Benutzer:O.tacke/Gedanken zur Lehre
An dieser Stelle habe ich einige meiner Gedanken zur Lehre gesammelt. Man kann also ungefähr abschätzen, welche Philosophie ich verfolge.
Mein besonderes Problem
BearbeitenWie viele wissenschaftliche Mitarbeiter stehe ich vor einem Problem: Da hat man selbst gerade noch studiert - und hat vielleicht wie ich noch einen kurzen Abstecher in die Praxis gemacht - und nun soll man plötzlich selbst Studierenden etwas beibringen. Wie das richtig funktioniert? Das sagt einem niemand. Zwar bringe ich möglicherweise ein wenig pädagogisches und didaktisches Geschick mit, dass ich als Jugendgruppenleiter beim Jugendrotkreuz erwerben konnte, aber eigentlich bin ich ein Laie, der nach dem Prinzip "Versuch und Irrtum" lernt (vgl. "Was ist ein guter Professor?" von Jean-Pol Martin). Vor diesem Hintergrund sind daher auch meine Ausführungen zu verstehen: Es handelt sich um meine Meinung, die nicht als wissenschaftlich fundierte Aussagen zu verstehen sind, und ich bin keinesfalls frei von Irrtümern.
Gerade hier sehe ich viel Potenzial in der öffentlichen Lehre. Durch das Offenlegen meiner Ideen und Konzepte werde ich einerseits gezwungen, mir sorgfältig Gedanken zu machen, meine Erfahrungen kontinuierlich zu reflektieren und daraus ein schlüssiges Gesamtbild zu entwerfen - oder vielleicht auch einmal alles wegzuwerfen. Andererseits kann ich über Diskussionen mit anderen Lehrenden, Studierenden und anderen Interessierten eigentlich nur dazulernen. Und möglicherweise stößt jemand, der denselben Problemen gegenübersteht, auf diese Seite und findet hier wertvolle Anregungen.
Wenn also jemand meine Ideen kontrovers oder falsch findet: Hier ist der geeignete Platz zur Diskussion!
Fachgebiete
BearbeitenSegen und Fluch zugleich: Ich bin ein Generalist. Das ist einerseits gut, denn ich kann in vielen Bereichen mitreden und Verbindungen herstellen, andererseits fehlt mir häufig auch der Tiefgang. Als wissenschaftlicher Mitarbeiter am Institut für Organisation und Führung der TU Braunschweig besetze ich die Themen Personalführung und Wissensmanagement. Das Institut für Wirtschaftsinformatik, Abteilung Informationsmanagement hat mich quasi adoptiert: Dort unterstütze ich das "Web 2.0"-Seminar. Außerdem habe ich einen Lehrauftrag für die Vorlesung "Online-Marketing" an der FH Wolfenbüttel - das Thema habe ich im Studium vertieft und knapp ein Jahr in dem Bereich gearbeitet.
Grundlagen
BearbeitenOffenheit
BearbeitenUm wenigstens ein halbwegs tragfähiges Fundament zu schaffen, habe ich mich zunächst mit einigen Büchern beschäftigt. Alle machen in der einen oder anderen Form deutlich, dass Lehrer offen sein müssen, wenn Sie etwas bewirken wollen. So schreibt beispielsweise Bernhard Bueb:
- "Lehrer [...] müssen bereit sein, ihre Klassenräume zu öffnen, gemeinsam mit der Leitung und anderen Lehrern Ziele zu vereinbaren und zusammenzuarbeiten sowie ihre Arbeit von den Schülern bewerten zu lassen."
Die öffentliche Lehre im Web 2.0 erscheint mir als logische Fortführung des Gedankens mit modernen Mitteln. Offen meint hier allerdings mehr als das öffentliche Präsentieren und Diskutieren des eigenen Konzepts, mehr als das Darlegen des "Warum". Offen meint insbesondere, sich den Schülern/Studierenden gegenüber als Person zu öffnen. Ebenfalls bei Herrn Bueb liest sich dies so:
- "Lehrer müssen die Leidenschaft für Bildung in Kindern, ihre grande passion in ihnen wecken. Sie müssen es umso mehr, je weniger Eltern diesen Auftrag erfüllen. Lehrer sollten aber auch Menschen zum »Anfassen« sein, sie sollten als Menschen mit Freud und Leid, ihren Vorzügen, ihren Hobbys, ihren exzellenten und kauzigen Seiten erfahrbar sein, sie sollten als Freund und Berater erscheinen."
