Projekt:Dresdner Glossar/Oberforstmeisterei Dresden

Bestandssignatur:

Sächsisches Staatsarchiv, 10862

Kontext:

Sächsisches Staatsarchiv (Beständegliederung) >> 02. Königreich und Freistaat Sachsen 1831 - 1945 >> 02.03 Fachbehörden und nachgeordnete Einrichtungen >> 02.03.05 Finanzen >> 02.03.05.02 Forstverwaltung Bestandslaufzeit:

1555 - 1933


Bestandsbeschreibung:

Geschichte: Bis 1815 umfasste die damalige Oberforst- und Wildmeisterei Dresden die Ämter Hoyerswerda, Meißen, Moritzburg, Radeberg mit Laußnitz sowie Senftenberg, d. h. vor allem rechtselbisches Gebiet und nur einen verhältnismäßig schmalen Streifen auf dem linken Elbufer. Sitz des Oberforstmeisters war der Jägerhof in Dresden-Neustadt. Durch die Teilung Sachsens im Zuge des Wiener Friedens und die Neugliederung des verbliebenen Gebietes in vier Forstkreise und 15 Forstbezirke, fielen die Ämter Meißen, Moritzburg und Radeberg mit Laußnitz der neu geschaffenen Oberforstmeisterei Moritzburg zu, während das Amt Senftenberg zu Preußen kam. Damit wurde der Forstbezirk Dresden, ab 1844 Oberforstmeisterei, auf das Dresdner Amt, d. h. vorwiegend die Dresdner Heide, beschränkt, und lediglich ein kleines Waldgebiet im Amt Stolpen kam neu hinzu. Eine Vermehrung der Dresdner Forstreviere erfolgte 1906, da man die Oberforstmeisterei Moritzburg nunmehr in die Dresdner Oberforstmeisterei integrierte. Von diesen Forstrevieren wurden 1924 Kreyern, Moritzburg und ein Teil von Weißig dem Familienverein "Haus Wettin Albertinischer Linie e. V." überlassen. 1924 wurde die Oberforstmeisterei aufgelöst und eine Landforstdirektion unter einem Landesforstmeister geschaffen.

Weitere Angaben siehe 2.3.5.2 Forstverwaltung

Inhalt: Allgemeine Bestimmungen.- Grundstücksangelegenheiten.- Baugenehmigungen.- Jagdangelegenheiten.- Personalverwaltung.- Forsttaxation und Revisionsangelegenheiten.

