IPK im SS 2012

Studiengang: Germanistik / DaF und interkulturelle Kommunikation (B.A.)

Universität Augsburg

Philologisch-Historische Fakultät

Lehrstuhl für Deutsch als Zweit- und Fremdsprache und seine Didaktik

Dozentin: Eva Sondershaus

Proseminar mit Übung: Bildung und Ansprüche an die kulturelle Identität im Zeitalter der Globalisierung

Sommersemester 2012

Projektarbeit von Roujie Kang und Barbara Wiedemann zur Hypothese:

"Der Buddhismus durchdringt die christlich geprägte Kultur in Deutschland"

Einführung in die Thematik und Begründung der Themenwahl Bearbeiten

Im Zeitalter der Globalisierung, des Internets und der Individualisierung, in dem die Welt immer kleiner wird, Informationen schnell und überall für jeden verfügbar sind, theoretisch jeder Mensch jederzeit in der Lage ist, innerhalb weniger Stunden zu jedem beliebigen Ziel der Welt zu jetten, vervielfältigen sich die verfügbaren Modelle verschiedener Lebensstile. Kulturen, Religionen, Einstellungen sind über die Welt verteilt problemlos diskutierbar und befinden sich zwangsläufig im Dialog. Es ist möglich, sich Fremdes, Neues, anzueignen und Bekanntes, Altes dadurch zu ersetzen oder zu erneuern, bzw. zu bereichern. Ganz allgemein lässt sich dies in vielen Bereichen des Lebens nachweisen, wir haben für unsere Projektarbeit die individuelle Religionszugehörigkeit als Teil der Identität des Einzelnen ausgewählt. Und wer hat in seinem Bekanntenkreis keinen Menschen, der sich schon einmal mit Meditation oder anderen fernöstlichen Praktiken auseinandergesetzt hat, aus ethischen oder religiösen Gründen vegetarisch isst oder ähnliche, neue, den Lebensstil verändernde Dinge in sein Leben einbezogen hat oder einbezieht? In Deutschland leben, Schätzungen zufolge, 300 000 bis 350 000 bekennende Buddhisten. Schätzungen zufolge gibt es darunter ca. 120000 aus Asien stammende und zwischen 50000 und 130000 einheimische praktizierende Buddhisten (vgl:Baumann 2006). Es gibt keine genauen Zahlen, da es, anders wie in anderen Religionen, beim Buddhismus nicht notwendig ist, einer Kirche anzugehören, um praktizierender Buddhist zu sein. Dies bedeutet, in Wirklichkeit gibt es möglicherweise noch viel mehr bekennende Buddhisten, da sich diese Religion allerdings eher im Privaten abspielt, gibt es nur ungefähre Zahlen. Auch, dass man nicht zum Buddhismus konvertieren kann, worauf noch eingegangen wird, ist ein Grund für die Schwierigkeiten der Zahlenerhebung. Unsere Hypothese zielt darauf ab, zu überprüfen, ob es Christen gibt, die sich zum Buddhismus hingezogen fühlen, den Buddhismus leben und auf welche Weise sie ihn praktizieren und ob sie sich immernoch als Christen fühlen oder als Buddhisten.

Zu Beginn der Arbeit wird der Frage nachgegangen, wie der Buddhismus nach Deutschland gekommen ist und wie er sich weiterentwickelt hat bis zur heutigen Zeit. Dann wird die Situation und das Verhältnis von Buddhismus und Christentum in Deutschland dargestellt und die daraus resultierende Notwendigkeit des Dialogs zwischen Christentum und Buddhismus in der heutigen Zeit. Dann wird der Versuch unternommen, mögliche Beweggründe zum Hingezogensein zum Buddhismus herauszustellen und sozialwissenschaftlich zu begründen. Schließlich die Frage geklärt, wie und ob eine Konversion vonstattengehen kann.

Geschichte des Buddhismus in Deutschland Bearbeiten

Erste Kenntnisse des Buddhismus in Europa (16.-18. Jh.) Bearbeiten

Bereits in der (Spät-)Antike gab es vereinzelten Austausch zwischen dem Buddhismus und dem Abendland. Die ersten genaueren Informationen über den Buddhismus gelangten durch Berichte von Jesuiten-Missionaren im 16./17. Jh. nach Europa. Durch die Verbreitung des Islam wurde die Kenntnis des Buddhismus im Abendland weiter vermittelt. Ein direkter Austausch zwischen Europa und den übrigen buddhistischen Ländern Asiens kam lange nicht zustande, da der Islam geographisch dazwischen lag. Erst Portugal eröffnete durch Seehandel und Kolonialisierung direkte Kommunikationswege mit buddhistischen Ländern in Süd- und Ostasien. So kamen Jesuiten-Missionare im 16./17. Jh. auf portugiesischen Schiffen nach Japan und China. Sie begannen, sich mit dem Buddhismus kritisch auseinander zu setzen, ihn zu studieren und Religionsgespräche zu führen. Auf diese Berichte der Jesuiten-Missionare stützte sich dann Gottfried Wilhelm Leibniz (1646-1716), der sich als erster in Deutschland mit dem Buddhismus philosophisch auseinandersetzte. (Baumann 44) In seiner Theodizee schrieb er: Im Buddhismus sei alles "auf das Nichts als das erste Prinzip aller Dinge zurückzuführen." (Baumann 44): Das sei eine "unhaltbare ... Gottlosigkeit." (Notz 32), es sei Quietismus. Solch eine negative Charakterisierung als Atheismus, Quietismus und dgl. setzte sich bis heute unter den abendländischen Kritikern des Buddhismus fort.

Beginn wissenschaftlicher und philosophischer Rezeption (ca. 1800-1880) Bearbeiten

Die erste Phase der positiven Rezeption des Buddhismus setzte Beginn des 19. Jh. ein, und zwar im Kontext europäischer Entdeckungsreisen und des britischen Kolonialismus. Ab ca. 1800 brachten Entdeckungs- und Forschungsreisende sowie britische Kolonialbeamte Berichte über den Buddhismus und buddhistische Texte aus Tibet, Nepal und Ceylon nach Europa. Aufgrund dieser Berichte und Originaltexte entwickelte sich in Europa die Erforschung des Buddhismus, vor allem sprachwissenschaftlich und religionsgeschichtlich. Von philosophischer Seite her war es vor allem Arthur Schopenhauer (1788-1860), der den Buddhismus aus dieser frühen wissenschaftlichen Literatur positiv aufnahm, da er hierin eine Bestätigung seiner Philosophie fand. Auch der Philosoph Friedrich Nietzsche (1844-1900) und der Komponist Richard Wagner (1813-1873) beschäftigen sich theoretisch mit der Lehre Buddhas. Die Ablehnung des christlichen Gottesglaubens charakterisiert fortan auch die positive Rezeption des Buddhismus in Europa. Darüber hinaus betrachtet Schopenhauer die indischen Religionen als Retter des im Untergang begriffenen christlichen Abendlandes. Er schreibt: "Der Verfall des Christentums rückt sichtlich heran. Dereinst wird gewiss indische Weisheit sich über Europa verbreiten. " (WW 3, S. 462) Schopenhauer gilt als "Wegbereiter des Buddhismus im Abendland" (Notz 33), da seine Schriften zahlreiche Deutsche anregten, sich dem Buddhismus zuzuwenden. Die ersten bekennenden Buddhisten in Deutschland dürften Paul Carus (1852-1919) und Dr. Karl Eugen Neumann (1865-1915) gewesen sein. Beide waren über Schopenhauer und erste allgemeine Buddhismus-Darstellungen in den frühen 1880er Jahren zur buddhistischen Lehre gekommen. Sie bildeten dann die erste Generation von deutschen Buddhisten. Charakteristisch für diese Phase der Rezeption ist, dass der Buddhismus als "Weisheitslehre“ und „ethische Weltanschauung" verstanden wurde, dass er vor allem durch Bücher und Vorträge individuell vermittelt wurde, und dass noch keine Gruppen gebildet wurden. Erst im Jahr 1903 gründete der Leipziger Privatgelehrte Dr. Karl Seidenstücker (1876-1936) die erste buddhistische Organisation, den Buddhistischen Missionsverein in Deutschland (in Leipzig), was in nächstem Kapitel geschildert wird.

