(siehe Seite 144). Endlich der nordöstliche Ecksaal des zweiten Obergeschosses,

dessen Wände eine gemalte Arkade zierten, in die überlebensgrosse jagdbare

Thiere eingemalt waren.


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366


Dresden (Stadt), Königliches Schloss. Zeit Augusts und der Christiane.


Reste aus dem alten Schlosse.


Ofenplatte (Fig. 243) aus der K. Hofkirche, Gusseisen, 81 cm breit,

142 cm hoch. Ein antik gekleideter Krieger mit Helm, Panzer, in der Rechten

eine Hellebarde, die Linke auf einen mit Rollwerk verzierten Schild gestützt.

Etwas leere und nüchterne Arbeit aus der Zeit um 1560. Bemerkenswerth als

Nachklang der Arbeiten am Treppenthurme. An der Hellebarde gemarkt IF.

(Jörg Fleischer?) Jetzt in der Sammlung des K. Alterthumsvereins, Inv.-Nr. 468.


Thürklopfer (Fig. 244), in Schmiedeeisen, mit kräftig profilirtem Ringe,

der mit noch gothisirendem Rankenwerk verziert ist. Der Schild durchbrochen,

alle Theile gravirt. Sorgfältige Arbeit

aus der Zeit um 1550.

Jetzt in der Sammlung des K. Alter-

thumsvereins, Inv.-Nr. 449b.


Thürgriff, in Schmiedeeisen, mit

aufrecht stehender Handhabe, die nach

oben in eine Eichel endet. Einfacher

Schild. Wohl um 1550.

Jetzt in der Sammlung des K. Alter-

thumsvereins, Inv.-Nr. 449 a.


8. Die Zeit Kurfürst Augusts

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8. Die Zeit Kurfürst Augusts.


1574 machte Jeremias Neuenar

einen Kamin im Schlosse. Der Kurfürst

überliess ihm die Wahl der Figuren am

Ofen, wünschte nur reinen Guss. Die

Tapezereien sollen beim Aufstellen erst

entfernt werden.


Fussbodenbelag.


Das Jahr 1583 brachte Vorbereitung

für neuen Fussbodenbelag in den

Sälen des Schlosses. Bisher hatte man

Serpentin und Alabaster hierzu gewählt,

das aber durch die Füsse und den Sand

schon 1582 zerkratzt und unansehnlich

gemacht worden war. Der Kurfürst

suchte nach besseren Stoffen. Nachdem

Nosseni verschiedene Muster gezeichnet, untersuchte man zunächst den Zöblitzer

Serpentinbruch. Er lieferte nur „Gerolle und Hurzeln", nicht die gewünschten

Platten von 1/2 Elle Geviert und 2 Zoll Dicke. Der Bildhauer Christof Walther

wurde 1593 nach Karlstein in Böhmen geschickt, wo eine Stunde vom Schlosse

entfernt an der Beraun ein rother weiss gesprenkelter Marmor gebrochen wurde.

Die Verhandlungen mit dem Besitzer des Bruches Graf Hans Kinsky scheinen zu

einem Ergebniss nicht geführt zu haben. Dann wendete sich der Kurfürst an

Paul Meusinger in Regensburg nach dem dort gebrochenen „weissen Marmor".

Die Arbeit wurde im Wesentlichen von Nosseni 1584 ausgeführt. Die

Muster sind uns in dem grossen Schlossmodell erhalten.


Fig. 248. Königliches Schloss. Ofenplatte.


https://digital.slub-dresden.de/werkansicht/dlf/1929/416


367


Reste aus dem alten Schlosse. Fussbodenbelag. Decken. Schlossthor an der Schlossstr.


Die Arbeit hatte insofern Wichtigkeit, als der Kurfürst erneut seine Auf-

merksamkeit auf die Beschaffung guten Steines in Sachsen selbst legte. 1585

fand Nosseni weissen Marmor am Sondersberge bei Rauenstein und Lengefeld,

für dessen Bruch er am 5. Mai 1585 eine Befreiung auf 20 Jahre erhielt. In

Weissensee, Schwarzenberg, Crottendorf, Grünhain, Gruna, Weissenfeis und Lauter-

stein wurden ausserdem Marmor und andere edlere Bausteine von ihm gebrochen.

In der Zeit vom 18. October 1589 bis 24. April 1591 wurden auf die „Arbeit des

Marmelsteins am Gemach auf dem Schloss und dem neuen Hause" (Lusthaus auf

der Bastei) 6540 fl. ausgegeben.


Decken.

Noch zu Ende des 16. Jahrhunderts hatte man mit der weiteren Ausbildung

der Decken begonnen. Der Tischler David Fleischer fertigte solche an. Zu

einer erhielt sich der Originalentwurf noch

in den Acten des Hauptstaatsarchivs. Diese

sowie eine zweite befanden sich im dritten

Obergeschoss und sind 1892 in das Vor-

und Wettinzimmer des zweiten Oberge-

schosses versetzt worden. Bei sorgfältiger

Arbeit sind sie als einfaches Casettenwerk

durchgeführt.

8. (?) Die Zeit der Christiane

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8. Die Zeit der Christiane.


Schlossthor an der Schlossstrasse.


An Stelle der alten „Schösserei" und

des „Thores bei der Schösserei", des

alten Zuganges zum Schlosse an der

Schlossstrasse, die noch in des Zeug-

meisters Paul Buchners Plan für den

Stallhof (Tafel XIII) erscheint, wurde

unter Kurfürst Christian I. ein neues

Thor errichtet.


Fig. 244. Königliches Schloss. Thürklopfer.


Den ersten Entwurf Buchners für dieses bewahrt das Hauptstaatsarchiv; er

ist wesentlich malerischer gehalten als die spätere Ausführung. Diese beanspruchte

in den Jahren 1589 — 90 einen Aufwand von 9945 fl. Buchner wählte (Fig. 245)

eine kräftige Rustica-Architektur, je zwei Halbsäulen dorischer Ordnung, dazwischen

das Bogenthor, im Schlusssteine eine Darstellung des Pelikans, in den Metopen

Löwenköpfe. Ueber den Säulen standen früher auf vier Postamenten Standbilder

des Glaubens, mit Kelch und Kreuz in den Händen, dahinter ein Einhorn; der

Grossmüthigkeit, gewappnet, mit Heroldstab, dahinter ein Elephant; der Stärke,

als gewappneter Mann mit einer Säule und einem Löwen, und der Dankbarkeit

mit Füllhorn und dem Vogel Strauss. Zu Seiten in zwei Geschossen Fenster,

über dem Ganzen eine Balustrade mit zwei Engeln als Eckstandbildern. Die

Postamente waren mit zierlichem Bollwerk geschmückt. Ueber der Mitte des

Baues erhob sich ein Kuppelbau über acht Halbsäulen dorischer Ordnung mit

Engelsköpfen in den Metopen und einer Justitia als Bekrönung. Zwischen den

Säulen waren Nischen angeordnet.


XXII. 5 (24)


https://digital.slub-dresden.de/werkansicht/dlf/1929/417


368


Dresden (Stadt), Königliches Schloss, Zeit der Christiane.


Das sehr stattliche Werk verlor den Kuppelbau und den Bildschmuck 1725.

1894 wurde es in etwas veränderter Gestalt erneuert. Umgestaltet wurde dabei

namentlich das Obergeschoss durch eine Umrahmung der Fenster und Aufstellung

dekorativer Löwen. Bei dieser Gelegenheit wurden die Säulen und Eckquader

abgestockt und dabei die gross eingeschlagenen Steinmetzzeichen zumeist un-

kenntlich gemacht.


Der kleine Schlosshof.

Auf den Wunsch der Kurfürstin-Wittwe Sophie wurde 1592 das Haus des



Fig. 245. Königliches Schloss, Thor an der Schlossstrasse.

Zustand von 1900 mit Hinweglassung des oberen Geschosses und der Beleuchtungskörper.


Sebald Schreyer in der Schlossstrasse gekauft, um es mit dem Schlosse zu ver-

einigen. Es wird als 95 Ellen lang und 18 Ellen breit geschildert. Für die

Umbauten, 10 Doppelfenster, Dachdeckung u. s. w., werden 2000 fl. berechnet.

Ausserdem sollen Giebel und zwei Gänge über einander gebaut werden. Im

Erdgeschoss sollte neben der Stube gegen die Schlossstrasse ein Vorsaal, eine

Tafelstube, eine Stube und Kammer für die jungen Kurfürsten, im Obergeschoss

ein langer Saal (15 : 47 Ellen) für die Kunstkammer eingerichtet werden. Der


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Tafel XVII.

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Bau- u. Kunstdenkm. d. K. Sachsen. XXII. Dresden (Stadt). Tafel XVII.


Königliches Schloss. Die Anbauten an der Südseite,

nach einem Originalplan des königlichen Hauptstaatsarchives.


a. Thor an der Schlossstrasse,

bbb. Schwartze'sches Haus.

c. Weissenfels'sches Haus.

d. Ehrhardt'sches Haus.

e. Kühn'sches Haus.

f. Gerv'sches Haus.

g. Hofapotheke.

h. Das Probirhaus.

i. Comödienhaus.


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369

Schlossthor an der Schlossstrasse. Der kleine Schlosshof.


Bau blieb im Herbste

liegen und bildete

so unfertig eine Ge-

fahr für das Schloss.

Der Kuradministra-

tor Herzog Friedrich

Wilhelm bewilligte

am 13. Februar 1593

auf der Kurfürstin

wiederholtes Drän-

gen die Mittel zur

Vollendung.


Der Bau (Taf. XII

und XVII) ist nach

Buchners Plänen

errichtet. Besonders

wichtig ist die Ausge-

staltung der Hofseite

(Fig. 246). Während

die Fenster die bei

seinen Bauten üb-

lichen schlichten Ge-

wände und Verdach-

ungen erhielten,

wurde an die Hof-

front ein Umgang von

zwei Geschossen in

derben Renaissance-

formen gelegt. Dieser

ruht auf toscanischen

Säulen, ist im Stich-

bogen gewölbt, hat

im Untergeschoss ge-

quaderte, im oberen

profilirte Gewände.

Auf den Säulen steht

ein lisenenartiges

Glied, in welches die

Archivolten sich

todtlaufen. Die

Brüstungen sind aus

Steinplatten gebildet.

Der Gang zieht sich

hinter dem Thor-

hause hin und ver-

bindet das neue


Fig. 246. Königliches Schloss. Der kleine Schlosshof.


5* (24*)


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370


Dresden (Stadt), Königliches Schloss. Zeit der Christiane und Johann George.


Haus mit der Schösserei. Er endet gegen Südosten in einem mit einer Haube

bedeckten Treppenthurme. Die Giebel des neuen Hauses entsprechen im Wesent-

lichen jenen des älteren Schlossbaues. Sgraffitoschmuck scheint er nicht mehr

erhalten zu haben.


Aus dem wohl von Buchner gefertigten Modell der Festung im Grünen

Gewölbe geht hervor, dass damals bereits auf einer Brücke ein Zugang von der

Südostecke des Schlosses zum Bade (siehe unten Seite 387) geschlagen worden

war, die später beim Bau des Ballhauses beseitigt wurde.


9. Die Zeit der Johann George.

Der Riesensaal.

Der Riesensaal (Fig. 247) wurde 1627 wohl durch den 1625 neu an-

gestellten Wilhelm Dilich neu ausgestattet, indem man die Balkenlage über

ihm herausbrach und dafür eine Decke im Stichbogen anbrachte. Ueber seine

Ausschmückung geben das Modell, der Entwurf zur Decke im Hauptstaatsarchiv

und ältere Ansichten Aufschluss.


Den Namen hatte er von den an die Fensterschäfte in Fresco gemalten

Riesen, die bis 7 Ellen (fast 4 m) Höhe hatten. Sie dürften noch Werke der Thola und des Ricchino gewesen sein.


Nach den erhaltenen Stichen waren diese Riesen in lebhafter Bewegung

dargestellt, in Kämpfen untereinander. Die Formen dieser Malerei dürften sich

etwa mit jenen Arbeiten gedeckt haben, welche Giulio Romano im Palazzo del Te

ausführte. Wenigstens deuten die erhaltenen Abbildungen an, dass weniger auf

die Individualisirung als auf die schwungvolle Darstellung der Muskulatur das

Hauptgewicht gelegt wurde. Diese seiner Zeit berühmten Werke aus der Mitte des

16. Jahrhunderts dürften nicht ohne erheblichen Einfluss auf die ganze deutsche

Malerei gewesen sein. In den Fensterleibungen waren die Nationen in ihren

Trachten dargestellt. Ausserdem waren an den Wänden Stadtansichten angebracht.


Die in flachem Bogen gewölbte Decke war mit Tischlerarbeit und Malerei

verziert (Fig. 248). Ueber einem breiten, von Consolen überspannten Gesims,

unter dem Hirschgeweihe auf geschnitzten Hirschköpfen angebracht waren, erhoben

sich giebelbekrönte Aufbauten, in die Tugenden gemalt waren. Für die breiten

Felder zwischen diesen hat Dilich die in diesem Werke wiedergegebenen Stadt-

ansichten gezeichnet. Die Angaben der Farben der einzelnen Dächer und andere

Notizen in den Originalen beweisen, dass er alsbald daran dachte, seine Auf-

nahmen zu Gemälden zu verwenden. In der Mitte der Decke bildete das Tischler-

werk durch rippenartige Diagonallinien abgetheilte rhombische Flächen, in deren

mittleren die Zeichen des Thierkreises, in den seitlichen mythologische Dar-

stellungen blau in Blau gemalt waren. Weck sagt, die Sidera und Constella-

tiones Coeli und der erschreckliche Komet von 1618 seien so dargestellt gewesen,

dass jeder Stern von vergoldetem Metall gebildet gewesen sei. An der Wand

lief die Inschrift hin:

Ut inclytae domus Saxonicae virtutem, magnitudinem, gloriam a majoribus maximis.
D. Johann: Georgius I. elector princeps incomparabilis. Servarit, illustrarit, amplifi-
carit, et in familia serenissima fundarit, denuo, haec docet pictura, gratatur orbis,
annales decantant. Tu qui aspectas, ut nulla aetas hanc sacri imperii columnam
subruat, religiose apprecare.


https://digital.slub-dresden.de/werkansicht/dlf/1929/422


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Riesensaal.

Den Saal zerstörte der Brand von 1701. Er wurde damals zwar erneuert,

indem eine flache Decke mit hoher Kehle und tiefen Einschnitten für die Fenster



Fig. 247. Königliches Schloss. Der Riesensaal. Nach einem Stich von 1678.


des Obergeschosses angelegt, die Wände mit Gobelins belegt wurden. Der nun

Heldensaal benannte Raum ist in einem Stiche des Aveline von 1713 (?) dar-

gestellt und erscheint nun mit unverzierter flacher Tonne, in die von den Fenstern


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Dresden (Stadt), Königliches Schloss. Zeit der Johann George.


Stichkappen einschneiden. Gobelins verzieren die Wände. Er wurde aber später in mehrere Einzelräume getheilt.

Weitere Einrichtungen.

