Projekt:Dresdner Glossar/Kontinentalsperre

 
Europa im Jahre 1812 Vorlage:Farblegende Vorlage:Farblegende Vorlage:Farblegende

Die Kontinentalsperre (französisch blocus continental, englisch continental system) war eine von Napoleon am 21. November 1806 in Berlin verfügte Wirtschaftsblockade über das Vereinigte Königreich und dessen Kolonien. Das in Frankreich schon 1796 bestehende Importverbot für britische Waren wurde infolge der militärischen Siege Napoleons auf die kontinentaleuropäischen Staaten ausgeweitet. Großbritannien sollte mit den Mitteln des Wirtschaftskrieges zu Verhandlungen mit Frankreich gezwungen und die französische Wirtschaft gegen europäische und transatlantische Konkurrenz geschützt werden. Die Kontinentalsperre bestand von 1806 bis 1813.

Vorgeschichte (1796–1806)

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Die Kontinentalsperre bildete den Höhepunkt einer langen Geschichte der Rivalität zwischen Frankreich und Großbritannien. Seit mehreren Jahrhunderten hatten beide Länder wiederholt Kriege gegeneinander geführt und ab dem Ende des 17. Jahrhunderts eine merkantilistische Wirtschaftspolitik verfolgt. Zölle und Wirtschaftsblockaden gegen andere Länder gehörten selbst in Friedenszeiten zur gängigen Praxis. Dies war auch 1793 der Fall, als sich das revolutionäre Frankreich im Krieg mit Großbritannien befand.[1] Beide Seiten ließen einen Wirtschaftskrieg eskalieren. So verhängte Großbritannien 1793 eine Seeblockade gegen den französischen Hafen in Brest. Die französische Regierung ihrerseits untersagte im selben Jahr den Import von britischen Manufakturwaren.[2] Die Grundlage für Napoleons Wirtschaftspolitik gegenüber England legte bereits das Direktorium: Ein Gesetz vom 31. Oktober 1796 erklärte, „aus dem Ausland importierte Ware, woher sie auch stamme“ gelte automatisch als englisch und dürfe nicht nach Frankreich eingeführt werden. Das Direktorium legte das Gesetz jedoch nicht so streng aus wie Napoleon, der überhaupt keinen Import nach Frankreich mehr zulassen wollte. Wegen seiner militärischen Eroberungen konnte Napoleon das Importverbot und die Beschlagnahmung von britischen Gütern auch in besetzten Gebieten und mit Frankreich verbündeten Staaten durchsetzen. 1803 ließ er ein entsprechendes Embargo in der Italienischen Republik in Kraft treten. Zwischen April 1803 und Juni 1806 folgten Verträge mit Portugal, Holland, Spanien, Neapel und Preußen. Da diese Staaten seine Handelsblockade nicht freiwillig unterstützten, setzte Napoleon zur Kontrolle das Militär ein. Mehrfach kam es dabei sogar zu gewaltsamen Konfrontationen zwischen französischen Truppen und der einheimischen Bevölkerung.[3] Ebenfalls in diese Zeit fällt die Neuenburger Affäre, die den Handel mit der Schweiz betrifft.

Großbritannien hatte bereits im Jahr 1793 eine Seeblockade über französische Hafenstädte verhängt. Auf diese Weise sollte Frankreich von seinem Überseehandel abgeschnitten werden.[4] Im Berliner und Mailänder Dekret rechtfertigte Napoleon seine Kontinentalsperre damit, dass Großbritannien gegen das Völkerrecht verstoßend die internationale Handelsschifffahrt gefährde und Privateigentum beschlagnahmt habe.[5] Zum konkreten Anlass für die Kontinentalsperre wurde jedoch die Seeschlacht von Trafalgar am 21. Oktober 1805, in deren Folge Napoleon seine Invasionspläne in Großbritannien fallen ließ. Dem französischen Kaiser blieb nur noch die Option, Großbritannien auf wirtschaftlichem Wege zu bezwingen.[6] Immerhin wurde fast ein Drittel des britischen Exports und 15 % der britischen Industrieherstellung nach Kontinentaleuropa gehandelt. Die britischen Inseln waren von Getreideimporten aus dem Baltikum abhängig.[7] Napoleon hoffte auch, die britische Kriegsmarine von ihrem wichtigsten Baumaterial Holz abschneiden zu können.[8] Tatsächlich hatte Großbritannien seinen Holzbedarf bisher durch Lieferungen aus Russland und dem Ostseeraum decken können. Seit der Kontinentalsperre bezog es Holz hauptsächlich aus Kanada.[9]

Beschlüsse

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Berliner Dekret vom 21. November 1806

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Wortlaut des Berliner Dekrets, mit dem Napoleon 1806 die Kontinentalsperre verhängte

Die militärischen Erfolge Frankreichs im Jahr 1806 begünstigten die Errichtung einer Kontinentalsperre: Mit der Besetzung von neutralen Hansestädten brachte Napoleon die norddeutsche Küste unter seine Kontrolle – jene Region, über die Großbritannien den Großteil seines Europahandels abwickelte. Auch Preußen hatte Napoleon durch die Schlacht bei Jena und Auerstedt besiegt. In der von französischen Truppen besetzten preußischen Hauptstadt Berlin verordnete Napoleon seine Kontinentalsperre. Das sogenannte Berliner Dekret vom 21. November 1806 sollte sofort in Spanien, dem Königreich Italien, Holland und den Hansestädten umgesetzt werden.[10]

Es besteht aus zwei Teilen: Bei dem ersten Teil handelt es sich um eine „Aufzählung“ von Beschwerden, die die 11 Artikel beziehungsweise die Bestimmungen der Kontinentalsperre im zweiten Teil rechtfertigen sollen. Im ersten Teil des Berliner Dekrets behauptet Napoleon, die britische Seeblockade differenziere nicht zwischen zivilen Handels- und militärischen Kriegsschiffen. Unter Berufung auf das Eroberungsrecht hätten die Briten de jure nur Staatseigentum beschlagnahmen dürfen. Stattdessen hätten sie selbst vor Privateigentum nicht Halt gemacht. Außerdem sei eine Seeblockade auf militärisch „befestigte Hafenstädte“ zu beschränken. Großbritannien habe sich aber das Recht herausgenommen, selbst Häfen zu blockieren, in denen keine Kriegsschiffe ankerten. Selbst Flussmündungen und weite Strecken der französischen Küste seien von der britischen Seeblockade nicht ausgenommen. Zugleich betont der erste Teil, dass es vergeblich sei, Frankreich einkreisen zu wollen, da dafür Großbritanniens Kräfte nicht ausreichend seien.[11] Von den elf Artikeln im zweiten Teil hält Diedrich Saalfeld folgende für besonders aussagekräftig:[12]

  1. Über die britischen Inseln wird der Sperrzustand verhängt.
  2. Aller Handel und alle Correspondenz nach den Britischen Inseln ist verboten.
  3. Für das zukünftige Fernbleiben englischer Kaufleute vom Kontinent ist noch hervorzuheben, daß britische Staatsangehörige von den Militärbehörden festzunehmen und als Kriegsgefangene zu behandeln seien.
  4. Alle Vorräte, Magazine und Waren, die aus England, aus seinen Fabriken und Kolonien kamen, sowie jedes Eigentum, das englischen Untertanen gehörte, werden für „gute Prise“ erklärt.
  5. Jeglicher Handel mit „englischen“ Gütern ist untersagt.
  6. Die Einnahmen, die sich aus der Konfiszierung der Güter ergeben, werden zur Hälfte den Kaufleuten erstattet.
  7. Kein Schiff aus England oder seinen Kolonien darf in irgendeinem Hafen anlegen.

Mit dem Berliner Dekret verband Napoleon, wie er es selbst ausdrückte, die Hoffnung „das Meer durch die Macht des Landes zu besiegen“.[13]

Mailänder Dekrete von 1807

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Das Berliner Dekret wurde durch die Mailänder Dekrete vom 11. November und 17. Dezember 1807[14] erweitert. Diese verfügten, dass alle Schiffe, unbeachtlich der geführten Flagge, die in Großbritannien angelegt hatten oder sich britischen Kontrollen unterworfen hatten, sofort inklusive der Fracht zu beschlagnahmen wären.[15] Das Berliner Dekret hatte sich hingegen nur auf Schiffe bezogen, die unmittelbar zuvor aus Großbritannien abgelegt hatten. Dies ermöglichte bis zu den Mailänder Dekreten den legalen Handel britischer Waren über skandinavische oder US-amerikanische Schiffe.[16] Die Mailänder Dekrete reagierten außerdem auf ein britisches Dekret vom 11. November 1807, das als Gegenmaßnahme zu dem Berliner Dekret den Seehandel mit Frankreich beeinträchtigen sollte: Neutrale Handelsschiffe mussten zuerst in England anlegen und eine Abgabe zahlen, bevor sie nach Frankreich fahren durften. Vor und nach dem Aufenthalt in Frankreich mussten entsprechende Zölle entrichtet werden; jeweils 25 % auf den Wert der Fracht. Das britische Dekret weitete darüber hinaus die Seeblockade auf Staaten aus, die in Kriegszeiten mit Frankreich verbündet waren.[17]

Dekrete von Saint-Cloud und Trianon

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Mit der Zeit trug die Kontinentalsperre sowohl zu Spannungen mit den Vereinigten Staaten von Amerika, als auch innerhalb der französischen Bevölkerung bei. Napoleon reagierte darauf im Jahr 1810 mit den Dekreten von Saint-Cloud und Trianon. Unter bestimmten Voraussetzungen ließ er die Einfuhr von britischen Kolonialwaren wie Kaffee, Baumwolle und Zucker nach Frankreich wieder zu.[18] Das im Juli 1810 erlassene Dekret von Saint-Cloud schrieb vor, dass Schiffseigner und Händler gegen eine hohe Bezahlung an den französischen Staat entsprechende Lizenzen erhalten konnten. Auch in von Frankreich annektierten Gebieten wie dem ehemaligen Königreich Holland und den Hansestädten konnten auf diese Weise wieder eingeschränkt Handel mit Großbritannien getrieben werden. Allerdings war dies mit scharfen Kontrollen verbunden. Wurden keine entsprechenden Lizenzen ausgestellt, konnte, wie das im August 1810 folgende Dekret von Trianon bestimmte, die Ware mit Zöllen noch nachträglich legalisiert werden. Es bestand die Möglichkeit, diesen Zoll auch in Form von Naturalabgaben zu entrichten, die dann in Frankreich auf den Märkten weiterverkauft wurden.[19] Der vom Trianon-Dekret eingeführte Zoll auf Kolonialwaren betrug 40–50 % des Warenwerts, auch die US-amerikanischen Produkte wurden davon nicht ausgenommen.[20] Dies diente auch dem Preisausgleich zwischen Frankreich und anderen europäischen Staaten, denn außerhalb Frankreichs wurden Kolonialwaren meist zu niedrigeren Preisen verkauft. Das Dekret von Trianon schuf damit auf dem Kontinent eine einheitliche Zollbestimmung für Kolonialwaren und Baumwolle.[21] Ein Vorteil der Sonderbestimmungen von Saint-Cloud und Trianon aus Sicht der europäischen Staaten waren zusätzliche Einnahmen durch die Zölle, die sonst in den Schmuggel geflossen wären. Die ebenfalls in den Dekreten festgelegte Erlaubnis von französischen Getreideausfuhren nach Großbritannien untergrub jedoch die eigentliche Funktion der Kontinentalsperre. Hinzu kam, dass die Preise für Kolonialwaren durch die verhängten Zölle zu hoch blieben, was die französische Wirtschaft nach wie vor schädigte.[22]

Umsetzung und Wirksamkeit

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Französische Soldaten in­s­pi­zie­ren Waren in Leipzig 1806

Zur Kontrolle der Kontinentalsperre schickte Napoleon französische Zollbeamte in besetzte oder neutrale Staaten. Im Jahre 1806 entstand so eine Zolllinie vom Rhein im Königreich Holland bis an die norddeutsche Küste nach Travemünde.[23] Im Juli 1809 wurde zusätzlich eine Zolllinie von Cuxhaven entlang der Unterweser bis nach Rees am Rhein errichtet. Auf dieser Strecke wurden zwischen Bremen und der Wesermündung 40 französische Zollbeamte eingesetzt. Ein Zollbeamter war für etwa zwei Kilometer Strecke verantwortlich.[24] Zur zusätzlichen Absicherung marschierten französische Truppen ein; zuerst im Herzogtum Mecklenburg im November 1806 und dann in Schwedisch-Pommern im Juli 1807.