Ausführliche Einleitung: Im Jahre 1567 wurden sämtliche Wälder im Meißnischen Kreis rechts der Elbe einem Oberfortmeister Hans Neber in Radeberg unterstellt. Dieser Bezirk hat sich offenbar sehr bald als zu groß erwiesen, sodass die Wälder um das Elbsandsteingebirge von ihm abgetrennt wurden. So wird Johann Caspar Knoche im Jahre 1657 nur noch als Oberforstmeister in den Ämtern Dresden, Moritzburg, Meißen und Radeberg mit Laußnitz genannt. Der Sitz des Oberforstmeisters ist wohl schon im 16. Jahrhundert nach Dresden verlegt worden und befand sich zu Anfang des 19. Jh. im Jägerhof in Dresden-Neustadt. Noch bis 1815 umfasste die Oberforst- und Wildmeisterei Dresden vor allem rechtselbisches Gebiet und nur einen verhältnismäßig schmalen Streifen auf dem linken Elbufer. Zu den schon 1677 genannten Ämtern kamen 1765 noch Senftenberg und Hoyerswerda hinzu. Mit der Dresdner Heide und dem Friedewald um Moritzburg gehörten die Hauptjagdgebiete der Landesherrschaft zur Oberforstmeisterei Dresden. Da die Jagdangelegenheiten bis in die erste Hälfte des 19. Jahrhunderts den Vorrang vor der Forstpflege beanspruchten, war Dresden eine der wichtigsten Oberforstmeistereien Sachsen. Diese vorrangige Bedeutung der Oberforstmeisterei Dresden hat sich im 19. Jahrhundert aus verschiedenen Ursachen stark verringert. Nach der Verkleinerung Sachsens im Jahre 1815 wurde das verbliebene Gebiet in 4 Forstkreise mit 15 Forstbezirken neu eingeteilt. In den Ämtern Moritzburg, Meißen Radeberg mit Laußnitz und Großenhain (letzteres bis 1815 bei der Oberforstmeisterei Liebenwerda) wurde dabei ein neuer Forstbezirk (seit 1844 Oberforstmeisterei) Moritzburg gebildet, während das Amt Senftenberg an Preußen kam. Damit wurde der 4 Forstbezirk Dresden, dem ein Forstmeister, seit 1844 wieder ein Oberforstmeister vorstand, auf das Amt Dresden, d. h. vorwiegend auf die Dresdener Heide beschränkt und lediglich ein kleines Waldgebiet im Amt Stolpen neu hin zugefügt. So wurde die Oberforstmeistere in Dresden wesentlich verkleinert und auch ihr Wildreichtum nahm ab. Bei der wachsenden Bedeutung der Forstwirtschaft gegenüber der Jagd hatten die Dresdener Waldungen keinen Vorrang mehr vor den übrigen Forsten des Landes. Der Schwerpunkt der Waldnutzung verlagerte sich sehr auf die Forstwirtschaft, dass die Aufsicht über die Waldungen seit der Staatsreform 1831 nicht mehr dem Oberhofjägermeister, sondern einem Forstfachmann im Finanzministerium übertragen wurde. Das Dresdener Waldgebiet wurde im 19. Und 20. Jahrhundert von der sich mächtig ausdehnenden Großstadt und den ihr benachbarten Orten zurückgedrängt. Wie aus Akten hervorgeht, musste die Oberforstmeisterei Dresden in besonders starkem Maße Waldland für Wohnsiedlungen, für Eisenbahnen und für militärische Zwecke abtreten. Der Dresdner Forstbezirk war seit 1816 in folgende 14 Forstreviere untergliedert: Ullersdorf, Langebrück, Biehla bei Kamenz, Fischhaus, Neudorf, Pillnitz (einschließlich Kammergut Schönfeld), Döhlen, Ostra (bzw. Friedrichstadt), Plauen, Blasewitz, Rohes Haus, Hühndorf (1821 zu Grillenburg) so wie Fischbach und Seligstadt (letztere im Amt Stolpen). Von diesen Revieren wurden aufgelöst: Biehla, Rothes Haus (1857), Plauen (1857), Friedrichstadt (1873) und Blasewitz (1873). Fischbach und Seligstadt wurden 1857 zu einem Forstrevier Stolpen vereinigt. Röhrsdorf kam 1867 von der Oberforstmeisterei Moritzburg zu Dresden.

