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Zerstörung des Grazers Kulturerbes im Zuge des 2. Weltkriegs und dessen Wiederaufbau

Graz Schlossberg und Ferdinandsbrücke 1855

Graz verzeichnete die meisten Luftangriffe von allen Österreichischen Städten – insgesamt 56, zwischen dem 25. Februar 1943 und dem 2. April 1945. Dabei wurden rund 29.000 Brand- und Sprengbomben abgeworfen. Hauptziele der Angriffe waren der Hauptbahnhof sowie die großen Industrieanlagen im Westen und Süden der Stadt. Neben den 1.980 Toten und rund 2.000 Verwundeten wurden auch 7.802 Gebäude und etwa 20.000 Wohnungen zerstört.[1]

Die Stadt Graz und sein Kulturerbe Bearbeiten

 
Graz 1830

Die Innenstadt von Graz wurde 1999, wegen ihrer einzigartigen Erhaltung der historischen Gebäude, ein Teil des UNESCO-Weltkulturerbes Stadt Graz – Historisches Zentrum und Schloss Eggenberg. Seit der Aufnahme in die UNESCO Welterbe-Liste befindet sich die hervorragend erhaltene Grazer Altstadt im elitären Kreis von rund 900 Welterbestätten. Diese Auszeichnung bedeutet für Graz aber auch die Verpflichtung, das historische Erbe einer vielfältigen Baukultur von der Gotik bis zum 21. Jahrhundert zu erhalten und zeitgenössische Baukultur harmonisch einzufügen. Dadurch wird moderne Architektur im sensiblen Spannungsfeld des historischen Stadtbildes zwischen Alt und Neu auf höchstem Niveau gefordert und gefördert. [2] Diese Altstadt beherbergt zahlreiche historische Baudenkmäler und andere Sehenswürdigkeiten. Das Kunsthaus, den Schlossberg, die Franziskanerkirche, den Arkadenhof im Landhaus und den Uhrturm aus dem Jahr 1570. Weiter sind noch zahlreiche andere altehrwürdige Bauten zu finden – das Mausoleum und die Katharinenkirche aus dem 17. Jahrhundert zum Beispiel. [3] Zu den Denkmalgeschützten Objecten der Innenstadt gehören folgende Bauwerke:

  • Akademisches Gymnasium
  • Antoniuskirche
  • Deutschritterordenshaus
  • Burg
  • Dom und Mausoleum
  • Dreifaltigkeitskirche
  • Franziskanerkirche
  • Glockenspielplatz
  • Hauptplatz
  • Herrengasse
  • Joanneum
  • Landhaus
  • Landeszeughaus
  • Murinsel: Schwimmende Plattform in der Mur die anlässlich des Kulturhauptstadt-Jahres 2003 von Vito Acconci errichtet wurde. Sie wird als Café und als Freilufttheater genützt.
  • Opernhaus
  • Rathaus
  • Sackstraße
  • Schauspielhaus
  • Schloßberg mit Glockenturm, Kasematten und Uhrturm, dem Wahrzeichen von Graz. Erreichbar durch die Schloßbergbahn und durch einen Lift.
  • Sporgasse
  • Stadtpark
  • Stadtpfarrkirche

Von den oben genannten Bauwerken wurden viele während dem 2. Weltkrieg beschädigt. [4] ...

Der Luftkrieg gegen Graz Bearbeiten

Rudolf Weissmann war vom 19. Mai 1942 bis 7. Mai 1945 stellvertretender Kommandant der Schutzpolizei in Graz und hat in dieser Funktion umfangreiche Aufzeichnungen über die Bombenangriffe auf Graz, über die Bombenschäden, die Toten und Verletzten dieser Bombenangriffe gemacht. Diese Dokumentation befindet sich im Steiermärkischen Landesarchiv und bildete die Grundlage für das 1989 im Verlag Leykam erschienene Buch „Bomben auf Graz" von Walter Brunne. Die chronologisch angelegten Totenlisten von Rudolf Weissmann, die sich ebenfalls in dieser Dokumentation finden, konnten in diesem Buch nicht veröffentlicht werden. Vielfache diesbezügliche Rückfragen rechtfertigen nunmehr die Drucklegung dieses Verzeichnisses der Bombentoten von Graz während des Zweiten Weltkrieges.