Zur Durchsetzung der Kontinentalsperre wurde 1808 der Kirchenstaat dem französischen Staat einverleibt, 1810/1811 folgten die Annexionen des Königreichs Holland, des Fürstentums Salm, des Herzogtums Arenberg-Meppen, des Herzogtums Oldenburg, der Hansestädte Bremen, Hamburg und Lübeck sowie von Teilen des Fürstentums Lübeck, des Königreichs Westphalen und des Großherzogtums Berg.

Zum Teil kam es zu öffentlichen Verbrennungen von britischen Waren. Der nach Roger Dufraisse eindrucksvollste Vorfall ereignete sich in Frankfurt am Main im Jahre 1810.[25] Frankfurt kontrollierte den Schmuggelhandel mit britischen Waren nach Südwesteuropa, was Napoleon nicht verborgen blieb. Am 8. November 1810 ordnete er dort zur Abschreckung die Verbrennung sämtlicher britischen Manufakturwaren an. Diese Waren im Wert von 800.000 Gulden endeten jedoch nur zu etwa 10 % in den Flammen, da die französischen Beauftragten sich als bestechlich erwiesen. Insgesamt fanden zwischen dem 17. und 27. November 1810 vier große Verbrennungen auf dem Frankfurter Fischerfeld statt.[26] Noch schwerer als innerhalb des europäischen Binnenlandes erwies sich die Umsetzung auf See: Nach der Schlacht von Trafalgar besaß Napoleon keine ausreichend große Flotte mehr, um die weiträumige Küste des Kontinents „abzusperren“.[27] Von dieser Entwicklung profitierte vor allem Helgoland. Die Insel wurde 1807 von Großbritannien besetzt und stieg zu einer wichtigen Hochburg des Schmuggels auf. Wickelten im Jahr 1807 nur vier Händler ihre Geschäfte auf Helgoland ab, waren es im Jahr 1813 mehr als 140. Im Jahr 1814 – nach dem Ende der Kontinentalsperre – ging ihre Zahl auf acht zurück. Neben den britischen Kaufleuten sind auch Namen von Hamburger Händlern überliefert, die Lagerhäuser auf Helgoland erbauen ließen.[28]

Die Wirksamkeit der Kontinentalsperre variierte zwischen dem Norden und Süden Europas. Die französische Truppenpräsenz an der Nord- und Ostsee ermöglichte eine effektivere Unterbindung des Schmuggels als im Mittelmeerraum. Dort besaßen die Briten auf Malta und Gibraltar, aber auch auf Sardinien und Sizilien Marinestützpunkte, von denen aus die Kontinentalsperre unterwandert werden konnte. Vor der Kontinentalsperre exportierte Großbritannien in etwa doppelt so viele Güter nach Mittel- und Westeuropa wie in den Mittelmeerraum. Während der Kontinentalsperre aber vervierfachte sich das Exportvolumen mit den mediterranen Ländern. Der britische Export mit den nördlichen europäischen Ländern machte im Verhältnis zum Mittelmeerraum nur noch 1:5 aus. Mit dem französischen Spanienfeldzug tauchte ab 1808 ein weiteres Loch in der Kontinentalsperre auf.[29]

Die Kontinentalsperre hatte widersprüchliche Folgen für den Handel. Nicht alle Bereiche der Wirtschaft wurden gleichermaßen entweder beeinträchtigt oder begünstigt. In Großbritannien blieb die Einfuhr von Gütern aus den Kolonien unberührt, während es in der Textil- und Holzversorgung zu Engpässen kam. Frankreich verlor den wirtschaftlichen Zugriff auf seine Kolonien. In der Folge gingen beispielsweise die Zuckerraffinerien ein. Andererseits führte der Wegfall der englischen Konkurrenz in der französischen Baumwollindustrie zu einem Aufschwung.[30] Die Folgen der Kontinentalsperre unterschieden sich nicht nur zwischen Staaten, sondern auch zwischen einzelnen Wirtschaftsbereichen und Regionen. Während die auf einen überseeischen Handel ausgerichteten Betriebe litten, profitierte der Binnenmarkt. Von bedeutenden Hafenstädten wie Hamburg verlagerte sich der Export in kleinere Häfen, in denen weniger Kontrollen betrieben wurden und damit bessere Bedingungen für den Schmuggel herrschten. Auch die großen Handelsmessen in Leipzig und Frankfurt am Main mussten starke Einbußen hinnehmen. Da die von den französischen Besatzern erhobenen Kontributionen die Kaufkraft der Bevölkerung schmälerten, ging die Nachfrage an Luxusgütern zurück, die den Hauptreiz der Handelsmessen darstellten.[31] Die Kontinentalsperre hatte auch langfristig Folgen für das europäische Wirtschaftsgefüge. So sind einige Historiker (z. B. Ute Planert) der Ansicht, dass die Kontinentalsperre den Wohlstand von den Städten der Atlantikküste an den Rhein verlagerte.[32]

Großbritannien

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Der Anspruch von Artikel I des Berliner Dekrets, nämlich die Verhängung eines Blockadezustandes über die britischen Inseln, ließ sich nur rudimentär umsetzen. Frankreich verfügte nicht über die notwendige Flottenstärke, um Großbritannien von seinen Kolonien abzuschneiden oder dem Land den Zugang zu den Weltmeeren zu verwehren. Die Kontinentalsperre blieb de facto allein auf Teile Europas beschränkt.[33] Im Gegensatz zu Frankreich konnte Großbritannien als Seemacht sein Kolonialreich ausbauen. Es gewann einige Inseln im Pazifik und ganz Indien hinzu.[34] Trotz seiner kolonialen Besitzungen und Dominanz auf den Weltmeeren blieb Großbritanniens Handelsbilanz von der Kontinentalsperre nicht völlig unbeeinträchtigt. Zwischen den Jahren 1781 und 1802 konnte das Land seinen Güterexport pro Jahr noch durchschnittlich um 6,4 % steigern. Zwischen 1802 und 1814 wuchs die Exportrate nur noch durchschnittlich um 3,4 % pro Jahr. Dieser Rückgang ging nicht nur auf die Kontinentalsperre zurück. Auch die Beteiligung an den napoleonischen Kriegen setzten die britische Wirtschaft unter Druck. Insgesamt fand eine Verlagerung des britischen Exportmarktes statt, wobei Süd- und Mittelamerika stark an Bedeutung gewannen. Zwischen den Jahren 1808 und 1814 entsprach das britische Exportvolumen dorthin annähernd dem in die Vereinigten Staaten von Amerika. Aber selbst nach Kontinentaleuropa riss der Handel nie vollständig ab.[35]

Besonders problematisch war die Abhängigkeit der britischen Inseln von Getreide aus Kontinentaleuropa. Der längere Transport aus Osteuropa ließ die Weizenpreise um das Dreifache ansteigen.[36] Hungerunruhen waren die Folge. Die Kontinentalsperre trug ebenfalls zu einer Abwertung des Pfund Sterling bei. Zwischen 1808 und 1810 verlor die britische Währung im Vergleich zum französischen Franc und dem Hamburger Schilling um 15 %[37] an Wert. Die hervorgerufenen Teuerungen trafen vor allem die wirtschaftlich schwächeren Sozialschichten Großbritanniens. Sie waren durch die Mechanisierung insbesondere der Webereien akut von Arbeitslosigkeit bedroht und von Niedriglöhnen betroffen. Dies machte sie anfällig für Streikbewegungen.[38] Im Bezirk Manchester unterbrachen im Jahr 1808 60000 Baumwollarbeiter ihre Arbeit.[39] Brandlegungen und Erstürmungen von Fabriken häuften sich so sehr, dass das britische Parlament ein Gesetz verabschiedete, das die Zerstörung von Maschinen mit dem Tod ahndete. 18 Maschinenstürmer wurden allein in Yorkshire hingerichtet.[40]

Von 1810 bis 1814 lockerte Napoleon seine Kontinentalsperre. Er sah in einem kontrollierten Schmuggel die Chance, Großbritanniens Wirtschaft zu ruinieren. Als Anhänger der Theorie des Bullionismus ging Napoleon davon aus, dass Großbritannien in eine schwere Wirtschaftskrise geraten würde, wenn nur genügend Goldreserven die Insel verlassen würden. Um dieses Ziel zu erreichen öffnete der französische Staat die Häfen von Dünkirchen und Gravelines für englische Schmuggler, die entsprechende Lizenzen erwarben. Die englischen Schmuggler brachten mit ihrer Bezahlung Gold nach Frankreich, was vor allem Napoleons kostspieligen Feldzug auf der Iberischen Halbinsel finanzieren sollte. In Gravelines kauften bis zu 300 Schmuggler französische Textilien, Branntwein und Gin auf.[41] Darüber hinaus zeigten sich bereits ab 1809 sowohl die französische als auch die britische Regierung bereit, in Ausnahmefällen legalen Handel zwischen den beiden Ländern zu erlauben. So war Großbritannien nach der Missernte von 1809 dringend auf französische Getreideimporte angewiesen. Umgekehrt musste die französische Regierung in der schweren Wirtschaftskrise von 1810 ein Interesse daran haben, den Mangel an Kolonialwaren und Rohstoffen abzuschwächen.[42] Dies fand auch seinen Ausdruck in den bereits erwähnten Dekreten von Saint-Cloud und Trianon.