In der Oberlausnitz, wo es bisher nur Privatwaldungen gegeben hatte, erwarb der sächsische Staat 1878 das Waldgebiet von Halbendorf, dass trotz seiner entfernten Lage als Forstrevier der Oberforstmeisterei Dresden zugeteilt wurde. Von nun an umfasste diese folgende Forstreviere: Neudorf (1881 = Dresden, 1924 = Klotzsche), Fischhaus (1901 zwischen Ullersdorf und Dresden aufgeteilt), Langebrück, Ullersdorf (1924 = Weißer Hirsch), Pillnitz (1924 zu Lohmen - Sächs. Schweiz), Stolpen (1881 = Fischbach), Röhrsdorf (1924 zu Langebrück), Döhlen ( 1894 = Tharandt, Oberforstmeisterei Grillenburg), Halbendorf (seit 1878). So blieben 1924 nur noch 5 Forstreviere in dem Gebiet übrig, das 1816 noch in 14 eingeteilt gewesen war (außer Röhrsdorf und Halbendorf)! Besonders stark war diese Verminderung der Zahl der reviere in der Oberforstmeisterei Dresden. Dies ist auf die ausgedehnten Verluste von Waldgebiet zurückzuführen, aber auch darauf, dass die Anzahl der Forstreviere zu dieser Zeit in ganz Sachsen sehr eingeschränkt wurde und die Reviergröße anstieg (1819: 149 Reviere, 1933: 76 Reviere; durchschnittliche Reviergröße 1943: 1040ha, 1933: 2320ha). Die Verminderung der Forstreviere im Bereich Dresden wurde dadurch ausgeglichen, dass die Oberforstmeisterei Moritzburg 1906 aufgelöst wurde und mit allen Revieren: Moritzburg, Kreyern, Weißig, Laußnitz, Okrilla (1924 = Ottendorf-Okrilla) und Schwepnitz (1924 = Cosel) zu Oberforstmeisterei Dresden kam. Davon wurden Moritzburg, Kreyern und ein Teil von Weißig 1924 dem Haus Wettin überlassen, währen d der Rest von Weißig an Schmannewitz im Inspektionsbezirk Grimma kam.

1924 wurden die Oberforstmeistereien aufgelöst und eine Landesforstdirektion unter einem Landesforstmeister geschaffen. Ihr gehörten 5 Oberforstmeister an, die je 2 Inspektionsbezirke beaufsichtigten. Der Inspektionsbezirk der bisherigen Oberforstmeisterei, wurde aber nun von zentraler Stelle aus geleitet und um die Wälder des Hauses Wettin vermindert.

Der Bestand der Oberforstmeisterei Dresden wurde 1956 im Kollektiv geordnet und das Findbuch 1959 fertiggestellt. Die alte Registratur-Ordnung der Behörde konnte trotz einiger Mängel beibehalten werden. Auf die bereits im Finanzarchiv, Bd. 44 verzeichneten Akten der Oberforstmeisterei Dresden wird im vorliegenden Findbuch verwiesen. Neben den in Augias verzeichneten Akten enthält der Bestand noch eine größere Anzahl weiterer Akten. Für diese Akten siehe Findbuch 10862 Oberforstmeisterei Dresden.

Insgesamt umfasst der Bestand der Oberforstmeisterei Dresden 1230 Aktenbände aus der Zeit von 1659 - 1924, jedoch vorwiegend aus dem 19. und beginnenden 20. Jahrhundert.



Umfang:

25,60 (nur lfm)

Archivalientyp:

Bestand

Online-Beständeübersicht im Angebot des Archivs:

https://www.archiv.sachsen.de

Rechteinformation:

Es gilt die Sächsische Archivbenutzungsverordnung vom 8. September 2022

(SächsGVBl. S. 526).

Weitere Objektseiten:

Objekt in der Deutschen Digitalen Bibliothek - https://www.deutsche-digitale-bibliothek.de/item/EEEZSO2OQQZ3DTBT6P4PKXL22RADEGQD?lang=de

