Projekt Diskussion:Dresdner Glossar/Wiprecht von Groitzsch

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Grabplatte in Pegau

Wiprecht von Groitzsch (* um 1050; † 22. Mai 1124 Pegau) war von 1085 bis zu seinem Tod (mit einer Unterbrechung durch eine Reichshaft) über die Mitgift seiner ersten Frau Judith von Böhmen im Besitz des Gaues Nisan (um Dresden) und des benachbarten Gaues Budissin (um Bautzen). Bis 1170 war er als Wiprecht II. Gaugraf im Balsamgau, danach Graf der Burggrafschaft Groitzsch und von 1123 bis 1124 in der Nachfolge von Heinrich II. Markgraf von Meißen.

Leben und Wirken

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Herkunft

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Sein Vater Wiprecht der Ältere besaß großväterlicherseits slawische Wurzeln. Dieser Großvater hatte mit dem Vordringen der Slawen nach Westen im 10. Jahrhundert mit Waffengewalt Grundbesitz in der östlichen Altmark erlangt.[1]

Wiprecht der Ältere war als Wiprecht I. Gaugraf im Balsamgau in der südöstlichen Hälfte der späteren Altmark. Der Balsamgau wird zwischen der Elbe und dem damals unbebaubaren Bruchwald ihres Nebenflusses Milde-Biese-Aland verortet.[2] Wiprecht I. war offenbar der älteste überlebende Sohn seines Vaters und als erster seiner Familie Christ geworden, um für das Amt des Gaugrafen würdig zu sein.[3] Dieses Amt wiederum ermöglichte ihm als Sohn eines Slawen eine standesgemäße Ehe mit einer Grafentochter aus dem sächsischen Altsiedelland. Kurz vor 1050 heiratete er Sigena von Leige, Tochter von Graf Goswin dem Älteren von Leige (Großleinungen) direkt nördlich von Sangerhausen. Dieser gab seiner Tochter die reichsunmittelbare Ministerialenburg Alt-Morungen direkt nördlich von Großleinungen mit allen dazugehörigen Besitzungen (Zubehör) als Mitgift mit in die Ehe. Damit verfügte Wiprecht I. über Besitzungen im ältesten Siedlungsland von Ostfalen.[4] Sigena von Leige erhielt von ihrem Vater Graf Goswin dem Älteren von Leige (Großleinungen) als weitere Mitgift auch noch die wichtige Wasserburg Gatersleben in der Selkeaue (heute zum Salzlandkreis). Die Burg wurde vermutlich von den Herren von Gatersleben bereits im 9. Jahrhundert erbaut und 964 als mit Wassergräben umgebene Rundburg erwähnt.[5]

Graf Goswin von Leige wird nur dieses eine Mal anläßlich der Hochzeit seine Tochter Sigena in den Quellen erwähnt. Als namengebenden Ort führen die Pegauer Annalen (lateinisch Annales Pegavienses)[6] Leige an, der mit Großleinungen an den Südostausläufern des Harzes nordwestlich von Sangerhausen identifiziert wurde.[7] Großleinungen und Morungen sind direkte Nachbarorte.

Nach der Mittelalter-Genealogie[8] hatte Wiprecht von Groitzsch folgende Geschwister:

Geschwister
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aus der Ehe der Gräfin Sigena von Liege mit Graf Wiprecht I. von Balscam

  • Otto (sah als nachgeborener Sohn slawischer Abstammung keine guten Lebensbedingungen unter der römisch-katholischen deutschen Herrschaft und ging nach Byzanz)
  • Hermann (sah als nachgeborener Sohn slawischer Abstammung keine guten Lebensbedingungen unter der römisch-katholischen deutschen Herrschaft und ging nach Rußland)
  • eine Schwester N.N., verheiratete sich mit Heinrich von Leinungen
  • eine Schwester Gisela, verheiratete sich mit Werner dem Älteren von Veltheim - das Paar zeugte den Erzbischof von Magdeburg Adalgod von Osterburg (reg. 1107-1119).
Halbgeschwister aus der Ehe von Sigena von Leige mit Friedrich II. Graf von Burglengenfeld
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  • Halbschwester N.N., heiratete Ruotger Graf von Veltheim

Erziehung beim Markgrafen der Nordmark Udo von Stade

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Nach des Vaters Tod wurde Wiprecht von seinem Vormund, Markgraf der Nordmark (Lothar) Udo II. von Stade erzogen.

Graf Wiprecht II. vom Balsamgau

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Wiprecht war nicht lange Graf im Balsamgau. Markgraf Udo II. überzeugte ihn 1170, die altmärkischen Besitzungen gegen Güter im Süden von Leipzig zu tauschen. Zu diesem Zeitpunkt war Wiprecht etwa 20 Jahre.

Graf Wiprecht von Groitzsch

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Nach der dazu gehörenden Veste Groitsch nannte sich Wiprecht nun Graf von Groitsch (Groitzsch). Er blieb stets bemüht, seinen Besitz zu mehren, stellte sich dafür in den Dienst des Böhmenherzogs Vratislav und kämpfte mit diesem für König Heinrich IV. in Italien. Es ist überliefert, dass Wiprecht bei der Erstürmung Roms im Jahre 1083 als Erster mit seinen 24 Mann die Mauer erklommen habe. Dafür belohnte ihn der Kaiser mit vielen Lehen und Gütern wie z. B. Colditz, Grimma, Laußig, Dornburg und Leisnig.