Frankreich

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Kurzfristig profitierte Frankreich von der Kontinentalsperre. Der Wegfall der englischen Konkurrenz zwang die im französischen Einflussgebiet liegenden Staaten zunächst tatsächlich dazu, französische Waren zu erwerben. Die napoleonischen Kriege bewirkten jedoch gleichzeitig eine Verschuldung der potenziellen Käuferschaft und damit einen Rückgang des französischen Absatzes. Zudem brach der französische Kolonialhandel durch die britische Seeblockade zusammen. 1810/1811 kam es damit einhergehend zu einer schweren Wirtschaftskrise, die mit zum Niedergang des Französischen Kaiserreiches beitragen sollte.[43] Zu den Verlierern der Kontinentalsperre gehörten Hafenstädte wie Bordeaux. Dort waren im Jahr 1807 noch 43 % der Besatzungen ausländischer Herkunft gewesen. 1808 fiel ihr Anteil auf 2 % zurück. In allen französischen Hafenstädten stieg die Anzahl der Arbeitslosen massiv.[44] Erhaltene Beschwerden der Kaufleute zeigen, dass ein Erwerb der Sonderlizenzen viel Zeit in Anspruch nahm und mit hohen Kosten verbunden war. Den französischen Kaufleuten der Hafenstädte blieben jedoch durchaus Spielräume. So scheinen falsche Angaben über Schiffsladungen in Bordeaux meist folgenlos geblieben zu sein, da das geringe Aufgebot an Zollbeamten und Polizisten keine effizienten Kontrollen erlaubten oder sich die verantwortlichen Behörden als bestechlich erwiesen.[45] Die Kaufleute litten aufgrund ihrer Aktivitäten im illegalen Handel am wenigsten unter den Beschränkungen der Kontinentalsperre.[46] Das französische Binnenland war weniger von dem Welthandel abhängig als die Küstenregionen. Es profitierte von der Neuausrichtung der Handelswege und den verbesserten Exportmöglichkeiten über Alpen und Rhein hinweg. Städte wie Paris und Lyon erlebten einen Aufschwung. Die französische Hauptstadt konnte ihre Bedeutung als Zentrum von Luxuswaren, Modeartikeln und Baumwollverarbeitung ausbauen, ebenso wie Lyon seine Stellung in der Seidenindustrie. Über das an der Ostgrenze des Französischen Kaiserreiches gelegene Straßburg lief unter den Bedingungen der Kontinentalsperre bis zu einem Drittel des gesamten französischen Exports und Imports.[47]

Um den Rückgang und die hohen Preise von britischen Kolonialwaren und Rohstoffen zu kompensieren, arbeiteten Chemiker, Techniker und Pharmazeuten auf dem Kontinent an pflanzlichen Ersatzstoffen. Bohnenkaffee sollte durch Zichorienpulver, Rohrzucker durch Zuckerrüben und der blaue Farbstoff Indigo durch Färberwaid ersetzt werden. Besonders in Frankreich und Deutschland schuf dies Grundlagen für eine spätere Chemieindustrie.[48] Obwohl schon Mitte des 18. Jahrhunderts bekannt war, dass aus Runkelrüben Zucker gewonnen werden konnte, bestand vor der Kontinentalsperre kein nennenswerter Bedarf zum Anbau des einheimischen Gewächses. Insbesondere die französische Kolonie Saint-Domingue versorgte den Kontinent mit Rohrzucker. Während eines Sklavenaufstandes gelang es der Kolonie jedoch, die französische Herrschaft abzuschütteln und sich für unabhängig zu erklären. Daraufhin brach der Zuckerhandel auf dem Kontinent zusammen. Eine Reihe von Naturwissenschaftlern bemühte sich auf die Verknappung des Zuckers zu reagieren. Dazu gehörte auch Franz Carl Achard, der durch Züchtung den Zuckergehalt der Runkelrübe erheblich steigern konnte.[49] Von solchen Erfolgen erfuhr auch Napoleon. In einem Dekret vom 25. März 1811 befahl er in Frankreich den Anbau von Zuckerrüben auf einer Fläche von insgesamt 32000 Hektar. Sechs Experimentierschulen sollten die Bearbeitung beaufsichtigen und verbessern.[50] So existierten bereits im Jahre 1812 150 Zuckerrübenfabriken in Frankreich. Während in den deutschen Staaten die Zuckerrübenfabrikation nach dem Ende der Kontinentalsperre unrentabel wurden, konnten sie sich in Frankreich dank eines neuen Schutzzolls behaupten.[51]

Niederlande

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Für die Niederlande als Handelsnation war die Kontinentalsperre ein schwerer Schlag. Im von 1806 bis 1810 bestehenden Königreich Holland wurde sie vielerorts umgangen. Das erboste Napoleon und war einer der Gründe für die Annexion der Niederlande durch Frankreich 1810. Fortan setzten französische Zollbeamte die Kontinentalsperre rigoros durch.[52] Während in den Jahren vor der französischen Fremdherrschaft im Jahresdurchschnitt rund 4000 Schiffe die vier damals wichtigsten Zufahrten vom Meer zu den Haupthäfen und in die binnenländischen Gewässer, nämlich die Seegatte zwischen der Insel Goeree und Hellevoetsluis, an der Maas-Mündung, das Marsdiep zwischen Texel und Den Helder sowie die Vlie, durchfahren hatten, waren es im Jahr 1810 nur noch 259 Schiffe, die vor allem aus den USA kamen.[52] Die niederländische Wirtschaft lag in den drei Jahren der französischen Herrschaft danieder.

Bedeutung für die deutsche Industrialisierung

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Die Kontinentalsperre wird von vielen Historikern als eine der Voraussetzungen für die frühe Industrialisierung in den deutschen Staaten gesehen. Vor allem die mechanisierte Baumwollindustrie in Sachsen und im Rheinland profitierte vom Wegfall der britischen Konkurrenz. Zwischen 1806 und 1813 stieg die Anzahl der baumwollverarbeitenden Betriebe in Sachsen um das Zwanzigfache.[53] Auch die Tuchindustrie um Lüttich, Aachen und Leiden erfuhr neue Impulse. Der Bedarf der zuvor hauptsächlich aus Großbritannien importierten Wolle konnte durch die Zucht von Merinoschafen in Sachsen und Schlesien gedeckt werden. Zusätzlich mussten die zahlreich einberufenen Soldaten mit Bekleidung versorgt werden. Neben der Textilbranche profitierten auch die Rüstungs- und Eisenindustrie.[54]

Das Zurückgehen der britischen Industriegüter auf dem Kontinent begünstigte außerdem Innovationen im Maschinenbau. Vor allem die neu entstandenen mechanisierten Webereien benötigten Spindeln und Maschinen zum Antrieb. Dies führte zur Gründung mehrerer Fabriken, unter anderem durch Johann Georg Bodmer im ehemaligen Kloster St. Blasien. Außerhalb des Textilsektors kam es durch Georg Christian Carl Henschel in Kassel und Friedrich Krupp in Essen zu Fabrikgründungen während der Kontinentalsperre.[55] Obwohl die Nachfrage an Gussstahl zu diesem Zeitpunkt noch gering war, bot der Wegfall der britischen Konkurrenz für Friedrich Krupp genügend Anreize diese experimentell nachzuahmen. Am 20. November 1811 gründete er eine Gussstahlfabrik.[56]

Zu den negativen Auswirkungen der Kontinentalsperre zählt jedoch der Umstand, dass die deutschen Staaten den Kontakt zum industriell fortgeschrittensten Staat Europas verloren. Hinsichtlich des technischen Entwicklungsniveaus vergrößerte Großbritannien seinen Vorsprung.[57]

Die Kontinentalsperre war nicht die einzige Voraussetzung, die eine Industrialisierung Deutschlands begünstigten. Vor allem die territoriale Neuordnung Deutschlands und staatliche Reformen spielten hier eine Rolle. So entfielen im napoleonischen Zeitalter zahlreiche innerstaatliche Zollgrenzen und es entstanden größere Wirtschaftseinheiten. Weitere Gründe sind die Vereinheitlichung von Maßen und Gewichten sowie die Einführung der Gewerbefreiheit.[58]

Die Kontinentalsperre war eine der Ursachen, die zum Russlandfeldzug von 1812 führten. Das Zarenreich war wirtschaftlich nicht nur auf den Export von Holz, Getreide und Hanf angewiesen, sondern auch von dem Import britischer Kolonial- und Industriegüter abhängig. Die russische Währung büßte in Folge der Kontinentalsperre um 25 % an Wert ein. Vor allem die russische Aristokratie, die sich Luxusprodukte wie Kaffee kaum noch leisten und nur wenig Ware von ihren Landgütern exportieren konnte, setzte den Zaren unter Druck, seine Außenhandelspolitik gegenüber Frankreich zu ändern.[59]

Den Vorwand für einen solchen Kurswechsel gab schließlich das 1810 verordnete Dekret von Fontainebleau, in dem Napoleon die Zerstörungspraxis von illegaler Ware aus Großbritannien vorschrieb. Nur wenige Wochen später reagierte der Zar darauf mit einem Erlass. Dies war ihm möglich, da Napoleon Russland im Frieden von Tilsit als gleichberechtigten Bündnispartner anerkannt hatte. Auf dieser Grundlage willigte der Zar ein, der Kontinentalsperre beizutreten. An dieses Versprechen sah sich der Zar jedoch nicht länger gebunden.[60] In dem Erlass vom 31. Dezember 1810 legalisierte der Zar den Schiffshandel unter neutraler Flagge mit britischen Waren in Russland. Zugleich wurden französische Luxuswaren mit hohen Zöllen belegt. Von Russland aus gelangte die britische Fracht in die deutschen Staaten, wodurch die Kontinentalsperre endgültig ad absurdum geführt wurde. Napoleon gliederte daraufhin die Hansestädte und das Großherzogtum Oldenburg in den französischen Staat ein, um mit der unmittelbaren Verfügungsgewalt über die norddeutsche Küste die Kontinentalsperre aufrechtzuerhalten. Da der dabei entthronte Großherzog von Oldenburg ein Verwandter des Zaren war, verschlechterten sich die Beziehungen zwischen Paris und Sankt Petersburg weiter.[61] Napoleon marschierte im Juni 1812 in Russland ein, was eine Reihe von Niederlagen einleitete und zu seinem Sturz führte. Noch Anfang des Jahres 1813 begann sich die Kontinentalsperre faktisch aufzulösen. Am 20. März 1813 hob etwa ein Edikt in Preußen offiziell die Kontinentalsperre auf[62] und verbot den Verbrauch und Handel aller französischen Waren.[63]

Forschungsgegenstand

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Begriffsdebatte

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Im Jahre 1965 begründete der französische Historiker Marcel Dunan in einer Schrift an die Académie des sciences morales et politiques die Forschungsdebatte, ob in der napoleonischen Wirtschaftspolitik zwischen den Begriffen der Kontinentalsperre und des Kontinentalsystems unterschieden werden müsse. Nach Dunan könne unter dem Begriff der Kontinentalsperre lediglich die Schließung des kontinentaleuropäischen Marktes für britische Güter verstanden werden, während das Kontinentalsystem Frankreich eine Monopolstellung im europäischen Handel und der Industrie verschaffen sollte.[64] Die Abgrenzung beider Begriffe befürwortet auch die US-amerikanische Historikerin Katherine Aaslestad. Sie betont, dass unter dem Kontinentalsystem die politische Organisation der Kontinentalsperre gemeint sei. Darunter würden etwa Maßnahmen wie die Grenzziehungen in Norddeutschland oder die personelle Verstärkung der französischen Zollbehörde in Hamburg fallen. Unter der Kontinentalsperre versteht sie den Wirtschaftskrieg gegen Großbritannien an sich.[65] Die Historikerin Elisabeth Fehrenbach ergänzt diese Definition des Kontinentalsystems: Unter dem Begriff Kontinentalsystem sollten nicht nur Umsetzungsmaßnahmen für die Kontinentalsperre verstanden werden, sondern auch die Öffnung des europäischen Marktes für französische Waren.[66] Hierfür setzte Napoleon Handelsverträge mit anderen europäischen Staaten ein. So musste beispielsweise das Königreich Neapel Anfang 1808 zustimmen, nur noch französische Baumwolle zu importieren.[67]

