Benutzer:Lernstratege/Essay:methodisch lernen

Zusammenfassung: In diesem Essay versucht Lernstratege das Phänomen des Lernens einem methodischen Vorgehen zugänglich zu machen. Ausgehend von einer handlungstheoretischen Reflexion auf das Lernen als unvermeidliche Erscheinung menschlichen Lebens und unumgängliche Voraussetzung jeder (Teilhabe an der) Kultur sollen ein belastbarer Begriff des Lernens und die Hauptlinien lernenden Handelns methodisch rekonstruiert werden. Den Hauptlinien folgend können dann anderorts situations- und rollenspezifische Anleitungen sowohl für das Lernen selbst, als auch für eine sorgfältige Rede über das Lernen konstruktiv entwickelt werden.

Wieso lernen?

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Aus ... wird ersichtlich, dass per Definitionem keinem Akteur jemals irgendwelche Handlungen widerfahren: Niemand schnürt seine Schuhe ohne sein Zutun. Kein Schriftstück entsteht ohne einen handelnden Schreiber. Es mag wohl sein, dass er beiläufig (unbemerkt) so handelt und seine Aufmerksamkeit derweil auf anderes richtet. Dieser Sachverhalt setzt aber immer voraus, dass der Akteur entsprechende Handlungen erst erlernt, eingeübt und sich dann bis zur Gewohnheit eingeschliffen hat.

Jede Handlung, die wir vollziehen können, haben wir erst erlernen müssen. Ob wir sie erlernt haben, können wir nur daran erkennen, dass wir sie wenigstens einmal vollzogen haben. Erst dann können wir sie auch unterlassen. Zugleich mit einem Handlungsvermögen erwerben wir ein entsprechendes Handlungsschema. So ist Handlungskompetenz immer eine doppelte Kompetenz, zugleich eine Fertigkeit (vollziehen oder unterlassen können) und eine Kenntnis (Handlungsschema).

Wieso kann ich nach Worms reisen, obwohl ich „nach Worms reisen“ nie gelernt habe? Dies ist nur scheinbar ein Einwand. Wenn ich nach Worms reise, nutze ich Fahrpläne und öffentliche Verkehrsmittel, oder ich nutze ein Auto und ausgeschilderte Straßen. Selbst wenn ich zu Fuß gehe, nutze ich Wege und Landkarten. In all diesen Dingen steckt viel Arbeit von vielen Menschen, die mir dabei helfen, nach Worms zu reisen. Ich selbst aber habe erst lernen müssen, diese Hilfen auch zu nutzen.

Diese Hilfen ersetzen eigene Leistungen und oft sogar eigenes Lernen. So kann ich erfahren, wie das Wetter morgen werden soll, ohne selbst zu lernen, wie man eine Wettervorhersage macht. Ohne Zweifel muss dazu jemand anderes „Wettervorhersagen machen“ gelernt haben. Ich komme nicht darum herum: Jedes menschliche Handeln ruht auf einem Gefüge erlernter Kompetenzen. Und immer ist unser Handeln eingebettet in ein Gefüge von Handlungen anderer Akteure, die mit-, für- und gegeneinander handeln und dies selbst zuvor erst erlernen mussten.

Wer (aus welchen Gründen auch immer) versäumt, alle Handlungen zu erlernen, die er zum Vollzug seines Lebens benötigt, der bleibt im Umfang dieses Versäumnisses unmündig, hilfebedürftig und unselbständig. Andere müssen für ihn und an seiner statt handeln. Dies ist schon für Kinder schwer zu ertragen und im Umgang mit Kindern kaum aufrecht zu erhalten. Zur Fürsorge eines Vormundes gehört, dass er dem Mündel hilft, den Zustand der Unmündigkeit so weit als möglich zu überwinden. Was heißt dies in einer Welt, deren Bewohner stets auf Hilfe, Unterstützung und Zusammenarbeit anderer angewiesen sind?


Begriff: Lernen

Bemühungen eines Lernenden, sich Kompetenzen (also Kenntnisse und Fertigkeiten) eines anderen durch Nachvollzug eines Lernganges anzueignen. Form und Inhalt des Lernganges können ebenso variieren wie die von den verschiedenen Beteiligten verfolgten (oft verschiedenen) Zwecke. Ziel eines Lerngangs ist der Aufbau notwendiger, hilfreicher oder wünschenswerter persönlicher Kompetenzen, die dem Lernenden dazu dienen, Aufgaben zu erfüllen, Probleme und Herausforderungen zu bewältigen oder Ziele zu setzen und zu erreichen.



Konzept: Lernen

Lernstand: Kompetenzen (Kenntnisse und Fertigkeiten) Beteiligter
Vorkenntnisse: Lernstand, der seitens der Teilnehmer vorausgesetzt und bei Teilnahme in Anspruch genommen wird
Lerner: Person(en), deren Lernstand sich ändert
Lehrer: Person, die einen Lerngang vorschlägt und begleitet
Lerngang: schrittweise, lückenlos und vollständig nachvollziehbare Handlungskette. Grundsätzlich unverzweigt, kann durch Exkurse erweitert werden.
Lernziel: Lernstand, der durch Nachvollzug des Lernganges erreicht werden soll
Inhalte: Gegenstände, an/mit denen oder für die der Lerngang vollzogen wird

Abgrenzungen zu
  • „Forschen und Entwickeln:“ Diese Bemühungen streben danach, neuartige Kenntnisse und Fertigkeiten zu erzeugen.
  • „(journalistische) Recherche:“ Diese Bemühungen tragen bereits bestehende Kenntnisse und Fertigkeiten zusammen und können unterschiedlichen Zwecken dienen.
  • „Erfahrungen machen:“ Eher ein Widerfahrnis als ein Bemühen, oft eine Nebenwirkung des methodischen Denkens, des Reflektierens oder des Systematisierens. Kann als Entdeckung (FuE), Fund (Recherche) oder Einsicht (Lernen) erscheinen.
  • „Üben, Elaborieren, Festigen:“ Ein Zugeständnis an das Prinzip “Use it or loose it”, nach dem Gedächtnis und Erinnerung arbeiten. Dabei wird bereits Gelerntes hinreichend stabilisiert (Üben), bis die Aufmerksamkeit auf Verfeinerungen und Ergänzungen gerichtet werden können (Elaborieren), aber noch bevor das Gelernte erstarrt (Festigen).
  • „Kultivieren:“ Vielgestaltiges Bemühen um eine weitere Entfaltung von schon erworbenen Kompetenzen. Lässt offen, wie und worauf sich dieses richtet.