Kurfürst Johann Georg IL liess 1656 — 80 wohl durch den seit 1655 nach Dresden berufenen Wolf Caspar Klengel weiter die Gemächer des Schlosses gegen Norden und Westen verbessern und „mit kostbaren Portalen und Posta-



Fig. 248. Königliches Schloss. Von der Decke des Kiesensaales. Nach dem Originalentwurf Dilichs (?) im Königlichen Hauptstaatsarchiv.


menten aussetzen". Berühmt war namentlich das Rathsgemach, welches 72 Ellen (40 m) im Umfang hatte und mit rothen, weissen und schwarzen Marmortafeln und Säulen verziert war. Die Säulen hatten 11 Schuh Höhe und waren je aus einem Stück sächsischem Marmor gebildet. Auch der Fussboden war von Marmor. Dieser Eaum fand sich im südwestlichen Theile des Grossen Hauses im ersten Obergeschoss.

Reste dieses Marmorschmuckes haben sich erhallen an zwei Thüren des Thronsaales im zweiten Geschoss. Es findet sich dort weissgeaderter, schwarzer Marmor, der bei Gruna gebrochen sein dürfte.


ftiesensaal' Weitere Einrichtungen. Thurmbau.


373


Der Nord westthurm beherbergte im zweiten Obergeschoss ein Stuck- gewölbe, welches 1890 in den neuen Südwestthurm versetzt wurde. Vier Paare von Putten tragen das Gesims des Mittelfeldes. In den Ecken Kartuschen. Das Ganze eine derbe Arbeit, deren an vlämische Vorbilder mahnende Formgebung etwa auf die Zeit um 1660 weist.

Zu diesen Arbeiten ist wohl zweifellos der Bildhauer Melchior Barthel herzugezogen, der um 1669 aus Venedig nach Dresden zurückkehrte und hier 1672 starb. Er hatte auch in Venedig mit Vorliebe farbige Marmorarten ver- wendet, war mithin mit der Technik dieser Arbeit durchaus vertraut.

Tliurmbau.

Unter demselben Pürsten wurde der Hausmannsthurm umgestaltet. Am 23. April 1674 begann man den alten Helm abzubrechen, am 1. Juli ihn höher aufzubauen, am 15. November 1676 wurde die von Weck geschriebene Urkunde in den neuen Knopf eingelegt.

Der Thurm erhielt oberhalb des Austrittes ein.neues Geschoss, das auf jeder der acht Seiten einen Blendbogen und in diesem ejn quadratisches und darüber ein rundes Fenster erhielt. Darüber eine mit Kupfer bedeckte welsche Haube mit runden, verzierten Dachluken und eine offene Laterne. Der konkav anlaufende, auf acht vergoldeten Kugeln ruhende Helm ist im unteren Drittel kegelartig aus- gebaucht, hat hier wieder acht runde Luken und endet in Kugel und Fahne.

Dieser bis heute erhaltene Thurm ist das Werk des 1 1664 vom Kaiser geadelten Wolfgang Kaspar von Klengel. Der Originalentwurf befindet sich im Hauptstaatsarchiv. Unter den Ausführenden wird der Zimmermeister Matthäus Schumann genannt. Der Thurm erhielt eine Höhe von 170 Ellen, während er bisher nur 154 Ellen gemessen hatte. Der Knopf wog 109 Pfund. Die Wind- fahne erhielt 4 Ellen Breite und wog 1 Centner 24V 2 Pfund. Die Knopfspille wog 6V 2 Centner und hatte 13 Ellen Länge. Im Ganzen wurden 61 Ellen der Thurmhöhe neu gebaut mit einem Kostenaufwande von 10,000 Meissner Gulden. Die Bedachung des Thurmes mit Kupferblech war besonders mit 8000 Gulden veranschlagt und soll eher mehr denn weniger gekostet haben.

Erneuerungen erfolgten 1722 und 1747. Der Hofuhrmacher Anton Poncet erhielt 1739 öder 1740 den Auftrag, eine neue Schlaguhr für den Schlossthurm herzustellen und erbaute das in der Hauptsache noch heute bestehende Uhrwerk, welches die Inschrift trägt: An. Francis Poncet. A. Dresde 1741. Das Uhrwerk schlug 1746 zum ersten Male.

Das alte Geläut wurde umgegossen und statt dessen ein Glockenspiel von 32 Glocken durch Andreas Herold 1677 hergestellt. Es hatte die Stimm- ung F bis D. Doch bestand dieses Werk nicht lange. Schon am 20. September 1 1686 kamen die Kirchenvorsteher von Altdresden beim Kurfürsten „um Verleih- ung einiger, zu der auf dem Schlossthurme bestandenen Singe-Uhr gehöriger, jetzt aber abgenommener und im Giesshause stehender Glocken" ein. Eine kur- fürstliche Ordonnanz vom 6. October 1686 verlieh den Altdresdnern drei Glocken im Gewichte von 9 Centner 71 Pfund, in den Tönen C, E, G in C-dur-Accord. Drei weitere Glocken dieser Singe-Uhr schenkte der Kurfürst Johann Georg III. auf den Kirchthurm der Festung Königstein (vergl. Heft I, 3. 41). Diese wurden


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Dresden (Stadt), Königliches Schloss. Zeit der Johann George.


1687 den 16. Juni dort aufgezogen und ertönten in feierlichem Geläute erstmalig am 24. Juni.

Gleichzeitig mit dem „Thurmbau wurde 1676—78 das Schloss aussen und im Hofe" in Fresko gemalt, d. h. wohl die alten Sgrafflten erneuert. Am Thurme befanden sich ausser den Zifferblättern der Uhr eine Sonnenuhr und grosse Engelsgestalten.

Schlossmodell.

Das schon mehrfach erwähnte grosse Schlossmodell (Fig. 235) zeigt diesen Thurm. Man möchte es mithin der Zeit um 1675 zuweisen. Aber man findet darin den Zustand des Eiesensaales vor dem Umbau von 1612, ja jenen der Anschlusswand an das Schlossstrassenthor in dem Zustande vor dessen Erbauung, also vor 1590; ebenso befindet sich der Altan von 1608 auf der Laterne, der 1682 abgebrochen wurde. Ich möchte das Modell mithin für ein Werk Paul Buchners halten, das später durch Andreas Gärtner verändert wurde. (Vergl. Marperger, Historie und Leben der berühmtesten Baumeister, Hamburg 1711, S. 462.) Gärtner, der in Innsbruck bei einem Italiener Francesco die Architektur erlernt, in Eom Civilbaukunst geübt, war also allem Anscheine nach in den Kreis der Künstler Schor (Soria) gelangt, den Ilg in seinem Leben Fischer von Erlachs eingehend schildert. Er dürfte dem grossen Wiener Baumeister selbst nahe gestanden haben. Mit ihm beginnt der Einfluss der römischen Schule auch auf Dresden. Der seiner Zeit weltberühmte Mann hat sich zwar später zumeist mechanischen Aufgaben zugewendet. Aber seit er 1686 nach Dresden kommt, vollzieht sich hier ein Wandel im Schaffen, auf den auch er seinen Einfluss aus- geübt haben mag. Dass Modelltischler einen solchen zu gewinnen vermochten, hat vor Gärtner Paul Buchner genugsam bewiesen.

Englische Treppe.

In Verbindung hiermit steht auch der Bau der sogenannten Englischen Treppe im Kanzleihause. Die Treppe entstand gelegentlich der feierlichen Ueberreiehung des Hosenbandordens an Kurfürst Johann Georg IL, der 1668 zum Ordensritter gewählt, 1669 in Dresden eingekleidet und 1671 in London eingewiesen wurde. Das letztere gab Gelegenheit zu einem 1678 gefeierten Feste in Dresden, bei dem Sir William Swan den englischen Hof vertrat. (Vergl. 0. Eichter, Ein Hosenbandordensfest am Dresdner Hofe im Jahre 1678, Dresdner Geschichtsblätter 1897, Nr. 1, S. 11 flg.)

Da Klengel ausdrücklich als Begleiter Swans genannt wird, dürfte er auch der Leiter dieses Baues gewesen sein. Es handelte sich um eine in Deutschland damals neue Form, nämlich um eine über vier Pfeilern aufgeführte, vierläufige Treppe von breiten stattlichen Abmessungen.

Im Vorräume der Treppe steht eine Statue in Sandstein, überlebensgross, Justitia (Fig. 249). Mit der Linken hält sie die Waage hoch empor, während die Eechte ein Schwert führt. Hervorragend ist vor Allem die feinfaltige Be- handlung des ruhig und doch lebendig fliessenden Gewandes. Die starke Bewegung und die Bildung des Profiles lassen auf eine Entstehung des Werkes im 17. Jahr- hundert schliessen.

Thorhau von 1682.

1608 wurde der Helm über der Laterne abgebrochen und an seine Stelle ein Altan angebracht. Dort befand sich auch ein Gefängniss mit dem Namen


Schlossmodell. Englische Treppe. Thorbau von 1682.


375


„beim himmlischen Vater". Auf dem Altan errichtete 1608 der Steinmetz- meister Hans Steger einen luftigen Kuppelbau, ähnlich jenem, welchen Buchner auf das neue Thor gesetzt hatte.

Nach Abbruch dieses Al- tanes 1 682 entstand ein n e u e s Thor zwischen den beiden Schlosshöfen, an Stelle der wohl baufällig gewordenen, seit dem 23. April gleichfalls abgebrochenen Laterne.

Nach dem grossen Hofe zu (Fig. 250) umrahmen das r and bogige Thor zwei Paare Pilaster und vor diesen Säulen derber toscanischer Ordnung. Als Schlussstein ein mächt- iges, von Akanthus um- gebenes Kurwappen. Ueber dem Gesims ein schmiede- eisernes Gitter noch ganz in Renaisssnceformen, mit dem vergoldeten Namenszuge des Kurfürsten J. G. 3. Auf den Postamenten über den Säulen- paaren die überlebensgrossen Statuen des Herkules und der Minerva. Herkules, den linken Arm auf den Rücken gelegt, die Rechte auf die Keule gestützt, die Pranken des Löwenfelles um den Hals, sonst nackt. Minerva be- helmt, die Rechte auf die Schulter, die Linke auf den Gorgonenschild gestützt, in reich und geschickt ge- faltetem Gewände.

Die Statuen sind vortreff- liche Werke des Barock, wie mir scheinen will, niederländischer Beeinflussung. Sie wurden 1900 durch die Nachbildung ersetzt, nachdem sie mehrfach mit Cement ergänzt worden waren.

Die Thorseite gegen den kleinen Hof zeigt eine einfach derbe Rustika- behandlung; auf dem riesigen Schlusssteine der Wahlspruch Johann Georgs III.:

JEHOVA VEXILLVM MEVM.



Fig. 249. Königliches Sehloss. .Justitia.



Fig. 250. Königliches Schlöss.' Thor von 1682.


Thorbau von 1682. Grünes Thor. 377


Seitlich in bescheidenen Rücklagen Bluraengehänge. Ueber dem Gesims ein schmiedeeisernes Gitter mit dem vergoldeten Namenszuge J. G. 3. Im Ober- geschoss hier ein fein profilirtes Fenster mit einem Gebälk auf halben, an die Gewände sich anlehnenden Pilastern.

Bei kräftiger Architekturbehandlung zeigt sich in diesen Thoren doch eine Zurückhaltung, die auf einen Künstler von minder barockem Empfinden als Klengel hinweist. Wenn der Bau auch unter dessen Oberleitung entstand, so dürfte doch auch der Oberlandbaumeister Johann Georg Starke am Entwurf betheiligt gewesen sein.

Der mit der Laterne begonnene Abbruch erstreckte sich zugleich auf die Wendeltreppen, die neben der Laterne angebracht waren, und führte dahin, dass die südliche Hoffront nunmehr geradlinig durchgeführt wurde, und dass in der südöstlichen Ecke ein Treppenthurm genau nach dem Vorbilde jenes in der süd- westlichen Ecke errichtet wurde. Dieser trägt die Jahreszahl 1683 und ist da- mit zeitlich festgestellt. Es ist immerhin ein sehr merkwürdiger Vorgang, dass man auf eine Bauform zurückgriff, die damals für völlig veraltet gelten musste.

Das grüne Thor.

Wichtig ist auch die Durchbrechung des Erdgeschosses im Hausmanns- thurme für eine neue Verbindung mit dem Gelände „hinter dem Schloss". Bis- her fand diese nur durch den schmalen Gang unter der Orgelempore der Schloss- kapelle statt, welche Eeiter oder gar Wagen nicht passiren konnten. Das neue Thor ermöglichte den bequemeren Zugang vom Schlosse zu diesem wichtiger gewordenen Theile der Stadt. Das Thor entsprach an der Hofseite dem Mittel- joche des Altanes, im Innern wurde es durch Nischen erweitert, gegen Norden wurde das stattliche Grüne Thor vorgebaut.

Dieses Thor (Fig. 251) besteht aus einem kräftigen Bogen mit einem riesigen, von Eankenwerk umrahmten Kurwappen als Schlussstein. Das Triglyphengebälk wird von diesem ganz durchschnitten, so dass der breite Kurhut über das Gesims emporragt. Umrahmt wird das Thor von toscanischen gequaderten Halbsäulen, einem halben und einem ganzen Pilaster, zwischen welchen sich oberhalb und unterhalb des durchgeführten Kämpfergesimses kräftig modellirte Trophäen, Schilde, Lanzen, Schwerter, Becken, Gewehre, Büstungstheile u. s. w. befinden. In den Metopen über diesen je ein Helm. Die Thürflügel sind mit Eisenblech beschlagen und tragen zwei Bronze -Löwenköpfe mit Schlagringen. Ueber dem Gesims eine Attika Auch hier über den Intercolumnen Schilde und Köcher zu Relieftrophäen vereint. Darüber solche in mächtiger Anordnung als Beliefs an der Wandfläche: Fahnen, Adler und Halbmonde umrahmen je einen reich ver- zierten Panzer, auf Stangen sind die befederten Helme aufgesteckt, Schilde sind angelehnt. Das Fenster in der Achse ist durch Anläufe und Gehänge, sowie durch einen Giebel verziert. Auf diesem das sächsische Wappen und darüber zwei Putten im Helm, die ein Spruchband halten. Darauf die Inschrift:

SUM: AUS: SEK: ELE CT: IOH: GEORG: IV.

Es entstand das Thor also nach 1691. Da Klengel am 10. Januar 1691 gestorben war und Starke Oberlandbaumeister wurde, dürfte dieser der Schöpfer des Entwurfes sein.


378 Dresden (Stadt), Königl. Schloss. Einrichtungsarbeiten unter August dem Starken.



Fig. 2B1. Königliches Schloss. Grünes Thor.


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Schlafzimmer. Thronsaal.


379


10. Die Einrichtungsarbeiten unter August dem Starken.

Im Jahre 1694 übernahm Kurfürst Friedrich August I. die Regierung. Er liess die Eäume des zweiten Obergeschosses im Grossen Hause neu einrichten, die früher Brandenburgische Gemächer genannt wurden. Von diesen Räumen haben sich zwei erhalten, das Schlafzimmer (Taf. XVI, M) und der Thronsaal (Taf. XVI, L).