Roger Dufraisse zufolge verhalten sich Kontinentalsperre und Kontinentalsystem supplementär zueinander. Beide Konzepte seien auf Vorstellungen der Französischen Revolution zurückzuführen, die Napoleon wieder aufgriff. Sowohl die Kontinentalsperre als auch das Kontinentalsystem sollten Dufraisse zufolge der Wirtschaft Frankreichs einen Vorrang vor allen anderen Staaten Europas einzuräumen. Das Kontinentalsystem sollte Handelshemmnisse für französische Waren in Kontinentaleuropa abbauen und den französischen Zugriff auf die Bodenschätze und Lebensmittelreserven des Kontinents erleichtern. Vor allem hatten an die Stelle der englischen Produkte, die den kontinentaleuropäischen Handel dominierten, französische Waren zu treten. Die Kontinentalsperre ergänzte hier das Kontinentalsystem, da es Napoleon nicht gelang, England militärisch zu besiegen. Die kontinentaleuropäischen Staaten sollten sich daher dem französischen Importverbot für englische Waren anschließen. Napoleon hoffte damit, den englischen Handel und die englische Industrie so weit beschädigen zu können, dass die englische Regierung Verhandlungen mit Frankreich aufnehmen müsste.[68] Eberhard Weis hält die Abgrenzung der Begriffe Kontinentalsperre und Kontinentalsystem für nicht sinnvoll. Ihm zufolge werde das „système continental“ beziehungsweise das Kontinentalsystem in zeitgenössischen Quellen auch für die Kontinentalsperre verwendet.[69]

Forschungsperspektiven

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Bis in das 21. Jahrhundert hinein prägend blieben zwei Überblicksmonografien aus der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts: Eli F. Heckschers The Continental System. An Economic Interpretation aus dem Jahr 1922 und Francois Crouzets L’économie britannique et le blocus continental 1806–1813 aus dem Jahr 1958. Letzteres Werk beschäftigt sich vor allem mit den wirtschaftlichen Folgen der Kontinentalsperre für Großbritannien. In der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts erschienen Arbeiten, die überwiegend die Auswirkungen der Kontinentalsperre auf einzelne Regionen oder Wirtschaftsbranchen thematisieren. Bereits in diesen Studien zeichnete sich das Interesse an der Frage ab, „inwieweit Napoleons Wirtschaftspolitik auf dem Kontinent zur Integration Europas beigetragen hat“ (Alix Winter).[70] Die neueste Studie zur Kontinentalsperre wurde 2015 unter dem Titel Revisiting Napoleon’s Continental System. Local, Regional and European Experiences veröffentlicht. Der Sammelband ist die erste große Arbeit seit dem frühen 20. Jahrhundert, die nicht nur Teilaspekte der Kontinentalsperre beleuchtet. Die Arbeit nimmt politische, soziale, ökonomische und publizistische Aspekte in den Blick. Das Plädoyer der Autoren besteht laut Alix Winter darin, die Kontinentalsperre neu zu bewerten: Die Forschung gebe „die Perspektive, die Kontinentalsperre sei in ihrem Ziel, die britische Handelsmacht zu brechen, gescheitert, zugunsten eines differenzierteren Blicks auf die unterschiedlichen Folgen in einzelnen Regionen und Wirtschaftsbereichen“ auf.[71]

Literatur

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  • Katherine B. Aaslestad, Johann Joor (Hrsg.): Revisiting Napoleon’s Continental System. Local, Regional and European Experiences (War, Culture and Society, 1750–1850). Basingstoke 2015.
  • Roger Dufraisse: Die hegemoniale Integration Europas unter Napoleon I. In: Helmut Berding (Hrsg.): Wirtschaftliche und politische Integration in Europa im 19. und 20. Jahrhundert. Göttingen 1984, S. 35–44.
  • Diedrich Saalfeld: Die Kontinentalsperre. In: Hans Pohl (Hrsg.): Die Auswirkungen von Zöllen und anderen Handelshemmnissen auf Wirtschaft und Gesellschaft vom Mittelalter bis zur Gegenwart. Stuttgart 1987, S. 121–139.
  • Helmut Stubbe da Luz: Okkupanten und Okkupierte. Napoleons Statthalterregimes in den Hansestädten. Band 2: Kontinentalsperre – Occupatio pacifica – Assimilationspolitik. München 2005.
  • Elisabeth Vaupel: Napoleons Kontinentalsperre und ihre Folgen. Hochkonjunktur der Ersatzstoffe. In: Chemie in unserer Zeit 40, Weinheim an der Bergstraße 2006, S. 306–315.
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Einzelnachweise

