Projekt:Dresdner Glossar/Ekkehardiner
Rupp Gabriele: Seite 50-94
"Die Ekkehardiner, Markgrafen von Meißen, und ihre Beziehungen zum Reich und zu den Piasten"
2. Ekkehard I.
Bearbeiten2.1. Verleihung der Markgrafenwürde
BearbeitenEkkehard findet erstmals im Zusammenhang mit der Absetzung seines Vaters Gunther Erwähnung. Zusammen mit ihm ist er in die Verbannung gegangen, und mit ihm wird er auch die Erlaubnis erhalten haben, zurückzukehren. Ebenso wie sein Vater hat auch Ekkehard am italienischen Feldzug teilgenommen.
Als nächstes berichtet der Chronist Thietmar von Merseburg von der Teilnahme Ekkehards an der Versammlung der sächsischen Fürsten im Jahr 984 auf der Asselburg. Der bayerische Herzog Heinrich hatte versucht, nach dem Tod Kaiser OTTOS II. am 7. Dezember 984 die Vormundschaft über den 3-jährigen OTTO III. und damit die Krone zu erlangen. Auf einem Fürstentag in Quedlinburg wurde er sogar von einigen Fürsten zum König gewählt, doch scheiterte dieses Vorhaben an der Treue sächsischer Großer. Diese hatten sich in der Asselburg bei Wolfenbüttel versammelt und König OTTO III. die Treue geschworen. Sie zwangen Heinrich den Zänker, der mit Herzog Boleslaw II. von Böhmen in Verbindung stand, zur Herausgabe OTTOS III. in Rohr.
Unter den Namen der dynastietreuen Fürsten [Thietmar IV, 2, SS rer. Germ. N.S. 9, S 132/134 nennt folgende Fürsten: Bernhard von Sachsen, Dietrich von der Nordmark, die Grafen Ekkehard, Binizo, Esiko, Bernward, "comes et clericus" (wohl der spätere Erzieher OTTOS), Siegfried, Graf von Northeim, dessen gleichnamiger Sohn, Friedrich von Eilenburg, und dessen Bruder Ziazo. Dann die Stammesgenossen ("comprovinciales") Dietrich und sein Bruder Siebert, Hoiko, dem später von Kaiserin Theophanu OTTO III. übergeben wurde, Graf im Heldergau, dann die zwei Brüder Ekkehard und Bezeco, Bruning und die Seinen; schließlich erzbischöflich mainzische Lehnsleute ("milites sancti Martini"), die Erzbischof Willigis hinbefohlen haben soll. Dazu kam noch eine große Menge westlicher Sachsen.] findet sich neben dem Herzog Bernhard von Sachsen und Markgraf Dietrich von der Nordmark auch der Ekkehards. Bis auf eine Ausnahme sind dies alles weltliche Fürsten, die hier für die Dynastie eintraten. Da sie zugleich Sachsen sind, kann die Entfremdung der Sachsen gegenüber OTTO II. und seinem Geschlecht, von der Gisebrecht spricht, nicht sehr nachhaltig gewesen sein. Als Stützen der Macht Heinrichs des Zänkers in Sachsen werden Graf Wilhelm von Weimar, der Markgraf Rikdag und Erzbischof Gisiler von Magdeburg genannt; vielleicht stand auch kurze Zeit Markgraf Dietrich von der Nordmark auf seiner Seite.
Über die Gründe der verschiedenen Parteinahmen geben die Quellen keine Auskunft. Es ist jedoch anzunehmen, dass besonders auf die Sachsen - als nächste Nachbarn der Liutizen und Abodriten - neben reiner Dynastietreue die enge Verbindung des Bayern-Herzogs mit Boleslaw II. von Böhmen abschreckend gewirkt hat. Den Sachsen ging es nämlich nicht in erster Linie darum, ihr Gebiet zu verteidigen, sondern selbst aktiv zu sein und es zu vergrößern. "Die sächsische Stammespolitik entsprang einem Expansionsdrang nach Osten und Norden", wie es Kohlenberger ausdrückt. Das Gebiet war noch keinesfalls als befriedet zu bezeichnen, und die Elblinie als Grenze war durch Eroberungen zu sichern, die darüber hinausgingen. Insofern entsprach die ottonische Ostpolitk, die gegen die Slawen gerichtet war, den sächsischen Interessen.
Dagegen standen die Vorstellungen Heinrichs von Bayern, der eine Freundschaft vor allem mit den Böhmen favorisierte. Für Sachsen stellte jedoch ein böhmisches Herzogtum, das fast selbständiger als alle anderen, besonders im Bund mit dem bayerischen Herzogtum, das Ende jeglicher Expansion in diese Richtung dar.
Speziell für Ekkehard mögen noch zwei weitere Gründe hinzugekommen sein: zuerst die schlechten Erfahrungen, die er auf Seiten des bayerischen Herzogs bei dessen erstem Aufstandsversuch gemacht hat, und schließlich sein Gegensatz zum Haus WEIMAR-ORLAMÜNDE, das auf Seiten des Bayern-Herzogs stand. Der Grund der Feindschaft zwischen diesen beiden Geschlechtern ist im Vordringen der EKKEHARDINER-Hausmacht nach Süden, Richtung Weimar hin, zu suchen, wo Ekkehards Interessen mit denen des Grafen Wilhelm von Weimar aufeinanderstießen [Somit drängte das nördliche Machtgebiet der EKKEHARDINER gegen das südliche der Grafen von Weimar.].
Ekkehards loyales Verhalten führte dazu, dass ihn Kaiserin Theophanu nach dem Tod Rikdags im Jahr 985 als dessen Nachfolger in der Mark Meißen einsetzte. Dabei wurde der Sohn des Verstorbenen, Karl, einfach übergangen. Er übernahm von seinem Vater nur die Grafschaft im Schwabengau. Sei es nun, dass er noch nicht das männliche Alter erreicht hatte, sei es, dass er nicht fähig erschien, das Land zu verteidigen. Thietmar berichtet, Graf Karl war in einem Gerichtsverfahren den Verleumdungen seiner Gegner unterlegen und habe seine Lehen, die Grafschaft und den damit verbundenen Lehnsbesitz, verloren, das ihm angetane Unrecht aber mit Gleichmut ertragen.
Daraus läßt sich entnehmen, dass Karls Gegner, unter denen wohl in erster Linie Ekkehardzu sehen ist, am Hof entscheidenden Einfluß besaßen, so dass es Graf Karl nicht möglich war, sein Recht zu erlangen, und es ihm ratsam erschien, sich dem Urteil zu fügen, um nicht Anlaß zu weiteren Sanktionen zu geben. Vielleicht sprach auch die Parteinahme seines Vaters für Heinrich den Zänker für einen Wechsel des Meißener Markgrafengeschlechts. Auch schien Ekkehard aufgrund seiner Besitzverankerung in diesem Gebiet für die Übernahme des markgräflichen Amtes in der Mark Meißen als besonders geeignet. Außerdem konnte Ekkehard in gewisser Weise ältere Rechte geltend machen, da ja bereits sein Vater in dieser Gegend eine Mark verwaltet hatte. Das erklärt jedoch nicht, warum Ekkehard bei dessen Tod ebenfalls nicht berücksichtigt worden ist, wenn man davon ausgeht, dass Gunther noch vor seinem Tod rehabilitiert und wieder in eine Mark eingesetzt worden ist. Ekkehards jugendliches Alter kann nicht als Argument beigebracht werden, da er ja schon aktiv an der ersten Verschwörung Heinrichs von Bayern teilgenommen hatte. Auch ist nicht denkbar, dass sich innerhalb von drei Jahren das Prinzip der Ämterfolge innerhalb einer Familie institutionalisiert hat, denn sonst hätte Thietmar den Ausschluß Karls von der Nachfolge nicht derart betont. Leider ist aus den frühen Jahren Ekkehards zu wenig bekannt, um diese Frage ausreichend klären zu können.
Bevor Ekkehard jedoch die Herrschaft im Markgrafentum Meißen antreten konnte, mußte er erst die Burg Meißen zurückgewinnen. Boleslaw II. von Böhmen hatte im Jahre 984 mit einem Heer Heinrich den Zänker durch die Meißener Gaue Nisani und Daleminze bis nach Mügeln begleitet und auf dem Rückweg im Oktober 984 die Feste Meißen eingenommen, die er mit einer böhmischen Besatzung belegte. Ostern 985 unterwarf sich Boleslaw zwar OTTO III., doch Meißen hat er nicht herausgegeben.
Wie lange die Böhmen Meißen damals genau beherrschten, ist nicht bekannt, wahrscheinlich aber bis zum Jahr 987. Ekkehard führte nämlich in den Jahren 986 und 987 ein sächsisch-thüringisches Heer mit Hilfe Mieszkos von Polen "gegen Slawen". Dieses Unternehmen kann aber nicht nur als Strafzug gegen die Liutizen und Abodriten gedeutet werden, sondern man zog wohl zum Entsatz Meißens auch gegen Boleslaw. Offenbar hielten es die Heerführer für richtig, zunächst einmal die entscheidende Landbrücke der Mark Meißen wieder fest in die Hände zu bekommen, ehe an ein Vorgehen gegen die Liutizen gedacht werden konnte. Wenn man über die Lausitz mit Polen in Kontakt kam, konnte man sich auch einem böhmisch-liutizischen Bündnis gewachsen fühlen.
Dass im Jahr 986 Boleslaw bekriegt wurde, können wir auch aus den Nachrichten Lamberts von Hersfeld ersehen, der zum Jahr 986 berichtet: "OTTO rex puer Bohemios vastavit, set Misichonem cum muneribus obviam suscepit" und zu 987: "Iterum rex Bohemian intravit" Doch waren diese Züge sicher nicht nur gegen Böhmen gerichtet [Auch Gerberts Mitteilung von einem Zug "in Sarmatas" (Lettres de Gerbert (983-997), ed. Havet, J., Paris 1889, Ep. 91, S. 83) kann nicht viel besagen, da dieser Ausdruck die Gesamtheit der Slawen als Sammelbegriff bezeichnet. Wenn Gerbert ferner von der Zerstörung von 46 Burgen berichtet, so dürfte damit bewiesen sein, dass man nicht allein Böhmen verwüstet, sondern allgemein die noch aufrührerischen Slawen bekämpft hat, da Böhmen zu dieser Zeit wohl kaum so viele Burgen aufweisen konnte. Vgl. Kretschmann, H.: Die stammesmäßige Zusammensetzung der deutschen Streitkräfte in den Kämpfen mit den östlichen Nachbarn unter den Karolingern, Ottonen und Saliern. Ein Beitrag zur Frage des Verhältnisses zwischen Reichs- und Ostpolitik, Diss. Königsberg 1940, S. 48]. Dies deckt sich auch mit der Aussage der Quedlinburger Annalen: "Saxones Sclaviam iterum invaserunt, et ad ultimum ipsi Sclavi regis ditioni subduntur, et castella iuxta Albiam flumen denuo restaurata sunt"
Welche Bedeutung man der Aktion dieses Jahres beilegte, läßt die persönliche Anwesenheit des Königs beim Heer als "adhuc puerulus" erkennen. Dies spricht aber auch für die hohe Wertschätzung und das große Vertrauen, das die Vormundschaftsregierung Ekkehard entgegenbrachte.
2.2. Ekkehards Tätigkeit als Markgraf und sein Verhältnis zu den Nachbarstaaten
BearbeitenBei Ekkehards Amtsübernahme hatte das östliche Vorfeld von Meißen noch keine festen politischen Grenzen. Vielmehr stießen hier die Interessen der sächsischen Markgrafen, die die belange des Reiches wahrnahmen, und die der PIASTEN und PREMYSLIDEN hart aufeinander, denn sie waren alle gleichermaßen auf die Ausweitung ihrer Herrschaft und Macht bedacht. Dazu kam, dass der weitaus größte Teil der unter OTTO I. im Osten gemachten Eroberungen 983 im Laufe des Liutizenaufstandes wieder verloren gegangen war. Ekkehard war in seiner Stellung als Markgraf deshalb vor allem damit beschäftigt, die umkämpften Ostgebiete für das deutsche Reich zurückzuerobern oder zu sichern. Nach der Wiedergewinnung der Mark Meißen nahm Ekkehard zuerst an einer Hilfsaktion für den Polen-Herzog Mieszko teil. Mieszko hatte im Jahr 990 einen Hilferuf an die Kaiserin Theophanu gerichtet, da er von Boleslaw von Böhmen bedrängt wurde. Zunächst stand Mieszko mit seinen Nachbarn, den Böhmen, in friedlichen Beziehungen. Im Jahr 965 hatte er Dobrowa, eine Tochter Boleslaws I. von Böhmen, geheiratet. Nach deren Tod im Jahr 977 änderte sich das Verhältnis zu seinem Schwiegervater.