Erste buddhistische Vereine in Deutschland (1888-1918) Bearbeiten

Mit der ersten Auflage des „Buddhistischen Katechismus“ (1888) von Subhadra Bickshu wurde der erste wichtige Schritt auf den Weg des deutschen Buddhismus gegangen. Er war nach dem Vorbild des „Buddhist Catechism“ von Henry Steel Olcott gestaltet und wollte dessen Mängel durch eine dem Erwachsenen gemäße Sprache und durch Fußnoten überwinden. Gegen Ende des 19. Jahrhunderts wurde die hauptsächlich literarische Rezeption des Buddhismus aus asiatischen Quellen ergänzt durch einen regen Austausch von Buddhismus-Interessierten innerhalb Europas, wie auch mit solchen aus Amerika. Ab etwa derselben Zeit begann auch die Kommunikation mit asiatischen Buddhisten sowie mit einigen wenigen, aber einflussreichen europäischen Buddhisten, die in Asien lebten. Zugleich begann man in Deutschland mit der Gründung der ersten buddhistischen Zusammenschlüsse. Wie oben genannt, gründete Karl Seidensticker 1903 in Leipzig die erste buddhistische Organisation in Deutschland, den "Buddhistischen Missionsverein in Deutschland", der 1906 in "Buddhistische Gesellschaft in Deutschland" umbenannt wurde und bis 1911 existierte. Ihr offizieller Zweck bestand in der "Bekanntmachung und Verbreitung des Buddhismus sowie (der) Förderung buddhologischer Forschung." (Baumann 54) Gegenüber dem vorherrschenden Verständnis des Buddhismus als Lebensphilosophie und Moral zu dieser Zeit bildete sich 1912 der "Bund für Buddhistisches Leben", dem es um die praktische Umsetzung der Lehre im persönlichen Leben ging. Die Mitglieder betrachteten den Buddhismus als "ethisch-religiöses System", und die Aufnahme geschah erstmals durch die Dreifache Zufluchtnahme bei Buddha, Dharma und Sangha.

Gruppenbildungen (Vor- und Nachkriegszeit) Bearbeiten

1924 gründete Paul Dahlke das Buddhistische Haus in Berlin Frohnau als "Stätte buddhistischer Lebensgestaltung". (Baumann 61) Dieses Haus wurde zum Mittelpunkt des deutschen Buddhismus in der Zeit zwischen den beiden Weltkriegen. In München gründeten der Jurist Georg Grimm (1868-1945) und der Indologe und Pali- Übersetzer Karl Seidensticker 1921 die "Buddhistische Gemeinde für Deutschland". "Gemeinde" wurde hier zum ersten Mal für eine buddhistische Vereinigung verwendet. Es ist "eine wirkliche Gemeinde buddhistischer Laienanhänger". (Notz 47) Ab Mitte der 1920er entwickelte sich dann eine Polarisierung zwischen Dahlkes Neubuddhismus und Grimms Altbuddhismus. Das bis dahin vornehmlich akademische und philosophisch-ethische Interesse an der buddhistischen Lehre wandelte sich nach dem ersten Weltkrieg. Zwar weiterhin als Vernunfts- und Erkenntnisreligion gepriesen, ging es nun jedoch auch darum, die Lehrinhalte zu leben. Buddhistische Gemeinden, nicht mehr akademisch orientierte Gesellschaften, wurden gegründet. In der Zwischenkriegszeit wurden buddhistische Texte aus der „Gruppierten Sammlung” vom Münchner Indologen Wilhelm Geiger übersetzt. Während der NS-Zeit schließlich begannen die Nazis, viele buddhistische Gruppen und Individuen zu unterdrücken, zumal sie als "Sonderlinge" und "Pazifisten" galten. (Baumann 66) Infolgedessen kamen die buddhistischen Aktivitäten in dieser Zeit weitgehend zum Erliegen. Buddhistische Gruppen, die in der geistig engen Zeit des Nationalsozialismus eingegangen waren, werden in den Jahren nach dem Zweiten Weltkrieg langsam neu erweckt. Die traumatischen Erfahrungen des Nationalsozialismus und des Zweiten Weltkrieges erwiesen sich für die deutschen Buddhisten als Bestätigung ihrer Kritik an Christentum und abendländischer Zivilisation, ganz ähnlich wie bereits nach dem Ersten Weltkrieg. In dieser Situation bot sich der Buddhismus an, neue religiöse und weltanschauliche Orientierung zu geben. Vorträge zu buddhistischen Themen waren gut besucht. 1948, kurz nach Ende des Krieges, war ein ereignisreiches Jahr für die buddhistische Bewegung in Deutschland. Paul Debes gründete das Buddhistische Seminar, in dem er die Lehren Buddhas einer breiteren Masse zugänglich machte. Im selben Jahr veröffentlichte der deutsche Philosoph Eugen Victor Herrigel das Buch "Zen in der Kunst des Bogenschießens", welches maßgeblich an der Verbreitung des Zen Buddhismus in Europa beteiligt war. Es gab in dieser Zeit eine große Welle von Kirchenaustritten und zugleich wuchs das Interesse an asiatischen Religionen als Alternative zum Christentum. Der "Bund für Buddhistisches Leben" erlebte einen Aufschwung und verbreitete sich in großen Städten wie München, Hamburg, Berlin, und Breslau. Diese Phase ist vor allem durch zwei Persönlichkeiten gekennzeichnet: den Berliner Arzt Dahlke und den Münchener Juristen Grimm. Beide entwickelten einerseits die "deutsche Buddhologie" weiter, andererseits aber wurden sie füreinander zu Antipoden. Waren vor dem 2. Weltkrieg vor allem die Lehren des Theravada rezipiert worden, so gelangte in den fünfziger Jahren zuerst der Zen- und dann auch der tibetische Buddhismus nach Deutschland. Letzterer fasste durch die Gründung des europäischen Zweiges des Ordens „Arya Maitreya Mandala“ des deutschen Gelugpa-Lama Anagārika Govinda (Ernst Lothar Hoffmann, 1898-1985) 1952 in Berlin zum ersten Mal öffentlichkeitswirksam Fuß in Europa. 1955 gründeten Vertreter der Buddhistischen Gemeinden in Berlin, Hamburg und München den ersten Dachverband, die “Deutsche Buddhistische Gesellschaft“; sie wurde 1958 umbenannt in die „Deutsche Buddhistische Union“ (DBU).