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  1. Katherine Aaslestad: Introduction: Revisiting Napoleon’s Continental System. Consequences of Economic Warfare. In: dies.; Johan Joor (Hrsg.): Revisiting Napoleon’s Continental System. Local, Regional and European Experiences. Basingstoke 2015, S. 1–22, hier S. 3.
  2. Katherine Aaslestad: Introduction: Revisiting Napoleon’s Continental System. Consequences of Economic Warfare. In: dies.; Johan Joor (Hrsg.): Revisiting Napoleon’s Continental System. Local, Regional and European Experiences. Basingstoke 2015, S. 1–22, hier S. 3.
  3. Roger Dufraisse: Die hegemoniale Integration Europas unter Napoleon I. In: Helmut Berding (Hrsg.): Wirtschaftliche und politische Integration in Europa im 19. und 20. Jahrhundert. Göttingen 1984, S. 35–44, hier S. 36–38.
  4. Brandt: Die Befreiungskriege von 1813 bis 1815 in der deutschen Geschichte. In: Ders. (Hrsg.): An der Schwelle zur Moderne. Deutschland um 1800. 1999, S. 83–115, hier S. 87.
  5. Diedrich Saalfeld: Die Kontinentalsperre. In: Hans Pohl (Hrsg.): Die Auswirkungen von Zöllen und anderen Handelshemmnissen auf Wirtschaft und Gesellschaft vom Mittelalter bis zur Gegenwart. Stuttgart 1987, S. 121–139, S. 121.
  6. Brandt: Die Befreiungskriege von 1813 bis 1815 in der deutschen Geschichte. In: Ders. (Hrsg.): An der Schwelle zur Moderne. Deutschland um 1800. 1999, S. 83–115, hier S. 117.
  7. Roger Dufraisse: Napoleon. Revolutionär und Monarch. Eine Biographie. München 1994, S. 107.
  8. Elisabeth Vaupel: Napoleons Kontinentalsperre und ihre Folgen. Hochkonjunktur der Ersatzstoffe. In: Chemie in unserer Zeit, 40. Weinheim an der Bergstraße 2006, S. 306–315, hier: S. 307
  9. Jürgen Osterhammel: Die Verwandlung der Welt: eine Geschichte des 19. Jahrhunderts. München 2009. S. 549.
  10. Roger Dufraisse: Napoleon. Revolutionär und Monarch. Eine Biographie. München 1994, S. 107.
  11. Helmut Stubbe da Luz: Okkupanten und Okkupierte. Napoleons Statthalterregimes in den Hansestädten. Band 1: Modellkonstruktion – Vorgeschichte – Occupatio bellica. München 2005, S. 585–586.
  12. Diedrich Saalfeld: Die Kontinentalsperre. In: Hans Pohl (Hrsg.): Die Auswirkungen von Zöllen und anderen Handelshemmnissen auf Wirtschaft und Gesellschaft vom Mittelalter bis zur Gegenwart. Stuttgart 1987, S. 121–139, S. 122.
  13. Frank Bauer: Napoleon in Berlin. Preußens Hauptstadt unter französischer Besatzung 1806–1808. Berlin 2006, S. 149.
  14. Rejoinder to His Britannic Majesty’s order in council of the 11th November, 1807.
  15. Diedrich Saalfeld: Die Kontinentalsperre. In: Hans Pohl (Hrsg.): Die Auswirkungen von Zöllen und anderen Handelshemmnissen auf Wirtschaft und Gesellschaft vom Mittelalter bis zur Gegenwart. Stuttgart 1987, S. 121–139, S. 123.
  16. Reinhard Stauber: Das Jahr 1809 und seine Vorgeschichte im napoleonischen Europa. In: Brigitte Mazohl, Bernhard Mertelseder (Hrsg.): Abschied vom Freiheitskampf? Tirol und ‚1809‘ zwischen politischer Realität und Verklärung. Innsbruck 2009, S. 13–26, hier; S. 24.
  17. Helmut Stubbe-da Luz: Franzosenzeit in Norddeutschland (1803–1814): Napoleons Hanseatische Departements. Bremen 2003, S. 108.
  18. Elisabeth Fehrenbach: Vom Ancien Régime zum Wiener Kongress. München 2001, S. 95.
  19. Helmut Stubbe-da Luz: Franzosenzeit in Norddeutschland (1803–1814): Napoleons Hanseatische Departements. Bremen 2003, S. 134.
  20. Elisabeth Fehrenbach: Vom Ancien Régime zum Wiener Kongress. München 2001, S. 95.
  21. Roger Dufraisse: Die hegemoniale Integration Europas unter Napoleon I. In: Helmut Berding (Hrsg.): Wirtschaftliche und politische Integration in Europa im 19. und 20. Jahrhundert. Göttingen 1984, S. 35–44, hier S. 39.
  22. Elisabeth Fehrenbach: Vom Ancien Régime zum Wiener Kongress. München 2001, S. 95.
  23. Roger Dufraisse: Die hegemoniale Integration Europas unter Napoleon I. In: Helmut Berding (Hrsg.): Wirtschaftliche und politische Integration in Europa im 19. und 20. Jahrhundert. Göttingen 1984, S. 35–44, hier S. 40.
  24. Helmut Stubbe da Luz: Okkupanten und Okkupierte. Napoleons Statthalterregimes in den Hansestädten. Band 2: Kontinentalsperre – Occupatio pacifica – Assimilationspolitik. München 2005. S. 118
  25. Roger Dufraisse: Die hegemoniale Integration Europas unter Napoleon I. In: Helmut Berding (Hrsg.): Wirtschaftliche und politische Integration in Europa im 19. und 20. Jahrhundert. Göttingen 1984, S. 35–44, hier S. 40.
  26. Leoni Krämer: Kontinentalsperre. In: Rainer Koch (Hrsg.): Brücke zwischen den Völkern – Zur Geschichte der Frankfurter Messe. Band III: Ausstellung zur Geschichte der Frankfurter Messe. 1991, S. 343–346, hier; S. 344.
  27. Elisabeth Vaupel: Napoleons Kontinentalsperre und ihre Folgen. Hochkonjunktur der Ersatzstoffe. In: Chemie in unserer Zeit, 40. Weinheim an der Bergstraße 2006, S. 306–315, hier: S. 307
  28. Margrit Schulte Beerbühl: Deutsche Kaufleute in London, Welthandel und Einbürgerung 1660–1818, Oldenbourg, München 2007, S. 216–217.
  29. Réka Juhász: Protection and Technology Adoption: Evidence from the Napoleonic Blockade In American Economic Review 108 (11): 3339–76, hier 3349.
  30. Michael North: Die Auswirkungen der Kontinentalsperre auf das nördliche Deutschland und den Ostseeraum. In: A. Klinger, H.-W. Hahn, G. Schmidt (Hrsg.): Das Jahr 1806 im europäischen Kontext. Balance, Hegemonie und politische Kulturen. Köln-Weimar-Wien 2008, S. 135–148, hier S. 135.
  31. Michael P. Zerres, Christopher Zerres: Entwicklung des Welthandels im 19. Jahrhundert. Band 56. München / Mering 2008, S. 21
  32. Robert Mark Spaulding: Rhine River Commerce and the Continental System. In: Katherine B. Aaslestad and Johan Joor (Hrsg.), Revisiting Napoleon’s Continental System. Local, Regional and European Experiences. Palgrave Macmillan, London 2015, S. 114–132, hier S. 114.
  33. Kevin H. O’Rourke: The Worldwide Economic Impact of the French Revolutionary and Napoleonic Wars, 1793–1815. In: Journal of Global History, 1, 2006, S. 123–49, hier S. 125 (Cambridge).
  34. Winfried Reiß: Mikroökonomische Theorie. Historisch fundierte Einführung. München 1990, S. 55.
  35. Lance E. Davis, Stanley L. Engerman: Naval Blockades in Peace and War, An Economic History since 1750. New York 2006, S. 39–40.
  36. Winfried Reiß: Mikroökonomische Theorie. Historisch fundierte Einführung. München 1990. S. 55.
  37. Gavin Daly: Napoleon and the City of Smugglers, 1810–1814. In: Historical Journal, L/2 (2007), S. 333–352, hier S. 338.
  38. Adam Zamoyski, Phantome des Terrors. Die Angst vor der Revolution und die Unterdrückung der Freiheit, 1789–1848. Beck, München 2016, S. 100.
  39. Owen Connelly: The French Revolution and Napoleonic Era (Sonderausgabe). Harcourt College Publishers, New York 2000, S. 233.
  40. Heinrich August Winkler: Geschichte des Westens. Band 1: Von den Anfängen in der Antike bis zum 20. Jahrhundert. Verlag C. H. Beck, München 2009, S. 411–412.
  41. Gavin Daly: Napoleon and the City of Smugglers, 1810–1814. In: Historical Journal, L/2, 2007, S. 333–352, hier S. 332 und 338–339.
  42. Gavin Daly: Napoleon and the City of Smugglers, 1810–1814. In: Historical Journal, L/2, 2007, S. 333–352, hier S. 337.
  43. Winfried Reiß: Mikroökonomische Theorie. Historisch fundierte Einführung. München 1990. S. 55.
  44. Silvia Marzagalli: Port Cities in the French Wars: The Responses of Merchants in Bordeaux, Hamburg and Livorno to Napoleon’s Continental Blockade, 1806–1813. In: The Northern Mariner/Le Marin du nord, VI, No. 4 (October 1996), 65-73, hier S. 67.
  45. Silvia Marzagalli: Port Cities in the French Wars: The Responses of Merchants in Bordeaux, Hamburg and Livorno to Napoleon’s Continental Blockade, 1806–1813. In: The Northern Mariner/Le Marin du nord, VI, No. 4 (October 1996), 65-73, hier S. 68.
  46. Silvia Marzagalli: Port Cities in the French Wars: The Responses of Merchants in Bordeaux, Hamburg and Livorno to Napoleon’s Continental Blockade, 1806–1813. In: The Northern Mariner/Le Marin du nord, VI, No. 4 (October 1996), 65-73, hier S. 70.
  47. Geoffrey Ellis: The Napoleonic Empire. Palgrave MacMillan, Hampshire/New York 2003, S. 114–115.
  48. Elisabeth Vaupel: Napoleons Kontinentalsperre und ihre Folgen. Hochkonjunktur der Ersatzstoffe. In: Chemie in unserer Zeit, 40, Weinheim an der Bergstraße 2006, S. 306–315
  49. Elisabeth Vaupel: Napoleons Kontinentalsperre und ihre Folgen. Hochkonjunktur der Ersatzstoffe. In: Chemie in unserer Zeit, 40. Weinheim an der Bergstraße 2006, S. 306–315, hier: S. 312
  50. Uwe Wallbaum: Die Rübenzuckerindustrie in Hannover. Zur Entstehung und Entwicklung eines landwirtschaftlich gebundenen Industriezweigs von den Anfängen bis zum Beginn des Ersten Weltkriegs. Stuttgart 1998, S. 23.
  51. Elisabeth Vaupel: Napoleons Kontinentalsperre und ihre Folgen. Hochkonjunktur der Ersatzstoffe. In: Chemie in unserer Zeit, 40. Weinheim an der Bergstraße 2006, S. 306–315, hier: S. 313
  52. 52,0 52,1 Hans Vandermissen: Maritiem. Nederlanders en de zee. Uniboek, Bussum 1983, ISBN 90-228-1874-8, S. 49.
  53. Reinhard Stauber: Das Jahr 1809 und seine Vorgeschichte im napoleonischen Europa. In: Brigitte Mazohl, Bernhard Mertelseder (Hrsg.): Abschied vom Freiheitskampf? Tirol und ‚1809‘ zwischen politischer Realität und Verklärung. Innsbruck 2009, S. 13–26, hier; S. 24.
  54. Michael P. Zerres, Christopher Zerres: Entwicklung des Welthandels im 19. Jahrhundert. Band 56. München / Mering 2008, S. 21–22
  55. Hubert Kiesewetter: Die Industrialisierung Sachsens. Ein regional-vergleichendes Erklärungsmodell. Stuttgart 2007, S. 391
  56. Lothar Gall: Krupp. Der Aufstieg eines Industrieimperiums. Berlin 2000, S. 19
  57. Hans-Werner Hahn: Reformen, Restauration und Revolution, 1806–1848/9. In: Gebhardt’s Handbuch der deutschen Geschichte, Band 14. 10. Auflage. Stuttgart 2010. S. 188.
  58. Reinhard Stauber: Das Jahr 1809 und seine Vorgeschichte im napoleonischen Europa. In: Brigitte Mazohl, Bernhard Mertelseder (Hrsg.): Abschied vom Freiheitskampf? Tirol und ‚1809‘ zwischen politischer Realität und Verklärung. Innsbruck 2009, S. 13–26, hier; S. 24.
  59. Adam Zamoyski: 1812. Napoleons Feldzug in Russland, übers. von Ruth Keen und Erhard Stölting. München 2012, S. 87–88.
  60. Roger Dufraisse: Die hegemoniale Integration Europas unter Napoleon I. In: Helmut Berding (Hrsg.): Wirtschaftliche und politische Integration in Europa im 19. und 20. Jahrhundert. Göttingen 1984, S. 35–44, hier S. 39.
  61. Adam Zamoyski: 1812. Napoleons Feldzug in Russland, übers. von Ruth Keen und Erhard Stölting. München 2012. S. 90.
  62. Wilhelm Treue: Preußens Wirtschaft vom Dreißigjährigen Krieg bis zum Nationalsozialismus. In: Otto Büsch (Hrsg.), Handbuch der preußischen Geschichte, Bd. II – Das 19. Jahrhundert und große Themen der Geschichte Preußens, Gruyter, Berlin 1992, S. 449–604, hier S. 508.
  63. Vgl. Gesetz-Sammlung für die Königlichen Preußischen Staaten. 1813, S. 39
  64. Jean Tulard: Napoleon oder der Mythos des Retters. Eine Biographie. Wunderlich, Tübingen 1978, S. 239.
  65. Katherine Aaslestad: Introduction: Revisiting Napoleon’s Continental System. Consequences of Economic Warfare. In: dies., Johan Joor (Hrsg.): Revisiting Napoleon’s Continental System. Local, Regional and European Experiences. Basingstoke 2014, S. 4
  66. Elisabeth Fehrenbach: Vom Ancien Régime zum Wiener Kongress. München 2001, S. 95.
  67. Roger Dufraisse: Die hegemoniale Integration Europas unter Napoleon I. In: Helmut Berding (Hrsg.): Wirtschaftliche und politische Integration in Europa im 19. und 20. Jahrhundert. Göttingen 1984, S. 35–44, hier S. 41.
  68. Roger Dufraisse: Die hegemoniale Integration Europas unter Napoleon I. In: Helmut Berding (Hrsg.): Wirtschaftliche und politische Integration in Europa im 19. und 20. Jahrhundert. Göttingen 1984, S. 35–44, hier S. 35–36.
  69. Eberhard Weis: Montgelas Eine Biographie 1759–1838. München 2008, S. 647–648.
  70. Alix Winter: Protektionismus und Freihandel. Europäische Pressedebatten um globale Märkte zur Zeit Napoleons. V&R unipress, Göttingen 2018, S. 27–28.
  71. Katherine B. Aaslestad, Johann Joor (Hrsg.): Revisiting Napoleon’s Continental System. Local, Regional and European Experiences (= War, Culture and Society, 1750–1850). Palgrave Macmillan, Basingstoke 2015, ISBN 978-1-137-34556-1 (englisch). Rezension: Alix Winter: K. B. Aaslestad u.a. (Hrsg.), Revisiting Napoleon’s Continental System. In: H-Soz-Kult. 3. September 2015, abgerufen am 25. Oktober 2020.

Berliner Dekret 1806

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Wortlaut des Berliner Dekrets, mit dem Napoleon 1806 die Kontinentalsperre verschärfte

Als Berliner Dekret bezeichnet man eine von Napoleon I. am 21. November 1806 in Berlin erlassene Verordnung, mit dem die gegen Großbritannien gerichtete Kontinentalsperre eine erste wesentliche Verschärfung erfuhr.[1]

Geschichte

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Schon seit 1793 wurden die militärischen Auseinandersetzungen zwischen Großbritannien und Frankreich von einem wenig wirksamen Wirtschaftskrieg begleitet. Mit der französischen Hegemonie über das kontinentale Europa und als Folge der Niederlage in der Schlacht von Trafalgar 1805 suchte Napoleon, Großbritannien durch einen totalen Wirtschaftskrieg niederzuringen. Nach den verlorenen Schlachten von Jena und Auerstedt am 14. Oktober 1806 gegen Napoleon während des Vierten Koalitionskrieges, musste König Friedrich Wilhelm III. von Preußen und seine Familie die Hauptstadt Berlin fluchtartig in Richtung Ostpreußen verlassen. Napoleon hielt wenig später, am 27. Oktober 1806, feierlich Einzug in Berlin. Er nahm im Berliner Schloss Quartier in den Räumen die zuvor Friedrich Wilhelm II. bewohnte.[2]

Von seinem Hauptquartier im Berliner Schloss erließ Napoleon zahlreiche Gesetze und Verordnungen. So ließ er die drei deutschen Fürsten, den Herzog von Nassau, den Kurfürsten von Hessen und den Herzog von Braunschweig-Lüneburg, absetzen und enteignen.[2]

Er veranlasste die Errichtung des Ruhmestempels La Madeleine in Paris und die Benennung der Brücke gegenüber der Pariser Militärschule in Pont d’Iéna.

 
Die überdachte Brücke zur Welt­aus­stellung 1889
 
Also known as the Pont de l'École Militaire, the Pont de Jéna (usually spelled Iéna) was inaugurated in 1813 and cost over 6 million francs to build. Pugin, Augustus, 1762-1832 (contributor), Faithorne (engraver), Nash, J. (creator), 1831.
 
Barrière de Passy vers 1820. BNF Galica Bulletin de la socité historique d'Auteuil et de Passy.
 
Night shot of the Pont d'Iéna in Paris, France.