Die neue politische Haltung Böhmen gegenüber ergab sich auch aus der Wiederverheiratung des Polen-Herzogs um das Jahr 980 mit Oda, der Tochter des Markgrafen Dietrich von der Nordmark. Fortan stützte sich der Polen-Herzog in seiner Politik auf Deutschland. Als drei Jahre später der Liutizenbund die deutschen Stellungen angriff und Havelberg und Brandenburg eroberte, war Mieszko treuer Bundesgenosse der Deutschen, während Böhmen auf der Seite der Liutizen stand. Die Ursache der Auseinandersetzungen im Jahre 990 waren Gebietsstreitigkeiten um Schlesien.
Dass die Vormundschaftsregierung bereit war, Mieszko Hilfstruppen zu schicken, hat ihren Grund darin, dass der Böhmen-Herzog freundschaftliche Beziehungen zu den Liutizen unterhielt und ein enger Parteigänger Heinrichs des Zänkers gewesen ist, der auch in seiner Opposition verharrte, nachdem der Bayern-Herzog 985 OTTO III. gehuldigt hatte. Boleslaw II. ebenfalls zur Anerkennung des jungen Königs zu bewegen, mußte Ziel der Vormundschaftsregierung unter Kaiserin Theophanu sein.
Das deutsche Heersaufgebot war nicht sehr groß, stellte aber eine auserlesene Kerntruppe dar, deren bedeutendste Führer Erzbischof Gisiler und Markgraf Ekkehard waren. Das deutsche Heer traf in der Nieder-Lausitz - der Landschaft Selpoli - auf die vereinigten Böhmen und Liutizen, doch es kam zu keiner Schlacht, da Boleslaw es vorzog, zu verhandeln. Dabei bat er um die Vermittlung der Deutschen bei der Räumung seines Besitzes. Die deutschen Führer zeigten sich dazu bereit, entließen das Heer und begaben sich zu Boleslaw.
Zu Verhandlungen mit Mieszko ist es jedoch nicht gekommen, da Boleslaw diesen angeblich mit der Drohung, die in seiner Gewalt befindlichen Deutschen zu töten, erfolglos zu erpressen suchte und die Feindseligkeiten daraufhin wiederaufnahm. Offensichtlich ist aber, dass es zwischen den Deutschen und Boleslaw zu einer Absprache gekommen ist. Boleslaw nennt die Deutschen nun seine "amici familiares", er sagt von ihnen "quos in fodem succepi". Von einem Schwur ist ausdrücklich die Rede.
Die Entscheidung des Magdeburger Erzbischofs und des Meißener Markgrafen, 990 den Herzog von Böhmen von weiterer erheblicher Schwächung zu bewahren und sich ihn dadurch zugleich zu verpflichten, war primär von ihren unmittelbaren macht- und kirchenpolitischen Interessen bestimmt. Nach der Niederlage Boleslaws von Böhmen blieb Mieszko der einzige Konkurrent in dem östlichen Vorfeld, und es konnte somit nicht im Interesse der beiden Fürsten sein, die Position des polnischen Fürsten weiter zu stärken. Zugleich aber nahmen beide mit diesem Schritt auch Belange des Reiches wahr.
Wir kennen den Inhalt der Absprache nicht, die Gisiler und Ekkehard mit Boleslaw trafen. Die Interpretation von Schlesinger, dass hier "eine grundlegende Schwenkung" in der Politik des Reiches gegenüber Mieszko vollzogen wurde, ist jedoch unhaltbar, da Gisiler und Ekkehard kein wie auch immer geartetes Abkommen mit Boleslaw schließen konnten, ohne vorher mit der Kaiserin Theophanu Rücksprache gehalten zu haben. Schwur und Freundschaftsbund mit Boleslaw II. verpflichteten nur sie selbst. Das reichspolitische Ziel war aber auch damit erreicht: Es war gelungen, den Böhmen-Herzog zu veranlassen, seine Opposition gegen das Reich aufzugeben.
Dass Boleslaw von Gisiler und Ekkehard vor einer vernichtenden Niederlage bewahrt wurde, kann ebenfalls nicht als Indiz für die aufkommenden Spannungen zwischen Ekkehard und Mieszko gewertet werden. Vielmehr hat es den Anschein, dass sowohl Gisiler als auch Ekkehard, dessen Familie mit dem Haus der PIASTEN sogar durch Heirat verbunden war [Gunzelin, der Bruder Ekkehards, war mit Boleslaw Chrobry verschwägert. Später heiratete Hermann, ein Sohn Ekkehards, Regelindis, die Tochter Boleslaw Chrobrys.], ein friedliches Verhältnis zu Polen und gleichzeitig zu Böhmen anstrebten. Die 990 erreichte Lösung sollte einen Gleichgewichtszustand wiederherstellen, der durch die Ereignisse der unmittelbar vorhergehenden Jahre gefährdet schien.
Wenige Jahre später - 993 - unternahmen die Liutizen einen Überfall auf Brandenburg, das eben erst wieder in deutsche Hände gekommen war. Daraufhin sandte OTTO III., der sich gerade in Magdeburg aufhielt, die wahrscheinlich ebenfalls dort anwesenden Fürsten - Liuthar von der Nordmark, die Grafen Heinrich, Udo und Siegfried von Stade und den Grafen Friedrich vom Harz- und Nordthüringgau, an ihrer Spitze Ekkehard - der Brandenburger Besatzung zu Hilfe, und es gelang, die Stadt zu halten.
Ekkehards Eingreifen in einer Gegend, die fern von seinem eigentlichen Gebiet lag, darf nicht unbeachtet bleiben, da es schon zu diesem Zeitpunkt seinen Ruf als Kriegsmann zeigt. Möglicherweise hat in diesen Jahren die eigentliche markgräfliche Gewalt über dieses Gebiet bei Ekkehard gelegen, da sich Liuthar von Walbeck erst im Jahr 997 als "marchio" nachweisen läßt und vorher nur als "comes" auftritt. Außerdem mag die gefährliche Situation und die Notwendigkeit schnellen Handelns Ekkehards Teilnahme vor Brandenburg erklären.
Es ist sehr wahrscheinlich, dass Ekkehard auch an den Zug gegen die aufständischen Heveller im Jahr 997 teilgenommen hat. Er erscheint nämlich als Intervenient in einer Urkunde vom 20. August 997 in Leitzkau, was ungefähr mit dem Ende dieses erfolglosen Feldzuges zusammenfällt.
Bis zum Jahr 997 hatte sich die Stellung Ekkehards in seinem Gebiet anscheinend soweit konsolidiert, dass er am Römerzug Kaiser OTTOS III. gegen Crescentius teilnehmen konnte. Dass er es wagen konnte, die Marken für einige Zeit sich selbst zu überlassen, spricht einerseits dafür, dass er innerhalb von 12 Jahren seit seiner Amtsübernahme geschafft hatte, die östlichen Nachbarn in ihre Schranken zu verweisen, andererseits für die Achtung, die ihm OTTO III. entgegenbrachte.
OTTO wurde auf seinem ersten Italienzug von einem stattlichen Gefolge offizieller Persönlichkeiten begleitet. Neben Ekkehard I. von Meißen finden sich so wichtige Persönlichkeiten wie Erzbischof Willigis von Mainz, der deutsche Kanzler Bischof Hildebold von Worms, die Bischöfe Notger von Lüttich und Wilderod von Straßburg, die Herzöge Heinrich von Bayern und Otto von Kärnten, ferner die Machthaber von Treviso, das mit Friaul dem Herzogtum Kärnten unterstand, Graf Raimbald und Bischof Rozo.
Ekkehard wurde vom Kaiser mit der Belagerung der Engelsburg betraut und im April des Jahres 998 gelang dem Markgrafen die Erstürmung der Festung, in der sich der abtrünnige Crescentius verschanzt hatte.
Bei seiner abschließenden Würdigung Ekkehards berichtet Thietmar, Ekkehard habe auch die Milzener unterworfen, wobei der Zeitpunkt der Unterwerfung nicht geklärt ist. Thietmar berichtet nur, dass Ekkehard vor dem Jahr 1000 "die Milzener aus ihrer angestammten Freiheit in das Joch der Knechtschaft zwang". Die Angabe müßte sich jedoch auf die Zeit nach dem Gnesener Schenkungsakt beziehen, da das Milzenerland im Dagone-Regest eher als freies Land erscheint. Hierfür spricht auch, dass der größte Teil dieses Gebietes unter böhmischem Einfluß stand. Erst nach dem Tod Boleslaws II. am 9. Februar 999 beherrschte Markgraf Ekkehard von Meißen das ganze Milzenerland.
Ekkehard verteidigte seine Stellung jedoch nicht nur mit Waffengewalt; er trat auch in vielfältige Verhandlungen mit den Herzögen von Polen und Böhmen ein. So berichtet Thietmar, Ekkehard habe Boleslaw den Roten als "miles" gewonnen, Boleslaw Chrobry teils durch Wohlwollen, teils durch Drohungen zum Freund. Dabei begründete das Verhältnis des "miles" eine engere Bindung als das des "amicus". Der Unterschied hängt nach Kossmann damit zusammen, dass Böhmen inzwischen als Reichsland angesehen wurde, während Polen nicht zum Imperium zählte. Das würde jedoch voraussetzen, dass Ekkehard das ganze böhmische Herzogtum unter seine Lehnsherrschaft gebracht hat. Dieser Umstand ist aber zu bezweifeln, da nur Thietmar von einer Vasallität berichtet und die Bemerkung "militem sibi (...) adipiscitur" doch nicht das Herzogtum meint, sondern eine persönliche Vasallität des Böhmen-Herzogs gegenüber Ekkehard ausdrückt. Und da "miles" bei Thietmar ein Ausdruck für Vasall ist, muß man von der Vasallität Boleslaws III. gegenüber Ekkehard ausgehen.
Diese Entwicklung wird auch durch das Vorgehen der Polen bestätigt. Sofort nach dem Tod Boleslaws II. nutzte Boleslaw Chrobry den damaligen Zerfall der böhmischen Macht aus, um die Gegend von Krakau zu besetzen. Eine Doppelvasallität, bei der der Böhmen-Herzog unmittelbarer Vasall sowohl Ekkehards von Meißen als auch OTTOS III. gewesen wäre, scheidet aus, denn Boleslaw III. scheint OTTO III. niemals getroffen und sich kommendiert zu haben. Man wird deshalb eine Aftervasallität Boleslaws III. gegenüber OTTO III. annehmen müssen, da der Böhme unmittelbarere Vasall des Markgrafen von Meißen war, der seinerseits in einem unmittelbaren Vasallenverhältnis zu OTTO III. stand.
Trotzdem wird das Zustandekommen dieses Lehnsverhältnisses das Einverständnis des Kaisers besessen haben. Man kann wahrscheinlich hierin eine der böhmischen Stellung zu Bayern ähnliche Untervasallität, jedenfalls aber ein vertragliches Gefolgschaftsverhältnis sehen. Der Kaiser hielt sich zu dieser Zeit in erster Linie in Italien auf, und die Vermutung, dass er Ekkehard - einem Mann seines Vertrauens - die Oberaufsicht über Böhmen übergeben hat, wie 950 der Herzog von Bayern damit betraut war, ist nicht von der Hand zu weisen. Ekkehard handelte insofern im Einverständnis mit dem Kaiser, so dass sein Vorgehen nicht als Verstoß gegen den außenpolitischen Primat OTTOS III. gewertet werden kann. Schlesinger/Beumann stellen die Vasallität Bolelaws II. in einen Bezug mir den Vorgängen des Jahres 990. Damals wurde jedoch ein Vertragsverhältnis, nicht nur ein Band persönlicher Freundschaft begründet, das nun von Ekkehard noch enger gestaltet wurde.