Diesen Gedanken möchte ich als öffentlicher Wissenschaftler ebenso verfolgen. Man sollte dies jedoch nicht missverstehen und annehmen, eine bedingungslose "Kumpelatmosphäre" sei das Ziel, in der keine Anforderungen mehr gestellt werden, in der es keine schlechten Noten mehr gibt, usw. (im Gegenteil, ich gelte wohl sogar als ziemlich fordernd, ohne Fleiß kein Preis) Offenheit kann aber erheblich dabei helfen, Bildung zu vermitteln - so meine Meinung.
Offenheit bedeutet also gleichzeitig die freimütige Preisgabe von eigenem Wissen, die Suche nach innovativen eigenen Ideen und die Aufgeschlossenheit für neue Impulse von außen. Dazu zähle ich zum Beispiel neue Methoden oder neue didaktische Erkenntnisse. Sich darauf zu berufen, dass etwas früher ja auch geklappt habe, ist meiner Ansicht nach zu einfach - schließlich ändern sich ständig Rahmenbedingungen, die es zu berücksichtigen gilt. Mit dem Web 2.0 scheinen gar Umwälzungen der Gesellschaft stattzufinden. Verständlicherweise kann ein Umdenken gerade hier schwer fallen. Zu den neuen Impulsen zähle ich aber auch schlicht die Suche von kollegialen Anregungen. In der Lehre, egal ob in der Schule oder in der Uni, scheint dies eher unüblich zu sein. Einerseits wird bei besonderen Problemen selten um Ratschlag gebeten. Bernhard Bueb schreibt dies der Furcht zu, möglicherweise als inkompetent wahrgenommen zu werden. Andererseits ist es wohl noch seltener, dass Lehrer andere Lehrer oder Professoren andere Professoren in deren Veranstaltungen besuchen, um selbst etwas zu lernen oder den Kollegen vielleicht Hilfestellung geben zu können.
Mit der öffentlichen Lehre kann auch dies verfolgt werden - im Web 2.0 sogar potenziell weltweit. Auf der einen Seite schildere ich bewusst meine eigenen Probleme und hoffe auf Unterstützung von außen - in der Hoffnung auf neue Impulse. Ich bin mir bewusst, dass ich nicht alles wissen kann und Fehler mache. Ich möchte diese aber nicht verstecken, sondern daraus lernen. Auf der anderen Seite finden Interessierte womöglich eine Kleinigkeit, die ihnen helfen kann, sich weiter zu entwickeln.
Transparenz
BearbeitenDie Transparenz des Handelns ergibt sich aus der Offenheit nach außen. Die Hintergründe meines Vorgehens lassen sich von anderen Personen besser nachvollziehen, beispielsweise von Studenten oder auch von der steuerzahlenden Öffentlichkeit. Kommentare oder Kritik sind auf den Diskussionsseiten ausdrücklich erwünscht - womit wir wieder bei der Öffentlichkeit wären.
Wertschätzung
BearbeitenIch bin der Überzeugung, dass man Studenten ehrlich gemeinte Wertschätzung entgegen bringen muss, wenn man dafür sorgen möchte, dass sie ihr Wissen vergrößern. Auch ich erschaudere manches Mal bei besonders skurrilen Antworten in Klausuren und auch ich empfinde manche Frage im ersten Moment als dumm, obwohl es solche sprichwörtlich ja gar nicht gibt. Damit drücke ich aber nicht meine allgemeine Haltung ihnen gegenüber aus, sondern eher meine Unvollkommenheit. Ein Student ist nicht erst dann etwas Wert, wenn er sich als besonders intelligent erweist. Ein Student, der nicht sofort etwas begreift, sollte nicht gleich als zu dumm abgeschrieben werden. Eine geringe Wertschätzung dürfte eher zu einer unbehaglichen Atmosphäre führen, die das Lernen nicht fördert. Leider scheint es aber so, dass manche Professoren Studenten bloß als notwendiges Übel im Lauf der eigenen Karriere betrachten.
Wer ist eigentlich verantwortlich für erfolgreiches Studieren?
Bearbeiten- "I can only show you the door. You're the one that has to walk through it."