Der Bau der Brücke und ihr Name wurden von Napoleon zur Erinnerung an die Schlacht bei Jena und Auerstedt vom 14. Oktober 1806 angeordnet. Die Brücke wurde in den Jahren 1808–1814 gebaut. Der preußische Generalfeldmarschall von Blücher, einer der Teilnehmer der namensgebenden Schlacht, wollte die Brücke nach der Einnahme von Paris 1815 sprengen lassen, wurde aber von König Ludwig XVIII. überredet, sich mit der Umbenennung in Pont des Invalides[Anm. 1] und der Entfernung der Adler an der Brücke zu begnügen.[3] Der Vorfall war zugleich Anlass für den König, alle Namensgebungen Pariser Örtlichkeiten auf den Stand vom 1. Januar 1790 zurückzuversetzen.[4] 1830 wurde die Umbenennung rückgängig gemacht, 1852 wurden die Adler wieder angebracht.[5] Bei der Weltausstellung 1889, bei der der Eiffelturm eröffnet wurde, wurde sie in das Ausstellungsgelände einbezogen und mit Markisen überdacht. ... Bei den Olympischen Sommerspielen 2024 in Paris wird die Brücke Start und Ziel der Wettbewerbe im Gehen sein.

 
Retour du service célébré à la Madeleine pour l'anniversaire de la Révolution de Février 1848.

Am 2. Dezember 1806 beschloss Napoleon I., unter Verwendung der Fundamente und aufgehender Teile des vorrevolutionären Baus einen Temple à la Gloire – eine Ruhmeshalle für seine Soldaten – zu bauen. Der klassizistische Entwurf des Architekten Pierre-Alexandre Vignon (1763–1823) für diese Ruhmeshalle ähnelt mit seinen 52 korinthischen Säulen einem antik-römischen Podiumstempel. Nach dem Russlandfeldzug 1812 rückte Napoleon allerdings von seinem Plan einer Ruhmeshalle ab und kehrte zum ursprünglichen Projekt einer Kirche zurück. Nach dem Fall Napoleons beschloss König Ludwig XVIII., das Gebäude als Kirche zum Andenken an Ludwig XVI. und Marie-Antoinette fertigstellen zu lassen. Abgeschlossen wurden die Bauarbeiten unter Louis-Philippe von dem Architekten Jean-Jacques-Marie Huvé (1783–1852) im Jahre 1842. Am 9. Oktober 1845 wurde das Gebäude als Pfarrkirche geweiht.


Am bedeutendsten wurde das am 21. November 1806 erlassene Dekret über den Blockadezustand der Britischen Inseln. Napoleon verfasste und unterzeichnete das Dekret ohne Wissen seines Außenministers Charles-Maurice de Talleyrand-Périgord. Er wollte, wie er selbst verkündete, das Meer durch die Macht des Landes besiegen.[2] Noch wenige Tage zuvor empfing er im Schloss von Berlin eine Abordnung französischer Senatoren, denen er auch schriftlich eine Rechtfertigung seiner Absichten mitteilte.

Das Berliner Dekret, in dem der Begriff Kontinentalsperre noch nicht genannt wird, ist in zwei Teile gegliedert.

Der erste Teil beinhaltet in zehn Artikeln eine Begründung bzw. Rechtfertigung der Blockade gegen Großbritannien. So wird unter anderem in zahlreichen Anschuldigungen England ein Bruch des Seerechts und Völkerrechts vorgeworfen. Das Dekret wird als Grundsatz für Frankreich und die von ihm annektierten Gebiete sowie Frankreichs Alliierte betrachtet.[1]

Im zweiten Teil wurden die konkreten Maßnahmen gegen Großbritannien aufgeführt. So z. B. in Artikel 1 der Blockadezustand der Britischen Inseln erklärt, der Handel und die Korrespondenz mit Großbritannien verboten (Artikel 2), jeder englische Untertan wurde zum Kriegsgefangenen erklärt (Artikel 3), alle Lager, jede Ware und jedes Eigentum eines englischen Untertanen wurde zur Prise (Artikel 4), kein Schiff aus England oder aus dessen Kolonien durfte einen Hafen anlaufen (Artikel 7). Mit der Ausführung des Dekretes wurden die Außenminister, Kriegsminister, Marineminister, Finanzminister, Polizeiminister und Generalpostdirektoren beauftragt (Artikel 11).[1]

Auswirkungen

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Mit dem Berliner Dekret verhängte der französische Kaiser ein vollständiges Handelsembargo über die Britischen Inseln. Sofort nach dem Inkrafttreten des Dekrets wurden Kuriere an die Regierungen nach Holland, Spanien und Italien abgesandt, die Verordnungen unverzüglich umzusetzen. Marschall Adolphe Édouard Casimir Joseph Mortier, erhielt den Befehl, die Hansestädte Bremen, Hamburg und Lübeck zu besetzen sowie die Häfen von Mecklenburg und Pommern bis zur Oder. Er sollte die Waren englischer Herkunft beschlagnahmen und britische Händler gefangen nehmen.[6]

Großbritannien antwortete kurze Zeit später mit den Orders in Council vom 7. Januar und 11. November 1807, was faktisch eine Gegenblockade bedeutete. So wurde am 7. Januar bestimmt, dass neutrale Schiffe keine Häfen anlaufen dürfen, die zu Frankreich oder dessen Verbündeten gehörten oder von ihnen kontrolliert würden. Bei Nichtbeachtung drohte die Konfiskation der Ladung. Am 11. November wurde das Verbot auf alle Häfen und Plätze Frankreichs und seiner Verbündeter einschließlich ihrer Kolonien, generell auf mit Großbritannien Krieg führende Staaten sowie jene Länder erstreckt, welche den Handel mit britischer Flagge untersagten. Als gesetzwidrig wurde auch der Verkauf von Schiffen der Kriegsgegner an neutrale Staaten betrachtet.[7] Die britische Regierung unterstütze nun aktiv den Schmuggel von Waren, vor allem von der Insel Helgoland aus, auf den europäischen Kontinent.

Die napoleonischen Dekrete von Mailand (1807), Paris (1808), Trianon und Fontainebleau (1810) führten zu einer weiteren Eskalation der Auseinandersetzungen. Blieben die negativen Auswirkungen der Kontinentalsperre im Großen und Ganzen begrenzt, so brachte das Kontinentalsystem, in das Napoleon mit besonderer Härte seit 1810 zur Protektion der französischen Wirtschaft vor allem die Rheinbundstaaten presste, erhebliche wirtschaftliche Nachteile, die den Widerstand der Bevölkerung hervorriefen und den Freiheitsdrang begünstigten.

Auszug aus dem Berliner Dekret (zweiter Teil)

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„Art. 1. Die britischen Inseln sind in Blockadezustand erklärt.

Art. 2. Jeder Handel und jede Korrespondenz mit den britischen Inseln ist untersagt. Daher sollen die Briefe oder Pakete, welche entweder nach England oder an einen Engländer adressiert, oder in englischer Sprache geschrieben sind, von der Post nicht befördert, sondern weggenommen werden.

Art. 3. Jeder englische Untertan, zu welchem Stand oder Beruf er gehören möge, der in den von unseren Truppen oder denen unserer Bundesgenossen besetzten Ländern angetroffen wird, soll zum Kriegsgefangenen gemacht werden.

Art. 4. Jedes Warenlager, jede Ware, jedes Eigentum, von welcher Art es auch sein möge, das einem englischen Untertan gehört, soll zur Kriegsbeute erklärt werden.

Art. 5: Der Handel mit englischen Waren ist untersagt, und jede Ware, die England gehört oder aus seinen Fabriken und Kolonien kommt, soll zur Kriegsbeute erklärt werden.

Art. 6. Die Hälfte des Ertrags aus der Konfiskation der Waren und Güter, welche in den obigen Artikeln zur Kriegsbeute erklärt worden sind, soll dazu verwendet werden, die Kaufleute für den Verlust zu entschädigen, die sie durch die Wegnahme der von den englischen Kreuzern geraubten Handelsfahrzeuge erlitten haben.

Art. 7. Kein Fahrzeug, das direkt aus England oder den englischen Kolonien kommt, oder das seit der Veröffentlichung des gegenwärtigen Dekrets dort gewesen ist, darf in irgendeinem Hafen aufgenommen werden.

Art. 8. Jedes Fahrzeug, das mittels einer falschen Deklaration die obige Bestimmung übertritt, soll weggenommen, und das Schiff, sowie die Ladung sollen konfisziert werden, als wenn sie englisches Eigentum wären.

Art. 9. Unser Prisengericht in Paris ist mit der Beurteilung aller Streitigkeiten beauftragt, welche in unserem Reich oder in den von der französischen Armee besetzten Ländern bezüglich der Vollziehung des gegenwärtigen Dekrets entstehen könnten.

Art. 10. Es soll das gegenwärtige Dekret von unserem Minister der auswärtigen Angelegenheiten den Königen von Spanien, Neapel, Holland und Etrurien, und unseren anderen Bundesgenossen, deren Untertanen so wie die unsrigen Opfer der Ungerechtigkeit und der Barbarei der englischen Seegesetzgebung sind, mitgeteilt werden.

Art. 11. Unsere Minister der auswärtigen Angelegenheiten, des Krieges, der Marine, der Finanzen, der Polizei, und unsere Generalpostdirektoren sind, jeder in dem, was ihn betrifft, mit der Vollziehung des gegenwärtigen Dekrets beauftragt.“[8]

Literatur

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Einzelnachweise 2

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  1. 1,0 1,1 1,2 Walter Demel / Uwe Puschner (Hrsg.): Deutsche Geschichte in Quellen und Darstellung. Band 6: Von der Französischen Revolution bis zum Wiener Kongress. 1789–1815. Reclam, Stuttgart 1995, ISBN 978-3-15-017006-9, Seite 300–306.
  2. 2,0 2,1 2,2 Frank Bauer: Napoleon in Berlin. Preußens Hauptstadt unter französischer Besatzung 1806–1808. Berlin-Story-Verlag, Berlin 2006, ISBN 978-3-929829-36-5, Seite 147–152.
  3. Jacques-Antoine Dulaure: Histoire civile, physique et morale de Paris. 3. Aufl., Band 9, S. 203 f; Baudouin Frères, Paris 1825
  4. Johannes Willms: Talleyrand. Virtuose der Macht 1754–1838. München 2011, S. 253.
  5. Le pont d’Iéna auf le fil du temps
  6. Adolphe Thiers: Geschichte des Consulats und des Kaiserreichs. Band 2: Das Kaiserreich. Carl B. Lorck, Leipzig 1849, Seite 252–254.
  7. Vorlage:Brockhaus-1895
  8. Die Korrespondenz Napoleons, Band III. 1806–1815, übersetzt von Heinrich Kurz, Hamburg 2019

Lemma 1907

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Kontinentalsperre (Kontinentalsystem), die von Napoleon I. verhängte Maßregel, dem englischen Handel durch Absperrung des gesamten europäischen Festlandes einen tödlichen Schlag zu versetzen und es zum Frieden und zur Anerkennung des im Utrechter Frieden aufgestellten Seerechts zu zwingen.

Die Grundlage des Kontinentalsystems war das am 21. Nov. 1806 von Berlin aus erlassene Dekret, das den Blockadezustand über die britischen Inseln verhängte, allen Handel und Verkehr sowie alle Korrespondenz mit ihnen aufs strengste untersagte, die in irgend einem von den französischen Truppen oder deren Verbündeten besetzten Land betretenen englischen Untertanen für kriegsgefangen, alles Eigentum englischer Untertanen sowie alle aus England und seinen Kolonien kommenden Waren für gute Prise erklärte und allen Handel mit englischen Waren verbot.