Einführung von Zen-Buddhismus und Migranten-Buddhismus (ab 1964) Bearbeiten

Die literarische Einführung des Zen-Buddhismus in Deutschland begann bereits in den 1920er Jahren. Nach einer Japan-Reise hatte der Religionswissenschaftler Rudolf Otto (1869-1937) 1923 einen Aufsatz geschrieben, in dem er Zen als Ausdruck des Irrationalen in der Religion, als mystische Religion, darstellte. Nach der vorbereitenden Phase der literarischen Einführung des Zen begann 1964 die Einführung der Zen-Praxis, als Fritz Hungerleider (geb. 1920) im Haus der Stille in Roseburg bei Hamburg die ersten mehrtägigen Zen-Kurse (sesshin) in der BRD leitete. Das Interesse an solch intensiver Meditationspraxis war neu zu dieser Zeit, daher markiert dies den Beginn einer weiteren Phase in der Entwicklung des Buddhismus in Deutschland. Über den Tibetischen Buddhismus wusste die Welt lange fast nichts. Das ändert sich in den Jahren nach der spektakulären Flucht des Dalai Lama aus Tibet im März 1959. Neben dem jungen Mönchskönig sind andere hohe Lamas bzw. Meditationsmeister unter den zehntausenden Tibetern, die das Land infolge der chinesischen Besetzung in südlicher Richtung verlassen. Infolgedessen nimmt das Interesse im Westen an dem umfassenden Erfahrungswissen des Buddhismus zu, das sich hinter exotisch anmutenden Ritualen der tibetischen Kultur verbirgt. Dies gilt auch für Deutschland: Einige tibetische Gelehrte werden an Universitäten in der Bundesrepublik berufen, hohe Lamas machen Besuchsreisen in Europa und gründen Zentren der verschiedenen, voneinander unabhängigen Schulen des Tibetischen Buddhismus. Daneben sind auch einige Europäer, die in Asien lernten und von ihren Lehrern zum Lehren und Gründen von Zentren autorisiert wurden, seit Jahren in Deutschland aktiv. Seit den 1970er Jahren verbreiteten sich auch weitere Schulen des tibetischen Buddhismus außerhalb Tibets und Indiens. Eine europäische Version der Kagyü-pa wurde von den Dänen Hannah und Ole Nydahl etabliert. 1972 gründeten sie in Kopenhagen das erste Kagyü-Zentrum und dann 1978 den Karma-Kagyü Verein e.V. in München. Infolge ihrer missionarischen Aktivitäten in Europa wurden viele weitere Gruppen gebildet, die unter dem Namen "Diamant Weg Buddhismus" zusammengefasst sind. Diese Form von Buddhismus ist heute vermutlich die größte tibetisch orientierte Gruppe in Deutschland und Europa. Die Einführung der verschiedenen Formen des Migranten-Buddhismus veränderte die buddhistische Landschaft in Deutschland grundlegend. Neben den von Deutschen je nach Phase, Erkenntnis und Interesse völlig neu geschaffenen Formen eines “deutschen Buddhismus“ traten nun auf einmal mehr als tausend Jahre alte, mit einheimischen Kulturen tief verbundene, asiatische Traditionen des Buddhismus. Der von Deutschen rezipierte und entwickelte Buddhismus ist immer noch wesentlich von abendländischer Kultur und Wertesystemen bestimmt.

Weitere Entwicklung des Buddhismus seit 1990er Jahren Bearbeiten

Nach dem Boom des Zen in den 1970er setzte in den 1990ern ein allgemein großes, traditionsunspezifisches Interesse am Buddhismus ein. Um den Jahreswechsel 1993/94 entdeckten die deutschen Medien den Buddhismus als "Trend-Religion" der neunziger Jahre. (Baumann 14) Dies ist insofern ein neues Phänomen, als es den Buddhismus Europas aus seiner bisherigen Nischen-Existenz holte und in die breite Öffentlichkeit stellte. In diesem Prozess spielten auch Faktoren von christlicher Seite eine wichtige Rolle, denn die Evangelischen Kirchentage gaben dem Dalai Lama zum erstenmal in Europa die Möglichkeit, vor großem Publikum zu reden. Zugleich wurde der Buddhismus durch Massenmedien weiter verbreitet, sowie durch kommerzielle Werbung, welche buddhistische Personen, Themen und Begriffe zu verwenden begann. Buddhistische Meditationspraktiken, Ideen und Lebensformen wurden in Medien hochstilisiert, manch Filmstar- und sternchen, Musiker, Künstler oder herausragender Fußballer gab sich als Buddhist oder Buddhistin zu erkennen. Während der Buddhismus des "Beat Zen" der 1960er Jahre noch als Alternativ-Religion galt, wurde der Buddhismus in Europa seit den 1990er Jahren in den Hauptstrom abendländischer Kultur gezogen und sogar zu einer Mode. Vor dem Ersten Weltkrieg galt es beim Bildungsbürgertum als "schicklich", sich mit der "tiefen Weisheit aus dem Osten" zu befassen. (Baumann 55) Dieser Trend setzte sich offenbar auch danach fort, denn die Berliner Zeitung machte sich 1921 "lustig über den Modetrend, eine Buddhastatue in der Wohnung aufzustellen, `um auf diese Weise die heute zum guten Ton gehörige östlich orientierte, religiöse Gesinnung zu dokumentieren.`" (Notz 73) Das große Interesse führte nicht zuletzt zur Gründung zahlreicher neuer Meditationsgruppen, insbesondere in den Ballungsgebieten. Es ist eine deutliche Zunahme an Meditationsgruppen zu verzeichnen, die sich der im November 1997 verstorbenen Theravāda Nonne Ayya Khema anschlossen. Auf der Grundlage des Verzeichnisses „Buddhistischer Gruppen in Deutschland“, von der DBU im Januar 1997 zusammengestellt, sowie eigener Ergänzungen von nicht aufgeführten Meditations- und Ortsgruppen lassen sich 413 Gruppen und Zentren identifizieren. Charakteristisch für den Buddhismus in Deutschland ist heute seine organisatorische Zersplitterung und Unübersichtlichkeit. Häufig sind buddhistische Klein- und Kleinstgruppen, die sich teilweise in Privaträumen zur gemeinsamen Praxis zusammenfinden. Es leben heute ca. 300 000 bis 350 000 bekennende Buddhisten in Deutschland. Schätzungen zufolge gibt es darunter ca. 120000 aus Asien stammende und zwischen 50000 und 130000 einheimische praktizierende Buddhisten.