Das Schlafzimmer.

Das Schlafzimmer (Fig. 252), das an der südwestlichen Treppe gelegen ist und durch Herausbrechen älterer Wände auf die Dimensionen von 17:8,5 m gebracht wurde. Das Paradebett stand an der Südwand. Unverkennbar entstand dies Chambre de lit in Nachahmung der Hofsitten von Versailles.

Erhalten haben sich von der alten Ausstattung:

die Thürgewände in röthlich grauem Marmor;

der Kamin in gleichem Marmor, mit Einlagen in schwarzem, weissgeader- ten Marmor;

die Stukkirung über dem Kamine, sowie

das reiche Kranzgesims über der Deckenhohlkehle;

die schlichte Vertäfelung am Sockel der Wände, in den Fensterleibungen,

sowie die Thür en in gebeiztem Eichenholz mit Goldstreifen;

die Bekleidung der Wände mit grünem Sammt und die Einfassung der Hauptflächen mit Borden und Pilastern in Applikationsstickerei. Diese ist aus farbigem Goldbrokat geschnitten, mit Goldschnur aufgenäht. Die Applikation ist durch Aufnähen neuen Grundes erneuert.

Die Deckenmalerei. Diese ist, wie es scheint, in Oel auf Leinwand ge- malt. In der Kehle ist ein barockes, reich mit Gold gehöhtes Ornament ange- bracht, das in den Achsen und Ecken von Kartuschen unterbrochen wird.

Das Mittelbild zeigt etwas schwere und bunte Farben.

Dargestellt ist als Hauptfigur eine mit Blumen bekränzte Aurora, die in einem von braunen Pferden gezogenen Wagen sitzt. Sie streut Blumen aus, während Genien sie umschweben. Ein Knabe mit einer Fackel schwebt ihr voran. Weiter aufwärts sitzt Venus mit einem Blumenkorbe, umgeben von Genien. Ein Jüngling schwebt zu ihr herab, ein Windgott fliegt nach unten, wo in tiefem Dunkel Fledermäuse und Eulen fliegen, während eine männliche Gestalt einen Schleier über die Kugel des Mondes breitet. Auf der Hohlkehle ist ein glänzen- der Jüngling auf einem Schimmel oberhalb der Aurora dargestellt. Hinter ihm geht die Sonnenscheibe auf, vor der die Köpfe des Viergespannes sichtbar werden.

Das Ganze ist wohl als eine Apotheose der Gräfin Maria Aurora von Königs- mark zu betrachten, die 1694 nach Dresden kam und schon 1698 Coadjutorin von Quedlinburg wurde. In diese Zeit scheint auch die Ausstattung des ganzen Raumes zu gehören, die weniger die Formen des sächsischen Barock als jene der Schule des Lebrun zeigt. Der leitende Künstler dürfte der 1698 angestellte Ordonneur de Cabinet Architekt Leplat gewesen sein.

Der Thronsaal.

Der Thronsaal (Fig. 253), neben dem Schlafzimmer, von ungefähr gleichen Abmessungen. Der Thron stand auch hier an der Südseite. Auch dieser Saal gehört allem Anscheine nach zu der bald nach Augusts Thronbesteigung be- gonnenen wohl von Leplat geleiteten Einrichtung.


380 Dresden (Stadt), König]. Schloss. Einrichtungsarbeiten unter August dem Starken.


v



Fig. 253. Königliches Scliloss. Der Thronsaal.


382 Dresden (Stadt), Königl. Schloss. Einriohtungsarbeiten unter August dem Starken.


Zur ursprünglichen Einrichtung gehören: Die Thürgewände in graurothem Marmor.

Der Kamin in farbigem Marmor, mit dem reich facettirten Spiegel, einem architektonischen Aufbau aus Glas mit Pilastern zur Seite und einer Art Giebel- bekrönung. Die Pilaster haben korinthisirende Kapitale. Die Kamineinsätze sind erneuert.

Die Wandbekleidung in rothem Sammt mit Eeliefstickerei in Goldbrokat. Während der Grund erneuert wurde, sind die gestickten Pilaster mit reichstem Ornamentschmuck und Kapitalen, sowie die Gehänge unter dem Kranzgesims die alten: Meisterwerke sowohl des Entwurfes wie der Ausführung.

Die Thüren, Sockelbekleidungen und Pensterbekleidungen in Eichenholz mit profilirten Füllungen, die auf Goldgrund farbig gemaltes Ornament zeigen. Bemerkenswerth sind die schön gravirten Thürschlösser.

Das Kranzgesims in seiner prachtvollen Stukkirung in vornehmem Barock. Das Ornament und die Profilgliederungen sind vergoldet.

Die Malerei der Hohlkehle in schweren architektonischen Barockformen. In den Ecken Kartuschen mit dem polnischen und kursächsischen Wappen in Grau und Gold. Die Malerei entstand also nicht vor dem Sommer 1697.

Das Deckengemälde. Dieses stellt Herkules dar, der die drei Laster zu Boden stösst. Ueber ihm thronen die Tugenden. Die Weisheit mit Spiegel und Helm, die Wahrheit, nackt, mit leuchtender Sonne, die Zeit als Saturn mit der Sense, die Stärke mit Schwert und Löwen, die Gerechtigkeit mit Waage und Schwert. Ueber diesen zwei liegende Genien.

Das Bild ist von kräftiger Farbe, kühn in den Verkürzungen, etwas schwer für den Eaum in der Behandlung der Wolken.

Das Grüne Gewölbe.

Ueber die Einrichtung des Grünen Gewölbes sind meines Wissens geschicht- liche Angaben und archivalische Nachweise nicht vorhanden.

Das Grüne Gewölbe umfasst im Ganzen sieben Eäume und zwar das Erd- geschoss des ,,Grossen Hauses" (Tafel XII). Ueber die Einrichtung sind wir wenig unterrichtet. Dass sie 1721 — 24 entstanden sei, dürfte nur theilweise richtig sein.

Wenigstens weist die Behandlung einzelner Eäume auf frühere Zeit. Es scheint fast, als seien die Holzvertäfelungen, namentlich die Brüstungen schon aus dem Ende des 17. Jahrhunderts. Mehrere Zimmer sind bis an das unver- zierte Kreuzgewölbe mit Holzvertäfelungen ausgestattet, deren derbe schlichte Formgebung in Widerspruch zu den um 1720 in Dresden üblichen Anordnungen dieser Art stehen.

Im Bronzezimmer sind einige Spiegel wohl nachträglich eingelassen, doch gehören die zierlich geschnitzten Eahmen auch der Zeit um 1700 an. Die oberen Kartuschen sind wohl nachträglich hinzugefügt.

Im Elfenbeinzimmer sind die Gewände der Thüren von rothem und schwarzem geäderten sächsischen Marmor, die Sockel dieser von weissem Marmor. Der Anstrich der Holzvertäfelung in den Farben verschiedener Holzsorten und der mit weissen compositen Kapitalen versehenen Holzpilaster ist wohl nicht ursprünglich.


Grünes Gewölbe.


383


Im Wappenzimmer treten an Stelle der Füllungen in den Vertäfelungen durchbrochene und vergoldete Kupfertafeln mit getriebenem Ornament, in deren Mitte je ein Wappen (von Polen, Littauen, Sachsen, den sächsischen Provinzen) angebracht ist. Wiesen die Wappen nicht untrüglich auf eine Entstehung nach der Wahl Augusts des Starken zum König von Polen, so würde man dem Stile nach diese Arbeiten eher einer etwas früheren Zeit zuschreiben.

Diese Säle wie alle folgenden haben ein schönes Pflaster aus Marmorplatten, und zwar wechselt grauer, weisser, graugrüner und röthlichgrauer Marmor in verschiedenen Mustern mit einander ab. Die Decken sind als Kreuzgewölbe ge- bildet und unverziert.

Einen wesentlich anderen Eindruck gewähren die übrigen Zimmer durch die vielseitige Verwendung der Spiegel.

Im Kaminsaal sind die aus grauem Marmor gebildeten Kamine schon in den Barockformen des 18. Jahrhunderts profilirt. Bemerkenswerth ist der barocke Anschwung über diesen in rothbraunem Marmor. Die Fensterbogen sind in Grau und Gold bemalt, die Kreuzgewölbe sind auch hier unverziert. Die Wände und selbst der Pfeiler in der Mitte des Raumes sind durchweg mit Glas bezogen. Vor diesen befinden sich Pilaster, die wieder in Glas hergestellt, aber von ge- schnitzten und über Gipsmasse vergoldeten Rahmen, Kapitalen, eingerahmt sind; darüber baldachinartige Oonsolen. In diesen Rahmen und vor den Glaswänden befinden sich derbe Consolen zur Aufstellung der Sammlungsschätze. Der Grund- ton der Holzflächen, somit auch der Consolen, ist ein tiefes Roth. Die Wirkung des schönen Baumes ist durch die überladene Aufstellung der Museumsgegen- stände stark beeinträchtigt. Die Formen sind immer noch von derbem Barock.

Im Silberzimmer finden sich an den Graten des Kreuzgewölbes dicke Fruchtschnüre, die wohl noch dem 16. Jahrhundert angehören. Die Tbüren sind durch Blendarchitektur verdeckt. Die Dekorationsweise der Wände ist eine ver- wandte. Die Grundtöne sind hier grün und Gold. An Stelle der Glaspilaster treten rahmenartige Aufbauten vor die Wand, die wieder derbe Oonsolen tragen. Am Mittelpfeiler und an den Consolen treten aber schon nach Art des Rococo geschnitzte und vergoldete Verzierungen auf, die anscheinend erst um 1720 ent- standen sind: so namentlich am Mittelpfeiler. Dagegen ist die Brüstung in Natur- eiche der der erstgenannten Zimmer verwandt.

Im Preciosensaal befindet sich die oben (Seite 363) geschilderte Stuck- decke aus dem 16. Jahrhundert. Die Brüstung ist hier in Natureiche, doch sind die Füllungen vergoldet und mit farbigem Ornament bemalt, Die Gewände der Thüren sind aus rothem und schwarzem Marmor und die Flügel in Eisen her- gestellt, diese wurden reich mit vergoldeten schmiedeeisernen Bändern und mit prachtvollen Beschlägen ausgestattet und sind gleichfalls bemalt. Man sieht hier sächsische und polnische Wappen. Ueber den Thüren in Holz geschnitten hier das Monogramm des Königs FAR und dort das sächsisch -polnische Wappen. Bunt ornamental bemalt sind auch die Fensterbogen. Die Wände sind wieder mit Spiegeln belegt, die vorgebaute Holzarchitektur hat die Form von Baldachinen. Das Holzwerk ist hier in Grün und Gold, die Consolen sind in kraftvollem Barock gehalten und reich vergoldet. Das Ornament nähert sich jenen Formen, für die in Paris Berrain bezeichnend ist. Doch erkennt man an den Einzelbildungen wie XXIL 6 (25)


384 Dresden (Stadt), Königl. Schloss. Einrichtungsarbeiten unter August dem Starken.


am Aufbau der Oonsolengestelle hier deutlieh Pöppelmanns Hand. In die Fenslerleibungen sind Bildnisse sächsischer Fürsten eingelassen, lebensgross, auf Leinwand, in Oel, und zwar der Kurfürsten Moritz, August, Johann Georg L, IL, III. und IV., sowie Augusts des Starken und Friedrich Augusts II.

Das Ecke ab inet ist mit einer kleinen bemalten Kuppel abgedeckt, in dem zwischen Berrain'schen Ornament die Wappen von Polen und Sachsen, das Goldene Vliess und der polnische Weisse Adler-Orden dargestellt sind. Augist erhielt das Goldene Vliess 1722. Hier sind die Wände wieder mit Glas belegt, die von fein geschnitztem, vergoldetem Holzwerk umgebenen Pilaster vor diesen aus cannelirtem Glas gebildet. Die tief braunen, theilweise vergoldeten Hoiz- consolen zeigen sehr reizvolle Barockformen: sie sind den hier aufgestellten Nipp- sachen entsprechend theils durch Köpfe, Mohren, Greifen phantastisch ausge- schmückt.

Das Juwelenzimmer (Fig. 254) hat Thürgewände in rothgrauem Marmor, mit Barockornament leicht bemalte Gewölbe. Die Wände sind durch Pilaster mit fein geschnittenen vergoldeten Kapitalen und breitem Eankenwerk über diesen verziert. Die Glasbekleidung ist hier hintermalt, und zwar in leuchtendem Eoth und in Gold. Dargestellt ist neben dem Ornament Stern und Kreuz des Weissen Adler -Ordens. Die schönen schmiedeeisernen Thüren und die Beschläge in gravirter und vergoldeter Bronze sind hier besonders hervorzuheben. Ueber der Thüre das Monogramm des Königs, Krone und Scepter auf einem Kissen.

12. Die Einrichtungen des 18. Jahrhunderts.

Mit dem Beginn des neuen Jahrhunderts brach im Schlosse ein Brand aus. Am 25. März 1701 brannte das Georgenschloss und der Riesensaal aus, im Ganzen sieben Räume. Von den dafür eingeführten Neueinrichtungen hat sich nichts erhalten.

Das Porzellanzimmer (Thurmzimmer) im zweiten Obergeschoss des Hausmannsthurmes dürfte erst um 1730 entstanden sein. Die Entwürfe zur Ein- richtung des Raumes in der Sammlung für Baukunst an der K. Technischen Hochschule sind wohl Arbeiten des Zacharias Longuelune.

Der Raum ist für Aufstellung von Porzellan bestimmt und zwar zweifellos von vornherein für Meissner Porzellan. Die Wände sind durch Pilaster getheilt, die in Holz gebildet, geschnitzt und theilweise vergoldet sind. An den Wänden sind Spiegel eingelassen. Auf zahlreichen vorzüglich geschnitzten, vergoldeten Holzconsolen steht eine Auswahl hervorragender Erzeugnisse der Meissner Porzellanfabrik. Wann dieses Zimmer eingerichtet wurde, steht meines Wissens nicht fest. Die Thüre gegen den Altan wurde erst bei dem Umbau von 1896 eingebrochen. Vielleicht steht die Anlage der Dekoration mit der Einrichtung des Japanischen Palais (s. d.) in Zusammenhang. Siehe die Abbildung bei K. Beding, Das Meissner Porzellan, Dresden 1900.

Das Kleine Chinesische Zimmer. Dieser Raum, der sich an den Thron- saal anschliesst, hat mehrfache Umgestaltungen erfahren. Bemerkenswerth ist die chinesische Lackmalerei, farbig auf schwarzem Grunde, mit Darstellungen


Einrichtungen des 18. Jahrhunderts- 385



Fig. 254. Königliches Scliloss. Juwelenzimmer.


386 Dresden (Stadt), Königliches Schloss. Nebenbauten südlich vom Schlosse.


von Blumen, Vögeln, Landschaften. Es ist nicht ausgeschlossen, dass diese Malerei schon in der Zeit Augusts des Starken hierher gebracht wurde.