England antwortete mit einer Geheimratsverordnung vom 7. Jan. 1807, wodurch allen neutralen Schiffen das Einlaufen in einen französischen oder unter französischer Kontrolle stehenden Hafen verboten ward.

Napoleon, der sich unterdessen in den Besitz der Hansestädte gesetzt hatte, verfügte von Warschau aus 25. Jan. 1807 die Konfiskation sämtlicher in den Hansestädten mit Beschlag belegter englischer Waren.

England erklärte 11. März dafür die strenge Blockade der Weser, Ems und Elbe und dehnte sie 11. Nov. auf alle Häfen aus, in die die englischen Schiffe nicht einlaufen durften. Außerdem wurde bestimmt, daß jedes mit einem französischen Paß ausgerüstete Schiff konfisziert und nur den Neutralen der Verkehr zwischen den Kolonien und ihrem Vaterland gestattet sein solle. Alle andern Schiffe sollten, wenn sie mit den blockierten Häfen Handel treiben wollten, erst in einem englischen Hafen eine Abgabe von 25 Proz. entrichten.

Letztere Bestimmung drohte Napoleons ganze K. zu zerstören. Deshalb erklärte 17. Dez. 1807 ein Dekret aus Mailand jedes Schiff, das sich zu einer Fahrt nach England oder zu einer Abgabenentrichtung verstehe, für denationalisiert. Den Denunzianten ward durch Dekret vom 11. Jan. 1808 der dritte Teil des erbeuteten Gutes zugesichert.

Der K., der anfangs bloß Frankreich, Holland, ein großer Teil Italiens und die Rheinbundsstaaten unterworfen wurden, traten im Tilsiter Frieden 7. und 9. Juli 1807 Preußen und Rußland, durch den Vertrag von Fontainebleau 31. Okt. 1807 Dänemark, 27. Okt. 1807 Spanien, das am 8. Juni 1808 seine Häfen für die englische Flotte verschlossen erklärte, endlich 18. Febr. 1808 auch Österreich bei.

Rußland und Dänemark sollten in den nordischen Meeren, Frankreich, Spanien, Holland und Italien im Mittelländischen Meer und im Ozean den Handel mit englischen Waren verhindern. Da Portugal den Anschluß verweigerte, wurde es von den Franzosen besetzt und die Dynastie Braganza vertrieben.

Allein bald tauchte eine Reaktion gegen die K. auf, da an strenge Durchführung nicht zu denken war; vielmehr fand der Handel eine Menge Mittel und Wege, um das verhaßte System zu umgehen. Vorzüglich die Nordamerikaner und griechische Seeleute betrieben diesen Handel mit englischen Waren in französischen und neutralen Häfen. Weil der Schleichhandel besonders an der holländischen Küste eifrigst betrieben wurde und König Ludwig ihn nicht streng genug bestrafte, wurde Holland 1810 mit Frankreich vereinigt, ebenso die ganze deutsche Nordseeküste sowie Lübeck. Da das Überhandnehmen des Schleichhandels besonders von Helgoland aus die Zwecke der K. zum Teil vereitelte, verordnete Napoleon 5. Aug. und 12. Sept. 1810 (Tarif von Trianon), daß alle Kolonialwaren als aus dem englischen Handel herrührend betrachtet und mit 50 Proz. Kontinentalsteuer belegt werden sollten. Das Dekret von Fontainebleau vom 19. Okt. 1810 verordnete sogar die Verbrennung und Vernichtung der englischen Waren.

Gleichwohl wurden diese strengen Maßnahmen umgangen, und da der Kaiser später gegen die Lösung eines Lizenzscheines die Einfuhr einer gewissen Menge englischer Waren gegen die Ausfuhr einer gewissen Menge französischer Manufakturwaren nach England gestattete, sank die K. zuletzt zu einem Mittel zur Bereicherung seiner leeren Kassen herab; 1810 nahm er, ohne die konfiszierten Waren zu rechnen, 150 Mill. Frank an Steuern und Lizenzen ein.

Die K. fiel schließlich durch die gegen Napoleon gerichtete Allianz Rußlands und Englands 1812 und die große Koalition von 1813.

Vgl.

Kiesselbach, Die K. (Stuttg. 1849);

König, Die sächsische Baumwollenindustrie während der K. (Leipz. 1896);

Hitzigrath, Hamburg und die K. (Hamb. 1900);

Hoeniger, Die K. und ihre Einwirkungen auf Deutschland (Berl. 1905).


Quelle:

Meyers Großes Konversations-Lexikon, Band 11. Leipzig 1907, S. 440.

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Kontinentalblockade des Festlandes und Great Panic in England (1806-1811)

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Wie schon einige Jahre zuvor in Hamburg, so verursachten die politischen Veränderungen wenige Jahre später erneut eine Wirtschaftskrise in ganz Europa. Während das Festland unter den Folgen Napoleons Kontinentalblockade zu Leiden hatte, war England im Jahr 1811 der Schauplatz einer "great panic".

Anfang des 19. Jahrhunderts war die politischen Situation in Europa verworren, so dass es immer wieder zu neuen Konflikten kam. Im Zentrum dieser Machtkämpfe standen Napoleon Bonaparte, der sich Anfang des 19. Jahrhunderts auf dem Höhepunkt seiner Karriere befand sowie das britische Königreich als Hauptfeind Frankreichs. Der Auslöser für die Krise der Jahre 1809-1811 war die Errichtung der Kontinentalsperre durch Napoleon im Jahr 1806. Eingeleitet wurde die Blockade nach dem Sieg über Preußen und Sachsen in der Doppelschlacht von Jena und Auerstedt am 14. Oktober 1806 mit dem Dekret von Berlin am 21. November 1806. Das Dekret verbot allen neutralen Festlandstaaten sowie den französischen Alliierten den Handel mit Großbritannien.

Die Folgen für Europa waren verheerend. Napoleon bezweckte mit dem Handelsverbot für alle britische Industrieprodukte und Kolonialwaren sowie der Unterbindung der Getreideexporte nach England den Hauptgegner in die Knie zu zwingen. Allerdings schadete die Blockade zunächst den Verbündeten Frankreichs mehr als dem eigentlichen Gegner. Um eine möglichst große Effizenz des Systems zu gewährleisten, unterlagen nämlich nicht nur englische Erzeugnisse dem Einfuhr-Verbot, auch kontinental-europäische Produkte, die den englischen stark ähnelten - wie z.B. Textilien und Stahlwaren - wurden von den französischen Zöllnern konfisziert, sobald sie in den französischen Einflußbereich gelangten. Der bisher rege Handel mit Waren nach England oder in die Vereinigten Staaten kam somit fast gänzlich zum Erliegen und die Preise schossen in die Höhe. Zwar sorgte ein reger Schmuggel zwischen England und dem Festland für eine gewisse Grundversorgung, jedoch konnten die Schmuggler-Boote die unterbrochenen wirtschaftlichen Beziehungen nur zu einem geringen Teil kompensieren.

Napoleon reagiert mit dem Dekret von Mailand

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Im Jahr 1807 schloss sich schließlich auch Russland der französischen Sperre an und beendete die Handelsbeziehungen mit dem britischen Empire. Doch Großbritannien sah dem französischen Handelsboykott nicht tatenlos zu, sondern überfiel im September des gleichen Jahres mit einer Flotte Kopenhagen und kaperte die dänische Flotte, um Dänemark so am Beitritt zur französischen Kontinentalblockade zu hindern. Mit einer Weisung vom November 1807 blockierten die Briten schließlich ihrerseits alle französischen und von Frankreich kontrollierten Häfen und verbot Schiffen aller neutralen Länder französische Häfen oder Häfen der mit Frankreich verbündeten Länder anzufahren. Napoleon erließ daraufhin das Dekret von Mailand (Dezember 1807), wodurch alle Schiffe, die von einem britischen Zollschiff durchsucht worden seien, Häfen in Großbritannien angelaufen oder der britischen Regierung Zoll gezahlt hätten, ungeachtet ihrer Nationalität als britische Schiffe zu behandeln waren. Als einziges Land auf dem Kontinent weigerte sich Portugal, das mit England verbündet war, der Blockade beizutreten. Um den Kontinent unter Kontrolle zu haben entschloss sich Frankreich wenig später zur Besetzung Portugals. Als die übermächtigen Truppen Napoleons in Portugal einmarschierten, flohen der portugiesische König Joâo VI. und seine Familie mit der Unterstützung Englands nach Rio de Janeiro.

Dort leitete der geflohene König tiefgreifende wirtschaftliche und politische Reformen ein und öffnete den Weg für die Entstehung staatlicher Ausbildungsangebote. So wurde beispielsweise 1809 die erste Fabrikschule in Brasilien gegründet, die die Schüler anhand praktischer Arbeit und theoretischen Unterrichts ausbildete und sich über den Verkauf der während des Unterrichts entstandenen Produkte finanzierte. Durch diese Reformen blühte die Wirtschaft des bislang eher unbedeutenden südamerikanischen Landes schnell auf. Die englischen Kaufleute, die ihrer Absatzgebiete in Europa weitgehend beraubt worden waren, witterten ihre Chance und exportierten nun Waren vestärkt nach Brasilien. Dadurch konnte die Wirtschaft auf den britischen Inseln Napoelons Boykott zunächst entgehen, da die neuen Absatzgebiete in Südamerika die Ausfälle in Europa weitgehend kompensierten.

Die Situation verschärft sich abermals

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Im Jahr 1810 verschärfte sich die Situation in Europa allerdings abermals. Napoleon hatte mit dem Dekret von Trianon (5. August 1810) sämtliche Kolonialwaren - natürlich mit Ausnahme der französischen - mit einem Zoll von bis zu 50% ihres Wertes belastet. Zusätzlich schrieb das Dekret von Fontainebleau (19. Oktober 1810) die öffentliche Verbrennung britischer Waren vor.

Erst als 1810 das Jeverland französisch wurde und dem Department de l’Ems Oriental zugeteilt wurde, kam es mit dem Dekret vom 18. Oktober 1810, das das Postwesen nach französischen Verhältnissen regelte, zu nachhaltigen Veränderungen.[1]

Napoleonische Post in Norddeutschland: Nach einem Dekret aus Fontainebleau vom 18. Oktober 1810 entstanden sieben Postämter und zwar in Aurich, Emden, Esens, Jever, Leer, Norden und ... [2]

Auch gegen Schmuggel wurde nun verstärkt durch Sondergerichte vorgegangen. Da viele Unternehmen aber auf englische Rohstoffe und Halbfertigwaren angewiesen waren und ohne diese Produkte nicht existieren konnten, verstärkte das stark verringerte Importaufkommen die Massenarbeitslosigkeit auf dem Kontinent und führte zum Ruin unzähliger Handelshäuser.