https://www.archivportal-d.de/item/EEEZSO2OQQZ3DTBT6P4PKXL22RADEGQD


2 Waldnutzung und Entwicklung der Forstwirtschaft bis 1945

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Wie zahlreiche ur- und frühgeschichtliche Funde nachgewiesen haben, lebten vorübergehend oder ständig Menschen im Gebiet beiderseits der Elbe zwischen den heutigen Städten Dresden und Riesa schon lange, bevor geschriebene Urkunden die Besiedlung dieses Territoriums bezeugten. Ein entscheidender Wandel in der Entwicklung der menschlichen Gesellschaft setzte in unserer Region um die Mitte des 6. Jahrtausends v.u.Z., d.h. zu Beginn der Jungsteinzeit (Neolithikum) ein. Diese Periode wurde von der Durchsetzung agrarischer Wirtschaftsformen (Ackerbau, Viehwirtschaft) und einer sesshaften Lebensweise geprägt. Mit der Agrarischen oder Neolithischen Revolution begann die planmäßige Nahrungsmittelproduktion (v. FREEDEN 2006, SCHÖN 2010). Die Naturlandschaft wurde schrittweise in eine Kulturlandschaft verändert, nachdem sich im Bereich des StFB Dresden um 5500 v.u.Z. Ackerbauer und Viehzüchter auf Stellen mit günstigen Bedingungen für das Betreiben von Landwirtschaft (hohe Bodengüte, gemäßigte Temperaturen, unkomplizierte Bodenbearbeitungsmöglichkeiten) niederließen, die vornehmlich mit Eichen-Hainbuchen-Linden-Wäldern bestockt waren. So kam es linksseitig der Elbe um Meißen-Lommatzsch-Riesa-Oschatz sowie rechtsseitig um WeinböhlaKmehlen zu einer Auflichtung sowie Zurückdrängung des Waldes und zur Anlage erster kleinerer wie größerer Siedlungen im Walde. Vor etwa 2500 Jahren, um die Mitte des letzten Jahrtausends vor der Zeitwende, nahmen Germanen (Sueben, Hermunduren u.a.) das Land in Besitz (COBLENZ 1976). Wenn sich die Landwirtschaft auch nur sehr langsam weiterentwickelte und insbesondere die Viehhaltung vom Walde abhängig blieb durch die Nutzung von Gras, Blättern, Einstreu, Eicheln und Bucheckern, so wiesen doch nach der Zeitwende die Landschaften verstärkt Spuren menschlicher Tätigkeit auf. Waldarm waren damals inzwischen die bereits im vorletzten Abschnitt genannten Regionen beidseitig der Elbe, aber auch der Elbtalkessel von Dresden sowie kleine Enklaven am Nordwestrand der heutigen Dresdner Heide. Im Laufe der Völkerwanderung, vor allem nach der Zerschlagung des Thüringer Königreiches, verließ der größte Teil der Germanen seine Wohnsitze zwischen Saale und Neiße westwärts. Zu Beginn des 7. Jahrhunderts wanderten westslawische Sorben aus dem böhmischen Raum hier ein, deren Kolonisation zumeist nicht über die bisherigen alten Offenlandschaften der Lößgebiete und Flusstäler hinausging (BLASCHKE 1990, CZOK 1989, NAUMANN 2003). Zwischen den sorbischen Gauen lagen weiterhin breite Grenzstreifen von unbesiedeltem Waldland. Der ostfränkisch-deutsche König Heinrich I. unterwarf im Jahre 929 die im Territorium des späteren StFB Dresden wohnenden slawischen Daleminzier und Nisaner, gründete die Burg Meißen und gliederte das eroberte Gebiet als Reichsland seinem frühfeudalen Staat an. 968 wurde Meißen Sitz eines Markgrafen. Die Mark Meißen


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entwickelte sich in der Folgezeit zum Ausgangspunkt des wettinisch-obersächsischen Territorialstaates. Eine spätslawisch-frühdeutsche Siedlungsraumerweiterung hat es bis zum 12. Jahrhundert nur sehr bedingt gegeben (GRINGMUTH-DALLMER 1983, HEMPEL 1983). Ein umfassender Landesausbau mit friedlichen Mitteln durch Ansiedlung deutscher Bauern aus dem Altreich erfolgte im Meißnischen Raum seit Markgraf Konrad dem Großen. Die von West nach Ost verlaufende Hauptphase der Landnahme überschritt um 1150 die Mulde, erreichte um 1200 die Elbe und war um 1220 im wesentlichen in der Mark Meißen abgeschlossen (NAUMANN 2003). Auch die eingesessene sorbische Bevölkerung war am Landesausbau beteiligt (GROSS 2001). Durch die Rodung großer Waldgebiete, die Gründung neuer Dörfer sowie Städte und den Ausbau der Verkehrswege wurde die bisherige Naturlandschaft in der Mark Meißen vollends in eine bewusst gestaltete Kulturlandschaft verwandelt.