- Morpheus/The Matrix
Wer ist eigentlich verantwortlich dafür, ob ein Studium erfolgreich verläuft oder nicht? Der Student? Der Dozent? Die Uni, die Regierung oder gar die Gesellschaft? Fangen wir damit an, was in Hörsäalen oder Studentenbuden vor sich geht.
Einige Professoren halten es möglicherweise mit Goethes Faust: “Wer immer strebend sich bemüht, den können wir erlösen!” Der Erfolg des Studiums hänge einzig und allein vom Verhalten der Studenten ab. Wenn die sich nur anstrengen und fleißig sind, dann wird schon alles gelingen. Anders herum: Wenn es nicht klappt, wurde wohl von den Lernenden zu wenig geleistet, oder sie sind einfach intellektuell nicht in der Lage mitzuhalten.
Und was meinen die Studenten? Vielleicht nach Klausuren? Möglicherweise: “Das hatten wir aber gar nicht in der Vorlesung!” Der Dozent habe einfach schlecht erklärt. Das Skript sei unvollständig gewesen, man hätte ja noch anderswo nachschlagen und sich selbst Gedanken machen müssen, wie das funktionieren könnte.
Weder das eine noch das andere Extrem finde ich sonderlich überzeugend. Ziel eines Studiums sollte es meiner Meinung nach sein, selbständig und eigenverantwortlich lernen zu können. Dafür müssen Studenten sich in der Tat anstrengen! Sich lediglich Tag für Tag passiv in Vorlesungen zu setzen, ist nicht genug. Gegen Ende des Semesters bloß die gelieferten Unterlagen auswendig zu lernen, dürfte auch nicht die beste Strategie sein. Studieren heißt übersetzt aus dem Lateinischen nicht umsonst “sich um etwas bemühen”.
Das soll aber nicht heißen, dass ein Student allein verantwortlich ist für sein Fortkommen. Dozenten müssen dazu den nötigen Schubs geben, wenn er nötig ist, und sich auch Gedanken machen, wie das am besten funktioniert. Bloß ihr Vorlesungsprogramm abzuspulen, ist wenig hilfreich. Sie müssen zum Lernen ermutigen oder – wenn sie das können – dazu inspirieren. Die Studenten müssen lernen wollen, von sich aus (intrinsisch) motiviert sein und nicht von außen durch Anreize oder Kontrolle dazu gebracht werden. Der Neurobiologe Gerald Hüther spricht in diesem Zusammenhang davon, dass andere (extrinsisch) zu motivieren “hirntechnischer Unsinn” sei, weil dies nicht zur Selbstverantwortung und Selbstgestaltung führe, sondern allenfalls Dressurleistungen erzeuge. Man passe sich nur den Wünschen und Anordnungen des Dompteurs an. Aufgabe eines Dozenten kann es also nur sein, das Interesse zu wecken statt auf Belohnung oder Bestrafung zu setzen – er muss die Tür zeigen. Aufgabe der Studierenden muss es sein, durch diese Tür zu gehen, sich selbst weiterzuentwickeln.
Anstrengung ist also eine notwendige Bedingung für selbst erzielten Erfolg, aber ist es auch eine hinreichende? Wer das Buch “Überflieger” von Malcolm Gladwell gelesen hat, wird dies sicher verneinen. Er schildert darin, wie viele weitere Faktoren das Fortkommen unterstützen oder behindern können: kulturelle und soziale Herkunft, aber ebenso – so komisch das ohne Erläuterung klingen mag – Geburtstag, Geburtsjahr, Länge der Semesterferien und natürlich Glück. Die Rahmenbedingungen des Studiums können demnach sehr wohl Einfluss auf den Erfolg haben. Für bedeutsamer als Debatten um die Art der Abschlüsse oder die Ausstattung von Hochschulen halte ich aber das, was vor Ort geschieht: Das Lehren und Lernen an sich – und dafür tragen Studenten und Dozenten gleichermaßen die Verantwortung.
Vorlesungen
Bearbeiten- "Classes will dull your mind, destroy the potential for authentic creativity."