Die Vasallität Boleslaws des Roten steht in Zusammenhang mit der wiederholten Rückführung des Prager Bischofs Thiedag auf seinen Bischofssitz durch Ekkehard, wenn sie dadurch nicht sogar begründet worden ist. Thiedag, ein Sachse aus Corvey, geriet bald nach dem Regierungsantritt Boleslaws III. in heftigen Gegensatz zu ihm und hatte "magnus iniurias" zu erleiden. Über den konkreten Anlaß für die Auseinandersetzungen erfahren wir nichts. Thietmar von Merseburg schildert Thiedag als einen klugen, frommen und medizinisch gebildeten Mann, wogegen Cosmas von Prag ihn als notorischen Säufer ohne jegliche medizinische Kenntnisse beschreibt. Offenbar dachte der Bischof nicht daran, sich dem schwachen Herzog völlig zu unterwerfen, und unterhielt ebenfalls besonders auswärtige Beziehungen.
Die polnische Forschung sieht die Gründe in den Streit entweder in der Trunksucht Thiedags und vermutet bei den Beziehungen zum Markgrafen Ekkehard "Verrat" des Bischofs, oder äußert verschiedene Vermutungen: Ungehorsam des Bischofs, Einwände des Herzogs gegen seine - Adalbert ähnliche - asketische Gesinnung und - etwas unklar - gegen seine "Person". Nur am Rande erwähnen die polnischen Forscher die engen Beziehungen OTTOS III. zu Ekkehard. Seine Intervention in einer Angelegenheit, "die als völlig private Sache des böhmischen Fürsten galt", zeige die Schwäche Boleslaws. Die Stellung eines Reichsbischofs war jedoch nicht die private Sache des Herzogs; für Thiedag war sie legitime Begründung für sein Vorgehen, das sich ihm jetzt in Anbetracht der Schwäche Boleslaws und der machtpolitischen Ambitionen Ekkehards anbot, während der Kaiser selbst nicht erreichbar war.
Die Abhängigkeit Böhmens von Meißen fand wohl ihr Ende mit der böhmischen Unterstützung für Heinrich von Bayern gegen Ekkehard im Streit um die Thronfolge im Jahr 1002.
Ekkehard hat fast sein ganzes Leben auf Kriegszügen verbracht. Zu seiner Zeit war er der tatsächliche Hüter des Landes und Führer des Grenzschutzes im deutschen Osten. Die anderen Markgrafen, Liuthar von Walbeck, der alternde Hodo [Hodo, seit 965 Markgraf, besaß lange Zeit unbestritten den Vorrang unter Geros Nachfolgern und stand in hohem Ansehen bei OTTO I. und OTTO II., dessen Erzieher er war. Hodos Amtsgebiet mit dem Zentrum in der Lausitz war nach 965 innerhalb des Markengebietes für lange Zeit Schwerpunkt geworden.] und Ekkehards Stiefsohn Gero II., der 993 auch Hodos Nachfolge übernahm [Gero II., ein Sohn Thietmars I. und Enkel des Grafen Christian, hat offenbar das besondere Vertrauen OTTOS III. besessen und dementsprechend ein nahes Verhältnis auch zu Boleslaw Chrobry gehabt.], treten gegen ihn stark in den Hintergrund. Das ist bei der Jugend Geros kaum verwunderlich. Um so mehr aber muß es bei Liuthar auffallen, weil noch sein Vorgänger Dietrich als Nordmarkengraf den Herzogstitel geführt und eine gewisse Oberhoheit über alle Ostmarken zumindest in Zeiten der Gefahr ausgeübt zu haben scheint. Liuthar führt nun diesen Titel nicht mehr.
Zwischen dem Herrscherhaus der OTTONEN und Ekkehard von Meißen bestand völliges Einvernehmen, das aus der Übereinstimmung in Zielsetzung und Wahrnehmung der Aufgaben des Reiches im östlichen Grenzraum beruhte. Ekkehard handelte zwar im Auftrag des Herrschers, ließ aber sicher auch seine eigenen Machtinteressen nicht aus den Augen.
2.3. Besitzstand und Herrschaftsbereich
BearbeitenEkkehards Herrschaftsbereich zeichnet sich anhand der Urkunden ab. Als Ausgangsbasis seiner Macht ist Thüringen anzusehen, das Stammland seiner Familie. Allerdings fehlen - von wenigen Urkunden abgesehen - nähere Angaben. Ekkehard taucht als "comes in Turingia" auf, als 993 der in seinem Comitat liegende Ort Holzhausen vom König vergeben wurde. Trebra bei Sondershausen, das Magdeburg zugeschlagen wurde, unterstand ihm ebenfalls. Im Jahr 993 wurden dem Kapellan Gunther 12 Königshufen "in villa Uglici vocata et in burgwardio Cuskiburg nominato sitos" übergeben. Und falls sich dort nicht genügend vorfänden, solle das fehlende aus den benachbarten Burgwarde, "quae pertineant ad comitatum ipsius iam dicti Eggiharti marchionis, Dribani et Zolini nominatis", ergänzt werden. Oeglitsch und Keuschberg können somit also auch zum Comitat des Grafen gerechnet werden; auch wenn der Burgward Keuschberg nicht ausdrücklich als zur Grafschaft Ekkehards gehörig bezeichnet wird, so muß das doch aus dem ganzen Zusammenhang gefolgert werden.
Die Burgwarde Treben und Schköhlen müssen jedoch zweifelsfrei dazugerechnet werden. Der Burgward Schkölen ist nicht in der Stadt gleichen Namens östlich von Kamberg zu suchen, sondern in dem Dorf östlich von Lützen. Beim Burgward Treben ist es zweifelhaft, ob man ihn in dem Ort nördlich von Lützen (bei Oetsch) oder in dem wüsten Ort gleichen Namens bei Weißenfels zu vermuten hat. Jedenfalls gehört Schköhlen ganz unzweifelhaft zu dieser Grafschaft Ekkehards. Merkwürdig an dieser Urkunde ist nur, dass nicht erwähnt wird, dass es sich bei diesem Kapellan Gunther um einen Sohn des Markgrafen Ekkehard handelt. Ein weiterer Amtsbezirk des Markgrafen erstreckte sich "in territorio Kirihbergensi"; gemeint ist der Burgward Kirchberg, aus dem ihm das Dorf Groß-Löbichau durch eine Schenkung entzogen wurde.
In der "provincia Chutizi" nahm der Markgraf ebenfalls Grafenrechte wahr, wie eine Urkunde von 997 erkennen läßt. Laut dieser wurde der Besitz des Burgwards Nerchau - "burgwardium Nirechowa dictum in provincia Chutizi ac comitatu Eggihardi marchionis" - dem Erzbistum Magdeburg unterstellt. Das sind sämtliche urkundlichen Angaben über den Amtsbereich Ekkehards. Aber es wird nicht ungerechtfertigt sein, ihm auch die Gaue zuzuerkennen, die vor und nach ihm zum festen Bestand der Mark Meißen gehört haben - Daleminze, Milzeni, Plisni und Weita -, denn in diesen Gauen ist zur Zeit Ekkehards kein anderer Markgraf nachweisbar.
Ohne Zweifel hat aber die Hauptmasse der Güter im thüringisch-sächsischen Grenzgebiet gelegen. Außerdem scheint ein Teil seines Eigengutes in der Mark Meißen oder deren unmittelbarem Hinterland gelegen zu haben. Thietmar berichtet, dass OTTO III. Ekkehard ansehnliche Reichslehen in erblichen Eigenbesitz übergeben hat, wovon jedoch nur ein kleiner Teil heute noch lokalisiert werden kann. So erfahren wir, dass Ekkehard nach der Auflösung des Bistums Merseburg unter OTTO III. den Forst Sömmeringen erwarb, den er dann gegen einen anderen Forst [Als Ekkehard die Mark Meißen übernahm, bildete nur ein Baumforst zwischen dem Osterland, das heißt der alten thüringischen Mark, und dem Meißener Machtbezirk eine Lücke. Er war durch Tausch 997 an OTTO III. zurückgekommen. Ekkehard erreichte sein Ziel: Der Kaiser überließ ihm tatsächlich den Forst wiederum zur Abrundung seines Besitzes.] eintauschte. Dieser lag nach Bischof Thietmars Angabe zwischen Saale und Mulde und den Gauen Siusili und Plisni.
Auch weitere Benefizien im Leinegau erhielt Ekkehard, und ebenso muß Strehla im Gau Daleminze Ekkehard vom Kaiser zu eigen verliehen worden sein, denn wir sehen bereits im Jahr 1009 Ekkehards Sohn Hermann, ehe er Markgraf geworden war, im Besitz des Ortes, den er seiner GemahlinRegelindisals Morgengabe schenkte. Das gleiche gilt für Rochlitz, welches nachweisbar Allod von Ekkehards Söhnen Hermann und Ekkehardwar. Außerdem ist Ekkehard durch seine Heirat mit Swanhilde in den Besitz reicher Güter südlich der Unstrut, vor allem in der Mark Scheidungen, gekommen [vgl. Libers, Aus 1000 Jahren Eckartsberger Vergangenheit, S. 19; OTTO I. hatte 952 Hermann Billungs in einem Tauschgeschäft die Mark Scheidungen überlassen. 963 gründete Hermann Billung dort das Kloster Bibra.].
2.4 Der thüringische Herzogstatus Ekkehards
BearbeitenIm Rahmen der Würdigung Ekkehards berichtet der Chronist Thietmar von Merseburg, dass der meißnische Markgraf "super omnem Thuringiam communi totius populi electione ducatum promeruit". Thietmar gibt darüber hinaus keine Information über diesen Vorgang, weder über den Zeitpunkt oder Ort, noch über die Vorgeschichte und näheren Umstände oder über die genaue Bedeutung. Insofern hat diese Äußerung Thietmars zu vielen Mutmaßungen und Theorien Anlaß gegeben. In den meisten Besprechungen wird diese Pasage als eine Wahl Ekkehards zum Herzog von Thüringen verstanden. Über einen Herzogstatus Ekkehards schweigen jedoch alle anderen Quellen, selbst bei Thietmar findet die Bezeichnung "dux" auf Thüringen bezogen keine Verwendung, auch liegt darüber keine Kaiserurkunde vor. Nur eine Urkunde scheint Thietmar zu bestätigen, sie nennt Ekkehard als "dux"; aber sie ist erst aus späterer Zeit, im Jahr 1028, vom päpstlichen Stuhl anläßlich der Verlegung des Zeitzer Bistums erlassen. Auch hat weder Ekkehard I. noch einer seiner Nachkommen jemals den Titel eines "dux Thuringiae" geführt. In diesem Zusammenhang kann man wohl auch der Überlieferung des Cosmas von Prag keinen Glauben schenken, der Ekkehard II. zwar als "dux", aber dafür offensichtlich fälschlich als Herzog von Sachsen betitelt.
Vielfach wurde deshalb dieser Bericht an sich angezweifelt. Doch dagegen steht die zeitliche und geographische Nähe Thietmars zum Objekt seiner Betrachtungen. Thietmar war als Zeitgenosse Ekkehards Probst in Walbeck im Harz und muß deshalb gut informiert gewesen sein. Auch zeichnete Thietmar den Lebenslauf Ekkehards ausführlich und genau auf, ebenso nahm er besonderen Anteil an allen Ereignissen, die sich im Osten des Reiches abgespielt haben. Insofern wird man einen grundsätzlichen Zweifel an der Wahrheit dieser Überlieferung kaum aufrechterhalten können. Leider lassen sich die Umstände dieser Wahl nur schwer erklären. Es sollte deshalb versucht werden, die Begriffe dieser Passage zu klären. Der Titel "dux" begegnet während des 9. Jahrhunderts hauptsächlich in erzählenden Quellen. Meistens werden Männer derart bezeichnet, die Heerführer waren bzw. für den Grenzschutz zu sorgen hatten. In einzelnen Fällen ist es auch recht wahrscheinlich, dass der Titel "dux" nur deshalb gebraucht wurde, weil die betreffende Person besonders angesehen war. In den Fällen, wo "dux" sehr wahrscheinlich den Sinn von "Heerführer" hat, kann man erst dann auf eine herzogliche Stellung schließen, wenn noch andere Anhaltspunkte darauf hindeuten. Posse will deshalb darunter nur die Bezeichnung als Heerführer verstanden wissen. Schneider/Tille sehen darin lediglich einen Ehrenvorrang, für Läwen geht daraus einen gegenüber den übrigen Grafen hervorgehobene Stellung hervor, wodurch jedoch der "einzigartige Versuch zur Begründung eines Herzogtums" gemacht worden sei. Dobenecker interpretiert den Vorgang als die Wahl eines Stammesoberhauptes.