Vor etwa achthundert Jahren verlor somit der Wald seine territoriale Vorherrschaft in den hiesigen Landschaften. Er wurde auf jene Flächen zurückgedrängt, die er im wesentlichen noch heute inne hat. Nach Abschluss der Siedlungsbewegung unterlagen die Wälder in der Folgezeit, vor allem durch das Wachsen der Bevölkerung und die Entwicklung des Wirtschaftslebens bedingt, einer zunehmenden anthropogenen Belastung. Die ungeregelten Eingriffe zur Brenn- bzw. Nutzholzgewinnung und Nebennutzungen wie die Waldweide, Streunutzung, Schweinemast, Köhlerei oder Teergewinnung führten lokal in der Mark Meißen bzw. im Kurfürstentum Sachsen zu ernsthaften Waldschäden. Durch Rodungsverbote und die Einschränkung einer freien, unentgeltlichen Holzentnahme bemühten sich die wettinischen Landesherren, den verbliebenen Wald zu schützen. Nachdem sich in Sachsen nach 1470 frühkapitalistische Wirtschaftsverhältnisse zu entwickeln begannen und eine moderne landesherrliche Behördenorganisation erforderlich war, wurde unter den albertinisch-wettinischen Kurfürsten Moritz und August I. seit den vierziger Jahren des 16. Jahrhunderts auch mit einer umfassenden Organisation des Forstwesens begonnen. Eine der ersten Forstordnungen wurde um 1543 für das Gebiet um Radeberg sowie die Dresdner Heide und den Friedewald erlassen. Es kam zum Herausbilden eines Beamten- und Bedienstetenstandes und zur Erstvermessung landesherrlicher Wälder (MANTEL 1965). Die Anfänge einer geordneten Forstwirtschaft im 15./16. Jahrhundert wurden in Sachsen durch die katastrophalen Auswirkungen des Dreißigjährigen Krieges jäh unterbrochen. Forstliche Erfahrungen und forstliches Wissen gingen in hohem Maße verloren. Im 17. und in der ersten Hälfte des 18. Jahrhunderts stagnierte die forstwirtschaftliche Entwicklung, der Wald war im wahrsten Sinne des Wortes auf großen Flächen herabgewirtschaftet. Nach dem Ende des verheerenden Siebenjährigen Krieges stellte der Beginn der Sächsischen Staatsreform von 1763 zugleich den Beginn einer geregelteren, den Erfordernissen des damaligen gesellschaftlichen Fortschrittes entsprechenden Waldbewirtschaftung dar. Verstärkt wurden die Bemühungen sowohl bei der Intensivierung einer schonenden Holzernte wie bei der Walderneuerung und -pflege. Um die Wende vom 18. zum 19. Jahrhunderte


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wurde immer mehr der regellos geführte Plenterbetrieb bei der Holznutzung verlassen und zum schlagweisen Hochwaldbetrieb mit künstlicher Verjüngung durch Saat oder Pflanzung übergegangen. Eine entscheidende Voraussetzung für die künftige planmäßige Waldbewirtschaftung waren deren Vermessung, Taxation und Ertragsermittlung. Der Waldzustandsverbesserung diente auch die Ablösung der zahlreichen, die Holzproduktion und den Waldzustand einengenden Servituten seit 1832. Was die Waldeigentumsverhältnisse angeht, so waren um das Jahr 1900 in den vier Amtshauptmannschaften Dresden-Altstadt (ohne Raum Tharandt), Dresden-Neustadt, Großenhain und Meißen, auf deren Territorium etwa fünfzig Jahre später größtenteils der StFB Dresden wirtschaftete, folgende Besitzanteile zu verzeichnen (MAMMEN 1905):


