Wikiversity:Fellow-Programm Freies Wissen/Einreichungen/Open Methodology für digitale Diskursanalysen: Wiki zu frei verfügbaren Online-Tools zur Analyse diskursiver Dynamiken im Social Web

Open Methodology für digitale Diskursanalysen: Wiki zu frei verfügbaren Online-Tools zur Analyse diskursiver Dynamiken im Social Web Bearbeiten

Projektbeschreibung Bearbeiten

Im Jahr der Bundestagswahl 2017 ist die Angst vor Fake News, die im Social Web die Runde machen und dort Meinungen beeinflussen, bei politisch Verantwortlichen, JournalistInnen und ganz generell bei InternetnutzerInnen größer denn je. Begründet ist dies u.a. durch die Vorkommnisse im Social Web vor der Präsidentschaftswahl in den Vereinigten Staaten 2016. Die damaligen diskursiven Dynamiken z.B. auf Twitter haben gezeigt, dass die veränderten Kommunikationsverhältnisse und die somit gewachsene Rolle digitaler Plattformen in z.T. wahlentscheidenden politischen Diskursen nicht zu unterschätzen sind. Für das Forschungsfeld der Diskurslinguistik bedeutet dies, dass bisherige Foki und Forschungspraktiken unter neuen Vorzeichen diskutiert werden müssen: Berücksichtigten linguistische Diskursanalysen bisher v.a. nicht-digitale Texte (sog. Newspaper Bias der Diskurslinguistik) sind nun digitale Texte aus Twitter, Facebook und Wikipedia verstärkt zu berücksichtigen, um digitale Diskurse systematisch beschreiben und analysieren zu können.

Das so beschrieben Forschungsdesiderat der diskursanalytischen Untersuchung digitaler Texte ist jedoch durch methodische Hürden bei der Analyse der vorgefundenen digitalen Daten (z.B. Hyperlinks, Hashtags und Timestamps) gekennzeichnet. Bei meinen bisherigen Arbeiten ist mir allerdings aufgefallen, dass es bereits viele frei verfügbare Online-Tools gibt, die je einzelne Aspekte des Umgangs mit digitalen Daten und deren Analyse ermöglichen bzw. vereinfachen und dazu genutzt werden können, diskursive Dynamiken im Social Web transparent zu machen.

Bisher existiert jedoch noch keine Plattform, die diese frei verfügbaren Tools ehrenamtlicher und wissenschaftlicher Entwickler zusammenträgt und deren diskursanalytischen Einsatz beschreibt. Eine solche Plattform würde den Interessen mehrerer Personengruppen begegnen: Neben Wissenschaftlern könnten auch SchülerInnen und StudentInnen, JournalistInnen sowie insgesamt die interessierte Öffentlichkeit von einer solchen Plattform zur systematischen und reflektierten Betrachtung digitaler Diskurse profitieren. Diese Zielsetzung möchte ich im Rahmen des Fellow Programms Freies Wissen verfolgen. Eine solche Plattform sollte neben der Sammlung der genannten Tools auch deren methodische Einbindung in Diskursanalysen beschreiben. Zudem ist geplant, Verwendungsszenarien in Online-Tutorials über einen korrespondierenden YouTube-Channel zu dokumentieren, um den niederschwellige Einstieg in die Nutzung der Tools zu gewährleisten. Die Plattform soll kollaborativ und frei zugänglich in Form eines Wikis gestaltet sein, damit z.B. Entwickler neue Tools dort eintragen oder Nutzer Verbesserungsvorschläge zu den Tools einbringen können. Das Rechenzentrum der Universität Mannheim kann ein solches Wiki implementieren und den Anforderungen des Projekts entsprechend gestalten.

Die Erarbeitung des Projekts bis Juni 2018 möchte ich mit verschiedenen Personengruppen angehen, um möglichst viele Interessenslagen zu erkunden und zu befriedigen: WissenschaftlerInnen: Zur Erarbeitung der Plattform und der angegliederten Elemente möchte ich die 14 KollegInnnen im DFG-geförderten wissenschaftlichen Netzwerk „Diskurse – digital: Theorien, Methoden, Fallstudien“ einladen, ihre Expertise einzubringen. Auf den regelmäßigen digitalen und nicht-digitalen Arbeitstreffen des Netzwerks besteht die Möglichkeit, die projektierte Plattform zu entwickeln.

StudentInnen: Im Herbstwintersemester 2017 biete ich das Hauptseminar „Linguistische Wikipedistik“ und im Frühjahrssemester 2018 das Hauptseminar „Digitale Methoden zur Analyse von Diskursen in sozialen Medien“ an, in dem ein Teil der Prüfungsleistung für die Seminarteilnehmer sein wird, Tools zu recherchieren, Verwendungsszenarien zu dokumentieren und Online-Tutorials für den geplanten YouTube-Channel zu erstellen. Das Hochschuldidaktische Zentrum der Universität Mannheim hat dafür bereits die technische Unterstützung und die Weitergabe des KnowHows zur Erstellung von Open Educational Ressourcen zugesagt.

LehrerInnen und SchülerInnen: Im November leite ich in der baden-württembergischen „Landesakademie für Fortbildung und Personalentwicklung an Schulen“ den Workshop „Die Online-Enzyklopädie Wikipedia: Neues Wissensformat im digitalen Zeitalter“. In diesem Rahmen werde ich mit den teilnehmenden LehrerInnen und LehrerausbilderInnen Fragestellungen zum didaktischen Einsatz der genannten Tools in Schulen erörtern. Bei der Planung des Workshops wurde bereits der dringende Bedarf offensichtlich, den Schülern Hilfsmittel zum reflektierten Umgang mit digitalen Plattformen und den dort stattfindenden Diskursen zur Verfügung zu stellen.

JournalistInnen/ Interessierte Öffentlichkeit: Bei zahlreichen Vorträgen im Herbst 2017 (z.B. WikiCon, WikiDACH, Forum der Deutschen Gesellschaft für Information und Wissen) hoffe ich auf Hinweise aus der interessierten (journalistischen) Öffentlichkeit zur geplanten Plattform und auf den Kontakt zu ehrenamtlichen Entwicklern frei verfügbarer Tools.

Das skizzierte Projekt berührt mehrere Aspekte von Open Science: Alle erarbeiteten Ergebnisse (Tool-Sammlung, Verwendungsszenarien und korrespondierende Online-Tutorials im YouTube-Channel) sollen im Internet (Open Access) verfügbar gemacht werden. Das Projekt soll zudem frei verfügbaren Tools zu mehr Sichtbarkeit im Internet verhelfen, deren Nachnutzbarkeit verbessern und sie zu einer Open Methodology digitaler Diskursanalysen bündeln. Die beschriebene Erarbeitung und aber auch spätere Nutzung der Plattform in linguistischen und medienwissenschaftlichen Lehrveranstaltungen knüpft an den Aspekt der Open Educational Resources an. Gelingt die Einbindung ehrenamtlicher Entwickler als Produzenten weiterer Tools und die Bindung der interessierten Öffentlichkeit als Nutzer der Plattform, ist auch der Aspekt der Citizen Science verwirklicht.


Eva Gredel Bearbeiten

  • Name: Eva Gredel
  • Institution: Universität Mannheim
  • Kontakt: eva.gredel@phil.uni-mannheim.de