Das Verhältnis zwischen Buddhismus und Christentum Bearbeiten

Wie im vorausgehenden Abschnitt beschrieben, führte die Entstehung der wissenschaftlichen Buddhismus- Forschung im 19. Jahrhundert in Deutschland, wie auch insgesamt in Europa, wir wollen uns hier jedoch auf Deutschland beschränken, gewissermaßen zur Entstehung des buddhistischen Lebens in Deutschland. Buddhistischen Vereinigungen wurden gegründet, bedeutende Menschen wurden bekennende Buddhisten und es kam zu der Entstehung einer buddhistischen Mission. Plötzlich waren also viele Menschen, die vorher Christen waren oder immernoch blieben, bekennende Buddhisten. Durch diese Entwicklungen erhielt der Buddhismus viele Impulse für eine Erneuerung. Die christlichen Kirchen mussten reagieren. Nach dem Zweiten Vatikanischen Konzil entstanden also Bewegungen, die sich mit dem Dialog zwischen Buddhismus und Christentum beschäftigen. Über den Buddhismus äußerte sich sich der Konzil folgendermaßen: „In den verschiedenen Formen des Buddhismus wird das radikale Ungenügen der veränderlichen Welt anerkannt und ein Weg gelehrt, auf dem die Menschen mit frommen und vertrauendem Sinn entweder den Zustand vollkommener Befreiung zu erreichen oder- sei es durch eigene Bemühung, sei es vermittels höherer Hilfe- zur höchsten Erleuchtung zu gelangen vermögen. So sind auch die übrigen in der ganzen Welt verbreiteten Religionen bemüht, der Unruhe des menschlichen Herzens auf verschiedene Weise zu begegnen, indem sie Wege weisen: Lehren und Lebensregeln sowie auch heilige Riten.- Die katholische Kirche lehnt nichts von alledem ab, was in diesen Religionen wahr und heilig ist.“(Küng 48) Somit wurde also der Buddhismus anerkannt und gewürdigt. Viele verbanden damit die Hoffnung auf eine Erneuerung des Christentums durch den Buddhismus. Hellmut von Schweinitz weist in seiner Schrift „Buddhismus und Christentum“ (1955) der buddhistischen Meditation eine fundamentale Rolle zu. Er spricht von einer Erfüllung innerhalb des Christentums durch den Buddhismus. Christen sollen die buddhistische Meditation praktizieren und dadurch die erwartete Herabkunft des Göttlichen erfüllen.(von Brück 206) Diese Erfüllungstheorie ist heute theologisch umstritten und die Gefahr der Vereinnahmung des Buddhismus durch das Christentum und die kulturimperialistisch anmutende Lösungsstrategie, des religiösen Pluralismus zu überwinden, wird abgelehnt. Doch ist seine Idee hilfreich, um einen wichtigen Beweggrund für Christen, die sich der Meditationsbewegung anschloss und anschließen, zu verstehen. Viele Christen in den 80er und 90er Jahren wie auch heute treibt der Wunsch nach einem erfüllten,auf mystischer Spiritualität gegründetem, erneuertem Christentum an, wenn sie sich der Meditationsbewegung anschließen, nicht die totale Abkehr vom Buddhismus.


Gründe für die Notwendigkeit des Dialogs zwischen Christentum und Buddhismus Bearbeiten

Der Buddhismus wird als radikales Gegenstück zum Christentum wahrgenommen. Deshalb sieht Hans Küng, ein 1928 geborener Professor emeritus für Ökumenische Theologie an der Universität Tübingen und Präsident der Stiftung Weltethos, den Dialog zwischen diesen beiden Weltreligionen als unvermeidbar an, ein Grund dafür ist die Globalisierung. Diese bringt mit sich, dass sich in der immer weiter zusammenwachsenden Welt die Grenzen zwischen den Weltreligionen immer weiter verwischen, sich jeder die Frage stellen muss, wie er zu den anderen Religionen steht, da es zu Begegnungen im eigenen Land, in der eigenen Stadt, am eigenen Arbeitsplatz, in der eigenen Schule, in der eigenen Straße kommt, kurz gesagt, die Konfrontation mit anderen Religionen unvermeidbar ist. (Küng 9) Also sieht er, im Hinblick auf die weltweite Entwicklung, die Entstehung eines globalen ökumenischen Bewusstseins als unabdingbar an. Er plädiert dafür, dass unter Ökumene nicht mehr nur die Verständigung der christlichen Kirchen untereinander verstanden und praktiziert wird, sondern sie sich auf die Gemeinschaft der großen Religionen bezieht. Ökumene meint also Gemeinschaft, bezogen auf die ganze Welt. Den Dialog stellt er sich folgendermaßen vor: Er soll Information und Diskussion verbinden. Aus wechselseitiger Information und Diskussion entsteht wechselseitige Transformation. Diese Transformation ist jedoch keine unkritische Vermischung, vielmehr soll es zu gegenseitiger Erhellung, Anregung, Durchdringung und Bereicherung der verschiedenen religiösen Traditionen kommen. (Küng 17) Ziel Küngs ist nicht, eine Einheitsreligon zu kreieren, sondern eine Beseitigung der zwischen den Weltreligionen bestehenden Konfliktpotentiale herbeizuführen. Er bündelt diese Forderung mit der Aussage: „Kein Frieden unter den Völkern dieser Welt ohne einen Frieden unter den Weltreligionen!“ (Küng 228) Probleme, die diesem Dialog konkret in Deutschland im Weg stehen, sind z.B., dass die zum Buddhismus konvertierten Christen aufgrund vorangegangener negativer Erfahrungen der alten Religion vorurteilsbeladen gegenübertreten. Deshalb entsteht der Dialog hauptsächlich zwischen Christen und Asiaten, die besuchsweise oder dauerhaft in Deutschland sind.

Erscheinungsformen des buddhistisch- christlichen Dialogs Bearbeiten

Praktisch vollzieht sich dieser Dialog, wie schon erwähnt, beispielsweise in Meditationszentren, also in der Meditationspraxis. Für viele Christen ist es nicht mehr ausgeschlossen, eine Heimat in beiden Religionen, also Buddhismus und Christentum, zu finden. Doch ist es laut Von Brück und Whalen Lai ("Buddhismus und Christentum, Geschichte, Konfrontation, Dialog", S. 240) nicht zu erkennen, dass es zu einer Verschmelzung beider Religionen in Deutschland führen könnte. Als Beweggrund, in einen christlich- buddhistischen Dialog zu treten, kann angeführt werden, dass im rational- technologisch dominierten Westen der Wunsch danach aufkommt, durch Meditation eine Balance herbeizuführen. Dies geschieht meist, ohne dem bisherigen Leben zu entsagen, also Mönch oder Nonnen zu werden. Innerhalb der christlichen Kirchen wird in manchen Klöstern buddhistische Meditation praktiziert, so fand beispielsweise auf dem evangelischen Kirchentag in München eine gemeinsame christlich- buddhistische Morgenmeditation und eine Dialogveranstaltung mit dem XIV. Dalai Lama und dem deutschen Philosophen Carl- Friedrich von Weizsäcker statt. In kirchlichen Kreisen ist diese Begegnung nach wie vor umstritten, dies zeigt die Schwierigkeiten, die mit dem buddhistisch- christlichen Dialog einhergehen. (von Brück, Whalen Lai 240)

Religion als kulturbildendes Element Bearbeiten

Religion und Kultur sind eng miteinander verwoben. Religion kann als kulturbildendes Element angesehen werden, wenn man von folgender Kulturdefinition ausgeht (von Brück, Lai 640): "Eine Kultur ist eine relativ stabile Gruppe von Menschen, die so handelt, dass ein Werte- und Normenrahmen entsteht, der sinnvolle Zuordnung bzw. Sinngebung der einzelnen Handlungen ermöglicht." Kulturen traten und treten immer im Plural auf und existieren in großer Zahl nebeneinander. Diese Pluralität wird dann zum Problem, wenn eine der Kulturen, also hier beispielsweise eine einzelne religiöse Gemeinschaft nach politischer Macht greift. Deshalb müssen die Machtverhältnisse ausgeglichen sein und das Nebeneinander muss durch demokratische Regeln ermöglicht werden. Nur so ist ein friedliches Nebeneinander der Religionen möglich. Ein weiteres Merkmal von Religionen ist, dass Religionen nicht homogen sind, auch innerhalb einer jeden Religionsgemeinschaft existieren verschiedene Meinungen, Weltanschauungen und differierende ethische Prioritäten. Beck 70: "Wenn wir diese Komplexität und Diversität innerhalb und zwischen scheinbar festgefügten "Religionen" nicht durch Studien erschließen, können wir beispielsweise leicht die Tatsache übersehen, daß Menschen, die sich unterschiedlichen Religionstraditionen zurechnen, oft mehr Überzeugungen teilen als (wie ganz selbstverständlich unterstellt wird) mit ihren "Glaubensbrüdern und - schwestern)" ".