Gegen eine Herzogsstellung im herkömmlichen Sinn sprechen die thüringischen Verhältnisse. In Thüringen hatte sich nämlich keine Zentralgewalt zwischen dem König und den kleineren Territorialgewalten herausgebildet. Es gab dort keine politische Gewalt, die, etwa mit der Macht des bayerischen oder einem Anspruch wie bei dem schwäbischen Herzogtum, dem König die Verfügung über die Grafschaft im ganzen Land hätte streitig machen können. Obwohl Herzöge von Thüringen erwähnt werden, so Radulf im Jahr 849, Poppo als "Thuringorumm dux" im Jahr 889 und Burkhard im Jahr 908, kann man doch nicht von einer gefestigten Herzogswürde sprechen. Kötzschke mutmaßt, dass zu dieser Zeit die Stellung eines Markgrafen der Sorbenmark mit der herzoglichen in Thüringen verbunden war, "ja es gründet sich das thüringische Herzogsamt gerade auf die Notwendigkeit erhöhter und gesammelter Kraft im Grenzbereich gegen die Sorben".
Thüringen unterschied sich gerade darin von dem benachbarten Sachsen, dass es keine dauernde Herzogsgewalt kannte. Es ist deshalb gut möglich, dass die beiden Grafen Poppo und Burkhard lediglich ehrenhalber mit den Titel "dux" ausgestattet worden sind. Ekkehards Fall unterscheidet sich darüber hinaus von dem früherer "Markenherzöge", da sich deren Macht auf das Stammesgebiet gründete, während Ekkehard sich schon auf das Markengebiet stützen konnte. Ebenso ist nichts über eine Stammesversammlung bekannt, die eine solche Wahl hätte durchführen können.
Auch bei der Interpretation der Passage "communi totius populi electione" scheiden sich die Ansichten. Zuerst ist anzumerken, dass eine, wie auch immer geartete, Herzogswahl ganz unüblich war. Die Wahl eines Herzogs bezeugt Thietmar als Recht des bayerischen Stammes. Im Jahr 1079 wurde in Ulm Berthold zum Herzog gewählt. Und nach seinem Tode wurde im Jahre 1090 auf die gleiche Weise Berthold von Zähringen erhoben. Beide Herzöge Berthold wurden in ihren Ämtern nie von der königlichen Kanzlei oder dem König anerkannt. Mangels einer königlichen Ernennung haben sie sich offensichtlich, um sich überhaupt eine Legitimation zu schaffen. Von ihren Anhängern zum Herzog wählen lassen. Das würde darauf hindeuten, dass man der Wahl hier den Charakter eines legalen Bestandteils der Herzogserhebung beigemessen hat.
Dabei könne man nicht von einer Wahl durch das Volk ausgehen, sondern von einer solchen durch die bestimmenden Geschlechter, die im thüringischen Raum ansässig waren; und dass Ekkehard einen Großteil der führenden Persönlichkeiten der Ostgebiete hinter sich hatte, zeige auch deren Verhalten während seines Versuches, die Königswürde zu erringen.
Schon Ritter spricht sich gegen die Wahl durch das Volk aus: Thietmar habe damit nur anzeigen wollen, dass die thüringischen Grafen wie auch der Adel, welcher mit den Worten "populus" angezeigt wird, damit einverstanden gewesen seien. Auch Helbig versteht unter dem Volk die Großen des Landes. Für ihn ist dieser Akt "die Anerkennung der Großen des Landes zu der erzielten Sicherung der Ostflanke ihres Stammesgebietes". Ebenso argumentiert Posse: "Die Wahl ist nichts anderes als die Zustimmung der Großen des Landes zu Ekkehard als Heerführer der thüringischen Heerhaufen in den Kämpfen gegen die Wenden, die bei der Wiedereinsetzung in die Mark seines Vaters später auch dem Sohn Ekkehards zu Teil wurde". Erst im Anschluß daran habe die Wahl des Volkes gleichsam als glänzender Rahmen der Handlung, als Akklamation stattgefunden. Knochenhauer glaubt dagegen an eine Wahl des Volkes gegen die erbitterte Gegnerschaft der Fürsten. Lüpke sieht in der ganzen Wahl, ob nun unter Duldung der anderen Fürsten oder deren Gegnerschaft, nur den äußeren Abschluß einer inneren Entwicklung, "die in der Person Ekkehards, seiner Tätigkeit für die Mark und seinem Verhältnis zum Kaiser und den thüringischen Fürsten im besonderen begründet liegt". Nach Lüpke entstand in Ekkehard aufgrund seiner hervorragenden Stellung der Wunsch, diese faktische Stellung auch durch einen entsprechenden Titel zu dokumentieren.
Ein Großteil der Historiker geht davon aus, dass Ekkehard ohne Einverständnis des Kaisers diesen Titel erhalten hat. Insofern handle es sich um eine "autogene" Herzogsgewalt. Läwen bezeichnet diese vorwiegend eigenmächtige Handlung Ekkehardsgeradezu als Usurpation. Trotzdem halte ich es für gegeben, dass Ekkehard mit der - wenn auch nur stillschweigenden - Zustimmung oder Duldung des Kaisers gehandelt hat.
Maschke argumentiert vorsichtig in diese Richtung, wenn er feststellt, dass "die Neubildung einer übergeordneten politischen Gewalt in Thüringen nicht allein von innen her, sondern erst bei Förderung und Herausgebung eines Grafenhauses durch den König zu erzielen" war. Seiner Meinung nach waren nämlich die Einzelkräfte in Thüringen zu sehr gegeneinander ausgewogen, als dass von innen heraus eine Gewalt von Art und Wirkung des Herzogtums hätte entstehen können. In eine ähnliche Richtung ging schon Usinger, der in der Übergabe zahlreicher Benefizien und vermutlich auch aller Grafschaften in Thüringen einen Grund für die Ergebung Ekkehards sah.
Auf jeden Fall hatte diese Erhöhung nicht eine Verschlechterung der Verhältnisse zwischen OTTO III. und Ekkehard zur Folge, wie Lüpke es für wahrscheinlich hält. Bei dem Versuch, einen Zeitpunkt für die Wahl festzulegen - nach Lüpke fand sie in der 2. Hälfte des Jahres 1000 statt -, stellte er folgende Betrachtungen an: Er ging davon aus, dass aufgrund der unautorisierten Wahl zu Herzog von Thüringen das gute Einvernehmen zwischen OTTO III. und Ekkehard gestört worden sei, und nimmt seine letzte Nennung in einer Urkunde als frühestmögliches Datum für diesen Vorgang an.
Gewiß: Am 23. März tritt Ekkehard das letzte Mal als Fürsprecher auf. Dies scheint auch die letzte persönliche Begegnung der beiden gewesen zu sein, da sich OTTO III. bis zu seinem Tode in Italien aufgehalten hat. Da Ekkehard seinerseits im Markengebiet geblieben ist, ist es aber nicht verwunderlich, dass er in keiner Urkunde mehr erwähnt wird. Auch hätte Thietmar sicher von einer Entfremdung zwischen dem Kaiser und dem Markgrafen berichtet. Bei ihm ist jedoch nur zu lesen, dass Erzbischof Gisiler in der Gunst des Kaisers höher stand als Ekkehard, "ihn also offenbar an diesem bevorzugten Platze abgelöst hatte".
Diese Feststellung kann jedoch nicht mehr auf die Zeit um das Jahr 1000 bezogen werden, da Gisiler zu diesem Zeitpunkt einerseits eklatante Schwierigkeiten mit der Kurie wegen der Auflösung seines früheren Bistums Merseburg und seiner Stellung als Erzbischof von Magdeburg hatte und andererseits gegen die Pläne OTTOS III., Polen eine eigenes Erzstift zu gewähren, opponiert hatte. Dagegen befand sich Ekkehardin vollstem Einvernehmen mit dem Kaiser was dessen Zug nach Gnesen anbelangte. Insofern ist es unmöglich, den Zeitpunkt der Wahl Ekkehards zum "dux" über Thüringen in das Jahr 1000 zu legen. Leider finden sich keine anderen Anhaltspunkte zur Festlegung eines solchen Zeitpunktes.
Anhand der Quellen läßt sich keine klare Aussage über den von Thietmar angedeuteten Vorgang machen. Ekkehard wurde auf jeden Fall eine Erhöhung über die anderen thüringischen Fürsten zuteil, die aufgrund seiner Leistungen auch gerechtfertigt war und wahrscheinlich die Zustimmung der meisten thüringischen Grafen gefunden hat. Daraus wird auch die überragende Stellung des Markgrafen im Altsiedelland erkennbar. Eine Zustimmung des Kaisers ist zwar nicht überliefert, doch muß man wohl davon ausgehen, da sich keine Beweise für eine Verschlechterung des Verhältnisses zwischen OTTO III. und dem Markgrafen finden lassen.
Auf jeden Fall dokumentiert die Wahl auf der einen Seite eine Neubelebung des thüringischen Stammesbewußtseins und auf der anderen Seite eine Lockerung der herrschaftlichen Macht unter dem Enkel OTTOS I. Zweifellos war Ekkehard der mächtigste der thüringischen Grafen geworden, da seine Machtstellung im Stammland noch durch eine weit ausgreifende Markengebiet ergänzt wurde. Seine Wahl ist insofern auch ein Indiz dafür, wie sehr die von den LIUDOLFINGERN in Thüringen aufgerichtete Macht brüchig geworden war. Die LIUDOLFINGER hatten von ihrem sächsischen Stammesgebiet aus ihre Herrschaftsrechte zielstrebig nach Thüringen vorgetragen und die alte einheimische Markgrafenfamilie auszuschalten vermocht. Diese Machtstellung wurde, nachdem das Geschlecht die Königswürde errungen hatte, durch unzählige Vergabungen durchlöchert, so dass den LIUDOLFINGERN Besitz und Macht in Thüringen von Jahrzehnt zu Jahrzehnt immer mehr aus den Händen glitten. Dabei darf jedoch nicht die Möglichkeit außer acht gelassen werden, dass OTTO III. in Ekkehard bewußt einen Mann seines Vertrauens in eine herausgehobene Stellung bringen wollte, um selbst mehr Spielraum für seine Italienpläne zu haben. Insofern könnte man Ekkehard auch als eine Art Statthalter sehen.
2.5. Die Königskandidatur Ekkehards
Bearbeiten2.5.1. Frohse
BearbeitenIm Mittelpunkt der allgemeinen Aufmerksamkeit steht Ekkehard wieder im Jahr 1002. Als sich die Nachricht vom Tod Kaiser OTTOS III., der am 23. oder 24. Januar 1002 in Paterno bei Civita Castellana in Mittelitalien unerwartet gestorben war, in Sachsen verbreitet hatte, kamen die sächsischen Großen - "principes Saxoniae" - im Königshof Frohse bei Magdeburg voller Trauer zusammen, und zwar "de statu rei publice tractantes". Anwesend waren nach dem Bericht des Bischofs Thietmar von Merseburg Erzbischof Gisiler von Magdeburg mit seinen Suffraganen, Herzog Bernhard von Sachsen, die Markgrafen Liuthar von der sächsischen Nordmark, Ekkehard von Meißen, Gero von der sächsischen Ostmark und noch andere "optimates regni".
Als während dieser Gespräche der Markgraf Liuthar die Absicht Ekkehards von Meißen bemerkte, sich über alle zu erheben, das heißt, die Königswürde zu erlangen ("perprimo persensit, Ekkehardum se velle exaltare super se") rief er den Erzbischof und die anderen angesehenen unter den Großen zu Geheimgesprächen hinaus und macht allen den Vorschlag, sich eidlich zu verpflichten, vor einem weiteren nach Werla einberufenen Treffen weder gemeinsam noch einzeln einen Herrn oder König zu wählen. Dem stimmten alle zu und verpflichteten sich, nur Ekkehard nicht. Voller Unmut darüber, dass man ihn vorläufig von der Königswürde fernhalten wollte, wandte er sich an Markgraf Liuthar: "Was hast Du gegen mich, Graf Liuthar? Worauf dieser entgegnete: "Merkst Du nicht, dass Dir das vierte Rad am Wagen fehlt?" Damit sei die Wahlhandlung unterbrochen worden - "sic interrupta eleccio" -, und es bestätigte sich - wie Thietmar dazu kommentierend bemerkt - wieder einmal das alte Wort: "Eine Nacht Aufschub ist ein Jahr Verzug, das aber heißt Verzögerung bis ans Lebensende."
