Kurs:Team und Kommunikation 2/Führung durch die Phasen der Teamentwicklung
Führung durch die Phasen der Teamentwicklung
Der folgende Text geht auf die vier Phasen der Teamentwicklung mit den dazugehörigen Symptomen und den Aufgaben der Teamleitung ein. Die Begriffe Forming, Storming, Norming und Performing mit der jeweiligen Bedeutung spielen hierbei die Hauptrolle. Im Anschluss geht es um das Riemann-Thomann Modell, welches die Ausprägungen Distanz, Nähe, Dauer und Wechsel eines Menschen gegenüberstellt.
Forming – Den Einstieg finden
Die erste Phase des Teamentwicklungsprozesses wird Forming-Phase genannt. Das Ziel bzw. der Inhalt dieser Phase dient v.a. dem Zweck, Unsicherheiten der Teammitglieder abzubauen. Diese Unsicherheiten ergeben sich beispielsweise durch anfänglich neue Situationen, unbekannte Gesichter, individuelle Verhaltenserwartungen. Es wird versucht möglichst viele Signale der anderen Teammitglieder aufzuspüren und zu erkennen. Zur "Verarbeitung" dieser Herausforderung werden häufig "Masken" aufgesetzt, gerade dann, wenn unterschiedliche formale Positionen, Ränge oder formale Strukturen der Organisation im Spiel sind [1]. Aufgrund dessen, ist jedes Teammitglied bemüht, höflich und nett zu erscheinen, um einen positiven Eindruck innerhalb des Teams zu hinterlassen. Ferner wird unpersönlich, gespannt und vorsichtig agiert, um mögliche Erwartungshaltungen zu erfüllen und nicht durch, möglicherweise individuelles Verhalten, aufzufallen. Die Teammitglieder stellen sich die Fragen:
- In welcher Situation befinde ich mich?
- Wo beginnt und wo endet unsere Verantwortlichkeit?
- Was wird von uns erwartet?
- Was hat jeder für eine Rolle? [2]
Die Aufgaben des Teamleiters in dieser ersten Phase der Teambildung, besteht darin, die gemeinsame "Sinnfrage" zu klären, eine "umgängliche" Beziehungsebene zu erschaffen um gemeinsame Ziele, Aufgaben und Verantwortlichkeiten zu klären. Die Rahmenbildung eines funktionierenden Teams und nicht die inhaltliche Themenerarbeitung ist Mittelpunkt jener Phase
Storming – Mit der Arbeit beginnen
Die zweite Phase der Teamentwicklung zeichnet sich durch mögliche Konfliktsituationen zwischen Teammitgliedern, als auch zwischen Teammitgliedern und Teamleiter, nach Beginn der inhaltlichen Ausführung der jeweiligen Aufgaben bzw. der Projektaufgabe, aus. Es entstehen verschiedene temporäre Parteien und affektive Beziehungen, welche zu Meinungsdifferenzen und Unstimmigkeiten führen können. Entwickelter Widerstand gegen die jeweilige Aufgabe und den Teamleiter führen zu einer starken Instabilität des Teams. Die jeweiligen Kompetenzen und vor allem die Kompetenz des Teamleiters wird in dieser Phase in Frage gestellt. Diese zweite Phase ist aber aufgrund der möglichen Werte- und Meinungszentralisierung durch Instabilität, in den nächsten Phasen von hoher Bedeutung. Aufgabe des Teamleiters in der "Norming-Phase" ist, das Team zum Durchhalten zu ermuntern und soweit nötig, dem Team helfend zur Seite zu stehen.
Tipps für den Teamleiter laut Haug sind:
- Bereiten Sie das Team auf die schwierige Phase durch "Feedback-Sitzungen" vor (mit Stimmungsbarometer).
- Führen Sie eine außerordentliche Bilanz-Sitzung zu folgenden Themen durch: Unsere angestrebten Ziele (Ist-Soll-Vergleich); unsere Zusammenarbeit (Spiel, Regeln); unsere Probleme (zB. Ressourcen - Aufgabenverteilung); das weitere Vorgehen.
