Gespräche mit Alina: Hier clicken Bearbeiten

Der Aufsatz für Alinas Buch Bearbeiten

Alinas Vorgabe Bearbeiten

Herr Martin. Das Werk betrifft die Rolle der Computertechnologien, besonders des Internets bei der Entwicklung der soziokulturellen Kompetenz (in Deutschland nennt man diese Kompetenz die interkulturelle Kompetenz). Die Entwicklung dieser Kompetenz hilft bei der Kommunikation zwischen den Vertretern verschiedener Kulturen und Religionen. Das Internet spielt dabei eine besondere Rolle, denn gerade das Internet gibt die schoenste Moeglichkeit den Menschen mit einander zu kommunizieren. Ich beschreibe auch in dieser Arbeit das Internet-Projekt, an dem die Studenten arbeiten und die Foren, wo die Studenten kommunizieren. Ein Teil der Arbeit ist bestimmt der Wikipedia gewidmet. Also, alles was der Kommunikation zwischen den Vertretern verschiedener Natinalitaeten und Religionen betrifft. Die Arbeit besteht aus 6 Paragrafen: Einleitung, soziokultirelle Kompetenz als Lernziel, Internet als Bildungsmedium, Internet-Projekt, Wikipedia, Schlussfolgerung. Die Arbeit enthaelt auch ein Lexikon. In meiner Arbeit berufe ich mich auf Ihre Artikel. --19:20, 8. Jan. 2007 (CET)~Alina

Studenten konstruieren Wissen gemeinsam - wie Neurone im Gehirn! Von Jean-Pol Martin Bearbeiten

Einleitung Bearbeiten

Metaphern sind Brillen, die es ermöglichen, Phänomene schärfer zu erkennen. Natürlich reduzieren Metaphern Komplexität. Aber gerade weil sie dies tun, machen sie Zusammenhänge verständlich, die sich sonst dem Erkenntnisprozess verweigern würden. In diesem Text soll zunächst geschildert werden, wie Gedanken im Gehirn durch die Interaktion von Neuronen entstehen. Im Anschluss wird aufgezeigt, wie man dieses Modell auf die Gestaltung von Lernergruppen übertagen kann. Im Hinblick auf die Publikation von Alina Rachimova kann bereits soviel vorweggenommen werden: im Zentrum der Produktion von Wissen in neuronalen Netzen stehen Interaktionen, also Kommunikation. Indem Alina Rachimova aufzeigt, wie mit Hilfe des Internets kommuniziert und gemeinsam Wissen konstruiert wird, fördert sie die Prozesse, die im folgenden beschrieben werden.

Neuronale Netze und die Emergenz von Gedanken und Problemlösungen Bearbeiten

 
Vereinfachte Darstellung eines künstlichen neuronalen Netzes (aus de:Wikipedia)

Impulse, die den Organismus aus der Außenwelt erreichen, werden über Neurone aufgenommen und verarbeitet. Je komplexer der Impuls, desto mehr Neurone werden mobilisiert und auf der Grundlage von Interaktionen verarbeitet. Im Organismus gibt es verschiedene Hierarchieebenen, denn die höchste Instanz (der Cortex) ist nicht in der Lage, alle Impulse zu verarbeiten. Treten beispielsweise Veränderungen in der Außentemperatur auf, so wird die Anpassungsleistung des Körpers durch eine periphäre Neuronengruppe verantwortet, die keine direkte Verbindung zum Cortex besitzt. Je stärker die Veränderung der Außentemperatur, desto größer die Chance, dass diese neue Situation immer mehr Neuronenkonstellationen mobilisiert. Bis sie den Cortex und die Bewusstheitsebene erreicht, muss die Information "Veränderung der Außentemperatur" eine ganze Reihe von Selektionsebenen durchlaufen. Erst wenn sie von ausreichender Bedeutung ist für den Organismus, "emergiert" die Information im Gehirn und beansprucht mehr Aufmerksamkeit, also die Beteiligung weiterer Neurone. Der Cortex erarbeitet eine Reaktion auf die neue Situation und der betroffene Mensch entschließt sich beispielsweise, einen Mantel anzuziehen.