Jede Religion beruft sich auf einen Gründungsmythos, eine Gründungsgeschichte. Vertreter verschiedener Religionen können zu ähnlichen Aussagen kommen, diese Aussagen können auch wörtlich übereinstimmen, doch sind sie immer anders konnotiert, da Menschen verschiedener Religionen unterschiedlich psychologisch und soziologisch geprägt sind. (Beck Des Weiteren handelt es sich bei Religionen um "miteinander verflochtene und sich gegenseitig abgrenzende Symbole, Mythen und Rituale, die sich in längeren oder kürzeren Zeiträumen verändern, entweder aus externen Gründen, indem sie sich an wechselnde Umstände anpassen, oder aus internen Gründen. (Beck 70).

Laut Beck (70) ist bereits der Begriff "Religion" geprägt durch Eurozentrismus. Denn zu dieser Kategorie gehören selbstverständlich nur klar abgegrenzte Gemeinschaften, zu denen man gehört oder nicht gehört. Des weiteren geht das eurozentristische Religionsverständnis von monotheistischen Religionen aus. Beck schlägt vor, das Substantiv "Religion" vom Adjektiv "religiös" abzugrenzen. "Religion" umfasst das Dazugehören oder eben Nicht-Dazugehören, "religiös" bezeichnet eine Einstellung zu den existentiellen Fragen des Menschen in der Welt. Das Adjektiv "religiös" ermöglicht, eine synkretistische Sichtweise zu ermöglichen, stellt die Möglichkeit einer Alternative zum monotheistischen Religionsbegriff dar.

Identität und Religion Bearbeiten

Religionen sind im Wandel begriffen, ihr Erstarren zu einer Ideologie ist zu befürchten, wenn sie zu Ideologien werden, sich ihre Identität verfestigt, sie also nichts Neues mehr aufnehmen können. Seit jeher bilden sich die Identitäten der Religionen neu, indem sie Neues aufnehmen oder ablehnen. Ziel dabei ist es, herauszustellen, was die eine Religion gegenüber den anderen unverwechselbar macht und ihr spezifischer Beitrag für die Menschheit ist (von Brück, Lai 662). Ziel ist also, die Identität der Religionen immer und immer wieder zu erneuern, zu überprüfen und gegenüber anderen abzugrenzen. Nur so ist die Existenz von Weltreligionen gesichert.

Mögliche Gründe für Konversion vom Christentum zum Buddhismus Bearbeiten

Wie kamen und kommen Interessenten in Kontakt mit dem Buddhismus? Es lassen sich drei Hauptstränge herauskristallisieren. Literarische Begegnung: Die ersten bekennenden deutschen Buddhisten waren über Bücher auf den Buddhismus gestoßen. Schopenhauers philosophische Schriften und Neumanns Übersetzungen aus dem Pāli-Kanon bildeten für viele Buddhisten der ersten Stunde die Initialzündung. Durch Schopenhauers Philosophie kamen viele Gelehrte der Zeit, Akademiker, Künstler und Intellektuelle, mit dem Buddhismus in Berührung. Er nannte sich selbst einen "Buddhaisten". Autobiographisch bemerkt er: "In meinem 17ten Jahre, ohne alle gelehrte Schulbildung, wurde ich vom Jammer des Lebens so ergriffen, wie Buddha in seiner Jugend, als er Krankheit, Alter, Schmerz und Tod erblickte." (Schopenhauer: Der handschriftliche Nachlass, hrsg. von A. Hübscher. Bd. IV,1, S. 96) Mit seinen Schriften inspirierte er zahlreiche Pioniere, die den Buddhismus im gesamten Westen, vor allem aber im deutschsprachigen Raum, bekannt gemacht haben. Darunter zählt unter anderem Karl Eugen Neumann, der erste Übersetzer des buddhistischen Pali Kanon. Schopenhauers philosophische Schriften und Neumanns Übersetzungen aus dem Pāli-Kanon bildeten für viele Buddhisten der ersten Stunde die Initialzündung. Karl Eugen Neumann (1865-1915), der durch die Lektüre Schopenhauers Buddhist geworden war und Indologie bei Oldenberg studiert hatte, begann mit Übersetzungen buddhistischer Texte in den 1890er Jahren. Diese Übersetzungen sollten nach Ende des Ersten Weltkrieges wesentlich für eine breitere Rezeption des Buddhismus beitragen. Wie Neumann waren für einzelne deutsche Buddhisten dem Buddhismus zum ersten mal auf Reisen in Asien begegnet, oder unternahmen Reisen zum Studium des Buddhismus in seinen Heimatländern. In den 1920er Jahren waren es dann Paul Dahlkes und Georg Grimms Schriften, ab den 1960er Jahren Lama Govindas Reisebeschreibungen sowie Bücher von japanischen Zen-Meistern und tibetischen Lamas, die manch religiösen Sucher zur buddhistischen Lehre führten. Ein weiterer wichtiger Schritt waren die Übersetzungen aus dem Pali-Kanon. Personale Begegnung: Das Zusammenleben bzw. die Begegnung mit Personen, die die buddhistische Lehre lebten, bildete für andere den Beginn der Auseinandersetzung mit dem Buddhismus. Mitunter war es der Bruder, der Vater oder der Ehemann, der Buddhist geworden war und den Verwandten in die Lehre einführte. Für die 1920er Jahren findet sich vergleichsweise häufig der Hinweis auf die beeindruckende Begegnung mit Paul Dahlke, ebenso auf Georg Grimm und Martin Steinke (1882-1966). Paul Dahlke kam zuerst auf Reisen in Ceylon seit 1903 in Kontakt mit dem Buddhismus. Auch er fertigte Übersetzungen von Pali-Kanon an und veröffentlichte Bücher wie Buddhismus als Weltanschauung (1912) und Buddhismus als Religion und Moral (1914). In den 1950er Jahren war es Paul Debes (geb. 1906), der rege buddhistische Kreise in Norddeutschland ins Leben rief. Und ab den 1970er Jahren wurde dann für viele spätere Buddhisten die direkte Begegnung mit japanischen Zen-Meistern und tibetischen Lamas lebensverändernd. Ab Ende der 1960er Jahre kamen dann auch japanische Zen-Lehrer nach Deutschland bzw. Europa. Durch ihre Tätigkeit bildeten sich erste Zen-Gruppen ab 1968 in Hamburg, dann auch in Frankfurt und anderen Städten. Von einem “Zen-Boom“ in Deutschland kann man ab den 1970er Jahren sprechen. Ab der zweiten Hälfte des 20. Jh. kamen zunehmend auch Flüchtlinge aus wirtschaftlichen und politischen Gründen nach Europa, die dem buddhistischen Glauben anhingen. Zu ihnen gehören zunächst einmal Exil-Tibeter. In dieser Zeit kamen auch andere asiatische Buddhisten nach Deutschland, insbesondere aus Japan, Korea, Taiwan, und Thailand, die sich dann zu Gruppen zusammenschlossen und auch Zentren einrichteten. Die asiatische Buddhisten, die in Deutschland leben, haben Tempel sowie Pagoden etabliert. Die größte Gruppe von ihnen sind ca. 100 000 Menschen vietnamesischer Herkunft. Meist handelt es sich um Bootsflüchtlinge und ihre Familienangehörige, die zwischen 1975 und 1986 in der Bundesrepublik aufgenommen wurden, sowie mehrere zehntausend ehemalige Vertragsarbeiter in der DDR, die nach der Wiedervereinigung in Deutschland blieben und sich neue Existenzen aufbauten. Regionale Begegnung: Schließlich stießen einige, die später Buddhisten wurden, während ihrer Reisen in asiatischen Ländern auf den Buddhismus. Schon für die Zeit der Jahrhundertwende ist diese Begegnung belegt. Ab ca. 1900 ermöglicht die Dampfschifffahrt ermöglicht Passagierreisen nach Asien. Junge Deutsche brechen nach Sri Lanka, Burma und Indien auf, um den Buddhismus auch von seiner praktischen Seite kennen zu lernen. Einige von ihnen wollten dort den Buddhismus erlernen, während andere in diesen Ländern blieben und sich hier auch als Mönch ordinieren ließen. Zu ihnen gehörte zuerst einmal der Musiker Anton W.F. Gueth (1878-1957), der 1903 in Ceylon ordiniert wurde und den Namen Nyanatiloka erhielt. Er fertigte wichtige Übersetzungen aus dem Pali-Kanon an und gründete ein Kloster in Ceylon, das zahlreiche abendländische Mönche aufnahm. Zu ihnen gehörte sein Schüler Nyaponika, der später u.a. durch Übersetzungen und andere Publikationen ebenso einflussreich werden sollte. Ab den 1960er Jahren führte dann die Indien- und Asienbegeisterung viele junge spirituell Suchende an die Hänge des Himalaya oder in südasiatische Klöster.

