Projekt:Asoziale Marktwirtschaft


Jaja, neue Besen kehren gut (aber einmal gehen ihnen auch die Haare aus). Benutzer:R Focke: vier Tage hier und schon so ein Antrag?

Begründung: "Löschen, weil leere Kategorie".

Das ist Quark. Die Kategorie heißt Projekt(e), und die ist gut gefüllt. Auch die Disk ist gut gefüllt - mit derzeit über 22.000 Zeichen. Da das Projekt noch recht frisch ist (6 Wochen), sind es noch nicht sechsstellige Zahlen an Zeichen. Kommt noch. Asoziale Marktwirtschaft ist DER Zeittrend.

Gerade vor drei Tagen schrieb die Süddeutsche Zeitung: "Deutschland-Monitor: Von der Demokratie enttäuscht". Ich nehme das mal zum Anlaß, hier des lieben Friedens willen was zu schreiben.

Wachsende soziale Ungleichheit Bearbeiten

Die wachsende soziale Ungleichheit wird derzeit nur noch von eingefleischten Klassizisten geleugnet und allgemein von der Bevölkerung erlebt, erfahren und wahrgenommen.

Die Friedrich-Ebert-Stiftung hat sogar einen deutlichen "Zusammenhang zwischen dem sinkenden Vertrauen der Bürger_innen in die Demokratie und der wachsenden sozialen Ungleichheit" quantifiziert: 24,9 % der Unterschicht sind mit Staat und Politik überhaupt nicht, 45,2 % sind weniger zufrieden. Insgesamt ist dadurch weniger als die Hälfte der insgesamt Befragten mit dem Funktionieren der Demokratie zufrieden, in Ostdeutschland ist es nur etwas mehr als ein Drittel.[1]

Exkurs 1: Wohngeldverarsche Bearbeiten

Angesichts horrender Preissteigerung von Energiekosten wie Strom und Heizung, aber auch der allgemeinen Nebenkosten und aller Kosten wie Miete und Lebensmittel gibt es einen Gesetzentwurf, das Wohngeld zu erhöhen. Allerdings hat in der Rechtsprechung bereits ein Paradigmenwechsel stattgefunden:

Das Verwaltungsgericht Berlin entschied in einem bekanntgegebenen Urteil (Az.: VG 21 K 170/20): "Nach den gesetzlichen Bestimmungen könne von einem Wohngeldantragsteller verlangt werden, dass er erst einmal versucht, aus eigenen Kräften die finanziellen Belastungen aufzubringen."[2]

Das Bezirksamt Tempelhof-Schöneberg hatte den Wohngeldantrag eines gelernten Informatikers als missbräuchlich abgelehnt: Ohne ernsthafte Bewerbungsbemühungen kein Wohngeld. Der Informatiker ist Jahrgang 1959, also 63 Jahre alt. Über eine Bewerbung in dem Alter lachen sogar die Hühner, obwohl der studierte Informatiker Erfahrungen als System-Programmierer hat und sogar EDV-Dozent war. Doch zuletzt mußte er sich als Nachhilfelehrer für Mathematik durchschlagen, und auch diese Stelle verlor er mit 55 Jahren im Jahre 2014.

Trotzdem urteilte das Gericht: "Unterlässt ein erwerbsfähiger Antragsteller ernsthafte Bewerbungsbemühungen, ist der Wunsch nach Wohngeld als unangemessen und sozialwidrig anzusehen."[3] Tatsächlich gibt es keine ernsthaften Anstellungsmöglichkeiten mehr in diesem Alter, was auch immer Behörden und Gerichte tönen. Die Realität wird ignoriert. Hier soll nur Wohngeld auf dem Rücken eines der Ärmsten der Armen, einem acht Jahre Langzeitarbeitslosen, eingespart werden. Dieser Paradigmenwechsel in der Rechtsprechung beweist einmal mehr den gestiegenen Ausbeutungs- und Verwertungsdruck selbst auf Menschen kurz vor der Rente. Auch Rentner sind gezwungen, in immer stärkerem Maße weiterzuarbeiten, um ihre Existenz zu sichern. Deutschland ist in der EU das Land mit den höchsten Rentenabgaben - und gleichzeitig dem niedrigsten Rentenniveau. Länder wie Kuba und Rußland lassen grüßen, wo diese Misere schon jahrelang Praxis ist. Deutschland kommt denen immer näher.

Es ist also Trend, von der Rechtsprechung untermauert, das im Grunde jedem Bürger zustehende Wohngeld zu unterminieren. Dabei ist der real bezahlte Wohnraum für eine Person in den letzten Jahren schon offiziell von 50 auf 45 Quadratmeter gesunken, und real werden in Ballungsgebieten wegen sinkender Kostenübernahme bei rasant steigenden Mieten in der Regel nur noch um die 30 Quadratmeter übernommen. Dafür steigen dann die Vermögen der Superreichen ins Unermeßliche. Deutschland einig Vaterland.

Scheinbewerbungen Bearbeiten

Um das Recht auf Wohngeld und damit auch auf Wohnen zu unterminieren, wurde nun nach solchen Konstrukten wie Scheinselbständigkeit und Scheinehe der Begriff der Scheinbewerbung eingeführt:

"Er habe aber keinerlei ernsthaften Bemühungen zur Aufnahme einer Beschäftigung nachgewiesen. Bei den vorgelegten Bewerbungen habe es sich um nichtssagende Scheinbewerbungen gehandelt."[4]

Eine Bewerbung wird zu einer Scheinbewerbung erklärt, weil sie auf dem Arbeitsmarkt nur den Rechtsschein der Bewerbung erwecken würde. Hier sind Diffamierungen Tür und Tor geöffnet.

Leben nicht mehr leistbar Bearbeiten

Während Teile des Mittelstandes verarmen, können die Armen ohne jede finanzielle Reserve die horrenden Preissteigerungen nicht mehr verkraften. Andreas Stangl, Präsident der Arbeiterkammer Oberösterreich, führte in einer Kampagne vom Oktober 2022 aus:

""Angesichts dieser Ausnahmesituation sind außergewöhnliche Maßnahmen nötig, um die extremen Auswüchse und die fatalen Folgen für viele Menschen abzufedern. Wenn die Politik nicht endlich massiv und treffsicher gegensteuert, wird in absehbarer Zeit ein Teil der Mittelschicht in die Armut abrutschen. Viele, die jetzt schon arm sind, werden sich das Leben überhaupt nicht mehr leisten können."[5]

Die Inflation in Österreich stieg im September auf ein 70-jähriges Rekord-Niveau von 10,5 Prozent.

Literatur Bearbeiten

Weblinks Bearbeiten

Anmerkungen Bearbeiten

  1. Friedrich Ebert-Stiftung: Studie: Vertrauen in die Demokratie, 2022.
  2. Sebastian Bertram: Urteil: Ohne Bewerbungsbemühungen auch kein Wohngeld, 21. September 2022.
  3. Sebastian Bertram: Urteil: Ohne Bewerbungsbemühungen auch kein Wohngeld, 21. September 2022.
  4. Sebastian Bertram: Urteil: Ohne Bewerbungsbemühungen auch kein Wohngeld, 21. September 2022.
  5. "Leben nicht mehr leistbar" – Lage spitzt sich zu. Die Arbeiterkammer Oberösterreich startet jetzt eine Kampagne gegen die zögerlichen Maßnahmen gegen die Teuerung., Heute vom 25. Oktober 2022.