Gardensaal. Dieser im ersten Obergeschoss nahe der englischen Treppe gelegene Eaum ist mit kräftigen Emblemen, zumeist Wappen, in Hochreliefs ver- ziert, die in ihren kräftigen Maassen dem Zwecke angemessen erscheinen. Der Saal erscheint noch nicht im Plane von 1718, dürfte also erst gegen das Ende der Eegierungszeit Augusts des Starken geschaffen sein.

Die Säulenhalle an der Nordostecke des Schlosses besteht aus sechs Paaren toscanischer Säulen, deren Form mit Tropfwerk verzierte Trommeln und Tropfwerk im Friese des Gesimses bereichern ; sie stellt den Zugang zur Kapelle (Seite 208) dar und dürfte der Zeit um 1710 angehören.

13. Die Nebenbauten südlich vom Schlosse. Im Laufe des 18. Jahrhunderts wurden die Häuser zwischen dem kleinen Hofe und dem Taschenberge nach und nach zum Schlosse hinzugekauft. Alle gehörten den Jahrzehnten vor 1600 an und wurden beim Schlossumbau 1892 abgetragen.

Das neben dem Thore an der Schlossstrasse gelegene Haus bildete bis 1739 die Wohnung des Oberhofpredigers. Später trug es den Namen des Weissenfels- schen Hauses. Den ursprünglichen Grundriss zeigt Tafel XVII. Schon vor dem Abbruch war es stark umgebaut worden. In seiner alten Anordnung bot es ein typisches Beispiel der Dresdner Wohnhäuser: ein Vorderhaus von über 21 m Tiefe bei 9,6 m lichter Breite. Von dieser trennte eine Wand als Hauptraum die Haus- flur ab. Hier befindet sich die Treppe als freier Einbau, sowie eine Flurstube hinter dieser. Die Gassenstube, ein dunkler Wirthschaftsraum, die Kellertreppe und die Küche nahmen die andere Seite der Trennungswand ein. Um den Hof eine Holzarkade, hinter dem Hofe stand ein schmales Hinterhaus.

Das zweite Gebäude, das sogenannte Ehrhardt'sche Haus, wurde erst 1789 erworben. Es zeigte eine ähnliche Anordnung in noch bescheideneren Abmessungen.

Das stattliehe Eckgebäude am Taschenberg, das Kühn'sche Haus, wurde 1726 erworben. Hier war das 17 m tiefe Vorderhaus im überwölbten Erdgeschosse in drei Theile getheilt, deren mittelsten der Flur in der lichten Breite von 4 m einnahm. Zu ihm führte von der Strasse ein reizvolles Eenaissancethor (Fig. 255) in der in Sachsen üblichen Form mit Sitzen an den concav ausgebildeten Gewänden. Ueber diesen setzt die Archivolte mit zwei anmuthigen weiblichen Ge- stalten an, welche die Leier schlagen. Die Thüre ist von Eichenholz, zeigt im unteren Felde Bollwerk, im oberen eine Arkade, seitlich je einen halben Doppel- adler, in der Mitte einen Löwenkopf. Das Thor, das um 1580 entstanden sein dürfte, befindet sich jetzt an der Ecke der Schlossstrasse und des Taschenberges. Die geradläufige Treppe im hinteren Theile des Flures, der von Galerien um- gebene Hof, das zur Seite gerückte Hinterhaus und die mit Fenstern versehene Abschlussmauer des Hofes gegen den Taschenberg sind eigenartige Anordnungen. Der Bau hatte gleich den übrigen drei Obergeschosse, doch darüber noch in zwei Geschossen ausgebaute Giebel.

Das vierte, sogenannte Gerv'sche Haus am Taschenberg (Fig. 256), durch dessen westlichen Theil später der überdeckte Gang in das Taschenberg -Palais


Nebenbauten südlic-h vom Schlosse.



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Fig. 255. Königliches Schloss,~das Thor im Kühn'schen Hause.



Fig. 256. Königliches Schloss, das gräflich Löwenhaupt'sche, später Gerv'sehe Haus. Zustand im 17. Jahrhundert.


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Dresden (Stadt), Königliches Scbloss. Nebenbauten südlich vom Schlosse.


führte, bot die typische Anlage eines Eenaissancehauses auf etwa quadratischem Grundstücke. Auch hier war das Erdgeschoss überwölbt und dessen Mittelraum zum Flur bestimmt. Dieser nahm im vorderen Theile fast die Hälfte des Raumes ein, beiderseitig ein Zimmer übrig lassend. Im hinteren Theile wurde er durch die Ausdehnung der Küche beschränkt. An der Rückwand des Flures fanden sich



Fig. 257. Königliches Sehloss, Thorjvom Hause Sporergasse Nr. 2.


die Thore zum Hof und zur "Wendeltreppe. Zu beiden Seilen des Hofes Hofstuben. Bemerkenswerth für das Obergeschoss ist der grosse Vorsaal, der später in mehrere Räume zerlegt wurde.

Ein zweites Renaissancethor (Fig. 257), das früher an dem Hause Sporer- gasse Nr. 2 sich befand, ist in den kleinen Schlosshof versetzt worden und zwar an dessen Westseite. Die Gewände zeigen statt der weiblichen Gestalten Muscheln.


Nebenbauten westlich vom Schlosse. Wirtschaftsgebäude. Ballhaus.


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Die Eiehenthüre zeigt zwei Quaderarchitekturen mit vorgestellter toscanischer Ordnung übereinander. Die feine Durchbildung dieser, sowie die schmiede- eisernen Arbeiten, namentlich der schöne Klopfer weisen auf die Zeit um 1560 bis 1570.

14. Die Nebenbauten westlich vom Schlosse.

Wirthschaftsgebäude.

Im Anschluss an den Schlossbau erfolgte 1559 der Bau einer Kochküche und des Malzhauses unter Leitung des Steinmetzen Meister Hans Kramer (er selbst schreibt sich hier Kr am m er) und des Maurermeisters Lorenz Beinn.

In der Folgezeit zeigte sich Kurfürst August namentlich um den Garten am Schlosse bemüht. 1568 wird Georg Winzer aus Nürnberg als Hofgärtner bestellt, 1573 werden die Gänge im Irrgarten hergestellt, schickt Landgraf Wilhelm von Hessen Eosenbäumlein und weisse Erdbeeren, kommen über Leipzig ungarische Pflaumenbäume an. 1577 fertigte Buchner Muster zu Lusthäusern im Schlossgarten, die aber August zu reich waren. Er wünscht keine Kunst, weder der Dorica noch der Jonica daran. Im Jahre 1580 wurden dann die „Gebäude hinter dem Schloss" errichtet. Es ist über deren Bau urkundlich nicht eben viel zu finden gewesen. Jedoch scheint es sich hauptsächlich um die Umgestaltung der alten Vorhof- bauten gehandelt zu haben. Hier entstand 1589 unter Paul Buchners Leitung die kurfürstliche Badestube, für die in diesem Jahre 1123 fl., im folgenden 6799 fl. ausgegeben wurden. Das hübsche Haus und der mit dem Schlosse ver- bundene Gang ist noch aus den Modellen im K. Grünen Gewölbe erkennbar.

Auch die Kurfürstin Sophie war für den Garten besorgt. Nosseni musste ihr 1592 einen Brunnen dorthin entwerfen, der in Marmor auf 440 fl., in Sand- stein auf 150 fl. berechnet wurde. Der Entwurf liegt bei den Acten (Kammer- sachen 1591/92, Loc. 7296, S. 197). Ob er ausgeführt wurde, weiss ich nicht.

1581 wurde die Hofapotheke am Taschenberg eingerichtet. Das besagte eine dort angebrachte Inschrift, ebenso wie dass sie 1609 erneuert worden sei. Ueber die Schicksale dieser siehe unter Kanzlei S. 403. Unmittelbar an die Apotheke schloss sich das Probierhaus, das Laboratorium der Hof-Alchemisten.

Die Apotheke befand sich also in jenem Flügel, der den Schlossgarten gegen Süden abtrennte. Dieser enthielt noch die Korn-, Futter- und Mehlböden, das Hofbrau-, Malz- und Backhaus. Es ist der Theil, den Weck für das älteste „forstliche Haus" hielt, der aber thatsächlich schon nach dem Modell sich als Theil des Vorhofes kennzeichnet. Schon in einer Abbildung von 1556 erscheint ein Flügel, der sich an die alte Stadtmauer lehnt und der mit einem Eckthürmchen abschliesst. Damals war er als Bad bezeichnet worden, im Langer'schen Plane von 1694 (Tafel XIV) ist er als Jagd schreib er ei und Kriegskanzlei aufgeführt. Von alledem hat sich nichts erhalten.

Das Ballhaus.

Schon zu Anfang seiner Regierung hatte der Kurfürst Christian im Garten hinter dem Schlosse seine Kitterspiele abgehalten und dort eine hölzerne Kenn- bahn mit Tribüne erbaut. Zu Ende des Jahrhunderts war diese verfault. Der Kuradministrator Friedrich Wilhelm wünschte im Jahre 1597 für die Prinzen,


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Dresden (Stadt), Königl. Schloss. Nebenbauten westlich vom Schlosse.


namentlich bei Herzog Christian ein Ballhaus „zu Abwendung Überleier Feis;e ein nüzlich Exercitium corporis" und befahl daher Buchner und Nosseni „in Gegenwart des Italieners, der mehrmals zu Torgau gewesen" ein Ballhaus zu errichten. Man schlug dafür die Stelle der Eennbahn vor und auf dieser einen Bau von 58 : 24 Ellen Grundfläche und 20 Ellen Höhe. Es wurde wieder ein Holzbau aufgeführt und zwar etwas grösser als der vorige; er stand am Zugange vom Taschenberg zum Klostergarten bis zum Anfange des 18. Jahrhunderts.

Das Ballhaus (Fig. 258) beherbergte einen Saal von 30 : 11,5 m Weite und 12,5 m Höhe, an dem sich seitlich ein kleiner gedeckter Gang hinzog. Den Baum theilte in der Mitte eine Brüstung, auf dem Boden scheinen Striche auf- geschnürt gewesen zu sein. Vor dem Saale waren in drei Geschossen Zimmer, seitlich eine Galerie angeordnet.



50 ELLEN


20 METER,


Fig. 258. Das Ballhaus von 1598. Nach Originalzeichnungen.


Die Grotte.

Im heutigen Herzogin Garten an Stelle der Orangerie stand eine Grotte. Diese ist dargestellt auf der Stadtansicht von 1679, fehlt aber auf dem so zu- verlässigen Plane von 1651. Das stimmt mit den Acten. 1650 wurde zwar eine Aenderung mit dem Grottenbau angeregt, welche der Zeugmeister Christian August Buchner vornehmen soll, aber 1656 war der Bau, den der Kammer- diener der Kurfürstin Magdalene Sibylle, Michael de Münter, leitete, noch nicht vollendet. Grottenmacher war 1650 — 56 Sigismund Kadan; er erhielt 1650 den Bierschank an der Grotte.

Die Grotte bestand aus einem eingeschossigen Bau, der wobl mit der Wasser- versorgung des neuen kurfürstlichen Gartens in Beziehung stand. Nahe der Weisseritz und dem Eisenhammer an dieser gelegen, konnte sie leicht solchen Zwecken dienen. Ihre Ausschmückung dürfte nicht eben reich gewesen sein. Der Bau wurde angeblich 1716 abgebrochen. Aber es finden sich auch noch später Bauten an jener Stelle.


Grotte. Neuer Garten. Reithaus. Comödienhaus.


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Der neue Garten.

Mit dem Anfange des grossen Krieges begann man neue Anordnungen auf dem Grund und Boden, welcher durch die Bastionen Lynars der Stadt ge- wonnen worden war.

Vom October 1576 bis Juli 1577 hatte Kurfürst August gute Erde auf diesen Grund schaffen lassen, um einen Garten herzurichten. Obstbäume standen hier. Seit 1577 erscheint der „neue churfürstliche Garten", den der Hofgärtner Georg Winzer angelegt hatte, in den Eechnungen.

Das Reithaus.

In diesen Garten wurde 1618 das Eeithaus gebaut. Es handelt sich hier- bei um eine Anlage von 161 : 49 Ellen (91 : 27,7 m), von der sich Ansichten nicht erhielten. Im Plane von 1651 erscheint der Bau wohl doppelt so lang. Es dürfte hier auch das 1620 erbaute Schi esshaus mit zur Darstellung ge- kommen sein. Beide Werke waren wohl schwerlich von reicherer architek- tonischer Ausstattung. 1672 wurden sie wesentlich umgestaltet; der Hauptsaal blieb erhalten. Klengel war hierbei wohl zweifellos der Entwerfende. Eine Ab- bildung findet sich in der K. Oeffentl. Bibliothek. Der Gruüdplan ergiebt sich aus der Aufmessung von Langer, Tafel XIV, die Ansicht aus Wecks Chronik.

Das Eeithaus bildete einen Innenraum von 135 : 23 2 / 3 m. Der Saal zeigte eine hohe Kehle über gemalter Säulenordnung. Seitlich schlössen sieh gegen Norden, wo der Haupteingang sich befand, Treppen und Nebenräume an. West- lich befand sich das Schiesshaus.

Die Schauseite gegen Norden war in derbem Barock gehalten und gehörte wohl dem Umbau von 1672 an. Um dem Zwinger Platz zu machen, wurde 1711 das Eeithaus von der Front gegen die Festungswerke bis in die Gleiche des Comödienhauses abgebrochen, so dass nur der nördliche auf Tafel XIV in seinen Fundamenten dargestellte Theil stehen blieb. Dieser verschwand dann auch beim Fortschreiten des Zwingerbaues in den zwanziger Jahren.

Das Comödienhaus.

Vergl. Ermisch, das alte Archivgebäude, Neues Archiv für Sächs. Gesch., IX., S. 1 flg.

Der Grundstein für ein Comödienhaus wurde am 1. August 1664 gelegt, an Stelle des alten Ballhauses. Am 27. Januar 1667 wurde zum ersten Male im neuen Hause gespielt.

Die Oberleitung hatte der Zeugobrist Johann Siegmund von Liebenau, der Entwurf und die Ausführung lag in den Händen des Oberlandbaumeisters Wolf Kaspar Klengel.

Der Bau war von durchaus eigenartiger Anordnung. Er zerfiel in zwei Haupttheile, den Schauspielraum und Zuschauerraum (Fig. 259 und 260).

Der Zuschauerraum war 16, e m breit und 20 m lang. Er schloss im Acht- eck. Eingebaut waren vier Pfeiler und zwei Säulen compositer Ordnung, welche die beiden hufeisenförmigen Eänge trugen. Ueber dem Hauptgesims lag eine flache Decke. An jenes Säulenpaar lehnten sich die Treppen, die zu den Eängen führten. Das Parterre stieg derart empor, dass es in der Achse die Höhe des ersten Eanges erreichte, hier also eine geschlossene


392 Dresden (Stadt), Königliches ScMoss. Nebenbauten westlieh vom Schlosse.


Sitzreihe den Eaum füllte. Eine Brüstung vor den Säulen trennte den Sitzplatz des Kurfürsten ab, der sich in der Mitte des Parterres befand. (Fig. 259, 1.)