Konsequenzen für den Unterricht und die Gestaltung der Klasse als neuronales Netz Bearbeiten

Aus dem oben Beschriebenen geht hervor, dass Impulse von außen zunächst einzelne Neurone aktivieren. Nimmt die Intensität der Impulse zu, so interagieren die Neurone mit dem Zwecke einer Verarbeitung der einströmenden neuen Informationen. Je komplexer die zu verarbeitenden Impulse, desto mehr Neurone werden beteiligt und desto intensiver die Interaktionen. Aus diesen Interaktionen "emergieren" Gesamtreaktionen, die sich auf die Verarbeitung der Impulse richten. Wenn der Impuls von außen beispielsweise als "Problem" auftritt, das eine Entscheidung verlangt, so interagieren die Neurone bis eine Lösung "emergiert". Ein moderner Unterricht, der die Schüler fördern will, kann sich an dieses Modell anlehnen und die Klasse zum "Gehirn" umformen. Die Schüler sitzen im Kreis, ihnen wird eine Frage gestellt oder sie bekommen ein Problem zu lösen und sie interagieren solange, bis aus der Gruppe heraus eine Lösung vorgeschlagen wird. Ein solcher Unterricht kann folgendermaßen strukturiert werden (vgl. Wikipedia):

Unterrichtsphase Erwartetes Schülerverhalten Lehrerverhalten Unterschied zu anderen Methoden
Vorbereitung und Nachbereitung zu Hause Alle Schüler arbeiten konsequent zu Hause, denn die Qualität des Unterrichtsdiskurses (kollektives Denken, Emergenz) hängt von der Vorbereitung der Schüler ("Neurone") ab. Wer nicht vorbereitet ist, oder häufig fehlt, kann im Unterricht auf keine Impulse reagieren und selbst keine Impulse "abfeuern" Der Lehrer ("Frontalcortex") muss den Stoff sehr gut beherrschen, damit er jederzeit ergänzend und impulsgebend intervenieren kann, um die Qualität des Diskurses zu erhöhen Bei LdL wird die Unterrichtszeit nicht in erster Linie für die Vermittlung von Stoff genutzt, sondern für die Interaktionen in Partnerarbeit und im Plenum (kollektive Reflexion). Die häusliche Arbeit dient der Vorbereitung auf diese Interaktionen
Gesamter Unterrichtsdiskurs Die Schüler sitzen im Kreis. Jeder Schüler hört konzentriert seinen Mitschülern zu und stellt Fragen, wenn etwas in der Darstellung nicht klar ist Der Lehrer sorgt für absolute Ruhe und Konzentration auf die Schüleräußerungen, sorgt dafür, dass jeder Schüler ungestört seine Gedanken zu Ende aussprechen kann und die Klasse auf seine Beiträge eingeht. Der Lehrer muss sich stets bewusst sein, dass, bevor wertvolle Gedankengänge in der Gruppe "emergieren", eine ganze Reihe von Interaktionen zwischen den Schülern im Vorfeld notwendig ist (Inkubation), die der Lehrer nicht beschleunigen oder unterbrechen soll Bei LdL muss absolute Ruhe herrschen, damit die Schüleräußerungen von allen verfolgt werden. Während die Schüler interagieren, hält sich der Lehrer stark zurück.
Einstieg: Stoffsammlung in Partnerarbeit: Beispiel "Don Juan von Molière" Ressourcenorientierung: die Schüler, die den Unterricht leiten, stellen kurz das neue Thema vor, und lassen die Mitschüler in Partnerarbeit sammeln, was sie bereits zu diesem Thema wissen (z.B. Kenntnisse über Don Giovanni von Mozart) Der Lehrer sorgt dafür, dass die Partner ihre Gedanken austauschen Bei LdL wird vor Einführung des neuen Stoffes der Wissensstand der einzelnen Schüler in Kleingruppen zur Kenntnis genommen.
Erste Vertiefung: Stoffsammlung im Plenum Unter Moderation der leitenden Schüler wird in der Klasse solange interagiert, bis alle themenbezogenen Fragen gestellt und geklärt wurden (die Schüler interagieren wie Neurone in neuronalen Netzen und es "emergieren" Gedanken und Problemlösungen) Der Lehrer sorgt dafür, dass jeder Schüler intervenieren kann, fragt nach, wenn etwas noch nicht klar ist und von der Klasse durch Interaktionen geklärt werden soll bis die "Emergenz" eine entsprechende Qualität erreicht hat (vgl. Kollektive Intelligenz) Das Vorwissen der Einzelnen wird im Plenum ausgetauscht und angeglichen, bevor der neue Stoff eingespeist wird.
Einführung des neuen Stoffes im Plenum ("Molières Komik am Beispiel von Don Juan") Die leitenden Schüler führen neues Wissen im Plenum ein in kleine Portionen aufgeteilt (z.B. entsprechende Szene aus Don Juan) und mit ständiger Rückfrage, damit sicher ist, dass alles verstanden wird Der Lehrer beobachtet die Kommunikation und interveniert, wenn Unklarheiten auftreten. Er fordert immer wieder zur Klärung undeutlicher Inhalte oder Gedanken auf Bei LdL erfolgt das Einspeisen des neuen Stoffes in kleinen Portionen, die Schritt für Schritt verarbeitet werden
Zweite Vertiefung: Spielen von Einzelszenen Unter Anleitung der verantwortlichen Schüler werden in Partnerarbeit relevante Passagen gespielt und eingeübt (z.B. wie Don Juan Bauernmädchen verführt) Der Lehrer bringt neue Ideen ein, sorgt dafür, dass die schauspielerischen Darstellungen ansprechend gestaltet und von allen anderen konzentriert verfolgt werden Bei LdL versteht sich der Lehrer als Regisseur und er scheut sich nicht, zu unterbrechen, wenn Darbietungen vor der Klasse nicht ansprechend/deutlich genug sind (Werkstattatmosphäre)
Dritte Vertiefung: schriftlicher Hausaufsatz (Textaufgabe, Interpretation einer Stelle, beispielsweise Don Juans Auseinandersetzung mit seinem Vater) Alle Schüler arbeiten konsequent zu Hause Der Lehrer sammelt alle Hausaufgaben ein und korrigiert sie sehr genau In jüngeren Jahrgangsstufen wird der LdL-Unterricht während der Stunden selbst vorbereitet. Mit zunehmendem Niveau (Oberstufe) verlagert sich die Vorbereitung immer stärker auf die häusliche Arbeit damit ein noch größerer Anteil der Unterrichtszeit für Interaktionen (kollektive Reflexion) zur Verfügung steht.