Die Verschärfung der Kontinentalblockade traf nun auch die englischen Kaufleute. Waren bislang viele Produkte über Umwege doch noch aufs Festland gelangt, so kam nun durch das rigorose Vorgehen der französischen Beamten der Handel mit dem Kontinent fast vollkommen zum Erliegen. Die Wirksamkeit der Blockade läßt sich gut am Beispiel des Amsterdamer Hafens darlegen. Brachten 1807 noch 192 Schiffe Güter im Gegenwert von 11 Millionen Gulden in die holländische Hauptstadt, so sank die Anzahl der Schiffe im Jahr 1808 auf 44 und 1809 auf 21. Im Jahr 1810 erreichten schließlich nur noch 5 Schiffe den Hafen und 1811 lief offiziell kein einziges Handelsschiff in den Amsterdamer Hafen ein. Erst 1814 kam der internationale Handel mit 3 amerikanischen Schiffen langsam wieder in Fahrt.

Übersättigung der Märkte in Südamerika

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Gleichzeitig machte sich in Südamerika eine Übersättigung bemerkbar. In Folge der Umschichtung der Exporte von Europa nach Brasilien war der noch junge Markt mit englischen Produkten überschwemmt worden. Kurz vor dem Höhepunkt flossen innerhalb weniger Wochen mehr Waren aus England nach Brasilien, als in 20 Jahren (!) verbraucht werden konnten, darunter auch Produkte wie Schlittschuhe, die im sonnenverwöhnten Südamerika nur schwer abgesetzt werden konnten. Diese extrem übertriebenen Exporte nach Brasilien sorgten zunächst noch für volle Auftragsbücher in England. Dennoch spitze sich die Lage in England langsam zu.

Auch der Ausstieg Rußlands aus der Kontinentalsperre im Jahr 1810 konnte die drohende Rezession nicht mehr verhindern. Wie alle Länder in Europa war auch Rußland durch die Kontinentalsperre arg in Mitleidenschaft gezogen worden und benötigte dringend die Importe aus England. Zar Alexander erklärte deswegen 1810 seine Abkehr von Napoleon und verbot sogar den Import französischer Luxuswaren. Aber nur wenige englische Exporteure wagten zunächst - aufgrund befürchteter Überfälle durch französische Schiffe und der zu erwarteten Rache Napoelons an Rußland - die gefährliche Überfahrt in die Häfen der Ostsee.

Das System kippt

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Im Herbst 1810 brachte eine unsichere politische Lage im britischen Empire das System schließlich zum Kippen. Zu dieser Zeit erlitt der englische König Georg III. Wilhelm Friedrich - nachdem sich bereits vorher Anzeichen von Geistesstörung bei ihm gezeigt hatten - einen schweren Rückfall. George III. war unfähig das Land weiter zu regieren. Sein Sohn, Georg IV August Friedrich, konnte aber, solange sein Vater nicht tot war, nicht die Regierungsgeschäfte übernehmen. Die Stimmung in Großbritannien war nun auf dem Tiefpunkt. Die Exporte nach Brasilien waren fast vollkommen zusammengebrochen und auch auf dem Kontinent gab es keine Abnehmer mehr. Zudem schürte die ernste politische Krise die Angst vor einem Überfall der Franzosen. Im Januar 1811 kam es schließlich zur "great panic" in Großbritannien. Vermehrt konnten Handelshäuser aufgrund der Exportausfälle ihren Zahlungsforderungen nicht mehr nachkommen. Aufgrund der herrschenden Unsicherheit, war aber niemand mehr bereit Schulden zu stunden oder neue Kredite zu gewähren, so dass die ersten Konkurse nicht lange auf sich warten ließen. Diese Bankrotte zogen wiederum andere eng verbundene Wirtschaftszweige in den Ruin. Wie ein Lauffeuer verbreitete sich die Krise in England und stieß unzählige Farbriken, Banken und Kaufleute in den Abgrund. Auch in New York und - trotz der Blockade - in Hamburg standen in der Folge mehrere Kaufleute vor dem Aus, die enge Beziehung zur britischen Insel unterhalten hatten. Erst im Februar 1811 als Georg IV durch eine Dekret des Parlaments die Regierungsgeschäfte übernahm, beruhigte sich die Lage wieder.

Doch trotz der Schäden, die die Kontinantalsperre angerichtet hatte, brachte sie nicht nur Nachteile für Europa. Der Ausschluss der bis dato führenden Industriemacht England vom Marktgeschehen auf dem Festland, förderte die Entwicklung der kontinentaleuropäischen inländischen Industrie. Viele Länder und Städte waren nun auf sich alleine gestellt und versuchten die zuvor importierten Produkte selber herzustellen. Mit Beginn der Kontinentalsperre setzte eine Gründungswelle ein, die ab 1808 unzählige Betriebe und ganze Industriezweige schuf. Die getrennten Märkte (Festland und England) hatten letztendlich beide gelernt ohne die andere Seite auszukommen. Der Zusammenbruch der Kontinentalsperre und der Rückkehr des internationalen Handels führte deswegen im Jahr 1816/17 erneut zu einer schweren Wirtschaftskrise.


https://www.boerse.de/boersenwissen/boersengeschichte/Kontinentalblockade-des-Festlandes-und-Great-Panic-in-England-1806-1811-86


Kontinentalsperre

Version vom: 30.10.2008

Autorin/Autor: Andreas Fankhauser

Von Napoleon I. am 21. November 1806 verfügte Wirtschaftsblockade des weitgehend unter französischem Einfluss stehenden europäischen Kontinents gegen Grossbritannien, die bis 1813 in Kraft blieb. Ein Handelsverbot für britische Industrieprodukte und Kolonialwaren und die Unterbindung der Getreideexporte nach den Britischen Inseln sollten den Hauptgegner in die Knie zwingen. 1807 blockierte Grossbritannien seinerseits die Häfen Frankreichs und seiner Verbündeten. Allerdings schädigte die 1810 verschärfte, durch Lizenzen und Schmuggel immer wieder durchbrochene Kontinentalsperre die britische Wirtschaft nicht schwerwiegend. Schon vor Einsetzung der Kontinentalsperre war die Schweiz der Mediation von den protektionistischen, auf die Ausschaltung der ausländischen Konkurrenz abzielenden Massnahmen Bonapartes betroffen: Am 29. Oktober 1803 wurden die Importe von Baumwollwaren nach Frankreich durch hohe Zölle erschwert und am 22. Februar 1806 völlig verboten (inklusive des Transits schweizerischer Manufakturprodukte durch Frankreich nach Spanien). 1804 untersagte Napoleon den Export von Hanf und Flachs aus Belgien und dem Elsass nach den 19 Kantonen, 1805 denjenigen von piemontesischer Rohseide. Nach erfolglosen Demarchen zugunsten der Textilindustrie schloss sich die Tagsatzung am 5. Juli 1806 dem französischen Importverbot für britische Handelsgüter an. Einzig die Einfuhr von Maschinengarn, dem Basisprodukt der schweizerischen Textilfabrikation, war mit Billigung der französischen Regierung weiterhin möglich. Der Vollzug wurde den Grenzkantonen übertragen und der Handelsverkehr an der Nord- und Ostgrenze auf 13 Zollstationen beschränkt. Damit hatte die Schweiz die Kontinentalsperre quasi vorweggenommen. Die für das Fortbestehen der Textilindustrie entscheidende rohe Baumwolle gelangte in den folgenden Jahren praktisch nur noch aus der Levante in die Schweiz. Kaufleute wie der Basler Christoph Merian beschafften auf Schleichwegen in Frankfurt und Leipzig Zucker, Kaffee und andere Kolonialwaren.

Mit dem Dekret von Trianon (5. August 1810) begann die zweite Phase der Kontinentalsperre: Sämtliche Kolonialwaren mit Ausnahme der französischen wurden mit einem Zoll von bis zu 50% ihres Werts belastet. Das Dekret von Fontainebleau (19. Oktober 1810) schrieb die öffentliche Verbrennung britischer Waren vor, was im Fürstentum Neuenburg geschah. Sondergerichte bekämpften den Schleichhandel.

Sequester auf Kolonialwaren und britischen Manufakturprodukten und ein von Italien, Baden, Württemberg und Bayern verhängtes Exportverbot von Kolonialwaren und levantinischer Baumwolle in die Schweiz führten in der Ostschweiz (v.a. im Toggenburg) zu Arbeitslosigkeit und trieben verschiedene Handelshäuser in Basel und Zürich in den Ruin. Italienische Truppen besetzten am 31. Oktober 1810 mit Billigung Napoleons unter dem Vorwand der Bekämpfung von Schmuggelumtrieben den Kanton Tessin. In dieser für die Existenz der Eidgenossenschaft bedrohlichen Lage zentralisierte der Landammann der Schweiz, Niklaus Rudolf von Wattenwyl, das Zollwesen an der Landesgrenze, was die Tagsatzung am 18. Juli 1811 nachträglich sanktionierte. Diese Massnahme blieb bis 1813 in Kraft. Die Wareneinfuhr war nur noch an insgesamt 24 Zollstationen möglich, der Glarner Niklaus Heer wurde Oberaufseher der eidgenössischen Grenzanstalten. Von Wattenwyl erreichte mittels eines dringlichen Appells, in dem er auf die prekäre wirtschaftliche Lage der 19 Kantone hinwies, dass Napoleon Ende Dezember 1810 den Import von Levante-Baumwolle wieder zuliess und die Rheinbundstaaten 1811 ihre Transitsperre aufhoben.

Die Kontinentalsperre brachte der schweizerischen Textilindustrie nicht bloss Nachteile. Der Ausschluss der britischen Konkurrenz vom kontinentalen Markt förderte die Entwicklung der mechanischen Baumwollspinnerei in der Schweiz. 1808 setzte eine Gründungswelle ein, die die Zahl der Betriebe im Kanton Zürich bis 1814 auf 60, im Kanton St. Gallen auf 17, im Appenzellerland auf sieben ansteigen liess. Sich am britischen Vorbild orientierende Unternehmer wie Johann Caspar Zellweger in Trogen oder Hans Caspar Escher in Zürich fanden trotz der französischen Handelshemmnisse in Deutschland neue Absatzmärkte und erzielten während der Kriegskonjunktur hohe Gewinne. Gleichzeitig verzögerte die Kontinentalsperre den völligen Niedergang der Handspinnerei. Nach dem Sturz Napoleons und der Aufhebung der Kontinentalsperre überfluteten preisgünstige britische Baumwollwaren den Kontinent und lösten in der Eidgenossenschaft, die sich nicht durch protektionistische Massnahmen schützen konnte, 1816-1817 eine schwere Wirtschaftskrise aus.

Quellen und Literatur

Literatur

B. de Cérenville, Le système continental et la Suisse 1803-1813, 1906

W. Bodmer, Die Entwicklung der schweiz. Textilwirtschaft im Rahmen der übrigen Industrien und Wirtschaftszweige, 1960, 275-303 HbSG, 860-862

P. Gern, «Approche statistique du commerce franco-suisse de l'An V à 1821», in Studien und Qu. 7, 1981, 77-118

Dictionnaire Napoléon, hg. von J. Tulard, 1989, 219-239

J.-F. Bergier, Wirtschaftsgesch. der Schweiz, 21990, 202-211

https://hls-dhs-dss.ch/de/articles/013928/2008-10-30/#:~:text=Das%20Dekret%20von%20Fontainebleau%20(19,Sondergerichte%20bek%C3%A4mpften%20den%20Schleichhandel.


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  1. Posthausschild des “Russisch Kayserl. Post-Amtes” in Jever - vgl. Disk. Projekt Altes Bernburg.
  2. Napoleonische Post in Norddeutschland - StampsWiki Dekret von Fontainebleau 18. Oktober 1810 von stampswiki.de.