- John F. Nash/A Beautiful mind
Das Zitat entstammt zwar einem Film, aber der gleichnamigen Biographie über den Mathematiker ist zu entnehmen, dass er tatsächlich dem Unterricht fernzubleiben pflegte. Sind Vorlesungen vielleicht gar nicht sinnvoll? Diese Frage stelle ich mir selbst schon seit dem Studium – da ist man ja hautnah dran und erfährt, wie man sich selbst dabei fühlt. Man macht dort recht unterschiedliche Erfahrungen. Wichtigste Meinung vorweg: 90 Minuten lange Monologe, womöglich noch schlecht abgelesen, kann man sich sparen. Das hat verschiedene Gründe. Man könnte das Vorgelesene schlicht selbst nachlesen – das spart die Anreise, man kann in seinem eigenen Tempo vorgehen, nachschlagen und selbst entscheiden, wann man sich wie lange mit dem Thema beschäftigt. Vorträge können zwar auch dabei helfen, indem sie Ton statt Text als Aufnahmemöglichkeit bieten, dafür müssen sie aber gut sein: Nicht das Ego des Vortragenden muss im Mittelpunkt stehen, sondern der Nutzen für die Empfänger. Die Struktur des Vortrags muss für sie sinnvoll sein, und sie müssen sich angesprochen fühlen. Des Weiteren sollte man sich darüber im Klaren sein, dass es für die meisten Menschen unmöglich sein dürfte, 90 Minuten lang aufmerksam einem Vortrag zuzuhören. Nach Thilo Baum nervt ein Vortrag nach spätestens 45 Minuten, und man sollte dann eine zehn minütige Pause einlegen, bevor man fortfährt. Noch besser dürfe es allerdings sein, sich gar nicht erst auf Einwegkommunikation einzulassen, und eine Vorlesung auf Dialog auszulegen. Zum einen lockert das die Atmosphäre, denn die “Zuhörer” werden aus ihrer passiven Rolle entlassen, aktiviert und einbezogen. Sie dürfen (und sollen) denken, eigene Idee entwickeln, fragen und diskutieren, statt lediglich vorgefertigtes Wissen auswendig zu lernen (Albert Einstein: “Phantasie ist wichtiger als Wissen, denn Wissen ist begrenzt”).
Einerseits setzt dies natürlich methodische Kenntnisse und Fähigkeiten des Dozenten voraus. Er muss das genannte Ziel durch geeignete Maßnahmen und ein lernwirksames Umfeld vorantreiben. Andererseits muss er auch eine entsprechende Einstellung mitbringen. Das Thema sollte mit Überzeugung vertreten werden, aber wer seine eigene Meinung für der Weisheit letzter Schluss hält und lediglich versucht, diese mit einem Feuerwerk an rhetorischen und didaktischen Kniffen an die Studenten zu bringen, wirkt nicht authentisch oder glaubwürdig. Er wird weniger Erfolg haben als jemand, der sich nicht als jemand “Besseres” sieht und seinen “Zuhörern” ehrliche Wertschätzung entgegenbringt, ihnen auf Augenhöhe begegnet.
Zurück zur Ausgangsfrage: Sind Vorlesungen sinnvoll? Versteht man darunter einen fachlich fundierten, offenen Vortrag, der durch vielfältige Methoden aktivierend wirkt und zum selbständigen Denken anregt, der auf die Situation und Belange der Studenten eingeht, dann ja – aber dann ist der Begriff der “Vorlesung” irreführend.
Erstaunlich ist nun, dass diese These keineswegs neu ist. Schon vor rund 200 Jahren forderten Johann Gottlieb Fichte, Daniel Schleiermacher und Wilhelm von Humboldt eine Abkehr von der Vorlesung im ursprünglichen Sinn: Sie rege Studenten nicht zu selbständigem Studieren an, sondern zwinge sie in eine passive Haltung. Professoren kümmerten sich nicht darum, ob die Hörer ihnen überhaupt folgen können und verkannten die Chance, selbst etwas im Diskurs zu lernen. Und schließlich müsse es das Ziel des Vortrags sein, nicht Wissen zu vermitteln, sondern wissenschaftliches Denken zu lehren.