Welche Bedeutung Liuthars Bemerkung über das fehlende vierte Wagenrad gehabt haben könnte, ist wiederholt behandelt worden. Von den Texteditoren der Chronik Thietmars ist diese Bemerkung Liuthars übereinstimmend als die fehlende Königsverwandtschaft Ekkehards gedeutet worden. In der Forschung herrschte ebenfalls diese Erklärung vor, obwohl sie nicht immer hundertprozentig vertreten wurde: "Ob die Frage an Ekkehard (...) wirklich auf de Mangel an Geblütsrecht zurückgeht, ist nicht unbestritten." Knochenbauer brachte eine neue Erklärung, indem er das "vierte Wagenrad" auf die fehlende Geneigtheit des Fürsten des Landes bezog. Lüpke äußerte die Meinung, dass Liuthar sich selbst meinte oder ein damals gebräuchliches Sprichwort angeführt habe. Und schließlich wurde von Schlesinger die Deutung auf die fehlende Königsverwandtschaft nicht nur angezweifelt, sondern vollständig zurückgewiesen. Aber auch er konnte keine fundierte Beweisführung für die Negierung der herkömmlichen Erklärung anbringen. Diese neue Grundlage brachte erst Hlawitschka, der die Abkunft der EKKEHARDINER von einem Bruder HEINRICHS I. beweisen konnte. Insofern war nun der Erklärung von der fehlenden Königsverwandtschaft der Boden entzogen. Bei dem Versuch, eine neue Deutung für das "vierte Wagenrad" zu finden, stieß Hlawitschka auf die vier Kardinaltugenden, die seit alters her als Voraussetzung für die Würdigkeit eines Kandidaten galt. Doch welche Tugenden gingen Ekkehard ab? Weisheit ("prudentia"), Gerechtigkeit ("iustitia"), Tapferkeit ("fortitudo") oder maßvolle Bescheidenheit ("temperantia")? Da es keine feste Reihenfolge dieser Tugenden gibt, kann jede der vier gemeint sein. Speziell Liuthar gegenüber dürfte sich Ekkehard jedoch in erster Linie Verstöße gegen "iustitia" und "temporantia" zuschulden haben kommen lassen, wie aus dem Bericht Thietmars hervorgeht. So hat Ekkehard die Zusage, seine Tochter Liudgard Liuthars Sohn Werner zur Frau zu geben, widerrufen. Thietmar schreibt zwar, er wisse nicht warum, läßt jedoch durchblicken, dass Ekkehard eine vorteilhaftere Verbindung angestrebt habe.
Werner entführte daraufhin seine Verlobte aus der Obhut der Quedlinburger Äbtissin Mathilde nach Walbeck, und erst als die Reichsfürsten ihn vor eine Versammlung nach Magdeburg zitierten und im Falle des Nichterscheinens mit Verbannung drohte, stellte sich Werner, gab die Geliebte heraus und erlangte Verzeihung. Erst nach dem Tod Ekkehards konnten die beiden heiraten. In diesem Wort- und damit Rechtsbruch kann durchaus ein Verstoß gegen die "iustitia" gesehen werden. Aber dieser Vorfall kann auch als ein Indiz für Ekkehards Hochmut gewertet werden, da er Werner nicht als angemessenen Schwiegersohn akzeptierte.
Für Ekkehards Überheblichkeit liefert Thietmar eine weiteres Zeugnis, wenn er im Anschluß an den Bericht über dessen Ermordung zusammenfassend feststellt: "Ich weiß nur: Er war eine Zierde des Reiches, ein Hort des Landes, eine Hoffnung seiner Untergebenen, ein Schrecken seiner Feinde; und er wäre ganz vollkommen gewesen, hätte er nur demütig bleiben wollen." Das klingt ebenso an anderen Stelen bei Thietmar an: Er schildert Ekkehard auch sonst als überheblich, zum Beispiel bei der Versammlung in Frohse - "se velle exaltare super se" - wie auch bei der Zusammenkunft in Werla, wo der Markgraf sich übermütig an die gedeckte Tafel der Kaiserschwestern setzte, wobei Thietmar dieses Verhalten mit dem Bibelzitat kommentiert: "Hochmut kommt vor dem Fall, aber Demut vor Ehren". Ekkehard fehlte also nach Thietmars Ansicht die demütige Bescheidenheit.
Hlawitschka kommt deshalb zu dem Schluß: "Zusammenfassend darf man also wohl sagen: Wenn Thietmar je das Gleichnis mit dem fehlenden viertem Wagenrad als vom Leser seiner Chronik entschlüsselbar betrachtet und deshalb auch mitgeteilt hat, dann dürfte doch wohl am ehesten in einer solchen Sicht der Schlüssel für die Lösung liegen, nicht in der fehlenden Königsverwandtschaft, über die wir vielleicht doch etwas deutlicher als bisher informiert sein dürften" Wer die Versammlung in Frohse einberufen hat, ist nicht bekannt. Doch betrachtete der sächsische Stamm die Bestellung eines neuen Königs als seine eigene Angelegenheit, was insofern verständlich ist, als seit der Erhebung HEINRICHS I. im Jahr 919 das Geschlecht der LIUDOLFINGER über vier Generationen hinweg das deutschen Königtum innegehabt hatte. Sachsen war auch der einzige Stamm, der nach dem Eintreffen der Todesnachricht OTTOS III. eine Versammlung einberufen hatte, um sich mit der Nachfolgefrage zu beschäftigen.
Ob Ekkehard von Meißen schon vor der Versammlung in Frohse als Kandidat feststand, ist nicht zu klären. Doch konnte sicher nur er uneingeschränkt als Sachse gelten. HEINRICH war zwar in direkter männlicher Linie ein Urenkel HEINRICHS I., doch, wie schon sein Vater, war er Herzog von Bayern, so dass an seiner sächsischen Stammeszugehörigkeit durchaus Zweifel entstehen konnten. Mag der ursprüngliche Zweck der Versammlung die Ernennung eines Kandidaten gewesen sein, so hätte sie ohne das Eingreifen Liuthars durchaus zu einer Wahl führen können, wenn auch nur aus dem Grund, dass die Sachsen glaubten, als Angehörige des Stammes, der nach ihrer Meinung das Königtum zu vergeben hatte, vollendete Tatsachen schaffen zu können. Da aber der sächsische Stamm nicht vollzählig vertreten war, muß die von Graf Liuthar vorgeschlagene Alternative plausibel erschienen sein. Interessant ist dabei, dass Thietmar von einer "melior pars" spricht, nicht von einer "melior et maior pars". Bedauerlicherweise sind wir nur oberflächlich über die Zusammensetzung der Versammlung in Frohse informiert. Als sichere Anhänger Ekkehards darf man Herzog Bernhard von Sachsen, den Schwager Ekkehards, Markgraf Gero von der Ostmark, den Stiefsohn Ekkehards, und Ekkehards Bruder Gunzelin, in dessen Hof das Treffen stattfand, ansehen. Dem steht auch nicht die Aussage Adalbolds entgegen, Bernhard sei ein potentieller Kandidat für das Königsamt, jedoch zu weise gewesen, gegen den würdigeren HEINRICH anzutreten.
Althoff erklärt Bernhards Zurücktreten zugunsten Ekkehards mit dem Alter des Herzogs [Bernhard war seit 973 Herzog von Sachsen. Bork vermutet, er sei zwischen 940 und 950 geboren worden, ohne jedoch Beweise hierfür angeben zu können.], "so dass das Zurücktreten zugunsten eines jüngeren Verwandten und die Unterstützung desselben verständlich und sinnvoll erscheint". Genau so gut ist es jedoch möglich, dass, Bernhard nach dem Tod Ekkehards kurzzeitig dessen Position als Kandidat einnehmen wollte, dann aber die Unmöglichkeit seines Unterfangens einsah.
Graf Liuthar von Walbeck stand auf der Seite Herzog Heinrichs von Bayern, und Erzbischof Gisiler von Magdeburg unterstützte die Kandidatur des Schwaben-Herzogs Hermann. Durch den gemeinsamen Gegner fanden Liuthar und Gisiler in Frohse augenscheinlich zusammen und zogen sich als "melior pars" zu einer getrennten Beratung zurück, die dann zu der Verlegung der Wahl führte. Auch diese zweite Versammlung war nur für Sachsen gedacht.
2.5.2. Werla
BearbeitenIm April tagte dann in Werla die Stammesversammlung der Sachsen. Dass der Werlaer Wahl eine prinzipielle Verbindlichkeit zukommen sollte, zeigt, dass sich in Werla regelmäßig nach dem Tod eines Königs die Großen versammelten, so in den Jahren 984, 1002 und 1024, während alle Zusammenkünfte an den übrigen Orten zufällig und einmalig waren.
Dass sich Werla nicht erst unter den letzten LIUDOLFINGERN zum einzigen Versammlungsort der Sachsen herausgebildet hat, zeigt der bekannte Brief OTTOS DES GROSSEN aus dem Jahr 968. Der Kaiser schreibt darin aus Italien, und der Brief soll "in conventu populi in loco dicitur Werla coram principibus et frequentia plebis" verlesen werden.
Der Kreis der Teilnehmer in Frohse war zweifellos lokal begrenzt gewesen. War Ekkehard im Grenzraum Sachsens von zahlreichen Parteigängern umgeben, mußte er sich in Werla den auseinanderstrebenden Interessen aller Teile Sachsens stellen. In Werla waren nicht nur seine Freunde, sondern auch Befürworter Heinrichs von Bayern und Hermanns von Schwaben vertreten. Nach Thietmars Bericht ist anzunehmen, dass alle, die an der Beratung in Frohse teilgenommen hatten, auch in Werla anwesend waren. Außerdem treffen wir hier auch noch die beiden Schwestern OTTOS III., Adelheid und Sophie, und Bischof Arnulf von Halberstadt. Thietmar spricht von "omnes regni primates" Getreu dem Schwur von Frohse hatte sich Graf Liuthar dem Bayern-Herzog zwar nicht eidlich verpflichtet, jedoch die Versammlung in Werla gut vorbereitet. Zusammen mit seinem Onkel Rikbert war er nach Bamberg zu HEINRICH gereist, wo er sich von diesem Wiedererlangung und Vermehrung seines Lehens versprechen ließ [Thietmar V,3 (SS rer. Germ. N.S. 9, S. 222), wonach OTTO III. Liuthar Güter entzogen hatte, die er sich nach dem Tod des Grafen Siegfried, Thietmars Vater, unrechtmäßig angeeignet hatte.], und veranlaßte den bayerischen Herzog, einen seiner Leute nach Werla zu entsenden. Der Wortlaut ergibt nicht sicher, ob die einzelnen "primates regni, qui tunc ibi convenerunt", von den Gesandten schon vorher bearbeitet worden sind, doch ist dies anzunehmen.
Thietmar verschweigt nicht, dass der Unterhändler im Auftrag seines Herren den Teilnehmern sehr viele Zuwendungen versprach. Es handelte sich also um eine offenkundige Bestechung. Die so präparierte Versammlung beschloß, HEINRICH solle mit Christi Hilfe und aufgrund des Erbrechts König sein, und gelobte, ihm immer und überall zu Diensten zu sein. Diese "uns vox" war jedoch nur zustande gekommen, da die Gegner des Bayern-Herzogs, die Gruppe um den Markgrafen von Meißen, an dieser Versammlung nicht teilgenommen hatten. Und Thietmar gibt offen zu, dass hier die Rechtsformen verletzt worden waren.
Markgraf Ekkehard und sein Gefolge, darunter der Herzog von Sachsen und wichtige Bischöfe, waren also anscheinend überrumpelt worden. Der Überraschungscoup scheint darin gelegen zu haben, dass man in Werla gar nicht zu einer Wahlentscheidung schritt, sondern eine Frage des Erbrechts entschied; in der ottonischen Familie, das heißt in der näheren Verwandtschaft OTTOS IIII., scheint das Verwandtenerbrecht mit Nachdruck propagiert worden zu sein. Auch hier hatte man also versucht, die Entscheidung in einem gemeinsamen Akt der Willensbildung zu suchen - doch dann hatte die Partei HEINRICHS im letzten Moment die Gegenpartei überrumpelt. Die Gruppe um den Markgrafen Ekkehard hielt die Designation des Bayern-Herzogs in Werla für ein Unrecht.
