Projekt:Rosdolsky-Lesekreis/Protokoll 3

Protokoll 19. August

Liebe Alle, hier mein (hoffentlich nicht allzu unverständliches :)) Protokoll des letzten Treffens. alles liebe, maria


Bis zu diesem Treffen haben wir den ersten Teil der Entstehungsgeschichte (ohne Anhang) fertig gelesen. Nachdem wir bei den vorherigen Treffen nicht sehr spezifisch über den Text diskutiert haben, sondern vor allem allgemeine Fragen und Diskussionspunkte hatten, haben wir uns für dieses Mal eine kurze Einführung und Zusammenfassung des Textes überlegt. Nachdem wir den ersten Teil fertig gelesen haben, hat Paul einen Überblick und gleichzeitig eine Zusammenfassung über die konkreten Punkte und die „Essenz“ des ersten Teils geliefert.

Kurz zur Zusammenfassung: Die wesentliche Frage des gesamten Textes war ja vor allem jene, warum Marx seinen ursprünglichen Plan fallen gelassen hat bzw. geändert hat und worin diese Änderungen bestanden haben. Zur Änderung an sich gibt Rosdolsky auf Seite 78 eine detaillierte Aufzeichnung: welche Kapitel weggelassen wurden, welche in anderen Kapiteln Eingang gefunden haben und welche verschoben wurden. Die Frage lautet nun: warum diese Planänderung? Laut Rosdolsky geht die Planänderung auf die Marx'sche Methode zurück, sich vom Abstrakten zum Konkreten vor zu arbeiten. Er konzentriert sich in Folge also auf das „Kapital im Allgemeinen“, um dann in Folge „Erscheinungen“ wie die Konkurrenz, etc. zu beschreiben.


Folgende Punkte haben wir dann in der Diskussion behandelt:

Verhältnis von „Kapital im allgemeinen“ zu „vielen Kapitalien“

Die gesamte Diskussion hat sich eigentlich im Großen und Ganzen immer um die Fragen nach dem „Kapital im allgemeinen“ und seinem Verhältnis zu den „vielen Kapitalien“ gedreht. Wir sind immer wieder zu dem Punkt zurück gekehrt und haben versucht zu klären, was überhaupt mit diesen Begriffen gemeint ist und was Marx darunter verstanden hat bzw. mit dieser Unterscheidungen aussagen wollte. Was ist jetzt dieses „Kapital im allgemeinen“? Es gibt laut Rosdolsky drei unterschiedliche Formen, wie Marx das Kapital im allgemeinen definiert:

1.als abstrakten Begriff

2.als Zusammenfassung: Kapital ist nicht nur abstrakt, sondern auch reell. Das Kapital der ganzen Gesellschaft. Das Gesamtkapital einer Gesellschaft ist gleichzeitig das Kapital im allgemeinen. In einem Zitat von Marx beschreibt er das folgendermaßen: „Betrachte ich das Gesamtkapital einer Nation z.B. im Unterschied von der Gesamtarbeit (oder auch Grundeigentum), oder betrachte ich das Kapital im Unterschied zu einer anderen Klasse, so betrachte ich es im allgemeinen. Wie wenn ich z.B. den Menschen physiologisch betrachte im Unterschied von Tier.“ (S. 68). Das Gesamtkapital ist also die Summer der einzelnen Kapitalien, ist aber gleichzeitig mehr als das. Es weist einen unterschiedlichen Charakter als die einzelnen individuellen Kapitalien auf. Die einzelnen Kapitalien sind also zwar Teile des Gesamtkapitals, das Gesamtkapital (obwohl es nur die Summe ist aller Kapitalien ist), ist mehr als das. Wir haben das mit dem so treffenden bekannten Spruch definiert: Das Ganze ist mehr als die Summe der einzelne Teile.

3.als größten gemeinsamen Nenner → oh oh oh, jetzt brauch ich Hilfe! Hab mich jetzt da entweder selber grad in irgendwas verstrickt, jedenfalls check ich die Differenz zwischen den beiden grad selber nimma...:( schlechte Protokoll-Schreiberin...! hihi

Das Kapital im Allgemeinen ist das „Wesen“ des Kapitals, deswegen konzentriert sich Marx auch in seiner Beschreibung auf das Kapital im allgemeinen, bevor er sich den „konkreten“ Ebenen wie bespielsweise der Konkurrenz, dem Kredit, Handel, etc. zuwendet. Im Wesen ist bereits alles enthalten, weshalb es ausreicht zuerst das „Wesen“ zu beschreiben.

Konkurrenz

Was spielt dann aber die Konkurrenz für eine Rolle? Die Konkurrenz ist im Kapital im allgemeinen enthalten, sie ist „die innere Natur des Kapitals“ (S. 63). Die Konkurrenz ist somit also ein wesentlicher Motor der bürgerlichen Ökonomie, aber mit dem Spezifikum, dass sie das Kapital nicht schafft, sondern es nur verwirklicht. Da nimmt Marx wieder auf Hegel Bezug, wenn er meint, dass die Konkurrenz die „Erscheinungsform“ ist. Um diese aber zu verstehen bzw. analysieren zu können, muss zuerst das „Wesen“, also das „Kapital im allgemeinen“ untersucht werden. Die Konkurrenz stellt sich in der bürgerlichen Ökonomie so dar, als wäre sie es, die den Preis reguliert, Arbeit schafft, etc. (laut dem Motto: wenn es genug Kapital bzw. Konkurrenz gibt, gibt es auch genug Arbeit). In Wirklichkeit ist das aber ein Trugschluss, es verhält sich umgekehrt: die Arbeit und nicht das Kapital bestimmen den Preis und die Produktion. (S. 63)