Ehe mit Judith von Böhmen

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Durch seine Heirat mit Prinzessin Jutta, Vratislavs Tochter, erhielt Wiprecht Budissin (die Oberlausitz) und Nisan und erbte weitere Güter in Thüringen. In zahlreichen Fehden mit seinen Nachbarn blieb er stets siegreich.

Wallfahrten als Buße

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Die vielen Kriege veranlassten ihn aber, nach Rom und Campostella zu wallfahren.

Stiftung von Kloster Pegau

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Auf Verlangen von Papst Urban II. stiftete Wiprecht von 1091 bis 1096 das Kloster Pegau.

Das Benediktinerkloster St. Jakob in Pegau wurde 1091 in der Stadt Pegau gegründet und 1096 geweiht. Da der Stifter Wiprecht von Groitzsch zeitweise auch Herr über den Gau Nisan (den Raum Dresden war, reicht der Einfluß des Klosters bis dort hin. Wiprecht als Vasall und Schwiegersohn des böhmischen Herzogs übernahm sowohl im Kloster Pegau als auch anschließend in Bresnice (Briesnitz) im Gau Nisan Elemente böhmischer Architektur, die sich an östliche Kirchenbauten orientierte. Da er selbst zweisprachig war (aus slawischem Hause), tolerierte er auch den kirchenslawischen Gottesdienst in seinen sorbischen Gebieten - auch noch, nachdem in Böhmen 1096 eine Verfolgung alles Kirchenslawischen einsetzte (vgl. Kloster Sázava. Die Ära des Wiprecht von Groitzsch gehört deswegen zu den tolerantesten Zeiten der Fremdherrschaft über die Nisaner. Die Belege hierüber sind nur spärlich, weil es keine sorbischen Märtyrerakten aus der Zeit gibt. Gegen Ende der Herrschaft des Wiprecht von Groitzsch gewinnt das Kloster Posa entscheidenden Einfluß auf die Gaue Nisan und Daleminzien.

  • 1091: Wiprecht von Groitzsch gründet nach päpstlicher Ermahnung das Benediktinerkloster St. Jakob in Pegau als Hauskloster und Grablege- es war die erste Ordensgründung östlich der Saale und wird deswegen Ausgangspunkt eines intensiven Landesausbaues, Zentrum kirchlicher Kunst und Bildung und einer weit nach Osten strahlenden Christianisierung
  • Sommer 1096: Wiprecht von Groitzsch läßt sein Hauskloster St. Jakob in Pegau mit großem Gepränge weihen - das Kloster spielte eine bedeutende Rolle bei seinem machtpolitischem Kalkül, einen Flächenstaat im Osten des Reiches zu schaffen, bei dem auch Nisan = Dresden und Budusin (auch: Budussin) = Bautzen mit einbezogen werden sollten (durch seine Heirat mit Prinzessin Judith von Böhmen (Jutta), Vratislavs Tochter, im Jahr 1085 erhielt Wiprecht Budissin = die Oberlausitz und Nisan und erbte weitere Güter in Thüringen - Wiprecht förderte seitdem wie in allen seinen Herrschaftsgebieten die Einwanderung deutscher Bauern nach Budisin und Nisan)

Wechsel zu König Heinrich V.

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Mit seiner wachsenden Religiosität entfremdete er sich vom gebannten Heinrich IV. und schloss sich dessen Sohn König Heinrich V. im Kampf gegen den Vater an. Als Gesandter der Mainzer Fürstenversammlung und von Heinrich V. erpresste er vom gefangenen Heinrich IV. zu Böckelheim 1105 die Auslieferung der Reichsinsignien, und er gehörte zu den Gesandten, die Papst Paschalis zur Thronbesteigung von Heinrich V. einluden.

Hochzeit mit Bertha von Beichlingen

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Nach dem Tode seiner ersten Frau Jutta im Jahre 1108 heiratete er die reiche Witwe des Grafen Kuno von Beichlingen.

Verschwägerung mit den Wettinern

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Wiprechts einzige Tochter, Bertha, vermählte sich mit dem Grafen Dedo von Wettin, einem Bruder von Konrad dem Großen.

Konflikt mit Heinrich V.