- Lenken Sie die Aufmerksamkeit der Gruppe auf folgende Lernbereiche: Effizienz der Teamsitzungen; gegenseitige Hilfe und Unterstützung bei der Erfüllung der Aufgaben; Informationsfluss (Bring- und Holschuld); Toleranz und Akzeptanz von persönlichen Unterschieden und Problemlösung mit Methode. [3]
Norming - Organisieren
Nach erfolgreichem Abschluss der zweiten Phase folgt eine Entspannung der Verhältnisse untereinander, durch Beilegen der Konflikte und Entwicklung eines "Wir-Gefühls". Die Teammitglieder haben ihre jeweiligen Rollen gefunden und können sich der inhaltlichen Erarbeitungsaufgabe widmen. Auch die Spielregeln, Rollen und Aufgabenverteilungen stehen fest. Ferner können die Teammitglieder, nach dem Durchlaufen der "Konflikt- und Krisenphase Storming", mit Konflikten routiniert umgehen und bilden somit den Grundstein für die effektive und gleichermaßen effiziente Aufgabenbearbeitung, auch durch Anerkennung des jeweils "anderen" als Experte. Ziel ist es Synergieeffekte bzw. Emergenzeffekte zu erzeugen bzw. erzeugen zu lassen, also die "Umwandlung" einer Projektgruppe in ein Projektteam, um in der letzten Phase effizient arbeiten zu können. [4] Aufgabe und Herausforderung des Teamleiters ist die Öffnung des bis dahin introvertierten Teams und die Orientierung in der Umwelt, d.h. in der vorherrschenden Unternehmensstruktur.
Performing – Leistungspotentiale ausschöpfen
Nachdem in den vorherigen Phasen die Basis bzw. der Rahmen und die Voraussetzung für Effektivität erarbeitet wurden, geht es in dieser Phase des "Performing" um die Erzielung von Leistung, also von Effizienz. Die jeweiligen Aufgaben der Teammitglieder bzw. die Gesamtaufgabe des Teams ist der Mittelpunkt dieser letzten Phase. Das Team ist als Team voll einsatzbereit und stark. Teamarbeit führt ab sofort zu besseren Ergebnissen als die Arbeit der einzelnen Teammitglieder. Bestehende Strukturen werden hier weiter optimiert um die eigenen Ziele oder Aufträge zu erfüllen. Die Mitglieder vertrauen einander und stehen für einander ein. Der Teamgedanke entfaltet sich und führt zur Festigung des Gemeinschaftsgefühls. Der Schwerpunkt der Hilfestellung durch den Teamleiter in dieser vierten Phase liegt darin, das Team innerhalb des Unternehmens, nach der Teamöffnung in der "Norming-Phase", zu integrieren und zu festigen. Aufgaben der Teamleitung ist somit die Freisetzen des Teampotentials [5].
Tipps für das Verhalten des Teamleiters nach Haug sind:
- Führen Sie geeignete Pflegemaßnahmen zum Erhalt der Leistungsfähigkeit des Teams ein.
- Erhöhen Sie durch Job-Rotation die Flexibilität der Teammitglieder (Job Enrichment und Job Enlargement).
- Förden Sie gezielt das Wachstum des Teams durch die Übertragung weitere Managementaufgaben[6]
Die Phasen entstehen, weil Menschen auf Menschen treffen und nicht jeder gleich und berechenbar ist. Fritz Riemann versucht durch sein Modell, Menschen vier Ausprägungen zuzuteilen und zu gewichten um den Umgang zu vereinfachen. Dieses Modell wird im Folgenden erkläutert:
Das Riemann – Thomann Modell
Im folgenden Modell werden die zwei Dimensionen Abgegrenztheit und Berechenbarkeit, zur Beschreibung von Charakterstrukturen unterschieden. Distanz und Nähe beschreibt die Dimension Abgegrenztheit, Dauer und Wechsel hingegen Berechenbarkeit. Alle vier Forderungen sind einander widersprechende aber zugleich ergänzende Strömungen die das Leben an jeden Menschen stellt und in die wir uns wieder finden.