Hegel

Wir haben in diesem (oder einem anderen, ich weiß nicht mehr genau...) Zusammenhang auch diskutiert, dass wir gern etwas mehr zu Hegel bzw. Hegel's Logik und Philosophie wissen würden. Begriffe wie Wesen/Erscheinung bzw. Inhalt/Form sind ja noch eher „leicht“ zu verstehen, Marx verwendet aber auch einige andere Begriffe in Anlehnung an Hegel, wo es schwerer ist zu Folgen, ohne diese Begriffe und ihre spezifische Bedeutung für Hegel bzw. Marx zu verstehen. Zum Beispiel der Begriff der „Allgemeinheit“, „Besonderheit“, „Besonderung“, etc. (beschreibt Rosdolsky in einer Fußnote: FN 138, S 66). Deswegen haben wir uns eine nähere Auseinandersetzung mit Hegel gewünscht, und Diana hat sich bereit erklärt, beim nächsten Treffen eine kurze Einführung in die Hegel'sche Logik zu geben (super! :)).

Kann es Kapital ohne Konkurrenz geben?

Im Zuge der Diskussion über Konkurrenz und Kapital im allgemeinen sind wir dann auf eine Fußnote gestoßen, in der Marx schreibt, dass „Ein Universalkapital, ohne fremde Kapitalien sich gegenüber, mit denen es sich austauscht, (…) ist daher ein Unding.“ (FN 119, S. 62). Über dieses Zitat sind wir dann auf die Frage gestoßen, ob es überhaupt Kapital ohne Konkurrenz geben kann? Ob das Kapital Konkurrenz braucht oder ob es auch Monopol-Kapitalien geben kann? Ein konkretes Beispiel war Microsoft, Microsoft braucht augenscheinlich keine Konkurrenz zum Überleben. Aber: es kann zwar sein, dass es in einer Branche ein Monopol-Kapital gibt, dieses Kapital tritt dann aber mit Kapitalien aus anderen Branchen in Konkurrenz im Kampf um das gesellschaftliche Gesamtkapital. Die Konkurrenz ist also nicht nur „Branchen-intern“, sondern spielt sich auf „gesamtgesellschaftlicher“ Ebene ab – so tritt dann z.B. der Monopolist einer Branche mit dem Monopolisten einer anderen Branche in Konkurrenz, um sich eben das gesellschaftliche Gesamtkapital zu teilen.

Davon sind wir dann wieder zum dem Punkt angelangt, dass es nicht nur ein einziges Kapital geben kann. Die Konkurrenz ist im Kapital angelegt. Anhand eines Zitats haben wir das wieder erklärt: Das Kapital ist seinem Wesen nach „sich von sich selbst repellierendes“ (S. 62). (wieder Hegel!), Das Kapital muss sich also von sich selbst abstoßen. Das heißt, dass das Kapital nicht ohne die Wechselwirkung mit anderen Kapitalien existieren kann.

Das Kapital zwingt uns gleichzeitig die Konkurrenz auf, das heißt, dass wir uns nicht aus dem Kapitalismus ausklinken können.

Übergang vom Kapital zum Grundeigentum

Am Ende der Diskussion sind wir noch auf einen Punkt eingegangen, der etwas früher im Text vorkommt, nämlich der Übergang vom Kapital zum Grundeigentum (S. 54ff). Da ist vor allem die Frage im Mittelpunkt gestanden, wie natürliche Ressourcen ihren „Wert“ bekommen, wenn (noch) keine Arbeit drinnen steckt. Auch ein Zitat dazu: „Nun gibt es aber auch den „Wert natürlicher Agenten (Agrikulturböden, Wasserfälle, Bergwerke etc.), die als solche nicht Produkte der Arbeit, die aber „angeeignet sind, also Tauschwert besitzen und so als Werte in Berechnung der Produktionskosten fallen“. (S. 55) Wir sind da dann auf die Frage gestoßen, wie z.B. ein Wasserfall, ohne ihn zu bearbeiten oder ein Wasserkraftwerk zu bauen, einen Wert haben kann und ob es keinen Unterschied zwischen eben einem Wasserfall und z.B. einem Bergwerk gibt? In der Beantwortung dieser Frage sind wir dann auf den Begriff der Differenzialrente (eigentlich nichts anderes als die Grundrente) gestoßen. Natürliche Ressourcen wie Wasserfälle oder Agrikulturböden haben alle einen Wert, der aber eigentlich imaginär ist. Jeder Boden hat z.B. eine unterschiedliche Qualität und je nach Verschiedenheit des Bodens entscheidet sich dann die Höhe der Grundrente. Marx schreibt dazu dann „Der Wert des Bodens ist nichts als der Preis, der für die kapitalisierte Grundrente gezahlt wird“. (FN 102, S.55f) Der Wert der Erde, Marx vergleicht das dann auch mit dem fiktiven Kapital (z.B. Aktien), entsteht aber gleichzeitig aus den Produktionsverhältnissen selber.


Soviel jetzt also dazu... Hab jetzt versucht, die Diskussion einigermaßen zusammenzufassen, wobei ich jetzt leider selber gemerkt hab, dass ich doch so einige Punkte selber noch nicht so ganz verstanden hab... :) Hoff aber, dass euch das Protokoll jetzt nicht mehr verwirrt als erklärt. Ergänzungen sind auf jeden Fall erwünscht, hab wie gesagt nur ein paar Punkte der Diskussion aufgegriffen. Und Korrekturen bzw. Änderungen auch auf jeden Fall erwünscht, weiß ja nicht, ob das alles richtig war/ist, was ich hier zusammen geschrieben hab... ;))