Eigenes Leben, eigener Raum, eigener Gott Bearbeiten

Individualisierung in der Moderne zwingt zu reflektiertem Glauben oder Nichtglauben Bearbeiten

Ulrich Beck (Der eigene Gott 31) stellt das Individuum als teilbar dar, also als Dividuum. Es zeichnet sich also dadurch aus, dass es eine unendliche Teilbarkeit durchläuft. Die Zersplitterung der Moderne führt zu Vielheit und Fremdheit des eigenen Lebens. Religion und kirchlich organisierter Glaube muss sich gegenüber dem Hinterfragen behaupten. In der Moderne bestehen viele Religionen nebeneinander, die Individualisierung zwingt zum Hinterfragen, Vergleichen, Zweifel. Sie schließt den fraglosen, zugewiesenen Glauben aus. Die Entscheidung eines Individuums, zu glauben (oder nicht zu glauben), führt durch die Reflexion zu einer Entscheidung für einen persönlichen Glauben, der nicht mehr bestimmt durch Herkunft und/oder religiöse Organisation ist. Das führt jedoch nicht zum Ende der Religionen, sondern zu religiöser Individualisierung, die engagierte Kirchenmitgliedschaft nicht ausschließt, vielmehr kann sich beides ergänzen.

Religiösität als Privatangelegenheit Bearbeiten

Regelungen wie "cuius regio, eius religio", eine im 16 Jahrhundert im Zuge des Augsburger Religionsfriedens erlassene Regel, die festlegt, dass die Religionszugehörigkeit des jeweiligen Fürsten über die Religionszugehörigkeit seiner Untertanen entscheidet, gehören der historischen Vergangenheit an. Religion wird nicht mehr von oben aufgedrückt, "der religiöse Glaube hat seine bestimmende Rolle bei der individuellen und kollektiven Identitätsbildung verloren, er ist zur Privatangelegenheit geworden." Die Einheit von Nation, Religion und Gesellschaft besteht nicht mehr. Die Globalisierung löst Grenzen auf, das bedeutet Chancen und Bedrohungen für die Weltreligionen. (Beck 35)

Verfügbarkeit anderer Religionen im Zuge des Pluralismus Bearbeiten

Wie in der Einleitung schon angedeutet, existieren viele verschiedene Religionen nebeneinander. Dieser Pluralismus ist nicht nur durch die modernen Kommunikationsmittel begreifbar und fassbar. Durch die Mittel der modernen Kommunikation ist ein globaler kommunikativer Austausch möglich. Durch diese Mittel der Kommunikation existieren Informationen vielfältiger Art über alle möglichen Themen, unvermeidlich also auch über verschiedene Religionen. Die vielen Religionen der Menschheit können so einfach verglichen werden. Die Pluralität der Religionen umgibt uns überall im täglichen Leben. In Deutschland existieren unzählige Religionsgemeinschaften und Glaubensrichtungen. Durch diese Vielzahl an dargebotenen Möglichkeiten ist es nun also möglich und nicht nur das, sondern laut Beck ("Der eigene Gott") auch notwendig, individuell die Wahl oder Ablehnung eines Religionssystems durchzuführen. Jeder Mensch ist also gezwungen, sich zu positionieren. Entweder indem er eine Religion als seine auswählt oder indem er sich bewusst gegen eine der Religionen oder gegen jede Art der Religion und Religiösität entscheidet.

Ausgangspunkt für das Interview - persönliche Lebensweise als Indikator für Zugehörigkeit zum Buddhismus in Deutschland Bearbeiten