Distanz
Der Mensch verlangt nach Unabhängigkeit und eigenständiges Handeln, er bestrebt den Wunsch nach Einmaligkeit, Freiheit und zielt auf klare Erkenntnisse des Intellekts ab. „Die erste Forderung, …, ist, dass wir ein einmaliges Individuum werden sollen, unser Eigensein bejahend und gegen andere abgrenzend, dass wir unverwechselbare Persönlichkeiten werden sollen, kein austauschbarer Massenmensch.“
Nähe
Zwischenmenschliche Beziehungen, Geborgenheit, Zärtlichkeit und Bestätigung des gengenüber ist eine weitere Forderung des Individuums das einen hohen Stellenwert hat. Weiteres ist der Wunsch nach vertrautem Nahkontakt und die Sehnsucht lieben zu können und geliebt zu werden sehr groß. „Die zweite Forderung, …, ist die, dass wir uns der Welt, dem Leben und den Mitmenschen vertrauend öffnen, uns einlassen sollen mit dem Nicht-Ich, dem Fremden, in Austausch treten sollen mit dem Außer-uns-Seienden. Es ist damit gemeint: die Seite der Hingabe – im weitesten Sinne – an das Leben.“
Dauer
Im Zwischenmenschlichen Bereich werden auf die Aspekte Verantwortung, Pflicht, Pünktlichkeit, Treue und Achtung einen großen Wert gelegt. Respekt an die Person gegenüber und umgekehrt ist Voraussetzung um dieser Forderung nachzugehen. Verlässlichkeit und Ordnung sowie Ziele und Sicherheit spielen eine große Rolle. „Die dritte Forderung, …, ist, dass wir Dauer anstreben sollen. Wir sollen uns auf dieser Welt gleichsam häuslich niederlassen und einrichten, in die Zukunft planen, zielstrebig sein, als ob wir unbegrenzt leben würden, als ob die Welt stabil wäre und die Zukunft vorhersehbar, als ob wir mit Bleibendem rechnen könnten…“
Wechsel
Abwechslung und der Drang nach dem Neuen und Unbekannten ist ein wichtiger Punkt dieser Strömung. Flexibilität und das losbinden von starren Eigenschaften und Gewohnheiten sind einige von vielen Bedürfnissen dieser vierten Forderung. „Die vierte Forderung, … Sie besteht darin, dass wir immer bereit sein sollen, uns zu wandeln, Veränderungen und Entwicklungen zu bejahen, Vertrautes aufzugeben, Traditionen und Gewohnheiten hinter uns zu lassen, uns immer wieder vom gerade Erreichten zu lösen und Abschied zu nehmen, alles nur als Durchgang zu erleben.“ [7]
Unser Leben wird von diesen vier Forderungen geprägt. Die meisten Menschen haben die Fähigkeit, alle vier Forderungen in ihr Dasein einfließen zu lassen, jedoch ist die Mischung hinsichtlich Tendenz, Intensität und Reihenfolge von Mensch zu Mensch verschieden.
Nachweise und Anmerkungen
- ↑ vgl. Haug, 2003
- ↑ vgl. Haug, 2003
- ↑ vgl. Haug, 2003
- ↑ vgl. Haug, 2003
- ↑ Vgl. Herrmann et al. (2006),
- ↑ Vgl. Herrmann et al. (2006),
- ↑ Vgl. Riemann (2009), S. 13-15.
Literaturverzeichnis
- Herrmann, Dorothe;Hüneke, Knut; Rohrberg, Andrea (2006): Führung auf Distanz: Mit virtuellen Teams zum Erfolg., Wiesbaden: Gabler Verlag
- Riemann, Fritz (2009): Grundformen der Angst: Eine tiefenpsychologische Studie., München: Reinhardt Verlag
- Haug, Christoph V (2003): Erfolgreich Im Team Praxisnahe Anregungen Für Effizientes Teamcoaching Und Projektarbeit. Orig.-Ausg., 3., überarb. Aufl. München: Dt. Taschenbuch-Verl. (u.a.) (= dtv).