Nachdem eine gemeinsame Beratung nicht zustande gekommen war, reagierte Ekkehard, der diesen Beschluß als unverbindlich betrachtete, mit "verhaltenem Ingrimm" ähnlich wie Hermann von Schwaben nach der Mainzer "Usurpation" HEINRICHS. Er trat demonstrativ als Anwärter auf das Königtum auf. Am Abend besetzte er zusammen mit Bischof Arnulf von Halberstadt und dem sächsischen Herzog Bernhard die festlich gedeckte Tafel in der Werlaer Pfalz, die für OTTOS Schwestern Adelheid und Sophie hergerichtet war. Zusammen mit seinen Anhängern aß er den Damen die Mahlzeit weg, wobei man sich auf Sessel und Bänke setzte, die mit wertvollen Polstern oder auch Baldachinen ("sedilia auleis ") ausgestattet waren.
Bei der Königserhebung ist das Mahl als Krönungsmahl ein Teilakt des gesamten Wahlvorgangs. An eine Vorwegnahme dieses Teilaktes ist hier nicht zu denken. Doch beanspruchte der Markgraf das Gabungsrecht, das ein Königsrecht war. Ein Herrscher konnte daher durch das Mahl seinen Herrschaftsanspruch zum Ausdruck bringen.
Geschah diese "Usurpation königlicher Rechte" durch Ekkehard in der Absicht, den Anspruch auf königliche Rechte zu demonstrieren, erreichte er damit das Gegenteil. "Die trauernden Schwestern und ihre zahlreich versammelten Gäste waren entrüstet darüber; und so lebte der lange verheimlichte Haß gegen ihn wieder auf, der jetzt leider schnell sein Ziel finden sollte."
Zeremonien waren die Ausdrucksformen von Absichten und Rechten, die man entweder innehatte oder doch beanspruchte. Politische Ansprüche wurde also mit Hilfe des Zeremoniells dokumentiert. Ekkehardgab mit der Okkupation des "kaiserlichen" Tisches zu erkennen, dass er den Streit um die Thronfolge nicht aufgeben wollte. Es war dies nicht nur eine grobe Unhöflichkeit, sondern auch ein bewußter Angriff auf die Unverletztlichkeit, Würde und Ehre der überlebenden OTTONEN.
Es scheint, dass Ekkeharderst jetzt, nach dieser offensichtlichen Mißachtung der Werlaer Entscheidung, zum Rebellen, zum Usurpator der Quellen wurde. Immerhin zeigt dieser Vorfall, dass die Machtverhältnisse in Werla nicht so eindeutig waren, da man gegen die Provokation und die damit verbundene Beleidigung der anwesenden Schwestern OTTOS III., Sophie und Adelheid, nicht sofort einschritt. Die als Helfer Ekkehards genannten Arnulf von Halberstadt und der Herzog Bernhard von Sachsen machen wohl überdeutlich, wie stark die sächsische Adelspartei in Werla gewesen sein muß, die die Thronkandidatur Ekkehards von Meißen unterstützte.
Trotz Stimmenhandels und Stimmenkaufs von Seiten HEINRICHS ging der zweite Sachsentag in Werla also ohne eine definitive Entscheidung vorüber, wenn auch eine größere Menge der Anwesenden bei dieser Zusammenkunft, von HEINRICHS Agenten bearbeitet, sich für die Anerkennung seines Anspruchs erklärte.
2.5.3. Die Reise in den Westen
BearbeitenEkkehard hatte nach dem Werlaer Votum die Hoffnung noch nicht aufgegeben. Vertrauend auf die Macht seiner Stellung, wandte er sich nach Westen, um dort für sich und seine Vorstellungen zu werben. Er hatte wohl die Absicht, sich mit dem anderen Kronprätendenten, Herzog Hermann von Schwaben, zu verständigen und mit den dortigen Großen in Duisburg die Lage zu besprechen.
Ob er vorhatte, sich mit diesem gemeinsam gegen Heinrich von Bayern zu verbünden, bleibt bei der unbestimmten Fassung der Überlieferung zweifelhaft. Dass Ekkehard zu dieser nach Duisburg einberufenen Fürstenversammlung aufbrach und so Kontakt mit Hermann von Schwaben und den diesen favorisierenden rheinisch-lothringischen Fürsten aufnehmen wollte, beweist, dass er - sicher trotz aller Hoffnungen, selbst König zu werden - ebenfalls auf die gemeinsame Wahlentscheidung der Großen setzte und vorerst nur mit seinen "Usurpationen" die "Usurpation" HEINRICHS konterkarieren wollte. Sollte es gelingen, in Duisburg eine Verständigung zu erreichen, so konnte dies zu einer ernsten Gefährdung der Pläne des Bayern-Herzogs werden.
Auch mag Ekkehard erkannt haben, dass die rein sächsische Basis seiner Kandidatur trotz der Unterstützung durch die entscheidenden sächsischen Fürsten zu schmal war - Herzog Heinrich von Bayern knüpfte seine Fäden zu den Ostfranken, Moselländern und Sachsen, Herzog Hermann von Schwaben unterhielt Verbindungen zu Ober-Lothringen und zu Erzbischof Gisiler von Magdeburg nach O-Sachsen. Im Westen gab es darüber hinaus noch die Stimme des Herzogs Dietrich von Ober-Lothringen zu gewinnen, der sich bisher abwartend verhalten hatte. Am folgenden Tag verließ Ekkehard die Werlaer Pfalz und ritt mit Bischof Bernward nach Hildesheim, wo er wie ein König empfangen und hoch geehrt wurde. Ähnlich wie in Werla versuchte Ekkehard offensichtlich auch hier in Hildesheim durch den Vollzug von Teilakten - die Königswahl bestand aus einer Kette von Handlungen ohne feste Reihenfolge -, seinem Ziel näherzukommen. Mit Bernward von Hildesheim ist darüber hinaus ein weiterer wichtiger Reichsbischof bekannt, der zur Partei der EKKEHARDINER gehörte und der die Kandidatur Ekkehards unterstützte.
Als Markgraf Ekkehard jedoch auf der Weiterreise Paderborn erreichte, fand er eine in Alarmbereitschaft versetzte Stadt vor. Erst auf Befehl es Bischofs wurde er eingelassen und von diesem in dem Gebäude, in dem er speiste, "aus Hochachtung" empfangen. Bischof Rethar zeigte damit jedoch deutlich, dass sein Wohlwollen in den Grenzen verharrte, die durch die Verpflichtungen des Gastrechts gesetzt waren. Auch teilte er Ekkehard mit, dass die geplante Unterredung in Duisburg nicht stattfinden könne. Markgraf Ekkehard brach daraufhin in Paderborn seine Reise ab und trat die Rückkehr nach O-Sachsen an.
2.5.4. Der Mord von Pöhlde
BearbeitenAuf seinem Rückweg kam Markgraf Ekkehard nach Northeim, das einem Grafen Siegfried gehörte. Heimlich teilte ihm dessen zweite Ehefrau Ethelinde mit, dass Siegfrieds Söhne Siegfried und Benno [Graf Siegfried, der Großvater Ottos von Northeim, war in erster Ehe mit Mathilde verheiratet gewesen und hatte mit ihr zwei Söhne, Siegfried und Benno.] mit den Brüdern Heinrich und Udo von Katlenburg und anderen Verschwörern einen Anschlag auf ihn vorbereiteten, und bat ihn, entweder in Northeim zu übernachten oder seine Reiseroute zu ändern. Der Markgraf ließ sich jedoch durch die Warnung der Gräfin nicht von seinem Weg abbringen und zog wie geplant weiter zu dem Königshof Pöhlde. Hier überfielen ihn und seine Reisegesellschaft am 30. April mitten in der Nacht die Verschwörer und Siegfried tötete Ekkehard durch einen Lanzenstoß. Daraufhin enthaupteten sie den Toten und plünderten die Leiche, wie Thietmar voller Abscheu berichtet. Die Mörder konnten entkommen, während die überlebenden Begleiter den toten Markgrafen zu seinem Stammsitz überführten. Dort wurde er von seiner Frau Swanhilde und seinen Söhnen beigesetzt. Über das Tatmotiv war sich schon der Chronist Thietmar nicht im klaren. Er gibt zwei verschiedene Meinungen wieder, die damals laut wurden. Einmal sei die Tat auf die Anstiftung Heinrichs von Katlenburgs erfolgt, der sich damit für eine von OTTO III. auf Ekkehards Veranlassung verhängte Züchtigung habe rächen wollen. Oder aber der Mord sei ein Racheakt von Männern, die ihn wegen seines herausfordernden Benehmens in Werla gegenüber den Schwestern OTTOS III. bestrafen wollten.
Diese Mutmaßung ist nicht ohne Wahrscheinlichkeit, wenn man bedenkt, über welch großen Einfluß Sophie und Adelheid verfügten und welche Zugeständnisse sie von HEINRICHerhielten, dass sie seine Partei ergriffen hatten. Vielleicht hatten sie selbst durchblicken lassen, dass EkkehardsVerhalten ihnen gegenüber gesühnt werden müsse.
Zum Verständnis des Mordes von Pöhlde ist es von Nutzen, die Familienverhältnisse der Verschwörer zu beleuchten. Dabei ist man zu dem Ergebnis gelangt, dass die Grafen Heinrich und Udo von Katlenburg Söhne des Grafen Luder-Udo I. von Stade gewesen sind. Aufgrund dieser Tatsache ist es sehr gut möglich, dass Thietmar als Neffe Liuthars von Walbeck und Vetter der beiden KATLENBURGER die eigentlichen Hintergründe des Verbrechens gar nicht objektiv darstellen wollte ["Das Bemühen des späteren Bischofs, in seiner Chronik die Kenntnisse der Gründe zu leugnen, welche zu dem Morde führten, sowie die Verschleierung des Zweckes der Reise Ekkehards zum Herzog Hermann von Schwaben, dem Günstlinge der NORTHEIMER Brüder" (!), der Umstand, "dass Thietmar am 7. Mai 1002, also wenige Tage nach dem Mord, von seinem nach Rache dürstenden Oheim Liudhar zum Propst in dem von dessen Vater Lothar II. (+ 986) gegründeten Kloster Walbeck ernannt wurde", lassen v. Uslar-Gleichen (Die Abstammung der Grafen von Northeim und Katlenburg von den Grafen von Stade, S. 41) vermuten, dass "Thietmar seine Hand dabei im Spiel hatte". Er denkt an "eine gemeinsame Aktion des Oheims und Neffen". Thietmar unterläßt es, die KATLENBURGER 1002 seine Verwandten zu nennen, wie er es später tut.]. Vor dem Hintergrund der Verwandtschaft zwischen Liuthar von Walbeck und den KATLENBURGER Brüdern [Sie sind die Neffen von Liuthars Schwägerin, der STADERIN Kunigunde, der Mutter Thietmars von Merseburg.] sind einige Historiker zu dem Schluß gelangt, dass diese offenbar "als Helfershelfer ihres Verwandten" - Liuthars von Walbeck - gehandelt haben, der die Thronfolge HEINRICHS II. unterstützt habe und ein persönlicher Gegner Ekkehards gewesen sei. Lange hält es darüber hinaus für möglich, dass der tiefere Grund des Mordes in einem Wiederaufleben des alten, zwischen STADERN und BILLUNGERN bestehenden Spannungsverhältnisses, mit denen die beiden Kontrahenten - Liuthar und Ekkehard - versippt waren, zu suchen sei [Ekkehard war als Gemahl der Swanhilde, der Schwester Herzog Bernhards I., der angeheiratete Schwager von dessen Gemahlin Hildegard von Stade, deren Stiefschwester Kunigunde die Schwägerin Liuthars von Walbeck war.].
Die Beteiligung der NORTHEIMER Brüder läßt sich hingegen nicht über die Verwandtschaft erklären, da sich diese These einer Verwandtschaft zwischen den KATLENBURGERN und den NORTHEIMERN als falsch erwiesen hat. Auch ist die Abstammung der Grafen von Northeim von den Grafen von Stade unterwiesen und darüber hinaus unwahrscheinlich. Vermutlich sind die Gründe ihrer Teilnahme an dem Mord in dem engen nachbarschaftlichen Verhältnissen zu suchen, das die KATLENBURGER und die NORTHEIMER während des gesamten 11. Jahrhunderts verbunden hat.
