Das Moravia der Quellen wurde in der traditionellen Geschichtswissenschaft mit (Alt)Mähren oder dem Großmährischen Reich, auch Großmähren oder Altmährisches Reich genannt, geichgesetzt.

In der jüngsten Forschung ist ein sehr kontroverser wissenschaftlicher Disput zwischen den Historikern und den Archäologen und anderen Wissenschaftlern über den Begriff und vor allem die Lokalisierung von Moravia entstanden, dessen Ergebnis noch nicht annähernd absehbar ist.

Für Dresden ist Moravia insofern von erheblicher Bedeutung, als daß

1. Eine muttersprachliche (kircheslawische) christliche Mission in den Jahren ab 862/863 von Moravia auf die westslawischen Gebiete wirkte (mit der Einrichtung einer christlichen byzantinischen Elemantarschule und der Weihe einer Kirche in Bresnice um 884) und
2. Der Dresdener Elbtalkessel in den Jahren vor 890 indirekt (über Böhmen) und ab 890 bis 895 (nach andrer Meinung bis 897) direkt zu Moravia gehörte.

Nach einer iroschottischen[1] Mission im späteren großmährischen Bereich mit wenigstens zwei Kirchen in Mikulčice (der großmährischen Hauptstadt vor Veligrad[2]) und einer Kirche in Modra („Perle der Kleinen Karpaten“) ging eine weitere Mission vom 739 bestätigten römisch-katholischen Bistum Salzburg (798 Erzbistum) aus. 796 erschien der awarische Tudun[3] nach einer empfindlichen militärischen Niederlage gegen das Frankenreich vor Karl dem Großen und ließ sich taufen. Am 20. April 798 erhob Papst Leo III. auf Bitten Karls des Großen hin das Bistum Salzburg zum Erzbistum, das nun neben dem gesamten altbaierische Stammesgebiet[4] auch noch das heutige Südtirol und weite Teile Ungarns, Tschechiens, Sloweniens und der Slowakei umfaßte. Arn von Salzburg, seit 785 Bischof, wurde Erzbischof. Arns Missionsgebiete waren das slawische Karantanien (Kärnten) bis zur Draumündung und Pannonien, das Siedlungsgebiet der Awaren. Für seine Gebiete führte Arno statt des regulären Zehents[5] den „Slawenzehent“ ein, eine wesentlich geringere und gleichbleibende Abgabe. Zwar war die Liturgiesprache Latein, aber die Missionssprache war nach einem Hinweis in der Konstantinsvita (Abschnitt Widerlegung der Pilatianer) nicht Latein, sondern wahrscheinlich Awarisch.

Von dieser Situation aus war es bis zur Missionssprache Slawisch nur noch ein kleiner Schritt.

Durch die Lorcher Fälschungen wird behauptet, der Passauer Bischof Reginar sei im 9. Jahrhundert zum Erzbischof geweiht worden und habe in Mähren missioniert. Durch die Fälschungen wurde ein Vorrecht vor dem Erzbistum Salzburg bei der Christianisierung und kirchlichen Organisation in Ungarn und den angrenzenden Gebieten behauptet und die Erhebung des Bistums Passau in den Rang eines Erzbistums angestrebt. Diese Fälschungen wurden ausweislich von Form und Inhalt allerdings erst Ende des 10. Jahrhunderts verfaßt, höchstwahrscheinlich auf Veranlassung des Sieghardingers Pilgrim von Passau, der 971 bis 991 das Amt des Bischofs innehatte. Demzufolge bezeichnen deutsche und österreichische Forscher den Mährerfürsten Mojmir I. auch als Repräsentanten einer noch heidnischen Herrschersippe, während die lokalen tschechischen und slowakischen Historiker naturgemäß sehr gern diese Fälschungen als Grundlage nehmen, eine "Taufe der Mährer" zu behaupten, welche zumeist in das Jahr 831, nach Alexis P. Vlasto bereits in den Zeitraum zwischen 818 und 825. Wie unwahrscheinlich solche Frühdatierungen sind, erhellt schon der Vergleich mit der Situation im Salzburger Kernland: etwa 820 wurde die Cella Maximiliana in Bischofshofen von „gottlosen Slaven“ zerstört (zum zweiten Mal nach 720–725) und mußte am 23. Oktober 821 vom Salzburger Erzbischof Adalram zum dritten Mal geweiht werden.

Unter Berücksichtigung der Umstände ist es sehr wahrscheinlich, daß es sich bei der Weihe der Emmeram-Kirche von Neutra (Nitra) im Jahre 828 - ebenfalls von Adalram vorgenommen - tatsächlich wie vielfach angenommen um die erste Kirche auf slawischen Territorium nördlich der Donau handelte. Adalram unterhielt gute Beziehungen zum mährischen (Lehens-)Fürsten Pribina von Neutra, der diese Kirche - wahrscheinlich für baierische Kaufleute in Nitra - billigte.