Im Buddhismus gibt es weder Taufe noch ein allgemein verbindliches Reglement über Zugehörigkeiten und Austrittsmodalitäten. Bei genauerer Betrachtung lassen sich jedoch verschiedene Formen des ‚Buddhistseins' unterscheiden: Es gibt in den drei deutschsprachigen Ländern seit einigen Jahrzehnten einerseits die beiden Vereine der Deutschen und der Schweizerischen Buddhistischen Union (DBU und SBU) und andererseits die Österreichische Buddhistische Religionsgesellschaft (ÖBR), die als einzige eine staatlich anerkannte Kirche ist. Durch Beitritt zu einer dieser drei Gesellschaften gilt man offiziell als Buddhist. Da Buddhismus in Österreich als Kirche anerkannt ist, besteht die Besonderheit, dass man hier offiziell nur diesem und gleichzeitig keiner anderen Religion angehören darf. Dieses Reglement ist durch den Staat bestimmt, vonseiten der buddhistischen Lehre gibt es diese Einschränkung jedoch nicht.Die "offizielle" Bekehrung zum Buddhismus besteht in der so genannten "Zufluchtnahme", der Hinwendung zu Buddha, seiner Lehre und seinen Anhängern aus innerer Überzeugung. Die Zufluchtnahme erfolgt zu den so genannten "Drei Juwelen". Diese sind der Buddha, der Dharma, also seine Lehre und der Sangha, das ist der Gemeinschaft der Laienanhänger, der Ordinierten und der bereits Erleuchteten. Diese Zufluchtnahme erfolgt in der Regel gegenüber einem Lehrer. Die dazu gehörige Zeremonie ist mehr oder weniger stark rituell ausgeprägt. Man kann in Deutschland aber nicht "offiziell" Buddhist werden, da der Buddhismus keine annerkannte Religionsgemeinschaft ist und es auch nicht so etwas wie eine "Kirche" gibt. Im Großen und Ganzen gesagt, Buddhist zu sein, ist vor allem eine Frage der persönlichen Lebensanschauung. Jeder entscheidet selbst, ob und in welchem Umfang er Buddhas Lehre in sein Leben bringen möchte. Möglich ist dies auf drei Ebenen: Auf theoretischer Ebene – Erkenntnis, auf praktische Ebene – Lebenspraxis, auf geistliche Ebene- Bewußtseinsschulung. Alle drei Aspekte bedingen einander und sind voneinander abhängig. Die Praxis des Buddhismus ist drei fach: Sie ist ein bestimmtes Handeln, bewußte Meditation und ein System klar formulierter Anschauungen. Das Handeln, oft von Westen als ,,Barmherzigkeit“ oder ,,Mitgefühl mit allen Wesen“ übersetzt, drückt sich vor allem durch Gewaltfreiheit aus. Das bedeutet: Leibliches Handeln, Rede und Denken müssen so geschult werden, daß kein andres Lebewesen verletzt wird. Die Meditation besteht vor allem in der Übung der Achtsamkeit bei allem, was der Mensch denkt, redet und handelt. Die grundlegende Übung besteht in der angemessenen Haltung des Körpers und der Konzentration auf den Atem. Dadurch wird das Bewußtsein stabilisiert und zur Ruhe gebracht. Das System klar formulierter Ansschauungen dient der rational begründeten und kontrollierbaren Übungspraxis in der Meditation und dem sittlichen Verhalten. Die Grundanschauungen des Buddhismus sind in den ,,Vier Edlen Wahrheiten“ dargelegt. Die meisten Buddhisten in Deutschland wollen sich nicht nur theoretisch mit dem Buddhismus beschäftigen, sondern suchen auch nach Möglichkeiten und Orten der buddhistischen Praxis. In der Regel bedeutet dies, daß man sich einer buddhistischen Gruppe anschließt oder ein buddhistisches Zentrum besucht, um sich dort intensiv der Meditation zu widmen. Aber buddhist ist man also nicht (nur), wenn man sich so nennt, Mitglied in einem Verein oder einer Gruppe ist, Zuflucht genommen hat, sondern vor allem dann, wenn man versucht, buddhistisch zu leben, also das buddhistische Übungsziel eines leidfreien und gelassenen Lebens zu erreichen.

Interviews Bearbeiten

Untersuchungsdesign Bearbeiten

Für die Probe der Hypothese wurde das qualitative Mittel des Leitfadeninterviews herangezogen. Als Probanden wurden drei Personen, möglichst breit gefächert im Hinblick auf Alter und Geschlecht, ausgewählt, um mögliche Fehler zu vermeiden. Die Probanden sind uns nicht persönlich, sondern ausschließlich durch dritte bekannt, um den Interviewer- Effekt zu umgehen.

Anhand eines Fragebogens wurden alle drei Probanden interviewt, alle drei Interviews wurden per Telefon durchgeführt, um das gleiche Medium zu verwenden und damit die Bedingungen gleich zu gestalten.

Die Interviews wurden aufgenommen und anschließend transkribiert.

Als Leitfragen für die Interviews wurden folgende entwickelt, sie lassen sich in drei Themenblöcke unterteilen. Zunächst die allgemeinen Angaben über die interviewte Person, dann die Fragen über die Begegnungen mit dem Buddhismus und schließlich der Themenblock, der darauf abzielt, ob buddhistische Verhaltensweisen in die Lebensweise der Probanden einfließen. Und schließlich die Frage nach der Zugehörigkeit zum Buddhismus.

1. Fragen nach Allgemeine Informationen: (Alter, Familienstand, Nationalität, Religionszugehörigkeit)

2.Begegnung mit dem Buddhismus: Wann war der erste Kontakt mit dem Buddhismus? Auf welche Weise und in welcher Situation kam dieser Kontakt zustande? Wie war ihre Einstellung gegenüber dem Buddhismus vor diesem ersten Kontakt? Hat diese sich nach dem Kontakt geändert?

3. Verhaltensweisen, die auf den Buddhismus zurückgeführt werden: Ernährung vegetarisch? Wird Meditation praktiziert? Mitgliedschaft in einem buddhistischen Verein? Tempelbesuche? Kontakte zu Buddhisten vorhanden? Lesen buddhistischer Bücher und Sprechen über Buddhismus? Einfluss des Buddhismus auf die Erziehung der Kinder?

4.Zugehörig zum Buddhismus?

Transkription der einzelnen Interviews Bearbeiten

Interview 1 Bearbeiten

Probandin 1: Ist eine 57 Jahre alte Frau, sie ist römisch- katholisch getauft, verheiratet, hat einen erwachsenen Sohn und ist deutsche Staatsangehörige.


I: Interviewerin P: Probandin

I: Wann sind Sie zum ersten Mal mit dem Buddhismus in Kontakt gekommen? Und auf welche Weise ist dieser Kontakt zu Stande gekommen?

P: Also der erste Kontakt mit dem Buddhismus war durch meine Schwester, die ist buddhistische Nonne im Zen- Buddhismus und verheiratet mit meinem Schwager, der Zen- Buddhist, also auch buddhistischer Mönch ist, beide sind ordiniert und äh ich bin, wann war das, der Franz (Name des Sohnes geändert) ist 1987 geboren, (lacht) ich kann das immer am Franz ausmachen, 1987 ist der geboren und 88 bin ich dann das erste Mal nach Amerika zu meiner Schwester und bin in diesem Zen- Zentrum quasi gwesen und hab das erste Mal Kontakt überhaupt mit Buddhismus gehabt...jein, jetzt fällt mir grad was anderes ein: ähm, ein Jahr vorher, bevor der Franz geboren wurde, also 86, da bin ich eigtl. das erste Mal mit Buddhismus in Kontakt gekommen, und zwar in Sri Lanka, ich hab eine Reise gemacht nach Sri Lanka und bin da mit dem Rucksack drei Wochen rumgereist, hatte mir drei kleine Reiseführer geholt, mich hat total fasziniert, was da über den Buddhismus geschrieben wurde, genau. Da bin ich das erste Mal, aber so richtig mit Meditation und Praxis eigtl dann zwei Jahre später, bei meiner Schwester.

I: Welche Einstellung hatten Sie denn vor diesem ersten Kontakt mit dem Buddhismus ggüber, also wenn es eine Einstellung gab, und hat sich diese Einstellung verändert mit dem Kontakt?

P: Also, ich muss sagen, bevor ich nach Sri Lanka gereist bin, hatte ich eigtl null Ahnung vom Buddhismus, also ich war, puh, ich hatte das sicher mal gehört in der Schule, ich war nie gut im Religionsunterricht, das hat mich nie so interessiert, weil ich eben sehr geschädigt bin von Zuhause, äähm, was grade Katholizismus, also die strenge religiöse Erziehung anbelangt und war eigtl recht abgewandt, von allen Religionen erstmal, weil, wie gesagt, ich hab nicht mehr, ich hab niemandem und nichts mehr vertrauen können und ähm ja eigtl hatte ich überhaupt keine Einstellung.