Uslar-Gleichen wiederum sieht die wahren Ursachen des Mordes in dem "Streben der northeimischen Brüder, ihrem Günstling, dem Herzog von Schwaben, durch Beseitigung eines gefährlichen Nebenbuhlers den Weg zum Throne zu bahnen. Ihr Interesse daran wurzelte in verwandtschaftlichen Verhältnissen". Nach Uslar-Gleichen war Eila, die Gattin Bennos, die Tochter des Grafen Bruno IV. von Braunschweig und der Gräfin Gerburg II. von Stade. Nach deren Tod habe Bruno Gisela, die Tochter Hermanns II. von Schwaben, geheiratet. Diese verwandtschaftlichen Verhältnisse beruhen jedoch nur auf Hypothesen des Verfassers; quellenmäßig läßt sich eine solche Erklärung nicht bewesien. Die Parteinahme Siegfrieds für Hermann von Schwaben glaubt Uslar-Gleichen auch daran ablesen zu können, dass Siegfried gleich im ersten Jahr nach HEINRICHS Thronbesteigung am Aufstand des Markgrafen Heinrich von Schweinfurt teilgenommen habe. Was dieses Ereignis angeht, wird man sich jedoch eher der Vermutung Gisebrechts anschließen können, dass Siegfried "sich in dem Lohn seines Verbrechens getäuscht zu haben scheint" und in dem Aufstand Heinrichs eine Gelegenheit sah, sich Genugtuung zu verschaffen.
Dass die Täter hofften, Herzog Heinrich durch die Beseitigung seines politischen Gegners einen Dienst zu erweisen, ist gut möglich. Schließlich ebnete dieser Mord HEINRICH den Weg zum Thron. Nach Giese führte Ekkehards Tod HEINRICH wesentlich leichter zur späteren Anerkennung durch die Sachsen als die Werlaer Versammlung, von der "keine erkennbare Wirkung" ausgegangen sei. Es wäre aber sicher falsch, daraus zu schließen, HEINRICH habe von der Tat gewußt oder sie sogar in Auftrag gegeben.
Zum Schluß darf auch nicht vergessen werden, dass sich Ekkehard zeitlebens aufgrund seines Verhaltens viele Feinde gemacht hat. Doch wäre die Annahme, den Grund des Mordes allein in Ekkehards Rücksichtslosigkeit und Neigung zu Gewalttätigkeit, die sich hier "in einem einmaligen maßlosen Ausbruch Luft gemacht" habe, zu suchen, sicher zu monokausal.
Es ergibt sich also ein ganzer Komplex von Motiven, die alle mehr oder weniger Wahrscheinlichkeit besitzen. Eine eindeutige Erklärung wird wohl nicht mehr zu finden sein. Die Ausführung der Mordtat wird in erster Linie durch persönliche Motive erfolgt sein, aber sicher haben auch politische stark mit hineingespielt.
War die ältere Forschung der Meinung, dass die Mörder Ekkehards straffrei ausgingen, so können wir heute das Gegenteil beweisen. Die Untersuchungen von Hucke haben gezeigt, dass Heinrich von Katlenburg, der neben Siegfried II. offenbar als hauptschuldig galt, genötigt wurde, einen großen Teil seines im Comitat der Grafen von Stade gelegenen Allodialbesitzes als Sühne dem neu gegründeten Stift Harsefeld zu übergeben, nachdem er vorübergehend Geistlicher in Hildesheim gewesen war. Weiterhin ist anzunehmen, dass er alle seine Grafenrechte verlor, die ihm als dem ältesten Sohn Luder-Udos von Stade zugestanden hätten, da sein jüngerer Bruder Udo Anfang des 11. Jahrhunderts als Graf im Rittigau, Lisgau und Hemmerfeld auftrat.
Es ist nicht klar, ob auch Udo für seine Teilnahme an dem Mord bestraft wurde. Wenn ja, muß er bald Verzeihung erlangt haben, da er bereits nach fünf Jahren in einer kaiserlichen Urkunde genannt wird. Als sicher kann angenommen werden dass auch Siegfried II. von Northeim bestraft wurde. Keine Quelle sagt aus, dass er jemals in die Grafenrechte seines Vaters nach dessen Tod im Jahr 1004 eingetreten ist. Vielmehr ist - analog zu den KATLENBURGERN - sein jüngerer Bruder in der ersten Hälfte des 11. Jahrhunderts als Graf in mehreren Gauen nachweisbar.
In die gleiche Richtung weist ein Diplom HEINRICHS II. aus dem Jahr 1007, in dem als Zeuge unter anderem "Udo comes, Sigifrid, Bernherd comes", das heißt der KATLENBURGER und die beiden NORTHEIMER, erscheinen, die also "zumindest seit 1007 wieder öffentlich auftreten konnten. Das Fehlen des Titels "comes" bei Siegfried II. beweist aber eindeutig, dass er bereits zu diesem Zeitpunkt seiner gräflichen Rechte zugunsten seines jüngeren Bruders Benno verlustig gegangen war, der folgerichtig als "Bernherd comes" erscheint.
Offenbar hat Siegfried II. - wie Heinrich von Katlenburg - auch einen Teil seines Eigengutes an den König abtreten müssen, denn 1015 schenkt HEINRICH II. dem Kloster Hersfeld tauschweise ein Gut, das er von "Sigefridus Sigefridi filius" erhalten hatte; dieser aber ist mit dem NORTHEIMER identisch und erscheint bezeichnenderweise auch hier ohne den "comes"-Titel.
Fassen wir diese Belege zusammen, so ergibt sich, dass HEINRICH II. zweifellos auf einer Bestrafung der Hauptschuldigen am Mord an Ekkehard, Siegfrieds II. von Northeim und Heinrichs von Katlenburg, bestanden hat. Er zwang beide, auf die Ausübung der väterlichen Grafenrechte zugunsten ihrer jüngeren Brüder zu verzichten und einen Teil ihrer Allodien abzutreten. Dass HEINRICH II. in den Mord von Pöhlde involviert gewesen wäre, ist von dieser Bestrafungsaktion her gesehen sehr unwahrscheinlich.
2.5.5. Die Wahl im verfassungsgeschichtlichen Kontext
BearbeitenEs soll hier nicht behandelt werden, welchen Stellenwert und welche Bedeutung die Kandidatur Ekkehards von Meißen innerhalb des Wahlrechts im Mittelalter einnimmt; das heißt ob die Königserhebung HEINRICHS II. auf geblütsrechtlichen Erwägungen oder dem Prinzip der völlig freien Wahl beruhte. Doch muß man feststellen, dass diese Fragen bisher immer unter der Prämisse behandelt worden sind, dass Ekkehard als freier Bewerber zur Wahl angetreten ist. Denn nachdem Hlawitschka den geblütsrechtlichen Anspruch aller Kandidaten nachgewiesen hat, entfällt die Vorstellung einer "völlig freien Wahl".
Es stellt sich jedoch die Frage, ob alle Kandidaten geblütsrechtlich auf derselben Stufe standen oder ob HEINRICH aufgrund seiner näheren Verwandtschaft zu den LIUDOLFINGERN [HEINRICH II. stammte von einem Sohn HEINRICHS I. ab, Ekkehard von einem Bruder desselben.] nicht doch als geeigneter angesehen wurde. Auch ist zu fragen, ob aufgrund der Abstammung von einem Bruder HEINRICHS I. überhaupt der Anspruch auf Thronberücksichtigung hergeleitet werden kann.
Diese Frage kann leider nur approximativ beantwortet werden, da nur annähernd vergleichbare Fälle zur Überprüfung herangezogen werden können. Doch selbst wenn letztendlich diese nähere Verwandtschaft den Ausschlag gegeben haben soll, so war dies nicht von vorneherein klar. Der Geblütsanspruch umriß nur den Kreis der Berechtigten, aus dem heraus der Nachfolger zu bestimmen war; auch wäre es ansonsten nicht verständlich, dass die Thronprätendenten um ihre Anerkennung durch die Fürsten geworben haben.
Wir sehen sowohl bei HEINRICH als auch bei Ekkehard ein starkes Bemühen, ihre Anhängerschaft zu vergrößern. HEINRICHversuchte, in Werla mittels Versprechungen Anhänger zu gewinnen, und Ekkehard schreckt beispielsweise nicht davor zurück, Wilhelm von Weimar durch seinen Sohn Hermann in dessen Burg belagern zu lassen, um seine Zustimmung zu erlangen. Zwar ist überliefert, die Belagerung habe stattgefunden, um den Tod der von Wilhelms Sohn erschlagenen Vasallen Widukind und Hermann zu rächen; es ist jedoch wahrscheinlicher dass es sich hierbei um einen Akt der Privatrache handelte, sondern es galt, den Anhänger HEINRICHS mit Gewalt für sich zu gewinnen. Dafür sprechen auch die Friedensbedingungen, welche Hermann dem Grafen Wilhelm auferlegte. Ihnen zufolge sollte er vor dem Markgrafen erscheinen und versprechen, sich in allem Ekkehard unterzuordnen.
Insofern kann man von einer Verschränkung von Erbrecht und Wahlrecht sprechen, indem nämlich aus dem Kreis der geblütsrechtlich Vorbestimmten einer als König auszuwählen war.
Ekkehard konnte sich bei seiner Kandidatur auf eine große Anhängerschaft stützen: Herzog Bernhard von Sachsen, die Bischöfe Arnulf von Halberstadt und Bernward von Hildesheim und wohl auch Rethar von Paderborn. Als weitere Anhänger sind ostsächsische Grafen ("comites vero orientales tantum exceptis"), Ekkehards Bruder Graf Gunzelin und sein Stiefsohn Gero II. bekannt. Insgesamt scheinen sich Ekkehards Anhänger auf den Norden und den Nordosten des Reiches verteilt zu haben.
Doch fanden sich in diesem Gebiet auch Gegner. Liuthar von Walbeck trat für HEINRICH ein, ebenso Graf Esico, der Merseburg, die benachbarte Pfalz Allstedt und die Dornburg gegen Ekkehard behauptet hat. Wilhelm von Weimar unterstützte ebenfalls nicht Ekkehard, und Erzbischof Gisiler von Magdeburg trat für Hermann von Schwaben ein.
2.6. Ekkehards Intervention und Ansehen
BearbeitenEkkehard ist seit dem Jahre 992 urkundlich nachweisbar. Das darf nicht verwundern, da er in den ersten Jahren vollauf mit der Wiederherstellung seiner Mark beschäftigt war. Insgesamt liegen neun Interventionen Ekkehards aus den Jahren 992 und 1000 vor.
Ekkehard tritt das erste Mal am 6. Januar 992 als Intervenient in einer Urkunde für das Kloster St. Servatius in Quedlinburg zusammen mit dem Pfalzgrafen Theoderich und dessen Bruder Graf Sigbert auf. Auch in einer Königsurkunde für Magdeburg aus dem Jahr 993 ist Ekkehard neben Kaiserin Adelheid, den Erzbischöfen Ekbert von Trier, Hartwig von Salzburg, Notger von Lüttich, Gisiler von Magdeburg und Herzog Bernhard von Sachsen als Intervenient genannt. Das nächste Mal findet man Ekkehard in einer Urkunde aus Merseburg für die Äbtissin Mathilde von Quedlinburg, die in dem Bezirk Hevellon die Orte Potsdam und Geltow zugesprochen bekam, unter den Intervenienten. Genannt sind auch Adelheid, Bischof Hildebold von Worms, Markgraf Gero von der Ostmark und Markgraf Liuthar von der Nordmark.
Die Beherrscher des ganzen deutschen ostelbischen Gebietes stimmten also der Schenkung an Mathilde zu. Wahrscheinlich waren die beiden geschenkten Ortschaften erst kürzlich den Slawen entrissen worden und ihr Besitz noch nicht endgültig gesichert, so dass durch die Intervention der drei Markgrafen zugleich auch eine gewisse Bürgschaft für den tatsächlichen Besitz geboten werden sollte.