Das hiemit vorgelegte Verzeichnis der Bombentoten von Graz beruht ausschließlich auf den von Rudolf Weissmann erstellten Listen. Er verzeichnet 1788 Tote bei 37 Tag- und fünf Nachtangriffen. Das sind jene Bombenopfer, die unmittelbar nach den Angriffen bei den Luftschutzstellen registriert worden sind. Personen, die erst längere Zeit später oder gar außerhalb der Stadt Graz an den Folgen von Bombenabwürfen verstorben sind, fehlen in diesen Listen. Es ist bekannt, daß die tatsächliche Zahl der Bombentoten höher liegt und über 2000 beträgt. Es ist auch denkbar, daß in der allgemeinen Verwirrung nach den Bombenangriffen nicht nur viele Bombentreffer nicht eruiert, sondern auch manche Tote nicht registriert werden konnten. Verschüttete Tote sind außerdem oft erst Wochen, ja Monate nach dem Angriff gefunden worden.

Von den 1770 (1788) Toten, die Rudolf Weissmann registriert, waren 1536 Inländer und 234 Ausländer. 513 davon waren Männer, 739 Frauen, 131 Kinder, 141 Wehrmachtsangehörige und 12 Angehörige der Polizei. Von den Ausländern waren 166 Männer, 49 Frauen, 11 Kinder und 8 Kriegsgefangene. 1104 Personen wurden innerhalb von Luftschutzräumen bzw. Luftschutzdeckungsgräben und 666 außerhalb, also in Wohnungen, Stiegenhäusern, Toreinfahrten oder im Freien, getötet.

Die meisten Toten wurden in Graz beim Luftangriff am 1. November 1944 gezählt, als 382 Menschen ihr Leben verloren. Beim Angriff am 1. Dezember 1944 starben 102 Menschen, am 19. Februar 1945 165 und beim letzten Großangriff auf Graz am Ostermontag, dem 2. April 1945, 95 Personen. Beim Angriff auf Thondorf am 26. Juli 1944 fanden im Lager Murfeld 88 Personen, die gerade beim Mittagessen saßen, durch Kleinsplitterbomben den Tod, 286 wurden verwundet. Am 1. November 1944 fanden 103 durch einen Volltreffer im Luftschutzraum in der Feuerbachgasse 26/32 101 Personen den Tod. Am 19. Februar 1945 wurden in der Strafanstalt Karlau 107 Menschen getötet.

Im Verhältnis zu anderen Städten des Deutschen Reiches war die Zahl der Bombentoten von Graz vergleichsweise gering, was zum Teil dem gut ausgebauten Luftschutzstollensystem zu verdanken ist. In Graz sind im Verlaufe von 57 Luftangriffen 0,77 Prozent der Stadtbevölkerung getötet worden. Das älteste Todesopfer war der 91jährige Josef Rakuscha, das jüngste ein 12 Tage alter Säugling.

Die von Rudolf Weissmann erstellten Listen sind chronologisch nach den Luftangriffen angelegt. Aus diesem Material wurden die jetzt vorgelegten Listen erarbeitet und daraus zwei getrennte Listen hergestellt, die eine alphabetisch geordnet nach Familiennamen, die andere alphabetisch nach dem Ort der Auffindung (Straße, Ortsteil). Die Originalliste, die die Namen, das Alter, den Beruf und den Auffindungsort der Bombentoten in chronologischer Reihe nach dem Todesdatum bietet, ist im Bestand A. Weissmann im Steiermärkischen Landesarchiv verwahrt und kann dort jederzeit eingesehen werden. [5]

Die Beschädigungen des Kulturdenkmäler von Graz im Zweiten Weltkrieg Bearbeiten

Akademisches Gymnasium Bearbeiten

Durch mehrere Bombenangriffe der Alliierten auf Graz im Jahr 1944, besonders am 1. November 1944, wurde das Schulgebäude vor allem an der Hauptfront - Richtung Tummelplatz - schwer beschädigt, ein ordnungsgemäßer Unterricht war ab diesem Zeitpunkt praktisch nicht mehr möglich. Die Zeit nach dem Kriegsende war mit einem dringend nötigen, völligen Neubeginn der Schule verbunden. Ferdinand Tremel, der zunächst provisorische Leiter des Gymnasiums und ab 1948 Direktor, berichtet über die von ihm anfangs vorgefundene Situation: „Abgesehen von den Bombenschäden befand sich das Haus, als es der neue Leiter zum ersten Mal betrat, in einem unbeschreiblichen Zustand. Der Gang des Erdgeschosses war übersät von weggeworfenen schmutzigen und stinkenden Uniformstücken der deutschen Wehrmacht und des Volkssturmes, die umfangreiche mineralogisch-geologische Lehrmittelsammlung lag auf dem Boden des Turnsaales in wüstem Durcheinander herum, in den Klassenzimmern und Sammlungsräumen, soweit man sie überhaupt betreten konnte, herrschte ein Chaos von Möbelstücken und von Schmutz aller Art, vom Zustand der Klosette sei gar nicht gesprochen. In der Direktionskanzlei fand sich als einzige Quelle ein dünnes Bündel nichtssagender Akten – alle anderen waren verbrannt –, die Kataloge lagen verstreut im Kohlenkeller herum und waren offenbar zum Verheizen bestimmt. In dieses Durcheinander Ordnung hineingebracht zu haben, war ein großer Ruhmestitel des nichtwissenschaftlichen Personals.“ – Ferdinand Tremel: Festschrift „400 Jahre Akademisches Gymnasium Graz“ [6]