Das einzelne Neuron Bearbeiten

Aus dieser Übersicht wird deutlich, dass die Qualität des Unterrichts von der Bereitschaft der Lerner abhängt, zu kommunizieren. Auch hier kann es nützlich sein zu erfahren, wann Neurone in neuronalen Netzen "kommunizieren", also Impulse aufnehmen und selbst welche an die Umwelt abgeben. Zunächst kann man feststellen, dass Neurone nach den Regeln des "Alles-oder-Nichts-Gesetzes" reagieren. Entweder wird in ihrem Innenleben das Schwellenpotenzial erreicht, das sie zum Abfeuern anregt, oder nicht. Dasselbe gilt für Lerner: bis sie im Unterricht aktiv werden, muss in ihnen eine Aktivationsschwelle erreicht werden, die sie zum Intervenieren motiviert. Wenn diese Schwelle nicht erreicht wird, bleiben sie still, auch wenn sie direkt davor standen, etwas zu sagen (Alles oder Nichts Prinzip). Voraussetzung für die Funktion des Neurons ist seine Fähigkeit, einen elektrischen Impuls zu empfangen und weiter zu leiten. Dabei spielen wichtige Faktoren eine Rolle: die elektrische Erregbarkeit (den Impuls empfangen), das Ruhepotential (die Möglichkeit ihn zu integrieren), das Aktionspotential (ihn weiter zu leiten und zu übertragen) und die Erregungsleitung (ihn zielgerichtet zu übertragen). Auf den Unterricht übertragen bedeutet es, dass die Bereitschaft von Lernern, zu intervenieren und zu interagieren davon abhängt, ob sie zu einem bestimmten Zeitpunkt offen sind für die Impulse, die von außen kommen, ob sie genug Ruhe haben, um diesen Impuls zu integrieren und umzusetzen, ob sie genug Motivation und Energie haben, um diesen Impuls nach Veränderungen zielgerichtet weiterzugeben.