Vor diesem führen drei Stufen zum Proscenium (2) empor; auf dem bei Auf- führungen die Leibgarde beiderseitig Aufstellung nahm. Hinter den Stufen er- heben sich beiderseitig erhöhte, durch Podien abgeschlossene Brüstungen für die Trompetercorps (3). Die Treppen zu den Eängen lagen neben diesen. Die innere Einrichtung des Zuschauerraumes siehe bei Irmisch a. a. 0. nach einem Stich

von 1678 und in Fig. 260. Diese letztere ist nach einer Originalzeich- nung gefertigt und entspricht dem in Figur 259 nach Ermisch wieder- gegebenen Grundrisse.

Die Bühne hatte die Form eines griechischen Kreuzes, das Proscenium eine Breite von 16,6 m, die Tiefe der Bühne betrug 25 m; sie war für zehn Kulissenpaare eingerichtet. Die Kreuzflügel dienten als Niederlagen.

Wie oben (Seite 208) angegeben, wurde das Comödienhaus 1707 zur katholischen Hofkirche umgebaut. Nach Errichtung des Neubaues für diesen Zweck durch Chiaveri wurde 1755 — 57 dem Bau wieder an Stelle des kirchlichen ein weltlicher Zweck, nämlich als Ballhaus gegeben. Nach anderen Quellen wurde das Gebäude ganz abgebrochen und das Ballhaus neu aufgeführt. Doch auch dies blieb bald unbenutzt stehen, bis es 1802—4 durch den Oberlandbaumeister Haupt- mann zum Hauptstaatsarchi v eingerichtet wurde. 1809 war der Umzug in die neuen Eäume vollen- det. Nach Verlegung des Archives in das frühere Zeughaus wurde der Bau 1888 abgebrochen.

Das Staatsarchiv war ein zweigeschossiger Bau mit Mansarddach, schlichter klassischer Architektur, an der vorderen Schmalseite einem Giebel über einer drei fensterigen Vorlage. An der Langseite theilte ein Thor im Erdgeschoss und ein hohes Eundbogenfenster im Obergeschoss die schlichte Fensterreihe. Die alte Emporenanlage hatte sich erhalten, der frühere Ballsaal diente als Actenraum.



JpMETtR


Fig. 259. Comödienliaus von 1667, Grundriss.


15. Die Bauten nördlich vom Schlosse. Aus Buchners Plane (Tafel XIII) geht hervor, dass sich nördlich an das Georgenlhor im 16. Jahrhundert das Destillirhaus anlegte mit dem das 155»6


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errichtete Münzhaus in enger Verbindung stand. Hans Ir misch erhielt am 5. August 1579 den Auftrag, das Bärengewölbe für den Münzdrucker Matth es Urban einzurichten und mit Schmiede und Glühofen zu versehen. 1580 wurde eiu neues Münzdruckwerk aufgestellt. Eine Mauer trennte das Georgenlhor und



Fig. 260. Comödicnhaus. Entwurf für die innere Ausstattung.


dieses Haus von dem Platze vor dem Elbthore ab, die vom Münzthor durch- brochen wurde. Diese Mauer (Fig. 217) blieb im 17. Jahrhundert stehen, während vom Destillirhaus der südliche Theil abgebrochen und dafür das Schmelzhaus er- richtet wurde. Von künstlerischer Bedeutung war keiner dieser Bauten.


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Dresden (Stadt), Palais am Taschenberg.


16. Das Palais am Taschenberg.

Das Grundstück, das den Mittelbau des jetzigen Taschenbergpalais trägt, entstand 1662 durch Abbruch von sieben Häusern. 1677 kaufte Kurfürst Johann Georg IT. ein weiteres Grundstück hinzu. Seit 1694 besass es die Wittwe des Generalwachtmeisters von Klengel, deren Tochter in Beziehungen zum Kur- fürsten Johann Georg IV. gestanden haben soll. Am 22. August 1705 kaufte es Anna Constanze Gräfin Cosell. Auf dem Stadtplane von 1707 erscheint es noch als unbebauter Platz, am 13. April 1715 erwarb es der König neben anderen Baustellen und liess es „türkisch" möbliren.

Marperger (Historie, Leben der Baumeister, Hamburg 1711) sagt, dem Land- baumeister Karger habe ,,das prächtige Gräffliche Goselische Palatium ihre Kunst- reiche Aufführung mit zu danken." Es ist dem wohlunterrichteten Schriftsteller durchaus zu vertrauen. Der Bau muss zwischen 1707 und 1711 entstanden sein. Skizzen dazu in dem Bande „Originalentwürfe Pöppelmanns zum Schloss" in der K. Oeffentlichen Bibliothek und im K. Oberhofmarschallamt. Zweifellos hatte nach diesen Pöppelmann einen starken Antheil am Bau.

Die Anlage des älteren Baues ergiebt sich aus Fig. 261. Bei 19 Fenster Front misst er 48 m Breite; er besteht aus Erdgeschoss und drei Obergeschossen. Die Architektur (Tafel XIX und Fig. 262) zeigt den Uebergang von jener des Palais im Grossen Garten zu der am Zwinger, eine noch etwas unsichere Fülle von naturalistischen Blumendecorationen, verkröpften Verdachungen, Trophäen in Stuck, Gehängen in Tuch und Kranzwerk.

Die übereckgestellten Säulen und der Balkon an dem stattlichen Mittelthore (Fig. 263) sind bemerkenswerth.

Die innere Einrichtung ist sehr merkwürdig durch die stattliche Vorhalle und namentlich durch die grossartige Treppenanlage, von der sich nur die Hälfte erhielt. Die ursprüngliche Form ergiebt sich aus Fig. 261. Es entstand hier eine weniger durch die Abmessungen als durch die Anordnung bemerkenswerthe Anlage von zwei nebeneinander aufsteigenden Doppeltreppen, die in vier Lauf- paaren die Stockwerkshöhen erstiegen. Der Hof A war damals ungefähr der gleiche wie heute, auch fanden sich schon die Vorbauten in den Ecken. In diesen waren Wendeltreppen angeordnet.

Die Erweiterung des Baues vollzog sich schrittweise. Zunächst wurden die an der kleinen Brüdergasse gelegenen Häuser hinter dem Hofe des Palais er- worben und dem Bau einverleibt.

Das grösste unter diesen, a 2 , befand sich an der südwestlichen Ecke. Nach dem Grundrisse zu urtheilen, an dem namentlich die Erker auffallen, ist er als ein Werk des 16. oder 17. Jahrhunderts anzusehen, von dem sich aber nur einige Mauern erhielten. Die in Fig. 261 mit a, a und b, in Tafel XVIII mit A bezeichneten kleinen Bürgerhäuser, deren Grundriss für die Anlage solcher be- achtenswerth ist, sind durch Umbauten verändert worden. Später erfolgte der Hinzukauf der Grundstücke an der kleinen Brüdergasse gegen Osten zu bis an das damals erst geschaffene Verbindungsgässchen zwischen kleiner Brüdergasse und Taschenberg. Endlich kam noch das westliche Grundstück hinzu, das Burg- lehn, das bis an den Klostergarten heranreichte.



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Bau- u. Kunstdenkm. d. K. Sachsen. XXII. Dresden (Stadt). Tafel XVIII.



Palais am Taschenberg.


395


Die einzelnen Baulichkeiten wurden zunächst nur innerlich unter sich ver- bunden. Noch heute sind von denen der kleinen Brüdergasse die Fig. 261 unter a, a und b bezeichneten fünfgeschossig, in einem dritten von der Ecke jenes Gässchens findet sich ein Thor mit einem jonischen Pilaster als Schlagleiste, darüber eine Herme mit derbem geschnitzten Fratzenwerk, alten schmiedeeisernen



0 5 10 20 30 40 50 Ellen.


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0 5 10 20 Meter.

Fig. 261. Palais am Taschenberg, erstes Obergeschoss. Ursprünglicher Zustand.


Beschlägen und Gitterwerk im Oberlicht, ein interessantes Beispiel des Stiles um 1660.

Der Umbau des ganzen Palais vollzog sich in mehreren Absätzen seit 1756, nachdem man 1755 das Schloss in den beiden Hauptgeschossen durch einen brückenartigen Gang mit dem Palais verbunden hatte. Die Hinterfront gegen die kleine Brüdergasse wurde 1763 vollendet. Die Leitung hatte Oberlandbau- meister Schwartze,



Fig. 262.


Palais am Tasclienberg. Ansicht von Osten.


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Die Umgestaltungen (Tafel XVIII) bezogen sich weniger auf den alten Haupt- bau als auf die Flügel, die mit einer sehlichten Architektur umkleidet wurden.



Fig. 2ö'5. Palais am Taschenberg, Hauptthor.


Auf ersteren kamen nur die beiden bekrönendet Statuen über dem Hauptgesims: Mars und Minerva.


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Dresden (Stadt), Palais am Taschenberg.


Mars, die Eechte am Schwert, die Linke über den Schild gelehnt, auf welchem ein Stern und Eankenbeschläge zu sehen sind.

Minerva, auf einer Eüstung sitzend, die erhobene Eechte auf den langen Speer gestützt.

Die vorzüglich durchgeführte, reichgefaltete Gewandung, wie die meisterhafte Abwägung der Massen, die Bewegtheit bei monumentaler Euhe geben den Werken hervorragenden Eeiz.

In den neu ausgebildeten Mittelhof A, dessen Eckeinbauten eine ge- schwungene Gestalt erhiel- ten, wurden Hermen auf- gestellt, die eine Art Füll- horn tragen, über dem die Lampen angebracht sind. Und zwar halten solche Füllhörner in den Ecken je einzelne Gestalten, zwei weibliche und zwei männ- liche; an der Südseite des Hofes, neben der Haupt- achse je ein Paar, Mann und Weib. Der Ausdruck der Köpfe ist öfters ein recht schmerzlicher, die Körper sind zwar glatt, doch mit grosser Meisterschaft durch- geführt, die Gewandung weich und von reichem Fal- tenwurf.

Im westlichen Seiten- Ii o f D wurden in den Ecken Brunnenanlagen von der Art geschaffen, wie sie Lon- guelune zu entwerfen pflegte. Ueber bewegtem Felsenaufbau, aus dem Blu- men hervorwachsen, eine weitausladende Muschelschale, darüber hier ein Fisehweib, dort ein Fischmann (Fig. 264) einem phantastischen Seethier mit hoch emporgezogenem Fischschwanz den Bachen aufreissend. Zu Seiten aus dem Felsen sich hervorwindende Schlan- gen; unter dem Becken je ein Kranich, der auf dem östlichen Becken auf eine Schlange tritt.

Auf den Pfeilern des schönen schmiedeeisernen Gitters mehrere spielende Kindergestalten von heiterer Lebendigkeit.

In allen diesen plastischen Werken zeigt sich der Uebergang vom Eococo zum Classicismus, wie er sich in Paris etwa in Houdon vollzog. Die Dresdner Arbeiten kommen jenen des grossen französischen Meisters nicht gleich, ver-



Fig. 264. Palais am Taschenberg, Brunncnanlagc.


Palais am Taschenberg.


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künden aber ein verwandtes Empfinden für abgeklärte und doch belebte Form. Ihr Verfertiger ist Gottfried Knöffler.

Von demselben dürfte der Giebelaufsatz am südwestlichen Hofe sein, eine Vase über runder Kartusche, unter der vier Putten mit Kranzgewinden spielen.

Im Inneren wurde der Eindruck zunächst dadurch beeinträchtigt, dass die Hälfle des Treppenhauses zu Zimmern umgebaut wurde. Von der alten Ein- richtung der Säle erhielt sich nichts. Eine Ausnahme macht nur die Hof- kapelle (Familienkapelle), Fig. 265. Diese befindet sich im Hauptgeschoss an der Front gegen die kleine Brüdergasse.

Der Eaum reicht durch zwei Geschosse. Innenseitlich (nördlich) schliesst sich ein Gang an, der sich mit sechs Bogenöffnungen im Obergeschoss gegen die Kapelle öffnet. Vor den östlichen unter diesen legt sieh ein Balkon, der sich auch an der Ostseite und der Südseite hinzieht. Im Erdgeschoss befinden sich seitlich gegen Westen zu je ein Nebenaltar, an der westlichen Schmalseite der Hauptaltar. Zu dessen Seiten befinden sich zwei in die Sakristei führende Thüren.

Die Stukkirung des Eaumes ist in reichem Eococo gehalten und in Hellgrün und Silber abgetönt.

Besonders reich ist der Hauptaltar. Der Altartisch zeigt hinter Spiegeln Eeliquiare. In der Mitte ein in Holz geschnitztes Tabernakel, darüber ein pracht- voller geschnitzter und versilberter Eahmen um das (moderne) Altarbild. In einem dieses bekrönenden Oval die Taube, umgeben von einem Wolkenkranz mit Engelsköpfen. Neben dem Altar über den Sakristeithüren zwei Schränke, die mit Eeliquien gefüllt sind. Ebensolche Sehränke zu Seiten der Nebenaltäre und an den Fensterpfeilern.

Auf dem linken (südlichen) Seitenaltar als Altarbild eine Madonna mit dem Kinde, dem der h. Johannes als Kind den Fuss küsst, im Hintergrund der h. Joseph. Feintöniges Bild in der Art des Eafael Mengs.

Auf dem rechten (nördlichen) Seitenaltar als Altarbild eine Befreiung Petri aus dem Kerker. Naehtstück mit Fackellicht, wohl von Dieterici, jetzt sehr nachgedunkelt.

An der Decke feines Stuckornament.

Die Ausstattung der Kapelle mit kirchlichem Geräth und verzierten Eeliquien ist ausserordentlich reich. Diese sind Besitz des Königlichen Hauses und ent- ziehen sich demgemäss der Inventarisirung an dieser Stelle.

Vergl. K. H. Pietsch, Dresdner Anzeiger Nr. 132, 1872 und Mittheilungen des Vereins f. Gesch. Dresdens H. 9, S. 48 flg.

Das Kanzleihaus und die Hofapotheke.

Der Bau des Kanzleihauses.

An Stelle älterer, seit dem 19. Februar 1565 abgetragener Baulichkeiten entstand an der Schlossstrasse das Kanzleihaus (Taf. XIII), das nach den Plänen des Baumeisters Hans Ir misch 1567 fertiggestellt wurde. In den 19 Stuben, die es enthielt, befanden sich alle jene Verwaltungsämter, die in der Landeshauptstadt ihren Sitz hatten. (Fig. 266.) Ueber die Verwerthung der Eäume siehe Weck, S. 50 flg.

Der Bau legt sich in drei Flügeln um den Hof; dessen vierte Seite schliesst xxh. 7 (26)


400


Dresden (Stadt), Palais am Taschenberg. Kanzleihaus und Hofapotheke.


die alte Stadtmauer ab, die sich hier noch in einer Länge von etwa 40 m e-



Fig. 265. Palais am Taschenberg, Familienkapelle.


hielt. In den Hofecken befinden sich zwei Wendeltreppen, die in ziemlich steilem Anstieg bei schräggestellten Fenstern ohne eigentliches Podest emporführen; nach den Zugängen zu den Stockwerken führt nur eine nach der Umfassungswand


Bau des Kanzleihauses.