Grazer Burg Bearbeiten

Im Zweiten Weltkrieg wurde die Bausubstanz der Grazer Burg teilweise schwer beschädigt und ab 1947 wieder aufgebaut. Zwischen 1950 und 1952 wurden Neubauten errichtet, welche als Neue Burg bekannt sind. Heute befinden sich in ihr neben dem Büro des Landeshauptmannes auch noch einige Abteilungen des Amts der Steiermärkischen Landesregierung. [7]

Franziskanerkirche Bearbeiten

Nach der Kriegsbeschädigung 1945 durch einen Bombentreffer wurde der Chor der Kirche von 1947 bis 1949 wiederhergestellt, in den Jahren 1954/55 erfolgte eine Innenrestauration, von 1982 bis 1988 eine umfassende Restaurierung. [8]

Landeszeughaus Bearbeiten

Das Landeszeughaus war das zentrale Waffendepot der Steiermark. Während des Zweiten Weltkrieges wurde es evakuiert und alle Waffen in drei abgelegene steirische Schlösser gebracht. Mit Hilfe der britischen Besatzungsmacht erfolgte der Rücktransport, ohne dass Verluste zu verzeichnen waren. Bereits im April 1946 konnte das Landeszeughaus wieder geöffnet werden.

Am 22. März 2013 wurde der größte Umbau seit der Errichtung des Zeughauses abgeschlossen. Der Eingangsbereich wurde umgestaltet und das Zeughaus barrierefrei gemacht. [9]

Stadtpfarrkirche Bearbeiten

Im Zweiten Weltkrieg wurden die gotischen Glasfenster der Kirche zerstört. Mit der Neugestaltung wurde Albert Birkle, ein Salzburger Künstler, dessen Kunst im Dritten Reich als entartet galt, beauftragt. Seine Hauptthemen waren die Auferstehung und das Leiden Jesus, doch seine Glasfenster wurden in den 1950er Jahren zum Skandal, denn sie zeigen Hitler und Mussolini an der Seite der Peiniger Christi. Sie ist, neben der Stiftsbasilika St. Martin in Landshut, weltweit die einzige Kirche, die die beiden Diktatoren zeigt.

Literatur Bearbeiten

  • Stefan Karner: Die Steiermark im Dritten Reich 1938–1945'. 3. Auflage. Leykam, Graz 1986, ISBN 3-7011-7302-8, S. 391–423.

Einzelnachweise Bearbeiten

  1. Stefan Karner: Die Steiermark im Dritten Reich 1938–1945. 3. Auflage. Leykam, Graz 1986, ISBN 3-7011-7302-8, S. 391–423.
  2. https://www.graz.at/cms/beitrag/10135889/8033447
  3. http://www.weltkulturerbe.com/weltkulturerbe/europa/graz.html
  4. https://commons.wikimedia.org/wiki/Category:Innere_Stadt,_Graz?uselang=de
  5. http://www.landesarchiv.steiermark.at/cms/dokumente/11683562_77969250/dc300a5c/103%20bis%20240%20aus%20Mitteilungen%2039-Die%20Bombentoten%20von%20Graz%201941%20-%201945.pdf
  6. Ferdinand Tremel: 400 Jahre Akademisches Gymnasium in Graz. In: 400 Jahre Akademisches Gymnasium in Graz 1573–1973. Festschrift. Verlag des Akademischen Gymnasiums in Graz, Graz 1973, S. 90.
  7. http://www.burgen-austria.com/archive.php?id=1412
  8. Schweigert: Dehio Graz. S. 34.
  9. https://www.museum-joanneum.at/landeszeughaus/historische-waffenkammer/geschichte