Zwei Tage später, am 5. Juli 993 in Merseburg, erhält der Kapellan Gunther 12 Königshufen, die zur Grafschaft des Ekkehard in Burgwarden des Gaues Chutizi gehören. Adelheid, Mathilde von Quedlinburg, Erzbischof Gisiler von Magdeburg und Ekkehard werden als Vermittler genannt. Dass Ekkehard hier als Intervenient auftritt, ist damit zu erklären, dass dieser Kapellan einer seiner Söhne gewesen ist, die Gabe in Ekkehards Grafschaft lag und man sich bei der Schenkung von Hufen in gesichertem Grenzland mit der Nennung des zuständigen Markgrafen begnügte.
Die bisherigen Nennungen Ekkehards bezogen sich immer auf Angelegenheiten des Ostens. Ekkehard tritt dagegen nie in Urkunden auf, die jenseits seines Einflußbereiches liegen. Daraus ist zu schließen, dass Ekkehard zwar, was das Gebiet des Ostens anbelangt, ein gewisses Ansehen besaß und auch als Garant für die deutsche Herrschaft in diesem Gebiet angesehen wurde, diese Wertschätzung jedoch lokal begrenzt gewesen ist. Alle bisher genannten Urkunden entstammen der Zeit der Vormundschaftsregierung der Kaiserin Adelheid. Dem ist zu entnehmen, dass Ekkehard nicht zu den mitregierenden Fürsten während OTTOS Minderjährigkeit unter Adelheid gehörte.
Seine Stellung änderte sich, als OTTO III. die Regierungsgeschäfte selbst in die Hand nahm. In einer undatierten Urkunde OTTOS III. tritt er als Intervenient für einen gewissen Bernhoh auf, der einen Hof im Nahegau, also links des Rheins, zugesprochen bekam. Dieses Diplom ist nach einer anderen Urkunde für den Getreuen Becelin, der den gleichen Hof erhielt, verfaßt. Als Fürbitter sind genannt Papst Gregor, OTTOS Schwester Sophie, Bischof Hildebold von Worms und Markgraf Ekkehard.
Dass der Markgraf in einer solchen Gesellschaft für einen Empfänger, mit dem er nichts zu tun hatte, und in einem Gebiet, das jenseits seines Bereiches lag, genannt wurde, beweist, dass er bei OTTO in hohem Ansehen stand. Darauf läßt auch die Urkunde aus Nimwegen schließen, die zur gleichen Zeit für das Kloster Elten am Niederrhein ausgestellt wurde; Willigis, Hildebold und Ekkehard sind die Fürsprecher. Wiederum vermittelt Ekkehard also für einen Empfänger außerhalb seines Herrschaftsgebietes.
Ekkehards alleinige Intervention ist in einer Urkunde genannt, die einen Tausch zwischen OTTO III. und dem Erzbistum Magdeburg dokumentiert. Magdeburg erhielt den Sömmeringer Forst mit Wildbann, dafür bekam der Kaiser den Forst Zwenkau. Diese Urkunde wurde im August des Jahres 997 ausgestellt.
Eine Thietmarstelle ermöglicht es uns, den Grund für Ekkehards Fürsprache nachzuvollziehen. Der Chronist berichtet nämlich, dass nach der Aufhebung des Merseburger Bistums Markgraf Ekkehard unter der Regierung OTTOS III.den Sömmeringer Forst erwarb und ihn gegen den Merseburger tauschte. Diesen Tausch behandelt auch eben die genannte Urkunde.Ekkehard besaß zuerst den Sömmeringer Forst als königliches Lehen, und durch seine Vermittlung tauschte OTTO III. diesen gegen den Zwenkauer Forst ein, den dann wiederum Ekkehard zu Lehen bekam. Ekkehard intervenierte also aus eigenem Interesse. Dafür, dass Magdeburg den Sömmeringer Forst, Ekkehard aber den Zwenkauer bekommen hat, spricht auch, dass nach Wiederherstellung des Merseburger Bistums im Jahr 1005 Merseburg den Forst von Zwenkau zurückerhielt, ohne dass von markgräflichen Rechten etwas gesagt wird.
Am 2. September 997 bekommt Thietburga, die Schwester Bischof Bernwards von Hildesheim, auf Intervention ihre Bruders Bernward, der Mathilde von Essen und Ekkehards eine Königshufe, die bisher Ekkehard als Lehen gehabt hatte. Auch eine Intervention aus Italien ist überliefert. In Subiaco bei Rom verschaffte der Markgraf durch seine Fürsprache dem Nonnenkloster Gernrode das Recht der freien Wahl.
Es ist gut möglich, dass der Grund für Ekkehards Intervention darin liegt, dass er Stiftsvogt dieses Klosters gewesen ist. Sichere Beweise sind hierfür jedoch nicht zu erbringen. Auf jeden Fall war Ekkehard als Stiefvater Geros II. mit der Gründersippe verwandt. Beziehungen zu diesem Stift unterhielt auch sein gleichnamiger Sohn Ekkehard II., der der Abtei Besitzungen in acht Dörfern überließ.
Für das Kloster Nienburg erreicht er im Jahr 1000 in Magdeburg eine kaiserliche Bestätigung für das bereits gewährte Marktrecht. In dieser Urkunde ist nur Ekkehard mit seiner Gemahlin Swanhilde als Vermittler genannt - "ob petitionem Eggihardi nostri amabilis marchionis nec non suae contectalis Swanehilde". Kaiser OTTO III. gestattete dem Kloster, in Hagenrode einen Markt zu errichten und von demselben Zoll zu erheben.
Die Mitintervention Swanhildes hat sicher damit zu tun, dass der Gründer des Nienburger Klosters, Markgraf Thietmar, ihr erster Gatte gewesen ist. Insofern kann man die Fürsprache Ekkehardsals einen Akt der Pietät gegenüber dem ersten Gemahl Swanhildes deuten. Herauszustellen ist jedoch, dass vorher noch nie ein Intervenient mit seiner Ehefrau aufgetreten ist.
Die Zahl der Intervenientinnen, die nicht aus der königlichen Familie stammten oder keine Äbtissinnen waren, ist außerordentlich gering. So wurde nicht nur Swanhilde selbst, sondern der ganzen Familie des Meißener Markgrafen von Kaiser OTTO III. eine große Ehre erwiesen. Auffällig ist darüber hinaus die Benennung Ekkehards als "noster amabilis marchio". Hat doch Klebel festgestellt, dass der Ausdruck "amabilis" in den Kaiserurkunden nur für Verwandte gewählt wurde. Dies ist die letzte bekannte Intervention Ekkehards. Zwar taucht ein Ekkehardals Intervenient in einer Urkunde vom 30. April desselben Jahres zugunsten des Klosters Helmarshausen auf; bei diesem Ekkehardhandelt es sich jedoch wahrscheinlich um den gleichnamigen Gründer dieses Klosters. Insgesamt sprechen die zahlreichen Urkunden, die Ekkehard als Fürsprecher selbst in den westlichen und südlichen Teilen des Reiches aufführen, eine deutliche Sprache. Nicht nur als Feldherr, sondern auch als Ratgeber nahm der Markgraf am Hof OTTOS III. eine hervorragende Stellung ein. Die Urkunden dokumentieren seine ständige Anteilnahme an den Reichsgeschäften und den Beratungen der Fürsten. Darüber hinaus muß ein enges persönliches Verhältnis zur Familie des Königs bestanden haben.
Als Zeichen für die Wertschätzung, die der Kaiser Ekkehard I.entgegenbrachte, muß auch das Münzprivileg gelten, dass OTTO III. dem Markgrafen von Meißen verliehen hat. Darüber liegt uns zwar kein schriftlicher Beleg vor, was jedoch nichts zu bedeuten hat, da für die weltlichen Prägeorte in keinem einzigen Fall eine schriftliche Verleihung überliefert ist. Da nicht anzunehmen ist, dass gerade diese Urkunden ausnahmslos verlorengegangen sind, läßt sich schließen, dass für Grafen generell keine schriftlichen Münzprivilegien ausgestellt worden sind - wie auch für Stammesherzöge -, das Münzrecht vielmehr gewohnheitsrechtlich in ihre Amtsbefugnisse eingegangen oder ihnen mündlich vom König zugestanden worden ist.
Ekkehard war der erste Markgraf von Meißen, dem der König offensichtlich dieses Münzrecht verliehen hat. Kleine Dickpfennige mit der Umschrift EKKIHART und einem Kreuz auf der Vorder-, MISNI und einem sternähnlichen Kreuz auf der Rückseite sind Zeugen dieses persönlichen Vorzugs. Erst etwa 150 Jahre später wurden wieder markmeißnische Münzen geprägt.
Das läßt darauf schließen, dass unter Ekkehard I. der Handelsverkehr bedeutender geworden ist, wie Schwineköper mutmaßt: "Bei dem überall zu beobachtenden engen Zusammenhang mit der Münze wird damit auch hier eine Markt wahrscheinlich gemacht. Schon im Jahre 994 hatte OTTO III. ein "Gesetz" erlassen, wonach keine neuen Märkte angelegt werden durften, um die bereits bestehenden zu schützen.
Unter die Orte, an welchen ottonische Märkte bestanden oder vermutet werden, fallen auch vier Grafenburgen: Eckartsberga, Gernrode, Kleinjena, Naumburg. Alle vier Burgen waren im Besitz der EKKEHARDINER oder standen in engem Kontakt zu ihnen. Es zeigt sich eindeutig die Bindung der entstehenden Märkte an Orte mit königlichem Besitz und ihnen nahe stehenden Grafensitzen bedeutender Geschlechter.
Auch Thietmar von Merseburg hebt in seiner Chronik hervor, dass Ekkehard von OTTO III. sehr geschätzt worden ist und stärkeren Einfluß auf den jungen Herrscher ausgeübt hat als alle anderen Großen des Reiches. Thietmar unterstreicht die Bedeutung Ekkehards, eines "vir domi miliciaeque laudabilis", wie er ihn nennt, ein weiteres Mal, wenn er anläßlich des Besuches des Kaisers im Jahr 1000 in Meißen schreibt: "a marchione Eckahardo, qui apud eum inter praecipuos habebatur (...). Diese ausdrücklichen Zeugnisse eines Zeitgenossen bestätigen den aus den Urkunden gewonnenen Eindruck in vollem Umfang, ja überbieten ihn noch.
Ekkehards Berühmtheit läßt sich auch an der Vielzahl der Quellen ermessen, die seinen Tod erwähnen: außer Thietmar das Fuldaer und Lüneburger Totenbuch, die Annales Lamberti, die Vita Meinwerci und die Vita Heinrichs II. von Adalbold. Bei der allgemeinen Anerkennung fehlte es aber auch nicht an solchen, die unter der Gewalttätigkeit Ekkehards zu leiden hatten und daher zu seinen Feinden zählten: So hatte Ekkehard den tapferen thüringischen Kriegsmann Bevo blenden lassen, und auf sein Betreiben hin war Graf Heinrich vom Kaiser mit Geiselhieben bestraft worden. Seitdem soll jeder auf Rache gesonnen haben. Nicht weniger charakteristisch ist ein anderer Fall. Vasallen Ekkehards hatten in der erzbischöflichen Stadt Großgörschen einen Diebstahl verübt, woraufhin sie von einem Gaugericht verurteilt und aufgehängt wurden, ohne dass man dies vorher wie üblich dem Markgrafen angezeigt hatte. Hierüber erzürnt, schickte er seinen Vasallen Rambald mit anderen nach Großgörschen und ließ alle Männer mit ihrer Habe wegführen. Die Entführten gelangten erst wieder in Freiheit, als ein hohes Lösegeld bezahlt wurde. Lüpke ist der Meinung, dass diese Maßnahme mit der Aussage Thietmars zusammenhängt, OTTO III. ziehe den Erzbischof Gisiler von Magdeburg Ekkehard vor. Demnach nahm Ekkehard in Großgörschen Rache an Gisiler wegen dessen engem Verhältnis zum Kaiser.
Abschließend bestätigt sich jedoch das Urteil Schlesingers: "Gegen Ende seines Lebens war Ekkehard einer der mächtigsten deutschen Fürsten, der den Griff nach der Königskrone wagte. Aus eigener Kraft hatte er sich diese Stellung geschaffen, hatte er die Gewalt über ein großes Gebiet an sich gebracht, das, nach Osten hin offen, zu neuen Eroberungen lockte und zugleich die Machtgrundlage für ein Rückgreifen nach Altdeutschland unter dem Namen eines Herzogtums der Thüringer bot."