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zu etwas verbreiterte Stufe. Der Handlauf ist von Stein, die Treppe im Dach- geschoss von Holz. Als Abschluss des obersten Podestes ein schlichtes schmiede- eisernes Gitter mit Blumen aus der Erbauungszeit.



0 5 10 20 Meter.

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Fig. 266. Kanzleihaus. Zustand im 18. Jahrh. Grundriss dos Obergeschosses : 1. Geheimes Archiv. 2. Eingang. 3. Invaliden-Cassa. 4. Sessions-Zimmer.

5. Registrande. 6. Haupt-Expedition. 7. Gang. 8. Archivs-Expedition. 9. Rechnungs-Expedition. Grundriss des Erdgeschosses: 1. Geheimes Archiv. 2. Eingang. 3. Invaliden-Cassa. 4. Cammer- Archiv.

5. Durchgang. 6. Rentery-Archiv. 7. Archiv.

Das Erdgeschoss ist durchweg überwölbt, und zwar mit Kappen, die theil- weise auf kräftigen toscanischen Säulen ruhen. Die Thüren sind meist einfach profilirt, rundbogig abgeschlossen; nur einzelne haben schildförmige Verzierungen auf den abgefasten Profilen, ähnlich jenen im Schlosse.

7* (26*)


402


Dresden (Stadt), Kanzleihaus und Hofapotheke.


Eine besonders stattliche Thüre führt nahe dem Georgenthore auf die Schlossstrasse (jetzt verbaut); mit ovalem Oberlicht und einem schönen schmiede- eisernen Gitter.

Die Obergeschosse haben wenig von ihrer alten Einrichtung behalten. Einige Decken seien erwähnt, schlichte profilirte Feldereintheilungen in Holz, die jetzt vielfach überstrichen sind.

Die Kanzlei war „aussenwärts mit allerhand Gemälden und Figuren auch Sententien so in Tünch auf schwarzen Grund in fresco cratirt und gezieret". Unter dem Gesims befand sich die Inschrift:

Augustus Dei gratia dux Saxoniae sacri Romani imperii archimarschalcus et elector, landgravius Thüringiae marchio Misniae et burggravius Magdeburgensis. Anno salntia MDLXVII.

Schon Weck konnte 1680 von den „Sententien" nur noch eine lesen:

Homo est, cui deest pecunia, sed homo non est, cui deest bona intelligentia.

Diese Arbeiten dürfte Benedict de Thola ausgeführt haben. Denn am 29. Juni 1566 verspricht der Kurfürst, ihm eine Schuld von 200 fl. zu erlassen, wenn er die Kanzlei innen und aussen an Mauern und Giebeln in schwarzem Tünch schraffiren (Sgraffito !) und reissen will mit gebürlichen Historien, die sich zu einer Canzlei, Eathsstuben, Eentnerei und Liberei reimen. Am 20. November erhielt Thola mit seiner Frau auf vier Monate Urlaub nach Italien. Die Arbeit dürfte also erst in das Jahr 1567 fallen.

Erhalten hat sich von diesen Arbeiten nichts. Nur scheint an manchen Stellen der Putz noch geschwärzt, aber ich vermochte nirgends einen Rest von den alten Zeichnungen zu finden.

Die Fenstergewände sind durchweg nach Art der Antike profilirt, doch so, dass die äussersten Glieder bündig mit dem Putz liegen, die Profile sich in einer flachen Face todtlaufen, die im unteren Drittel das Gewände bildet. Vielfach sind die Fenster gekuppelt. Die über den Kuppelungen angebrachten Oberlichter sind neueren Ursprungs.

Ueber dem dritten Geschoss erheben sich stattliche Giebel mit kräftigen Voluten, deren Schwünge Blattwerk ziert. Besonders malerisch ist die Ansicht gegen den Stallhof zu.

Umbauten und Ausstattungsreste.

Das Kanzlei haus wurde 1731 im Innern und 1737 im Aeussern umgebaut und erneuert. Hierbei verschwanden die Sgraffiten. Noch 1680 erwähnt Weck die alten Felderdecken der Obergeschosse, von denen sich vielleicht noch Ein- zelnes unter den jetzigen Platzdecken erhielt.

Actenschrank, schlicht, mit tiefen Schubladen, auf denen theilweise noch der Acteninhalt durch Inschrift in Oel zu lesen ist. Wohl aus dem alten Staats- archiv stammend. Jetzt in der Hofapotheke.

Tisch (Fig. 267), mit neuer Platte, jetzt im ersten Obergeschoss. Der Fuss gebildet durch einen rechtwinkeligen breiten Körper mit vier Flachnischen, in welchen Muscheln. Um die Nischen eine Quaderarchitektur. An den Ecken schwere, auf Löwenfüssen stehende Consolen. Das Ganze auf einer Stufe von l,o6m Geviert. Die Zarge mit Consolen und Füllungen verziert.

Sehr interessantes, leider vielfach mit Oelfarbe überstrichenes Werk aus der Erbauungszeit der Kanzlei. Jetzt in der Königl. Kreishauptmannschaft.


Ausstattungsreste. Hofapotheke.


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Tisch (Fig. 268), den Fuss bildet ein viereckiger Körper mit vier Bogen- blenden. Vor den Ecken stehen vier fein gezeichnete toscanische Säulen auf einer Stufe. Die Platte, l,a:l,sm messend, ist aus sächsischem Marmor, roth mit weissen Adern.

Der Tisch dürfte der Zeit um 1570 angehören. Jetzt im Laboratorium der Apotheke.

Stuhl, Eichenholz, auf Gurten gepolstert, mit Kalbsleder bezogene Polster, Arm- und Eückenlehne. Mit Messingknöpfen verziert. Bemalt nach Art farbigen Marmors.

Auffallend ist der niedrige Sitz (35 cm hoch) und die Breite der Lehne (70 cm). Auf den drei Stegen der Eückenlehne Lederbezug, auf wel- chem in Goldpressung mehrere Pla- ketten, zwei Löwen mit dem säch- sischen und dänischen Wappen, die Marke AV, ein Seemann und See- weib, letzteres mit einem Spruchband, darauf: melvsin.

Unter dem Sitze ein Löwenkopf aus Papiermasse.

Jetzt in der Sammlung des K. Alterthumsvereins Nr. 336 (Inv.-Nr. 179), aus der Eentkammer stammend.

Schmiedeeisernes Gitter (Fig. 269), früher zum Abschluss des Ganzen auf dem Walle dienend, mit dem sächsischen Herzogswappen in durchbrochenem Eisenblech.

Die Hofapotheke.

Im Kanzleigebäude findet sich seit 1857 die H o f a p o t h e k e. Ueber deren ältere Geschichte vergl. Dr. L. F. Caro, Beiträge zur Geschichte der K. Hofapotheke zu Dresden (in deren Almanachen mehrmals abge- druckt). Sie wurde 1581 von der Kurfürstin Anna gegründet und mit „vielen kostbaren, aus klarem Silber bestehenden Gefässen" ausgestattet, bald darauf aber mit der älteren Marienapotheke vereint und 1590 am Taschen- berg neu eröffnet, wo sie bis 1857 blieb. (Tafel XVII, g.)

Ein grosser Theil des alten Besitzes der Apotheke wurde 1857 zu Spott- preisen versteigert. Es erhielten sich folgende Gegenstände:

Bildniss der Kurfürstin Anna.

In Oel, auf Lindenholz, 20 : 27 cm messend.


Fig. 267. Kanzieihaus, Sitzungstisch.



Fig. 268. Kanzleihaus, Sitzungstisch.


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Dresden (Stadt), Kanzleihaiis und Hofapotheke.


Nach der Inschrift auf der Eüekseite 1815 verkauft, 1816 zurückgekauft, Geschenk der Prinzessin Elisabeth an die Apotheke.

Brustbild der Fürstin in Haube und reicher Tracht. Das Bild ist bläulich im Ton und sichtlich vielfach übermalt (zuletzt restaurirt von Schmidt 1880), von Haus aus aber eine fein gestimmte Arbeit wohl eines Dresdner Meisters. Bildniss des Kurfürsten Johann Friedrich von Sachsen. In Oel, auf Buchenholz, 49 : 62 cm im Eahmenlichten. Auf grauem Grunde, mit Barett, Kette, Pelzschaube. Die Hände sind sicht- bar. Werkstättenbild des Cra- nach, mehrfach tibermalt , zuletzt restaurirt von S o 1 b r i g.

Krüge undBüchsen in Fayence. Versehen mit dem polnisch -sächsischen Wappen unter der Königskrone und mit dem Monogramm AB, sowie einer Inschrift über den zu bewahrenden Gegenstand, wie:

Syr. Rubi dil. oder Cons. acetos. eil.

Der grösste Krug, 32 cm hoch, mit Henkel und Aus- gussrohr, trägt die nach- stehende Marke



Fig. 269. Kanzleihaus, schmiedeeisernes Gitter. Nach Ortwein, Deutsche Renaissance.


Die grosse Büchse, cylin- drisch, 27,7 cm hoch, 18 cm breit, ist mit der Jahreszahl 1715 versehen.

Die kräftige Glasur ist viel- fach rissig, die Malerei ziem- lich blass in Blau und hand- werksmässig ausgeführt.

Töpfe in grauem Steinzeug, mit Blaumalerei, das Kurwappen ii darstellend, gegen 40 cm hoch. Gemarkt mit nebenstehendem Zeichen. 7>^

Standgefässe in weissem Glas, mit reicher Bemalung und Ver- * goldung, etwa 13,6 cm hoch. Die Gefässe haben alle einen viereckigen Körper und einen flaschenartigen kurzen Hals und sind bemalt mit dem polnisch-sächsischen Wappen unter Schwertern vor einem Hermelin. Darunter befindet sich das weisse Etikettband mit den schwarzen Inschriften, wie: ji_ Vitrioli ; Es. Asi foetid. u. dergl. Ferner haben die meisten eine Jahreszahl und zwar zumeist 1719, doch auch je eine 1718 und 1768.

Ein ähnliches, grösseres Gefäss, 25 cm hoch, bemalt wie die anderen, von


Stallhof. Baugeschichte.


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1719, enthält kleine Elsterperlen, die früher zu medizinischen Zwecken gebraucht worden sein sollen.

Mörser, Bronze, Fuss 21, 5 cm weit, 27,8 cm hoch, mit der Inschrift:

Ihro Köenigl. Hoheit Michael Joachim Wodel

Des Churfürsten . zu . Gos mich in Dresden

Sachsen feld apothecke. Anno 1733.

Wahrzeichen der Apotheke: Zwei Handschuhe, ca. 7 cm lang, in Leder mit Goldstickerei. Zwei silberne Schuhe, je 4 cm lang, mit breiten Spitzen, durch ein Kett- chen verbunden.

Ein doppelbartiger Schlüssel, in Silber, vergoldet, ca. 3 cm lang. Ein Bezoarstein (aus den Eingeweiden eines Wiederkäuers), in vergoldetem Silberfiligran -Ei gefasst, dieses etwa 3 cm lang, mit einem Kettchen. Eine Eeceptirwaage , mit feinem eisernen Waagebalken und vergoldeten Schalen, der Balken etwa 12 cm breit. Alle diese Gegenstände scheinen der Zeit um 1600 anzugehören. Von der inneren Einrichtung der Apotheke erhielten sich noch vier Wappen- löwen, in Holz geschnitten, 57 cm hoch, Wappenschilde haltend, bemalt.

Waagen träger. An den Seiten zwei feine korinthische Säulen auf Posta- ment und mit dem Gebälk in vergoldeter Bronze. Werke der Zeit um 1610. Darüber ein geschwungener Träger in Metallguss späterer Herkunft. In der Mitte das sächsische Wappen. Dieser Träger erscheint schon auf der Abbildung der Apotheke von 1669.

Marmoruntersatz, in Form einer Säulentrommel mit vier Diensten, diese als Renaissancebalustren gegliedert, jetzt im Laboratorium.


Der Stallhof.

1. Der Kurfürstliche Stall.

Berühmte Kunststätten, Band 46

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Die Burg der Markgrafen

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DIE BURG DER MARKGRAFEN.

In der ganzen Geschichte Dresdens prägt es sich, wie Otto Richter (Geschichte der Stadt Dresden I. S. 259) richtig bemerkt, aus, daß sie ihr Dasein, ihre Bedeutung dem Landesherrn verdankt; sie behielt immer den Charakter eines fürstlichen Wohnsitzes, dessen Blüte oder Rückgang von der größeren oder geringeren Fürsorge des Herrscherhauses abhing. Willig stellten Dresdens Bürger ihrem Beschützer und Landesherrn zu jeder Zeit Kriegsmannschaft, wie sie auch zu der Befestigung des wichtigen Elbübergangplatzes stets alles Erforderliche bereit stellten. Allerhand Rechte und Vorteile wurden ihnen für diese Dienste zuteil. Die Möglichkeit zu größerem Erwerb lag nicht vor; verheerende Kriege und Feuersbrünste zerstörten namentlich im 15. Jahrhundert immer von neuem den Wohlstand der Stadt. So blieb denn die Abhängigkeit der Stadt von den Fürsten immer weiter bestehen.

Kein Wunder, daß die markgräfliche Burg das wichtigste Gebäude Dresdens im Mittelalter war und blieb, zumal da sie auch als Kopf der Brücke für die Verteidigung von hohem Werte war. Das älteste Modell Dresdens zeigt uns denn auch die Burg als beherrschendes Bauwerk der ganzen Stadt. Die älteste Burganlage erstreckte sich vom Elbtor, dem heutigen Georgentor, längs der Elbe zum jetzigen großen Schloßturm, der damals noch nicht vorhanden war. Den nordwestlichen Abschluß nach der Brücke zu bildete der starke Hausmannsturm, d. h. Wächterturm, der festeste Teil der Burg. Der ganze Bau war in einfachen Formen gehalten und hatte nach allem, was wir darüber wissen, keine künstlerische Bedeutung. An den Hauptbau wurden weiter zwei Flügel angesetzt, zunächst der längs der Schloßstraße, sodann 1461–76 der westliche Flügel, der vom Hausmannsturm abzweigte [17] und u.a. die Kapelle enthielt, worin Martin Luther am 25. Juli 1517 vor dem katholisch gesinnten Herzog Georg gepredigt hat. Endlich erhielt das Schloß noch seinen südlichen Abschluß durch den vierten Flügel, der mit Erkern und Balkons geschmückt war und das Torhaus enthielt, das nach seiner Gestalt die Laterne hieß. Diese Erweiterungen ergaben sich aus dem erst allmählich sich steigernden Bedürfnis an Wohnräumen. Denn keineswegs haben die meißnischen Markgrafen dauernd in Dresden gewohnt. Zuerst tat dies Heinrich der Erlauchte im letzten Jahrzehnt seines Lebens 1277–88, dann sein Sohn Friedrich Clemme († 1316), der den Namen Herr von Dresden führte, dann aber nach langen unruhigen Zeiten erst wieder Markgraf Wilhelm I., der von 1387–1407 in Dresden wohnte, und schließlich die beiden Brüder Ernst und Albrecht, die von 1464 an gemeinsam und einträchtig regierten, bis sie 1485 zur Teilung schritten, welche die wettinischen Lande für immer zerriß. Offenbar hat die gemeinsame Hofhaltung der beiden Brüder zur Erweiterung der Burg 1471–76 geführt. Zu gleicher Zeit ließ übrigens Albrecht die Albrechtsburg in Meißen bauen.


