Projekt Diskussion:Asoziale Marktwirtschaft/Scherbenviertel
Im Herzen Schwabings: Münchens neues Scherbenviertel – „Wehret den Anfängen“
tz 18. Nov. 2024
Alkohol, Dreck & Co.
Im Herzen Schwabings: Münchens neues Scherbenviertel – „Wehret den Anfängen“
Nach dem Alten Botanischen Garten, dem Nussbaumpark und dem Stachus, bilden sich in München immer mehr Brennpunkt-Viertel.
Als der Anwohner Götz Ziegler am frühen Montagnachmittag auf seinen Balkon tritt und auf den Hohenzollernplatz blickt, bieselt dort gerade jemand in einen Blumentrog. „Mir ist das Pinkeln auf dem Platz noch lieber als ein Haufen bei uns hinten in der Einfahrt“, meint Ziegler. Er wohnt mit Frau und Kind seit Jahren am Hohenzollernplatz und hat in letzter Zeit nicht nur vermehrt mit Fäkalien zu tun. Wenn sein elfjähriger Sohn hier bei offenem Fenster Hausaufgaben macht, hört er von unten die Gossensprache nach oben schallen. Im Sommer bekommt die Familie kaum noch Schlaf. „Das geht oft bis nach Mitternacht. Frühmorgens kommt dann jeden Tag die Stadtreinigung, um die Scherben wegzukehren. Das ist zwar vorbildlich, aber auch laut.“
Im Herzen Schwabings: Münchens neues Scherbenviertel – „Wehret den Anfängen“ Nachdem bereits der Alte Botanische Garten, der Nussbaumpark und jüngst der Stachus als soziale Brennpunkte ausgemacht wurden, scheint ein neuer hinzugekommen zu sein. Polizei und Kreisverwaltungsreferat berichten von 47 Straftaten im Jahr 2023 und schätzen die Lage nicht so ein, „dass man von einem Kriminalitätsbrennpunkt sprechen könnte“. Anwohner und Gewerbetreibende sehen das anders. Immer mehr Besorgte melden sich beim Bezirksausschuss Schwabing-West (BA 4) und berichten von Ärger mit Betrunkenen. BA-Chefin Gesa Tiedemann (Grüne) fordert deshalb unter anderem schon seit Jahren eine öffentliche Toilette am Platz oder unten in der U-Bahn: „Immer wieder hieß es, da geht nichts. Dann haben wir mit Verwunderung gelesen, dass die Baureferentin vor Kurzem eine Liste erstellt hat, wann und wo Toiletten hinsollen und es hieß: bis 2026 am Hohenzollernplatz.“ Für die Anwohner und die Mitarbeiter des Friseursalons vor Ort wäre das eine Erleichterung. „Wir hatten schon mal morgens einen Haufen vor der Tür und wenn ich mich mittags raussetzen will, finde ich meistens keinen Platz“, berichtet eine Friseurin.
Die lange Liste der Problem-Orte
Die CSU hat in München noch weitere Problem-Plätze ausgemacht.
- Über den Ärger am Stachus hatten wir unlängst berichtet.
- Und auch mehrfach bereits über den Alten Botanischen Garten.
Laut CSU gibt es aber auch zunehmend Stress am
- Karl-Stützel-Platz,
- Norkauer Platz,
- Pasinger Bahnhof,
- Nußbaumpark und
- Herzog-Wilhelm-Park.
Auf all diesen Plätzen wünschen sich die Stadträte ebenfalls ein Alkoholverbot. Zudem soll der Kommunale Außendienst (KAD) versärkt kontrollieren. Das Sozialreferat wird beauftrag, in diesen oben genannten Bereichen soziale Angebote verstärkt anzubieten und Menschen mit Problemen langfristig zu begleiten. Die Forderung der CSU fußt laut eigener Aussage auf Einschätzungen der Polizei, die an diesen Stellen mehr Vorkommnisse verzeichnen. Der Kreisverwaltungsausschuss wird sich am 26. November mit dem Thema befassen.
CSU-Stadträte fordern Alkoholverbot
Hans Theiss von der CSU-Stadtratsfraktion sieht das größte Problem beim Alkohol – und hat zusammen mit seiner Parteikollegin Evelyne Menges den Antrag auf ein Alkoholverbot am Hohenzollernplatz erneuert: „Bei uns liegt der Fokus auf den Gruppen, die hier trinken und Ärger machen.“ Theiss selbst wohnt ein paar Straßen weiter. „Ich gehe mit meiner kleinen Tochter hier oft Eis essen. Es ist schade, was aus diesem schönen Zentrum hier in Schwabing geworden ist. Da muss man einfach durchgreifen. So sollte zum Beispiel der Kommunale Außendienst besser ausgestattet werden. “
Silke Schoon und Anna Schuhmacher, Mitarbeiterinnen der Sprachschule alinguas, sind bei Regen genervt von den Trinkern: „Sie stellen sich bei uns vor der Tür unter und niemand kommt rein oder raus.“ Neben der Schule gibt es einen Getränkemarkt. „Der ist Teil des Problems, denn früher hatte er nur bis 20 Uhr auf und inzwischen sehr viel länger “, sagt Tiedemann. Der ehemalige Stuckateur Julian gehört zum Kreise der Trinkenden und beteuert: „Wir sind schon immer hier und tun keinem was.“
Theiss [von der CSU-Stadtratsfraktion] meint: „Wehret den Anfängen. Im Alten Botanischen Garten fing es auch mit den Alkoholikern an und dann kam die Drogenszene.“