Empfehlungen für den Unterricht im Klassenzimmer Bearbeiten

Aus diesen Erkenntnissen lassen sich folgende Empfehlungen für den Unterricht ableiten:
1.Routinisierung des Unterrichtssettings:

  • Die Lernen müssen im Kreis sitzen. Allein die Mimik ihrer Mitschüler wirkt als Facilitator und kann den entscheidenden Impuls dafür liefern, dass die Schüler "abfeuern".
  • Die Lerner müssen sich daran gewöhnen, wenn sie bei der Lösung einer Aufgabe nicht weiterkommen, sich den Beistand eines Mitschülers aus der Gruppe automatisch zu holen.
  • Die Lerner müssen sich daran gewöhnen, geduldig zu warten bis ein angesprochener Schüler antwortet ("abfeuert").
  • Die Lerner müssen sich daran gewöhnen, ihre Interaktionen auf die Emergenz von Lösungen hin zu organisieren. Diese Emergenzen werden zusammengefasst und an eine "höhere" Instanz zur Weiterverarbeitung weitergeleitet (beispielsweise an die Schüler, die den Unterrichtsdiskurs leiten). So entstehen mehrere, hierarchisch angeorndete "Emergenzebenen".

2.Aushalten von Unschärfen und Unbstimmtheiten

  • Der Lehrer muss sich daran gewöhnen, dass die Barbeitung eines Problems beim Einzelnen oder in der Klasse phasenweise intransparent bleibt (Inkubation). Nach der Chaostheorie ensteht aus der kollektiven, oft unsichtbaren Reflexion völlig unvoraussehbar ein Ereignis (z.B. Angebot einer Problemlösung)
  • Der Lehrer muss stets Materialien bereithalten, die bei unvorhersehbaren Entwicklungen in die Klasse ("Gehirn") zur Weiterverarbeitung eingespeist werden können.

Empfehlungen für die Ausbildung außerhalb des Klassenzimmers Bearbeiten

Die Grundmuster kollektiver Wissenskonstruktion können im Klassenzimmer eingeübt und routinisiert werden. Allerdings sollte den Lernern bald ein Feld angeboten werden, in dessen Rahmen die oben genannten Techniken zur vollen Entfaltung kommen. Wenn es darum geht, die Struktur des Gehirns, wie sie im Klassenzimmer aufgebaut und routinisiert wurde, beizubehalten, so muss ähnlich wie im Klassenzimmer ein Netz konstruiert werden, das folgende Merkmale aufweist:

  • Die Teilnehmer sollen ein Thema wählen, das sie dauerhaft mobilisert, indem es kontinuierlich Impulse liefert die zur Verarbeitung motivieren
  • Die Teilnehmer sollen durch eine Struktur verbunden werden, die ihnen wie im Klassenzimmer erlaubt, kontinuierlich Kontakt aufzunehmen und "abzufeuern". Im einzelnen sind es:

- Internetforen, auf denen permanent Kontakt aufgenommen und Informationen ausgetauscht werden können
- Wikis, die es ermöglichen, collaborativ an der Erstellung von Wissen mitzuwirken
- Internetseiten, die es ermöglichen, das Ergebnis der Interaktionen (Emergenzen) geordnet darzustellen

Es ergibt eine Struktur, die über den Klassenraum hinaus die Welt als Aktivitäts- und Reflexionsfeld eröffnet. Es werde Probleme geliefert, es werden aber auch die Menschen zur Verfügung gestellt, die im Rahmen von Interaktionen - wie Neurone im Gehirn - diese Probleme angehen können. Die Eigenschaften, die von den Teilnehmern verlangt werden, lassen sich folgendermaßen auflisten:

  • Erkennen, dass man als Einzelner Träger von Ressourcen ist,
  • Fähigkeit, Potenziale von anderen Gruppenmitgliedern zu erkennen, zu erschließen und für die Gruppe fruchtbar zu machen,
  • Fähigkeit, Kommunikation innerhalb einer Gruppe einzuleiten und aufrecht zu erhalten (Moderationskompetenz),
  • Erkennen, dass man das eigene Ressourcenpotenzial aktiv vermehren soll, damit man die eigene Attraktivität in der Gruppe erhöht,
  • Erkennen, dass man das eigene Ressourcenpotenzial durch Kommunikation erhöhen kann,
  • Erkennen, dass Kommunikation dann entsteht, wenn der eine etwas weiß, was der andere nichtweiß,
  • Erkennen, dass durch Kommunikation und Weitergabe von Wissen das eigene Wissen vermehrt wird.
  • Fähigkeit, die Transformation von Informationen zu Wissen in der Gruppe anzuleiten.

Wie dies konkret umgesetzt werden kann, erfährt man in dem Buch von Alina Rachimova.

Jean-Pol Martin, im Januar 2007