 
Abb. 13 Ältestes Burgmodell

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Das 16. Jahrhundert

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DAS 16. JAHRHUNDERT

Einzug der Renaissance in Dresden

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EINZUG DER RENAISSANCE IN DRESDEN.

Die weitere Baugeschichte der Burg oder des Schlosses im 16. Jahrhundert ist ungemein wichtig, denn sie umschließt den Einzug der Renaissance in Dresden, die wie überall in Deutschland die Burg zum Schloß umwandelte, d. h. neben der Wehrhaftigkeit die Schönheit zur Geltung brachte. Die Dresdner Architektur hatte bis dahin keine große Rolle gespielt. Das wurde jetzt anders und zwar infolge des Annaberger Hüttenstreites. Beim Bau der Kirche zu Annaberg nämlich brach ein langwieriger Streit zwischen Annaberger und Magdeburger Steinmetzen aus, bei dem es sich um eine Verkürzung der Lehrzeit und um die Einführung der neuen Renaissanceformen handelte. Die Annaberger Steinmetzen waren auf der Seite des Fortschritts, die Magdeburger und Straßburger Dombaumeister traten für die alte Überlieferung ein. Herzog Georg stellte sich mit Entschiedenheit auf die Seite der Annaberger und verhalf ihnen zum Siege. Die Dresdner Bauhütte, das ist die Genossenschaft der Steinmetzen oder Architekten, unter Hans Schickentantz erhielt als Haupthütte die Führung der sächsischen Hütten. Damit aber trat Dresden an die Spitze der neuen Renaissance-Bewegung in Sachsen.

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Abb. 15 Südseite und Nordseite des Georgentors am Kgl. Schloß nach Wecks Chronik Zustand bis zum Brande von 1701.

Das Georgentor

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DAS GEORGENTOR.

Gelegenheit die neuen Formen zu zeigen gab der Umbau des alten Elbtors, den Herzog Georg im Jahre 1530 begann. Das Tor stand auf den beiden ersten Landpfeilern der zum Anfang der jetzigen Schloßstraße reichte, und vermittelte die Verbindung von der Stadt zur Brücke sowie nach dem Elbufer. Bei dem Umbau handelte es sich darum, eine Verbindung zwischen dem Schloß und dem Tor herzustellen, dadurch aber den Zugang vom Schloß zur Brücke zu erleichtern. Der Unterbau des alten Elbtors wurde bei dem neuen Tor mit verwendet. Als Erbauer des neuen Georgenbaues ist von jeher Hans Schickentantz genannt worden, ohne daß sich dieses urkundlich belegen läßt. Jedenfalls zeigen die Formen des Georgenbaues, daß er nicht von einem Italiener herrühren kann. Der Georgenbau aber war ein turmartiges Bauwerk mit Giebeln auf allen vier Seiten, [20] geschmückt mit Bildsäulen, Erkern, ornamentierten Friesen, Wappen, Bildnis-Medaillons und Reliefs – ein kräftiges Zeugnis des neuen Kunstgeistes im 16. Jahrhundert, der die Architektur wesentlich dekorativ behandelte.

Der gewaltige Schloßbrand des Jahres 1701 hat leider den Georgenbau von Grund aus zerstört, so daß von dem stattlichen Gebäude nur wenige Reste übrig geblieben sind. Ein einheitlicher Gedanke ging durch seinen künstlerischen Schmuck: an der Nordseite war dargestellt, wie der Tod durch die Sünde in die Welt gekommen ist, an der Südseite die Erlösung der Welt von der Sünde durch Christi Opfertod. Dieser Gedankengang mochte dem Herzog Georg wohl naheliegen, denn der bedauernswerte Mann sah alle seine fünf Söhne und drei von seinen vier Töchtern dahinsterben, während des Baues starben seine Gattin Barbara 1534 und seine Tochter Magdalene, drei Jahre später sein letzter Sohn Johann. So pochte der Tod gewaltig an die Pforte seines fürstlichen Hauses. Kein Wunder, daß wir hier und anderwärts in der Stadt aus jener Zeit mannigfache künstlerische Hindeutungen auf den Tod finden. Mit der Darstellung des Todes aber einte Herzog Georg, der hartnäckige Verfechter des katholischen Glaubens inmitten eines Volkes, das sich mehr und mehr der protestantischen Lehre zuwandte, eine künstlerische Darstellung seines Glaubensbekenntnisses: eine Mahnung zugleich und ein Trost im Leid.

Von der Nordseite des Georgenbaues ist vor allem das Tor erhalten, das beim Umbau des Schlosses 1899 in den Schloßwinkel gegenüber der katholischen Hofkirche versetzt wurde. Am Schlußstein des Bogens ist eine kleine Scheibe mit einem Totenkopf angebracht; in den Zwickeln sehen wir in feinem flachem Relief das erste Elternpaar trauernd um das verlorene Paradies, links Adam mit der Hacke im Arm, rechts Eva mit dem Spinnrocken und einem Kind auf dem Schoß; beiderseits üppige Apfelzweige mit Blättern und Äpfeln, die Adam und Eva mit der Hand umfassen. Man sieht, wie sich der Künstler bemüht hat, die beiden Gestalten ohne Zwang in den Zwickeln unterzubringen und mit Hilfe der Apfelzweige den Raum anmutig zu füllen. Reich verziert sind die Füllungen der Pilaster, die Bogen, die Schäfte, die vortretenden beiden kandelaberartigen Säulen, die Füllungen des

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Abb. 16 Das Georgentor des Kgl. Schlosses 1701-1893

Gesimses, hervorragend reizvoll die eigenartigen Kapitelle, nicht minder die Reigen von tanzenden Kindern an den Wülsten der Säulenschäfte. Die Inschrift zwischen den Verkröpfungen am Sims lautet:

Per invidiam dyaboli mors intravit in orbem (Durch die Mißgunst des Teufels ist der Tod in die Welt gekommen.)

[22] Die architektonische Bekrönung des Tores enthielt ein Relief, das 1899 beim Umbau zum Vorschein kam und jetzt mit anderen Resten in der Durchfahrt des Jagdtores bewahrt wird. Es zeigt in schlichter Umrahmung, wie Kain mißgünstig über das Gott wohlgefällige Opfer Abels den Bruder mit gewaltigen Keulenschlägen ermordet; links und rechts von diesem Relief standen die Bildsäulen Adams und Evas, darüber wand sich die Schlange in dem Geäst, das den Tragstein des Erkers umrankte.

Der Dresdner Totentanz

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DER DRESDNER TOTENTANZ .

Erhalten sind ferner einige Wappen und der berühmte Dresdner Totentanz in Relief, der über dem zweiten Obergeschoß angebracht war und durch den Erker in zwei ungleiche Hälften geteilt wurde. Er steht jetzt links vom Eingange zum Neustädter Friedhof (Friedensstraße). Der Totentanz ist in vier Reigen gegliedert: ein von Schlangen und Bandwerk umschlungener Tod, die Schalmei blasend und ein Weinglas emporhaltend, eröffnet den ersten Reigen; ein zweiter, der mit Totengebeinen die Trommel rührt, führt den zweiten Reigen an; ein dritter mit der Sense schließt den ganzen Zug. Den ersten Reigen bilden die Vertreter des geistlichen Standes: der Papst mit der dreifachen Krone und dem Hirtenstab; der Kardinal mit Hut und Stab; Bischof und Abt mit Krummstab und Mitra, der Domherr mit Doktorhut und Hermelinmantel, ein Priester mit einem Kreuz in der Hand (Monstranz?) und ein gebückt dahinschreitender barhäuptiger Mönch, der ein Buch in der Hand trägt. Im zweiten Reigen schreiten die höchsten Vertreter der weltlichen Macht: Kaiser Karl V. mit Schwert, Krone und Szepter; König oder Kurfürst (?) mit Schwert und geschultertem Szepter; der Herzog Georg der Bärtige (der nach dem Tode seiner Gattin den Bart lang wachsen ließ) mit dem Orden des goldenen Fließes, dem Rosenkranz und dem Schwert; der Kanzler als höchster Beamter des Hofstaates und der Ritter; den dritten Reigen, bei dem man ebenso wie im vierten den voranschreitenden Toten vermißt, führt der Hauptmann der Landsknechte; es folgt der Gelehrte oder Ratsherr und der Steinmetz Hans Schickentantz mit Spitzhacke und Winkelmaß (der Schöpfer des ganzen Werkes), weiter ein Stadtknecht mit Hellebarde und Schwert, der Bauer mit Dreschflegel und Krummschwert und der Bettler mit der Krücke. Den vierten Reigen endlich bilden die Äbtissin mit dem Krummstab [23] die Bürgersfrau, die Bäuerin mit der Riese, die das Kinn verhüllt, und mit Gänsen im Sack auf dem Rücken. Hieran schließt sich als letzte Gruppe der Wucherer mit der Geldtasche am Gürtel und einem Geldsack im linken Arm, den er ängstlich umfaßt, denn ein Bettler von einem Knaben geführt nimmt bittend vor ihm den Hut ab. Den Schluß bildet der Tod mit der Sense.

Bei der Deutung einiger Personen kann man zweifelhaft sein; es kommt indes wenig darauf an, ob man den einen als König oder Kurfürst, einen zweiten als Graf oder Ritter, einen Dritten Ratsherrn oder Gelehrten anspricht. Bezeichnend für das Werk ist die Stimmung des unentrinnbaren Todesverhängnisses, das über allen schwebt: mit dumpfer Ergebung, meist starr geradeaus blickend, schreiten sie eilends vorwärts, als könnten sie nicht anders, und nur Herzog Georg schaut trauernd zu seinem Kanzler zurück, der ihm die Rechte unter den Arm schiebt, und auch die behäbige Äbtissin nimmt sich etwas Zeit. Der Künstler hat die Gefolgschaft des Todes in Gruppen zu Dreien angeordnet, innerhalb deren jeder seinen Vordermann anfaßt. Nur der Priester und der Mönch bilden eine Gruppe zu zweien. Die Charakteristik einzelner Personen ist meisterhaft, wirksamer aber in ihrer eindringlichen Kraft ist die Todesstimmung, die über dem ganzen liegt. Davon ist nur die letzte Gruppe auszunehmen, die mehr ein Lebensbild darstellt und auch im Stil sich von den anderen Gestalten unterscheidet. Diese Gruppe nebst dem abschließenden Tode ist fast zwei Jahrhunderte jünger als der übrige Totentanz. Als am 25. März 1701 das Schloß zum größten Teil abgebrannt war, wurde der Totentanz herabgenommen und der Dreikönigskirche in Dresden-Neustadt übergeben. Fünf Figuren fehlten; an ihrer Stelle führte der Dresdner Bildhauer Johann Emanuel Brückner die genannte Gruppe aus; sie verleugnet den Stil ihrer Zeit nicht.

Von dem südlichen Teile des Georgenbaues sind noch weniger Reste erhalten als vom nördlichen. In den Zwickeln des einen Tores waren Löwe und Lamm dargestellt, die den Tod und die Schlange „dämpfen“. Über dem Sims befand sich ein Kruzifix mit zwei Kindern am Fuß des Kreuzesstammes. Von dem anderen Tore sind in den Zwickeln die rund umrahmten Bildnisse des Herzogs Georg und seines Sohnes des Herzogs Johann mit breitem [24] Hute, Federn und Wappen erhalten, breit modellierte Arbeiten von trefflicher Charakteristik.


Umbau des Schlosses

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UMBAU DES SCHLOSSES.

Im Jahre 1547 begann Moritz den [29] Umbau des Schlosses. Während der ersten Jahre seiner Regierung hatten ihm seine politischen Pläne, die Verhandlungen und Kriege keine Zeit gelassen, an solche häusliche Angelegenheiten zu denken. Sowie er aber den Kurhut errungen hatte, drängte es ihn, der erweiterten Machtfülle auch äußerlich einen glänzenden Ausdruck zu geben. Der Bau, der bis dahin „eine unregelmäßige Aneinanderhäufung unscheinbarer Bauten“ gewesen war, genügte weder den Bedürfnissen seiner Hofhaltung noch seiner Prunkliebe. Alsbald ließ er den westlichen Flügel, der vom Eckturm nach der Stadt zuging, abbrechen. Dafür ward der Nordbau jenseits des Turmes in gleicher Länge weitergeführt, ein neuer Westbau errichtet und damit der Hof auf die doppelte Größe gebracht. Der Turm nimmt seitdem die Mitte des neuen Moritzbaues ein. In dem gewaltigen Hofe, der damit, wie gleichzeitig in Heidelberg, zum Mittelpunkt und Glanzpunkte des ganzen Schlosses wird, wird der Turmseite die viergeschossige Laube vorgelegt, in den Ecken entstehen die prächtigen Treppentürme mit ihren Wendeltreppen. Das ganze Schloß erhält einen „einheitlichen Schmuck durch heitere Fresken und stolze Sgraffitodekorationen, wie ein prächtiger Teppich breiten sich Farbe und Gold über alle Flächen aus und über dem Hauptgesims erheben sich gewaltige kriegerbekrönte Volutengiebel. Alte Abbildungen erwecken auch in uns noch schnell den Eindruck des Strahlend-Phantastischen, den der Schloßhof sicherlich machte.“

Den ganzen Bau beaufsichtigte der Vertreter des Herzogs Hans Dehn-Rothfelser; den Entwurf machte der Festungsingenieur Caspar Vogt von Wierandt, den Moritz aus Österreich berief und 1545 als Oberzeug- und Baumeister über den Festungsbau des ganzen Landes setzte. Dieser Caspar Vogt, der nach dem Vorbilde von Antwerpen und Gent die neuen großartigen Befestigungen Dresdens schuf, berief italienische Künstler nach Dresden und machte damit den Schloßbau zu einer Schule der neuen ausländischen Kunstweise. Damals sah Dresden zum ersten Male reine Renaissanceformen und welch gewaltigen Eindruck sie auf die deutschen Steinmetzen machten, davon zeugen zahlreiche kleinere Werke, die in der Folge entstanden.

Juan Maria von Padua

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JUAN MARIA VON PADUA.