Besitzform

Staatswald ha 15.144  % 42,9

Militär. Fiskus 1498  % 4,2

Privatwald

  • Fideikommiss 2594  % 7,3
  • übriger 15.055 & 42,7

Kommunalwald

  • Altgenossenschaft 17  % 0,05
  • Gemeindewald 748  % 2,1

Stiftswald 244  % 0,7

Summe 35.295  % 100,0

Tabelle 3: Waldeigentumsformen im späteren StFB Dresden um das Jahr 1900

Die Eigentumsverhältnisse an Wald wurden in den o.g. vier Amtshauptmannschaften durch einen sehr hohen Anteil sowohl beim Staats- wie beim Privatwald charakterisiert. Andere Eigentumsformen waren ohne größere Bedeutung. Eine größere Veränderung beim Waldeigentum zog nach dem 1. Weltkrieg die Auseinandersetzung des Freistaates Sachsen mit dem vormals regierenden Herrscherhaus im Rahmen der Fürstenabfindung nach sich. Am 10.7.1924 wurden dem Haus Wettin (Albertinische Linie) von verschiedenen Staatsforstrevieren insgesamt 5168 ha (davon 4300 ha Holzbodenfläche) zugesprochen, aus denen das private Forstamt Moritzburg mit den Revieren Moritzburg, Kreyern, Weißig und Golk gebildet wurde (NAUMANN 2003, Wirtschaftsplan Haus Wettin 1928). Größerer privater Waldbesitz (über 100 ha je Eigentümer) umfasste vor 1924 im Raum Dresden reichlich 2000 ha von sechs Besitzern. Nach der Abfindung des Wettiner Fürstenhauses wuchs hier somit der Großwaldbesitz auf ca. 20 % der Gesamtwaldfläche.

Neben Rittergutswald mittlerer Größe nahm der Kleinprivatwald (Bauernwald) besonders in den Amtshauptmannschaften Dresden und Großenhain einen hohen Anteil am Privatwald ein. Das bäuerliche Waldeigentum war meist auf die grundherrliche Siedlung deutscher Bauern im Zuge der großen Rodungsperiode im Hochmittelalter zurückzuführen. Bei


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der Kolonisation wurden die Bauern mit Wald belehnt, der ihnen später als freies Eigentum zugesprochen wurde. Dagegen kam es beim Landesausbau im 12./13. Jahrhundert nicht zum Entstehen von Markwaldungen und damit zu späterem Gemeindewald größeren Umfanges. Die dargelegten Eigentumsverhältnisse an Wald herrschten in der Dresdner Region bis zur Bodenreform 1945 vor. Waren für die sächsische Forstwirtschaft, vornehmlich durch eine umsichtige Führung durch die Landesforstverwaltung bedingt, die zwanziger Jahre des vorigen Jahrhunderts eine gewisse Erholungs- und Erneuerungsphase, so bedeutete die Weltwirtschaftskrise 1929 bis 1932 durch die Überschwemmung des einheimischen Holzmarktes mit billigem Auslandsholz einen schweren Schlag. Holzeinschläge zu niedrigen Preisen zogen katastrophale Mindereinnahmen für die sächsische Forstwirtschaft nach sich. Nach der Machtübernahme durch die Nationalsozialisten 1933 unter HITLER in Deutschland war das zentrale Anliegen von deren Wirtschaftspolitik die Autarkie, d.h. die Unabhängigkeit von ausländischen Rohstoffen und Erzeugnissen. Diese Politik diente bekanntlich von Anfang an einzig und allein der militärischen Aufrüstung, für die die Forstwirtschaft den Holzbedarf unter allen Umständen abzusichern hatte. Innerhalb von vier Jahren sollten die deutsche Wirtschaft kriegsfähig und die deutschen Streitkräfte einsatzfähig sein (PLETICHA 1987 a). Bereits 1934 hatten die Staatsforsten eine Mehrnutzung von 50 % über dem nachhaltigen Hiebssatz zu erbringen, ein Jahr später auch die nichtstaatlichen Waldungen (MANDEL 1938). Verstärkte Bemühungen der sächsischen Staatsforstverwaltung um eine Reform des Waldbaues 1935 - 1939 konnten durch die auferlegten Überhiebe ihre Bewährungsprobe nicht bestehen (WOBST 1967). Nach Kriegsbeginn 1939 erhielt die Forstwirtschaft mehr und mehr den Charakter einer ungeregelten Bedarfsdeckungswirtschaft. Die Übernutzungen (bis zu 250 % und mehr) führten „nicht nur zu Vorratsabbau und Verschlechterung des Altersklassenverhältnisses, sondern in Verbindung mit Durchforstungsrückständen und Sortimentshieben auch zu einer qualitativen Verschlechterung des produzierenden Vorrates sowie zu Störungen von Waldaufbau und Betriebssicherheit …“ (SCHINDLER 1975).