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Dadurch entstanden familiäre Bindungen zu den Wettinern, die schließlich auch zum Konflikt mit Heinrich V. führten, besonders als jener 1109 Krieg gegen den Herzog von Böhmen führte. Wiprecht sandte seinen Sohn Wiprecht den Jüngeren zu Hilfe. Der fiel aber in des Kaisers Gefangenschaft und konnte nur gegen Abtretung von Budissin und Nisan, des Schlosses Morungen im Mansfeldischen und Leisnig befreit werden. Als deshalb sein Vater offen gegen den Kaiser auftrat, verband sich der jüngere Wiprecht einige Zeit mit dem Kaiser und half sogar, 1113 seinen Vater in Groitsch zu belagern. Dieser wurde 1114 in Warnstädt vom Grafen Hoyer von Mansfeld überfallen, fiel verwundet in dessen Gewalt und wurde von den Reichsständen in Würzburg zum Tode verurteilt. Der Sohn rettete den Vater durch Übergabe von Groitzsch und anderen Besitzungen an den Kaiser. Schließlich erhoben sich beide Söhne, Wiprecht der Jüngere und Heinrich, gegen den Kaiser, erschlugen Hoyer am 11. Februar 1115, eroberten Groitzsch und erzwangen des Vaters Freilassung. Auch seine Besitzungen erhielt jener zurück.

Belehnung mit der Mark Meißen

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Als Heinrich II. 1123 starb, verlieh Kaiser Heinrich V. Wiprecht die Mark Meißen. Für 2000 Mark Silber erteilte der Kaiser sogar Wiprecht die Belehnung mit dem Markgraftum Niederlausitz. Konrad der Große besetzte jedoch mithilfe des Herzogs Lothar von Sachsen die Mark Meißen, bevor Wiprecht sein Amt antreten konnte. Die übrigen Besitzungen konnte Wiprecht jedoch behaupten.

Tod 1124

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Nachdem er sich auf einer Reise durch Feuer verletzt hatte, ging Wiprecht als Mönch in das von ihm gestiftete Kloster zu Pegau. Er starb hier 1124. Seine Besitzungen kamen nach dem Tod seines kinderlosen Sohnes Heinrich (1136) zumeist an die Wettiner.

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Anmerkungen

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  1. "Nach Aussagen der Pegauer Annalen hatte der Großvater Wiprechts in der östlichen Altmark mit Waffengewalt ein Gebiet seiner Herrschaft unterworfen, das er seinem Sohn Wiprecht dem Älteren vererbte." In: Lutz Fenske: "Adelsopposition und kirchliche Reformbewegung im östlichen Sachsen." Vandenhoeck & Ruprecht, Göttingen 1977, S. 257 Anm. 209: "Ann. Pegav. Seite 235"
  2. Die Milde-Biese-Aland mündet in Schnackenburg (heute Landkreis Lüchow-Dannenberg). Sie kommt von der Letzlinger Hochfläche und fließt über Polvitz, Gardelegen nach Kalbe (Milde). Ab Beese trägt der Fluß den namen Biese, die über Osterburg nach Seehausen fließt. Ab dort wird der Fluss Aland genannt, der über Esack dann zur Mündung in Niedersachsen weiterfließt. Der Aland wurde schon 786 als "Alend" erstmals erwähnt und hat die Bedeutung "aufwachsend". Vgl. Albrecht Greule: "Deutsches Gewässernamenbuch". Walter de Gruyter GmbH & Co. KG, Berlin/Boston 2014, ISBN 978-3-11-057891-1 „Aland“, Seite 29. Der Name der Milde erscheint im Jahre 1007 in dem des eingegangenen Ortes und Teiches "Myldehouede", "Mildehovet", "Mildanhovede" ("Mildehaupt") der später wüsten Dorfstelle Hohe Milde. Ursprünglich war die langgestreckte Niederung der Mildewiesen ein unbebaubarer Bruchwald mit Erlen, Birken und Haselsträuchern.
  3. Albin Jahn: "Ortschronik der Stadt Groitzsch" (handschriftlich ohne Seitenzahl).
  4. In einem zwischen 881 und 899 entstandenen Verzeichnis der Zehnten der Reichsabtei Hersfeld wird Morungen als zehntpflichtiger Ort "Morunga" im Friesenfeld erstmals urkundlich erwähnt. vgl. Reg. Thur. Nr. 287 und Hans Weirich: "Urkundenbuch der Reichsabtei Hersfeld", Band 19, Teil 1, Veröffentlichungen der Historischen Kommission für Hessen und Waldeck, Verlag N.G. Elwert, 1936, S. 65–67. Morungen ist der Geburtsort des bedeutenden Minnesängers Heinrich von Morungen.
  5. "Wiprecht I. heiratete die Tochter des Grafen Gowin von Leige, mit Namen Sigena, die als Mitgift Morungen (Reg.-Bez. Magdeburg) und Gatersleben (an Selke) erhielt." In: Rainer Friedheim: "Wiprecht von Groitzsch. Sturz in die Tiefe." Schütze-Verlag, München-Solln 1958, Seite 579.
  6. Ann. Pegav. Seite 235.
  7. Vgl. K. Meyer, R. Rackwitz, "Der Helmegau" (MittVErdkdeHalle 1888) Seite 63.
  8. Sigena von Groß-Leinungen. Gräfin im Gau Balcsem. Äbtissin des Klosters von Vitzenburg In: Manfred Hiebl, Webseite manfred-hiebl.de/genealogie-mittelalter.


Kategorie:Mann Kategorie:Adel Kategorie:Ostsiedlung Kategorie:Oberlausitz Methodios (Diskussion) 19:40, 12. Nov. 2024 (CET)Beantworten

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