Diese Weihe wurde allerdings als ein Eingreifen in die Diözesan- und Missionsrechte Passaus gewertet, weswegen der ostfränkische König Ludwig der Deutsche im November 829 die Diözesengrenzen zwischen Salzburg und Passau regeln mußte. In der Beurteilung dieses Vorganges sind sich die Historiker nicht einig. Während die herrschende Meinung von einer Neuregelung ausgeht, sieht eine Mindermeinung hier lediglich eine Bestätigung der alten Grenzen von 796 oder 798.

Großmähren

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In den frühen 830er Jahren brach das System tributär-vasallenhafter Abhängigkeit infolge der innerdynastischen Kämpfe der Karolinger zwischen Kaiser Ludwig dem Frommen und seinen Söhnen vollständig zusammen.

Infolge dessen gelang auch Mojimir I. eine Vereinigung der mährischen Landesteile an der March und um Neutra.

832/833 wurde Pribina vom mährischen Fürsten Mojmir I. des Landes verwiesen (nach anderer Meinung wurde Pribina mit militärischen Mitteln außer Landes vertrieben). Mojmir duldete wahrscheinlich die christenfreundliche Politik Pribinas nicht, die er nur als "Zusammenarbeit mit dem Feind" werten konnte. Seit spätestens 822 (möglicherweise schon früher, jedoch noch nicht 817) war Mähren (das regnum Maravorum) dem Frankenreich tributpflichtig. Die Emmeran-Kirche von Nitra wurde wahrscheinlich in diesem Zusmmenhang vollständig zerstört. Es konnten bis heute keine Überreste gefunden werden, die Kirche ist noch nicht einmal lokalisiert. Pribina flüchtete mit seinen Getreuen in das Frankenreich, wo er 833 auf königlichen Befehl hin in der Martinskirche bei Traismauer (heute Bezirk St. Pölten-Land) getauft. 839 oder 840 setzte der ostfränkische König Ludwig der Deutsche Pribina als Verwalter des von Slawen bewohnten Plattensee-Fürstentums in Unter-Pannonien ein.

Erst nach dem Teilungs-Vertrag von Verdun (843) begann Ludwig der Deutsche im Jahre 845 eine systematische Offensive gegen alle slawischen Stämme entlang der Ostgrenze, um deren Abhängigkeit vom neuentstandenen Ostfrankenreich durchzusetzen. Noch 845 huldigten ihm 14 böhmische Fürsten in Regensburg und ließen sich taufen, ohne daß dies aber zu einer Christlichkeit in Böhmen geführt hätte. Die böhmischen Fürsten befürchteten ein Übergreifen des seit 833 vereinigten und expandierenden mährischen Reiches, weswegen sie sich dem Schutz Ludwig des Deutschen unterstellten. Mitte August 846 marschierte Ludwig der Deutsche in Mähren ein und regelte die Dinge nach seinem Willen[6]. So setzte er bei dieser Gelegenheit Mojmirs Neffen Rastislav als neuen Fürsten ein und hatte fast ein Jahrzehnt Ruhe in der Mährerangelegenheit.

853 unternahmen die Bulgaren zusammen mit "Slawen" einen Plünderungszug ins Ostfrankenreich, an dem sich offenbar auch die Mährer beteiligten.

854 fand ein Aufstand von Ratpot, dem Präfekten des bairischen Ostlandes, statt. Dieser Aufstand wurde durch den Ostfrankenkönig Ludwig den Deutschen niedergeschlagen, Ratpot seines Amtes enthoben. Aus den heute bekannten Quellen ist nicht zu erkennen, ob sich der Mährerfürst/Mährerkönig Rastislav mit Ratpot verbündet hatte.[7]

Rastislaw nutzte die Schwäche des ostfränkischen Reiches und annektierte bis 855 das Gebiet zwischen Dyje und Donau sowie Territorien in der Ostslowakei. Zur Sicherung baute er in diesen Gebieten neue Festungen.

Ostfrankenkönig Ludwig der Deutsche übernahm nun persönlich die Kontrolle über das baierische Ostland und unternahm [[855] einen Feldzug nach Mähren, den er wegen dem Burgwallsystem[8] der Mährer erfolglos abbrechen mußte. Ludwig der Deutsche zog sich daraufhin mit seinem Heer plündernd aus Mähren zurück, wobei Rastislaw einen heftigen Angriff auf Ludwigs Lager führte und ihm sogar bis ins Ostfrankenreich folgte, sehr viele grenznahe baierische Orte verwüstend.[9]

