Wikiversity:Fellow-Programm Freies Wissen/Einreichungen/Die Effekte von computergestützten Interventionen bei PTBS und Depression

Die Effekte von computergestützten Interventionen bei PTBS und Depression Bearbeiten

Projektbeschreibung Bearbeiten

Verschiedene epidemiologische Studien haben gezeigt, dass psychische Störungen hohe Prävalenzraten von teilweise 10-20% aufweisen. Dies verursacht enorme Kosten für das Gesundheitssystem. Bei den Gründen für die Frühverrentungen stehen psychische Störungen an erster Stelle. Angststörungen und Depressionen kommen dabei am häufigsten vor. Für beide Erkrankungen gibt es psychotherapeutische Interventionen. Die klinische Wirksamkeit der jeweiligen Verfahren variiert jedoch und es erleiden noch zu viele Patienten einen Rückfall. Des Weiteren ist mit langen Wartezeiten zu rechnen: Trotz der Überarbeitung der Psychotherapie-Richtlinie müssen Betroffene, die eine reguläre Psychotherapie benötigen, noch immer monatelang auf einen Therapieplatz warten. Darüber hinaus betrifft die Überarbeitung der Richtlinien nur einen Teil der ambulanten Versorgung, sodass die Zugänglichkeit von psychotherapeutischer Hilfe für viele noch immer begrenzt ist. Somit gibt es hinsichtlich der Behandlungen von Angst und Depression noch deutlichen Optimierungsbedarf. Computergestützte Interventionen bieten hierbei innovative und vielversprechende Möglichkeiten und haben das Potenzial, die Versorgungslücken abzudecken bzw. können begleitend neben oder nach dem Abschluss einer Psychotherapie eingesetzt werden, um Rückfallquoten zu reduzieren. Die Interventionen sind dabei zeit- und kostenökonomisch. Darüber hinaus bieten sie niederschwellige Unterstützung, welche direkt im Lebensumfeld der Patienten eingesetzt werden kann und somit die Hemmschwelle, psychotherapeutische Hilfe aufzusuchen, reduziert. Sowohl zahlreiche eigene Vorarbeiten als auch Studien von Kollegen haben erste, vielversprechende Ergebnisse bezüglich der Effekte von computergestützten Interventionen gezeigt. Diese Arbeiten haben Paradigmen verwendet, die im Rahmen der ‚Cognitive Bias Modification‘ Techniken entwickelt worden sind. Die Paradigmen fokussieren sich auf die Modifizierung dysfunktionaler, kognitiver Verarbeitungsprozesse. Zum Beispiel bewerten Patienten, die an einer Posttraumatischen Belastungsstörung (PTBS) leiden, ihre Symptome als Zeichen dafür, dass das Erleben der traumatischen Erfahrung sie für immer zerstört hat. Patienten, die an einer Depression leiden, haben zum Beispiel große Schwierigkeiten, sich an positive Dinge zu erinnern bzw. sich positive Dinge vorzustellen. Aktuelle Forschungsergebnisse zeigen jedoch, dass solche automatisierten, negativen Prozesse systematisch durch computergestützte Interventionen reduziert werden können, und dass dies mit einer Reduzierung von klinisch-relevanten Symptomen einhergeht. Aufbauend auf diesen Vorarbeiten sollen im Rahmen der hiesigen Projekte die Effekte von zwei computergestützten Interventionen untersucht werden, und zwar im Bereich der PTBS und der Depression, da es hier an Studien mangelt, die die Wirkmechanismen und klinische Effektivität der Interventionen untersucht haben. Im Bereich der PTBS werden zwei Studien durchgeführt. In einer sogenannten analogen Studie werden Probanden in Anlehnung an das etablierte Traumafilm-Paradigma aversive Filmausschnitte gezeigt, was das Erleben eines Traumas naturalistisch simulieren soll. Anschließend absolvieren alle Probanden ein computergestütztes Training, in welchem die Probanden trainieren, ihre Gedanken und Gefühle bezüglich der aversiven Filme entweder positiv