Meiner Ansicht nach machen sich viele Professoren darüber zu wenig Gedanken – schlimmer noch, interessieren sich nicht einmal dafür. Das reine Ablesen eines Skripts dürfte inzwischen die Ausnahme sein, wenngleich es dies immer noch gibt. Die meisten Dozenten dürften inzwischen frei vortragen, an Beispielen verdeutlichen und sicher auch den Witz nicht zu kurz kommen lassen. Ich bezweifle aber, dass sie sich wirklich dafür interessieren, ob ihre Maßnamen die Studenten voranbringen. Oft meine ich, eher eine hochmütige Haltung zu erkennen, frei nach dem Motto: “Ich habe die fachliche Kompetenz, mein Gebiet in der Breite vorzustellen." Das ist zweifelsfrei auch korrekt. "Es ist Aufgabe der Studenten, meine Ausführungen zu verstehen und im Nachgang selbst den Stoff zu vertiefen.” Wenn das mit dem Verstehen nicht klappt, sei halt der Student schuld. Dieser Punkt stört mich. Natürlich müssen Studenten selbständig und selbstverantwortlich lernen, sich mit komplexen Themen auseinandersetzen, sich den Kopf zerbrechen – aber man muss sie dazu auch anregen. Ein Vortrag, in dem lediglich das eigene Wissen nett verpackt zur Schau gestellt wird, ist dabei sicher nicht sonderlich förderlich.
Problematisch ist selbstverständlich der Fall, wenn Hunderte von Studenten in einer Vorlesung sitzen. Es ist dann im Prinzip unmöglich, individuell auf Einzelne einzugehen. Hier wäre die Politik in der Pflicht, durch mehr wissenschaftliches Personal die Teilnehmerzahlen pro Veranstaltung deutlich zu senken, um so bessere Methoden als den Frontalvortrag zu ermöglichen. Ungeachtet dessen sollte man aufgeschlossen für neue Ideen sein und diese auch ausprobieren - möglicherweise lassen sich dadurch einige Dinge doch besser vermitteln.
Unterstützung
BearbeitenWas ist von mir eigentlich zu erwarten? Wer bis hierher durchgehalten hat, dürfte schon eine ungefähre Ahnung haben, in welche Richtung meine Unterstützung gehen könnte.
Erreichbarkeit
BearbeitenEigentlich bin ich (fast) immer erreichbar: per E-Mail, Twitter, Skype (o.tacke), Telefon im Büro (+49 531 391-3642) oder in ganz dringenden Fällen auch per Mobiltelefon (+49 170 2053382). Normalerweise gibt es ziemlich schnell eine Antwort. Wenn nach 24 Stunden noch nichts eingegangen ist, dann bitte die Polizei informieren ;-) Wer mich vor Ort besuchen kommt, wird die offene Bürotür bemerken. Die ist tatsächlich eigentlich nur geschlossen, wenn ich nicht da bin. Zum Glück hat mir meine Kollegin Wencke einen Abwesenheitsanzeiger gebastelt.
Nach Möglichkeit versuche ich alle Fragen zu beantworten. Da ich aber nicht so leistungsfähig wie Wolfram|Alpha bin, bitte bei erschließbarem Faktenwissen ("In welchem Raum findet die Vorlesung statt?", "Welche Größe sollte die Schrift bei Hausarbeiten doch gleich haben?", ...) erst einmal im Web nachzusehen.
Betreuung von Arbeiten
BearbeitenBei der Betreuung von Arbeiten (Seminararbeiten, Bachelorarbeiten, und was es nicht noch alles gibt) gibt es bei mir ein paar Besonderheiten.
Natürlich gibt es einen letztmöglichen Abgabetermin; der wird bei Abschlussarbeiten sogar durch das Prüfungsamt vorgegeben. Bei mir ist es so, dass sich Studenten vor Beginn der Arbeit die Abgabetermine für Gliederung, Vorabversion (etwa zwei Drittel der Arbeit) und finales Dokument selbst aussuchen können. Den letztmöglichen, vorgeschriebenen Termin darf man natürlich nicht überschreiten, aber ansonsten ist alles möglich. Überzieht man den selbst gesetzten Termin allerdings, schlagen sich die Verzugstage ohne Gnade auf die Note nieder.
Komisches System, oder? Warum sollte man nicht den spätest möglichen Termin für alle drei Etappen wählen und kein Risiko eingehen? Klingt doch eigentlich vernünftig. Ein solches Vorgehen fördert aber nur die weit verbreitete "Aufschieberitis" (siehe zum Beispiel Ein Grauen namens Aufschieberitis oder Wer aufschiebt, hat nicht mehr vom Leben). Dummerweise sind wir Menschen trotz besseren Wissens so gestrickt, dass wir gute Vorsätze immer wieder über Bord werfen - und in diesem Fall oft viel zu spät mit der Ausarbeitung beginnen.