Wegen Personalmangel und der immensen Kriegskosten, aber auch um den nichtstaatlichen Wald vollends in den Zugriff des nationalsozialistischen Staates zu bekommen, erfolgte am 1.4.1944 eine Reorganisation der Forstverwaltung in Sachsen. Alle forstlich bewirtschafteten Flächen wurden dem staatlichen Zwang unterworfen. Aus den Staatsforst- und aus den für den Privatwald seit 1933 zuständigen Reichsnährstand-Forstämtern wurden als neue Organe die Einheitsforstämter geschaffen. Sie führten die offizielle Bezeichnung „Sächsisches Forstamt“. Im Dresdner Raum ergab sich dadurch die in Tabelle 4 dargestellte Forstorganisation (Akte 1039). Die fünf Einheitsforstämter waren im Mittel zweieinhalbmal so groß wie die vorherigen Forstämter. Hinzu kamen zwei Privatforstbetriebe mit eigenem Forstpersonal. Letztere unterstanden hinsichtlich Aufsicht und Betreuung unmittelbar der Staatsforstverwaltung. Es waren das Forstamt Moritzburg des Hauses Wettin und das Fürstlich Stolberg-Roßlaische Rentamt Radeburg.

Doch im Laufe des zweiten Halbjahres 1944 war die militärische Niederlage HitlerDeutschlands nicht mehr aufzuhalten. Das Vordringen alliierter Streitkräfte von Osten, Norden und Westen machte das östliche Sachsen zu einem der letzten Kampfgebiete im deutschen Reich. Nachdem sowjetisch-polnische Truppen Schlesien erobert hatten, stießen sie beim weiteren Vormarsch im März/April 1945 auf Elitetruppen der in Sachsen und Böhmen operierenden Heeresgruppe Mitte unter General SCHÖRNER, die erbitterte Gegenwehr leisteten. Noch am 1. Mai 1945 demonstrierte der sächsische Gauleiter und Ministerpräsident M. MUTSCHMANN in der Stadt Meißen öffentlich „Kampfentschlossenheit“ (SCHMEITZNER 2011). Erst nach dem Fall von Berlin konnte die Rote Armee im Rahmen der sogenannten Prager Operation am 6. Mai 1945 die deutschen Stellungen nordwestlich von Dresden durchbrechen. Zwei Tage später besetzten deren Verbände die sächsische Hauptstadt. An jenem 8. Mai wurde in Berlin-Karlshorst die bedingungslose Kapitulation der deutschen Wehrmacht unterzeichnet, ein sinnloser Krieg war zu Ende (CZOK 1989, GROSS 2001, HARTMANN 1989, WEHNER 1975).