Der bedeutendste unter diesen Italienern war Juan Maria aus Padua. Er war 1520 in Venedig, 1527 als Gehilfe Jacopo Sansovinos bei der Herstellung der Reliefs [30] im Santo zu Padua tätig, 1536 arbeitete er am Belvedere auf dem Hradschin zu Prag, 1549 am Schloß Stern bei Prag. Bald darnach kam er nach Dresden. Nach Moritzens Tode wandte er sich nach Polen. Wie Gurlitt nachweist, hat er bis 1554 unter dem Namen il Mosca das Grabmal des Erzbischofs Nikolaus Dzierzgowski im Dom zu Gnesen und 1555 die Tuchhalle zu Krakau errichtet. Auch in England ist er möglicherweise später tätig gewesen. Juan Maria arbeitete mit an den reichverzierten Friesen und Pilastern der beiden nördlichen Treppentürme im großen Schloßhof. Er schuf auch die Hauptteile des Portals der ehemaligen Schloßkapelle, das heute am Eingang zum Stallhof am Jüdenhof steht. Die Kapelle selbst lag westlich neben dem Schloßturm und war vom Schloßhof aus zugänglich, die Feuersbrunst 1701 hat sie vernichtet.

Das Portal der Schloßkapelle

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DAS PORTAL DER SCHLOSSKAPELLE.

Das herrliche Portal, einst seiner Farbenpracht wegen das goldene Tor genannt, ist als römischer Triumphbogen gestaltet. Zwei Paar korinthische Säulen auf hohen Sockeln tragen ein reich gegliedertes Gebälk mit köstlich verziertem Fries mit Zahnschnitt, Eierstab, Konsolen usw., darüber eine Attika mit der bewegten, lebhaften Auferstehung Christi im Relief, links und rechts davon in Nischen zwischen den flachen Pilastern Jesaias und Paulus, obenauf der auferstandene Christus mit der Fahne, links der Glaube mit dem Kelch, rechts die Stärke mit der Säule. Zwischen den Säulen in Nischen links Johannes der Täufer mit Buch und Lamm, darunter Johannes der Evangelist mit Kelch und Adler, rechts der gehörnte Moses mit den Gesetzestafeln, darunter Petrus mit Schlüssel und Tafel. Die hölzerne Tür umrahmen verzierte Pilaster mit Bogen. Das Relief im Mittel zeigt Christus mit der Ehebrecherin, links davon das Kurwappen, rechts das der Wettiner, darüber in der Attika den Wahlspruch der sächsischen Kurfürsten: VDMIE = Verbum Domini Manet In Aeternum (Das Wort Gottes bleibet in Ewigkeit).

Die ganze Herrlichkeit der Renaissance strahlt von dem Werke wieder. „Es ist weitaus die edelste Portalkomposition der ganzen deutschen Renaissance, in Schönheit der Verhältnisse, Klarheit der Komposition, Anmut der Ornamente und Feinheit der Gliederung den Geist durchgebildeter Hochrenaissance verkündend.“ (Lübke,

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Abb. 18 Tor der ehemaligen Schloßkapelle 1555 (jetzt am Jüdenhof). (Phot. Tamme).

Deutsche Renaissance II, 331.) Welch ein unerschöpflicher Reichtum der Ornamentik tritt uns entgegen! Wie fein und anmutig sind die Einzelheiten durchgebildet! Wie aus einem Guß steht [32] das klassisch vornehme Werk in einer harmonischen Abgeschlossenheit vor uns, wenn wir es als Ganzes auf uns wirken lassen.

Betrachten wir einläßlich alle Einzelheiten, so schwindet ja dieser Eindruck der Einheitlichkeit hier und da: die beiden Tugenden sind etwas schwerfällig und stehen zurück hinter der freieren Gestaltung des auferstandenen Christus. Nicht minder groß ist der Unterschied zwischen dem kraftvoll und lebendig empfundenen Täufer und dem akademisch braven Evangelisten Johannes, nach Gurlitt einer späteren Ergänzung um 1730. Ja, man wird nicht fehl gehen, wenn man mit Steche das ganze Tor als ein gemeinsames Werk der italienischen und der deutschen Steinmetzen, die zugleich am Schloßbau tätig waren, betrachtet. Der Entwurf zu dem ganzen Werk, abgesehen von der Attika, darf Juan Maria zugeschrieben werden, von dem zugleich die korinthischen Säulen nebst dem Sims und der sonstigen Ornamentik herrühren. „Der Schmuck der Pilaster verrät deutlich die Art der lombardischen Renaissancedekoration: wie an den oberitalischen Portalen ist es ein kandelaberartiger Aufbau, aus dem Ranken herauswachsen, die mit kleinen Schildern und Fruchtschnüren behangen sind. Dieses Ornament führt uns auch auf venezianische Einflüsse zurück. Das Schmücken mit kleinen Schildern, Masken, Vögeln und antiken Fabelwesen hatte sich in Venedig, Brescia und Padua besonders entwickelt: hier war die Heimat der reichverzierten Pilaster. Das Antikisieren in Kostüm und Haartracht, am Kapellentor in der Viktoria in den Bogenzwickeln bemerklich, ist das Merkmal venezianischer Hochrenaissance. Man wird also nicht fehl gehen, wenn man den Hauptschmuck des Tores dem Juan Maria da Padua zuschreibt.“ (Mackowski Nosseni S. 13.) Die gesamte figürliche Plastik dagegen, die hölzerne Tür sowie der Schmuck der Säulensockel gehören ganz oder teilweise den deutschen Meistern an, die damals in Dresden wirkten. Die Attika aber mit dem Relief der Auferstehung dürfte noch jünger sein, jedenfalls von einem deutschen Meister herrühren, der italienisches Kunstempfinden in sich aufgenommen hat.

Sehr geschickt ist übrigens an dem Relief der Ehebrecherin vor Christo die perspektivische Verkürzung der Säulenarchitektur des Saales, der den Schauplatz der Handlung bildet. An dem obern Relief aber ist bemerkenswert, wie der Künstler die Fläche [33] von unten nach oben immer weiter zurückgehen läßt, um dadurch die Tiefenperspektive und mehr Raum zu gewinnen. Vorn sehen wir in leidenschaftlicher Bewegung die bestürzten Krieger, denen der auf dem leeren offenen Grabe sitzende Engel verkündet, daß Christus auferstanden ist. Ein einziger Krieger im Gegensatz zu seinen aufgeregten Kameraden schläft noch rechts vom Engel an das Grab gelehnt. Im Mittelgrunde sehen wir die drei Marien ihre Gedanken über das große Ereignis austauschen, im Hintergrunde stehen die drei Kreuze von Golgatha. Das Ganze ist in seiner lebendigen Darstellung ungemein anschaulich. Der geistige Gehalt des ganzen Portals ist entschieden protestantisch. Die Darstellung Christi und der Ehebrecherin an der Tür deutet auf die Vergebung der Sünden hin. Das alte Testament mit seiner Gesetzesstarrheit (Moses) ist überwunden, das Neue Testament (Johannes, Petrus) bringt die Erlösung. Die Inschriften oben weisen auf Jesaias 7 und Römer 3. Bei dem Propheten finden wir die Prophezeiung auf die Geburt Christi, im dritten Kapitel des Briefes an die Römer aber steht der grundlegende Satz des evangelischen Bekenntnisses: „So halten wir nun dafür, daß der Mensch gerecht werde ohne des Gesetzes Werke allein durch den Glauben.“ Und zwar durch den Glauben an Christus den Auferstandenen, der aus dem Grabe verschwunden ist und oben segnend mit der Fahne des Triumphators über Sünde und Tod steht. Nur dieser Glaube gibt die wahre Stärke des Christen. Wir wundern uns bei dem protestantischen Gehalt des Werkes nicht, daß das Portal nach dem Übertritt Augusts des Starken und seines Nachfolgers zum Katholizismus aus dem Schloßhof verwiesen und an die protestantische Sophienkirche versetzt wurde. Dort hat es gestanden von 1737–1864.

Treppentürme des Schlosses

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TREPPENTÜRME DES SCHLOSSES.

Ebenso wie das Tor bieten auch die drei Treppentürme das Bild gemeinsamer Arbeit italienischer und deutscher Künstler. Die konstruktiven Teile, wie die Treppenspillen, die Umrahmungen der Türen und der steigenden Fenster zeigen die üblichen gotischen Formen, die verkleidende Architektur ist, wie Gurlitt richtig bemerkt, weiter entwickelt aus der Architektur der Treppentürme an den Schlössern zu Meißen, Wittenberg, Torgau und Berlin. Die reiche pflanzliche Ornamentik der Füllungen und Bogen, die kolossalen [34] Träger der Bogen, die Kapitelle, die Figurenfriese, alles deutet auf die italienische Renaissance, aber die Ausführung ist ungleich, zum Teil herb in den Linien und mager in den Formen. Das meiste mag von deutschen Steinmetzen ausgeführt sein, besonders wohl die derben Scherze, die hier und da vorkommen; doch daß auch der Paduaner Juan Maria an der Ausführung teilgenommen hat, bezeugen seine Buchstaben JM oder JPM, die an dem nordöstlichen Turm mehrfach vorkommen. Als italienische Arbeiten erkennen wir - mit Gurlitt - die Füllungen der Pilaster, die geistreich behandelten Kapitelle und namentlich die Reliefs der Friese.

Die beiden Haupttreppen am Nordbau bestehen aus einem zylindrischen Kern mit ansteigenden Fenstern in fünf Geschossen. Die umkleidende Architektur springt mit drei Seiten des Fünfecks aus den Hofecken hervor. Das Erdgeschoß ist niedrig, die Portale sind mit Hermen und Karyatiden eingerahmt; kraftvoll massige Pilaster mit reichen Verzierungen tragen einen Austritt mit elegantem Eisengitter. Darüber erheben sich schlanke Pilaster mit korinthischen Kapitellen in freier geistreicher Behandlung. In der Höhe des Hauptgesimses stehen wir auf einem zweiten schmaleren Austritt; den Abschluß bildet ein Rundbau mit Kuppeldach.

Am nordöstlichen Turm von 1549 sind die kolossalen Träger heldenhafte Krieger, darunter Simson mit dem Eselskinnbacken und ein zottiges nacktes Menschenpaar. In den Zwickeln sind Adam und Eva dargestellt, in den Reliefs der unteren Postamente ein liegender Hirsch, der den Baum des Paradieses mit Adam und Eva als Geweih trägt, anderseits ein Widder mit dem Opfer Kains. Im oberen Fries ein wildbewegter Reiterkampf, an den Risaliten Einzelgestalten, z. B. ein nackter trommelnder Krieger, an den Kapitellen Büsten in der Mitte, an den Ecken Füllhörner, darauf sitzende Kinder, die die Deckplatte mit dem Rücken tragen und den Schinkenplatz nach außen recken. Am nordöstlichen Treppenhaus sind die Träger als Hermen auf einem Menschenfuß gebildet. „Die Ornamente in den Füllungen neigen noch mehr zum Possenhaften und Komischen, wenigstens an den Postamenten, deren eines als Hauptmotiv den Unterkörper eines Mannes bis an die Hüfte zeigt“. Reiche geistvoll behandelte Kapitelle und Kindergestalten in den Füllungen der Pilaster weisen auf italienischen

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Abb. 19 Schmiedeeiserner Türklopfer vom Kgl. Schloß Um 1550.

Ursprung hin. Weiter finden wir statt der Eckvoluten und an den Verkröpfungen des Frieses Pane, in den Rücklagen Bilder aus dem trojanischen Kriege: den Kampf an den Schiffen, eine weitere Kampfesszene und die Erstürmung der Stadt nebst der Flucht des Äneas. (Gurlitt S. 360.)

Der südwestliche Treppenturm ist anders angeordnet: verzierte Pilaster an den Ecken tragen schneckenartig das emporsteigende Gesims, aus dem Kapitell des vordersten Pfeilers am Erdgeschoß schauen zwei bärtige Männer heraus, einer mit Maßstab und Zirkel, den Hut auf dem Kopfe, der andere barhaupt und glatzköpfig mit Winkel und Klöppel. Vielleicht haben wir in diesen beiden den Architekten des Schlosses Caspar Vogt von Wierandt und seinen Bauleiter Sebastian Kramer zu erblicken.

ALTAN IM GROSSEN SCHLOSSHOF. Endlich ist noch der Altan zu besprechen, der allerdings bei der Erneuerung des Schlosses im Jahre 1896 wesentlich verändert worden ist, indem er über zwei Meter weiter vorgerückt und auch sonst stark umgestaltet wurde. In vier Geschossen erhebt er sich bis zum Turmansatz: das unterste Geschoß zeigt die toskanische, das zweite die jonische Säulenordnung, die Säulen des dritten und vierten Geschosses sind korinthischer Art. Alle sind wie überhaupt die gesamte Architektur des Altans mit feinem Formgefühl ausgeführt, besonders anmutig die zierlichen korinthischen Säulen. Schöne Verhältnisse

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[[File:Schumann-Dresden 048.jpg|thumb|Abb. 20 Großer Schloßhof Nordseite Zustand vor 1896.}}

zeichnen das Werk durchweg aus und sichern ihm eine wohlgefällige Wirkung. Wesentlich ist das Motiv der flachen Pilaster oder Wandstreifen über den Kapitellen der drei Untergeschosse, gegen welches sich die Bogen totlaufen, ein Motiv, das, wie schon Steche bemerkt, besonders glanzvoll an der Plassenburg bei Kulmbach (1554–69) angewandt ist. Die Reliefs an der Brüstung des ersten Obergeschosses stellen Szenen aus der kriegerischen Geschichte der Israeliten nach der Erzählung im Buche Josua dar und mögen in allegorischer Weise die Siege des Herzogs Moritz über den Kurfürsten Johann Friedrich und Kaiser Karl V. verherrlichen. Ob diese Reliefs von Hans Walter herrühren, ob sie derselbe Künstler geschaffen hat, wie das Relief der Auferstehung am Kapellentor, muß dahingestellt bleiben.

Außer Juan Maria aus Padua waren damals bei den Arbeiten am Schlosse noch andere Italiener tätig; nämlich der von Vasari gerühmte Maler Francesco Ricchino sowie die beiden Brüder Benedikt und Gabriel de Thola. Von ihnen rührten die Sgraffitomalereien

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Abb. 21 Das Denkmal für den Kurfürsten Moritz (nach 1553). (Seit 1895 an der Brühlschen Terrasse).

[38] her, mit denen die Schauseiten des Schlosses außen wie nach dem Hofe zu geschmückt waren. Die beiden Thola malten auch 1563 die Decke des steinernen Saales über der Kapelle. Von diesen Malereien ist nichts erhalten; erhalten ist dagegen noch ein Teil von den gemalten hölzernen Decken, die Hans Willkomm und Georg Fleischer mit ihren Gesellen ausführten, nämlich in dem sogenannten Wettinzimmer, neu eingerichtet im Jahre 1892. Erhalten sind auch noch die im zartesten Relief stukkierten Decken des sogenannten Porzellanzimmers sowie des grünen Gewölbes, die (nach Gurlitt S. 363) eng verwandt sind mit genuesischen Werken des 16. Jahrhunderts.

Endlich bewahrt das Altertumsmuseum zu Dresden noch einige Reste aus dem alten Schlosse: eine eiserne Ofenplatte mit der Darstellung eines Ritters, einen Türgriff und einen trefflich gearbeiteten Türklopfer, beide aus Schmiedeeisen.