Zu welchem Ergebnis das führt, zeigen Versuche des Psychologie-Professors Dan Ariely. Er ließ Studenten in drei Gruppen über ein Semester je drei Hausarbeiten verfassen. Gruppe Nummer eins bekam nur den letzten Termin als Vorgabe für alle Arbeiten, Gruppe Nummer zwei durfte sich die einzelnen Abgabetermine nach dem obigen Schema aussuchen, für Gruppe Nummer drei waren drei Abgabetermine in regelmäßigen Abständen vorgegeben. Ergebnis: Die Arbeiten von Gruppe Nummer drei erzielten die besten Ergebnisse, die von Gruppe Nummer eins die schlechtesten. Gruppe Nummer zwei lag im Mittelfeld.
Nun könnte man zu dem Schluss kommen, alle Termine sollten vom Dozenten fest vorgegeben werden. In dem Fall werden ja offenbar die besten Ergebnisse erreicht. Besser scheint es mir jedoch zu sein, die Selbstvorgabe zu wählen. Die führt möglicherweise nicht zu den bestmöglichen Ergebnissen, aber hilft vielleicht dabei, die Studenten in die richtige Richtung zu lenken: Hin zu mehr Eigenverantwortung für das eigene Tun. Als Nebeneffekt lernt man auch gleich, was es heißt, selbst zu planen und Termine festzusetzen. Wem das System zu suspekt erscheint, muss sich aber nicht darauf einlassen - auch wenn es hilfreich erscheint. Wer das "normale" Prozedere haben möchte, also einfach einen Abgabetermin bekommt, den es einzuhalten gilt, ist das auch kein Problem.
Eine weitere Besonderheit bei mir betrifft die Begutachtung der Arbeit. Im Normalfall schreibt ein Dozent hoffentlich mehr als eine Note auf die Arbeit, nämlich Kommentare. Ich wage zu behaupten, die wenigsten Studenten lesen die überhaupt, um für spätere Arbeiten daraus zu lernen. Aus diesem Grund mache ich das Angebot, die (fast) fertige Arbeit durchzusehen, meine Anmerkungen zu machen und dann noch einmal zurückzugeben. Der Student erfährt ungefähr, welche Note es ohne weiteres Zutun gäbe und kann sich entscheiden, ob er sein Werk noch überarbeitet.
Mir bereitet dies kaum zusätzlichen Aufwand, denn ich muss die endgültige Fassung in den meisten Fällen nicht noch einmal komplett lesen. Die Studenten bekommen aber einen kleinen Anreiz, meine Kommentare auch zu lesen, vielleicht etwas dabei zu lernen und ihre Arbeit zu verbessern. Seit den 80er Jahren ist das Überarbeiten von Texten innerhalb der Schreibdidaktik ein wesentliches Element des Lernens (siehe etwa Schreiben als Überarbeiten).
Die Intensität dieser Vorabbegutachtung nimmt übrigens mit Fortschreiten des Studiums ab, schließlich soll man spätestens bei einer Master- oder Diplomarbeit zeigen, wie gut man es allein schafft. Dennoch steht bei mir das Lernen im Vordergrund, nicht das Beurteiltwerden.
Literatur für Lernende und Lehrende
Bearbeiten- Apel, Hans Jürgen (1999): Die Vorlesung - Einführung in eine akademische Lehrform, Köln u.a.
- Ariely, Dan (2008): Denken hilft zwar, nützt aber nichts, München.
- Bain, Ken (2004): What the best college teachers do, Cambridge.
- Baum, Thilo (2009): Komm zum Punkt! – Das Rhetorik-Buch mit der Anti-Laber-Formel, Frankfurt am Main.
- Bueb, Bernhard (2008): Von der Pflicht zu Führen, Berlin.
- Gladwell, Malcolm (2009): Überflieger: Warum manche Menschen erfolgreich sind - und andere nicht, Frankfurt am Main.
- Hüther, Gerald (2009): Andere motivieren zu wollen, ist hirntechnischer Unsinn, in: zfo - Zeitschrift Führung + Organisation, 78. Jg. (2009), Nr. 3, S. 159-161.
- Zelazny, Gene (2002): Das Präsentationsbuch, 2. Aufl., Frankfurt am Main.
- Zelazny, Gene (2005): Wie aus Zahlen Bilder werden: der Weg zur visuellen Kommunikation; Daten überzeugend präsentieren, 6. Aufl., Wiesbaden.