Die kriegerischen Auseinandersetzungen im Frühjahr 1945 führten im Gebiet des späteren StFB Dresden insbesondere in den Wäldern um Großenhain zu ernsthaften Schäden. Allein im Revier Weißig wurden 311 ha durch Boden- und 122 ha durch Totalfeuer geschädigt.: „In ganzen Abteilungen ist das Holz splitterdurchsetzt“ (Grundlagensammlung 1968). Auch im Revier Kleintrebnitz vernichteten Großwaldbrände 250 ha Kiefernbestände (RICHTER 1953). Ein bitteres Nachspiel sollte für den Moritzburger Forstamtsleiter (seit 1931) in den Nachkriegsjahren eine Aktion von Prinz Ernst-Heinrich von SACHSEN gegen Kriegsende haben: die Vergrabung des Wettiner Silberschatzes. Der o.g. Prinz, seit 1925 Verwalter des Eigentums des Fürstenhauses Wettin Albertinische Linie, befürchtete 1944 seit dem Vormarsch der Roten Armee auf Deutschland als Angehöriger des Hochadels Schlimmes für den wettinischen Kunstbesitz. Da er keine Möglichkeit mehr sah, die Kunstschätze Richtung Westen zu verlagern, entschloss er sich, einen Teil seines Silbergutes in vierzig Kisten im eigenen Wald – gut geschützt – zu vergraben (KRETSCHMANN 1995). Als Örtlichkeit hierfür wählte er eine Stelle in der Nähe des Hellhauses im damals eingezäunten Tiergarten hinter dem Schloss Moritzburg aus. Am 20. Mai 1944 wurden vom Prinzen Ernst-Heinrich, seinen Söhnen und französischen Kriegsgefangenen die Kunstschätze vergraben. Forstmeister MANDEL wurde erst zwei Monate später im Nachhinein hiervon informiert. Er musste seinem Dienstherren schwören, nichts zu verraten. Nach der Zerstörung von Dresden setzte sich Ernst-Heinrich von SACHSEN Ende Februar 1945 Richtung Süddeutschland in den Raum Sigmaringen ab. Nach Kriegsende wurde G. MANDEL, da er kein NSDAP-Mitglied war, Mitarbeiter in der neu aufgebauten sächsischen Landesforstverwaltung. Weil er wahrscheinlich verpfiffen wurde, wurde er im Jahre 1947 von Kriminalpolizei und SMAD mehrere Tage lang in der Angelegenheit „Wettin-Silber“ verhört und schließlich gezwungen, die Grabungsstelle zu zeigen. Drei Jahre später, im Oktober 1950 wurde Ofm. MANDEL, inzwischen einer der höchsten Mitarbeiter der Landesforstverwaltung, erneut im Zusammenhang mit dem Silberschatz verhaftet und 1951 wegen „Untreue gegenüber der sächsischen Landesregierung“ zu einer dreijährigen Zuchthausstrafe verurteilt. Nach seiner Freilassung floh er in die Bundesrepublik Deutschland, wo er bis zu seiner Pensionierung als Leiter des Privatforstamtes Vischering in Lüdinghausen bei Münster tätig war (Gotthard MANDEL 1974). Prinz Ernst-Heinrich hat seine sächsische Heimat nach dem Februar 1945 nicht wiedergesehen. Von Sigmaringen aus übersiedelte er mit der Familie im Frühjahr 1948 in die Republik Irland, wo er das Gut Coolamber in der Grafschaft Westmeath kaufte und dieses als Landwirt eigenständig bis zu seinem Tode 1971 bewirtschaftete (von SACHSEN 1998). Nach der deutschen Wiedervereinigung sollte der Wettiner Silberschatz durch erneute Grabungen und Funde im Moritzburger Wald nochmals die sächsische Öffentlichkeit bewegen.


Manfred Fleischer

Wald und Forstwirtschaft im Dresdner Raum (1945-1991)

Ein Beitrag zur Geschichte des Staatlichen Forstwirtschaftsbetriebes Dresden

Autor Dr. rer. silv. Manfred Fleischer

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