Rastislav von Mähren gab 857 dem böhmischen Fürsten Sclavitag nach einer erfolglosen Rebellion gegen die Franken Zuflucht, nachdem Sclavitag mittels eines fränkischen Heerzuges aus Böhmen gedrängt wurde.[10] Diese kurze Notiz über Sclavitag gibt keinen Hinweis auf die Lage Moravias, aber Sclavitags Ankunft an Rastislavs Hof ist wohl das erste Mal, dass böhmische und mährische Geschichte so eng miteinander verbunden sind. Bis zu diesem Zeitpunkt waren alle Konflikte zwischen den Franken und den Böhmen ohne Beteiligung der Mährer geführt worden, während Ereignisse, die die Mährer betrafen, die Böhmen nicht betroffen hatten. Während Karlmann 856 an den Grenzen der Ostmark (d.h. in den Regionen südlich der Donau, einschließlich Kärnten) beschäftigt war, begann der Feldzug gegen Sclavitag in Bayern unter der Führung von Otgar, Bischof von Eichstätt und Hruodoltus (dem "comes palatti" Ludwig des Deutschen) und Ernst, Sohn des Markgrafen Ernst. Der Grund dafür könnte sein, dass die Böhmen normalerweise die Aufgabe der Markgrafen aus Bayern waren, während die Mähren von den Markgrafen aus der Ostmark in Schach gehalten wurden. Die Grafen der Ostmark waren nicht an den Angelegenheiten in Böhmen oder in den Gebieten nördlich der Donau beteiligt. Die Ostmark sollte ein Bollwerk sein, welches Bayern im Osten vor allem vor Angriffen aus Pannonien verteidigte.

Zur Geschichte von Großmähren nach 867 siehe Altmähren

Anmerkungen

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  1. Die drei genannten Kirchen haben typisch iroschottische Grundrisse - ein rechteckiges Kirchenschiff mit Presbyterium und den typischen chrochaingail genannten Querwänden (vgl. Egilsay).
  2. Veligrad wurde wahrscheinlich erstmals 869 in den „annales fuldenses“ als eine namenlose Festung des Fürsten Rastislav erwähnt, 871 löste dieser Ort dann Mikulčice in der Haupttadtfunktion des Großmährischen Reiches ab.
  3. Der Titel Tudun wurde wahrscheinlich vom Herrscher des spätawarischen Reiches (oder dessen Westteil) getragen und ist wahrscheinlich von dem chinesischen tu-dun (= Provinzgouverneur) abgeleitet.
  4. Das altbaierische Stammesgebiet umfaßte den Großteil des heutigen Österreich und Bayern (außer Franken und Schwaben)
  5. Der Zehent war der zehnte Teil der jährlich schwankenden Ernteerträge.
  6. Annales Fuldenses ad 846: … circa medium mensem Augustum cum exercitu ad Sclavos Margenses defectionem molientes profectus est. Ubi ordinatis et iuxta libitum suum conpositis rebus ducem eis constituit Rastizen nepotem Moimari; inde per Boemanos cum magna difficultate et grandi damno exercitus sui reversus est.
  7. Mathias Becher, Alheydis Plassmann (Hrsg.): Streit am Hof im Mittelalter, V&R unipress, Göttingen 2011, ISBN 978-3-89971-884-3, S. 233
  8. Das Burgwallsystem wird in den Annales Fuldenses als mährische „civitates e castella“ bezeichnet. Archäologisch sind bislang über 30 Befestigungen aus dem 9. Jahrhundert im Bereich des damaligen Mährens nachgewiesen.
  9. Ludwig der Deutsche - 855, in Sclavos Morahenses - Heerfahrt gegen den aufständischen herzog Rastiz (Ratislaw) ohne grösseren erfolg ... verwüstung des landes, blutige abwehr eines angriffes auf das lager, sieglose rückkehr ... ; Rastiz folgt dem abziehenden heer und plündert und verwüstet sehr viele orte ienseits der Donau. Ann. Fuld. vgl. Ann. s. Lamberti, Hildesh. M. G. SS. 3,47, 46. In: RI I n. 1412b, in: Regesta Imperii Online, URI: http://www.regesta-imperii.de/id/0855-00-00_2_0_1_1_0_3177_1412b (Abgerufen am 31. Dezember 2019).
  10. 857: Heerfahrt des bischofs Otgar (Eichstädt), des pfalzgrafen Hruodolt und Ernst, des sohnes des markgrafen (ducis) Ernst, mit ihren leuten gegen Böhmen ... ; sie erobern die 'stadt' des schon seit vielen iahren aufrührerischen herzogs Wiztrach ... und vertreiben daraus dessen sohn Sclavitag (Sclaiutag), der über dieselbe herrschte. Dieser flieht zu Ratislaw (Rastiz), sein bruder, der von ihm vertrieben bei dem Sorbenfürsten Zistibor ausser landes lebte, erscheint vor dem könig (um die huldigung zu leisten) und erhält nun das eroberte gebiet. Ann. Fuld. In: RI I n. 1427a, in: Regesta Imperii Online, URI: http://www.regesta-imperii.de/id/0857-00-00_1_0_1_1_0_3200_1427a (Abgerufen am 31. Dezember 2019).

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