oder negativ zu bewerten. Danach wird getestet, inwieweit dies zu Unterschienden in Trauma-ähnlichen Symptomen führt, zum Beispiel in sich aufdrängenden und belastenden Gedanken und Bildern über die Trauma-Filme, sogenannte Intrusionen, welche ein Hauptsymptom der PTBS sind. Die zweite Studie testet die Effekte desselben computergestützten Trainings, jedoch in einem stationären Setting, wobei nur die Effekte der positiven Bedingungen untersucht werden. Hauptziel ist es, zu untersuchen, inwieweit das Training einen additiven Effekt zur PTBS Therapie hat, kurz- als auch langfristig (Link zur trial Registrierung: https://clinicaltrials.gov/ct2/show/NCT02687555). Im Bereich der Depression werden ebenfalls zwei Studien durchgeführt. Die erste Studie untersucht eine Methode, die versucht, positive Erinnerungen experimentell zu induzieren. Anschließend werden depressionsrelevante Variablen gemessen, unter anderem Veränderungen in Stimmung und negativen Gedanken. Die zweite Studie testet eine klinische Stichprobe, in der überwiegend Patienten mit einer Depression untersucht werden. Die Studie verwendet jedoch ein ähnliches Training. Auch hier ist die Untersuchung des additiven Effekts des Trainings zur Therapie das Hauptziel (Link zur trial Registrierung: https://clinicaltrials.gov/ct2/show/NCT02958228). Wir erwarten, dass die Arbeitsergebnisse der beiden experimentellen Studien wichtige Informationen über zugrundeliegende Wirkmechanismen von computergestützten Interventionen bringen werden, was wiederrum neue Forschung zur Optimierung der Interventionen stimulieren würde. Bezüglich der beiden klinischen Studien erwarten wir, dass diese Projekte wertvolle Ergebnisse zur klinischen Effektivität der Interventionen vorweisen werden, was die Psychotherapie im Bereich der Angst und Depression auf lange Sicht verbessern könnte. Für alle Studien ist geplant, sowohl die Daten als auch das Material über das ‚Open Science Framework‘ (OSF) online und öffentlich zur Verfügung zu stellen (siehe auch trial Registrierung). Dieses transparente Vorgehen ist durch verschiedenste Vorteile im Sinne der kollaborativen Wissensproduktion motiviert: Andere Forscher können alternative Fragestellungen an unseren Daten testen beziehungsweise zusätzliche Analysen ausführen, die für die Vorbereitung neuer Studien relevant sein könnten. Die Zurverfügungstellung der Trainings wird dazu beitragen, dass unabhängige Forschungsteams einfach und effizient weitere Studien ausführen können, was unser Wissen über die Mechanismen und Effektivität der Trainings erweitert und einen Beitrag zur Replizierbarkeit von Forschung leisten wird. Erleichtert wird dies dadurch, dass die meisten Trainings in lizenzfreien und frei zugänglichen Programmen programmiert worden sind (Java). Die beiden experimentellen Laborstudien sind bereits angelaufen und das Ziel ist, diese Beginn 2018 abzurunden, sodass die Ergebnisse im Juni 2018 vorgestellt werden bzw. im selben Jahr zur Publikation eingereicht werden können. Letzteres geht mit der online Zurverfügungstellung der Daten und Materialien einher. Die beiden Patienten-Studien sind ebenfalls angelaufen, werden aber noch nicht im Juni 2018 abgeschlossen sein. Ziel innerhalb der Open Science Idee wäre hierbei jedoch, Protokollpaper bei open access journals einzureichen, sodass die jeweiligen Studiendesigns öffentlich zugänglich sind beziehungsweise die Fragestellungen und Analysestrategien von Anfang an transparent kommuniziert werden.


Marcella Woud Bearbeiten

  • Name: Marcella Woud
  • Institution: Ruhr-Universität Bochum
  • Kontakt: marcella.woud@rub.de