I: Also keine Einstellung davor dem Buddhismus gegenüber. Und ihre Einstellung nach dem ersten Kontakt war positiv?

P: Oh, seeehr! Ja, das fing in Sri Lanka eigtl. schon an.

I:Haben Sie Verhaltensweisen, die Sie auf den Buddhismus zurückzuführen?

P: Verhaltensweisen?

I: Also Verhaltensweisen beinhaltet jetzt essen, also beispielsweise vegetarisch essen, meditieren, in den buddhistischen Tempel gehen...

P: (unterbricht)...Ja, ja, also die buddhistische Lehre hat sehr wunderbare Dinge, also eben halt ähm Rituale, äh und natürlich auch äh ich sag mal, wobei es gibt ja verschiedene buddhistische Richtungen, es gibt die Mahayana, es gibt den Zen- Buddhismus, dann gibt es den..naja es gibt auf jeden Fall mehrere, (lacht) da kennen Sie sich wahrscheinlich jetzt besser aus als ich! Und bei dem einen oder anderen ist es wichtig, dass es also Unver..also Zölibat oder nicht Zölibat, und und und aber äh vegetarisch, ich glaube, das ist bei allen fast gleich, dass sie eben keine Tiere töten, und ich bin äh fast Vegetarierin, ich bin, äh, sagen wir mal ich hab damals sehr streng vegetarisch gelebt, oder hab mich sehr schnell umgestellt, hab aber jetzt mittlerweile, aus gesundheitlichen Gründen muss ich hin und wieder einfach ein paar Dinge essen, aber mehr aus gesundheitlichen Gründen, ansonsten ist natürlich auch diese Einstellung äh Tieren gegenüber, Achtsamkeit, überhaupt ggü. allen Lebewesen und und und, also im Grunde genommen, ja. Meditation ist meine tägliche Praxis, ähm dann, wie gesagt, Wertschätzung, Achtsamkeit, die ganzen Werte, oder, wie nennt mans noch, ähm...aaaah, Tugenden, Tugendregeln, unter anderem gibt es die Aya kema, die ist eine buddhistische Nonne, ich weiß nicht, ob sie von der mal gehört haben? Die hat hier im Allgäu ein Zentrum aufgebaut, und zwar in, die hat hier das Buddhahaus, das gibt es nach wie vor, in Uttenbühl, das ist hier bei Petersberg, Richtung Sulzberg, ganz in der Nähe von Kempten, existiert das Buddhahaus und da existiert auch äh ein kleines Kloster, äh, was auch aufgebaut wurde und die Aya kema zum Beispiel, ähm, ja, die lehrt eben den Mahayana- Buddhismus, glaub ich, und da gibt es eben die so gennanten Tugendregeln. Und da versuch ich mich sehr streng dran zu halten. Und was gibt’s noch, ich weiß es nicht...also ich versuch mich überhaupt, also ich interessier mich sehr für all die Dinge, die dort förderlich sind, um äh, wie sagt man, friedvoll das Leben zu leben und ja, einmal inneren Frieden zu finden und ich sag mal, das eigentliche Glück (lacht), sagt man so schön, also Glück, was auch immer das ist, aber eben halt auch mit anderen Menschen..ja... in Frieden zu leben, das versuche ich, wo auch immer es geht und möglich ist, so, ähm, zu praktizieren, in allen möglichen Richtungen.

I: Sind Sie Mitglied in einem buddhistischen Verein und gehen Sie in einen buddhistischen Tempel?

P: Also Mitglied bin ich eigentlich nicht. Und ein buddhistischer Tempel, also das Buddhahaus, ich weiß nicht, ob man das als buddhistischen Tempel sehen könnte. Puh, also so gesehen, ja, ich gehe jetzt zwar im Moment nicht regelmäßig dahin, aber ich fühl mich dem sehr zugewandt. Also das könnte man eigentlich bejahen, ja. Genau, und wenn ich die Gelegenheit hab, meine Schwester, die hat ja wie gesagt ein Zen Zentrum in Göttingen, und wenn ich bei meiner Schwester bin, dann besuch ich das auch regelmäßig.

I: Bestehen viele Kontakte zu Buddhisten? Können Sie da eine Zahl festmachen?

P: Ja, also ich würd sagen, mein engster Freundeskreis besteht eigentlich ausschließlich aus Buddhisten, oder: Menschen mit buddhistischer Haltung. Ähm, sagen wir mal, ja sagen wir mal 80 Prozent meines Umfeldes ist buddhistisch, lebt buddhistisch, ich weiß nicht, man kann nicht sagen: Das sind Buddhisten, aber (lacht) die haben auch so ich sag mal das Interesse, genau so wie ich, also sie haben sich dem Buddhismus zugewandt.

I: Lesen Sie Bücher über den Buddhismus?

P: Ja.

I: Sprechen Sie über den Buddhismus?

P: Also ich äh, ich würde neimanden irgendwie versuchen äh, stark zu beeinflussen. Aber ich lasse mit Sicherheit ich sag mal buddhistische oder Erfahrungen, die ich selber mit dem Buddhismus gemacht habe, aus eigener Erfahrung, das lass ich sicherlich in Gesprächen einfließen. Ähm, werde aber niemals irgendeinen Menschen äh versuchen, na, wie heißts, zu missionieren. (lacht) Genau. Ich gehe nicht von Haus zu Haus wie die Zeugen Jehovas oder so, aber äh ich versuche es selber zu leben und wenn mich einer darauf anspricht, dann gebe ich gerne Auskunft.

I: Wird oder wurde die Erziehung Ihres Kindes durch den Buddhismus geprägt?

P: Oh, da müsst ich den Franz fragen. (lacht). Also geprägt sicherlich, klar- ich mein, wenn man selber versucht, eine bestimmte Philosophie oder eine Religion oder eine Richtung zu leben, dann glaub ich, dann fließt das in die Erziehung ein, automatisch. Und schon, ja, es ist mir schon sehr wichtig gewesen, dass der Franz ein Stück davon spürt- und vielleicht auch in sein Leben mit integriert, ohne dass er Buddhist er muss nicht Buddhist werden. Aber mir ist es sehr wichtig, dass er eine bestimmte ethische Haltung ähm gelernt hat und ich hoffe, ein bisschen was davon rüber gekommen ist (lacht).

I: Würden Sie sich selber als Buddhistin bezeichnen?

P: Ja, würd ich eher sagen, als dass ich irgendeiner anderen Religion angehöre.

I: Aber Sie sind nicht offiziell konvertiert durch irgendein Ritual?

P: Nein- nein, nein. Nicht, wobei unsere Hochzeit- die sollte eigentlich noch ein Ritual bekommen, ein buddhistisches, das ist so ein bisschen verschoben worden. Aber dadurch sind wir keine Buddhisten. Also ich finds auch sowieso, also ich seh mich dem Buddhismus zugewandt, aber es ist für mich jetzt nicht das Non- plus- ultra. Ich bin nach wie vor offen für andere Religionen, äh, weil ich glaube, dass sowieso schlussendlich alle, jede Religion das gleiche Ziel hat- und der Buddhismus ist so von der Form her und von der Lehre her der, der mir am nächsten kommt. So auch in der Praxis, weil da so viel Freiheit und Offenheit ist, kein Zwang und kein Schuld- und dieses ganze Schulddenken, was in der katholischen Kirche und ja überhaupt in der katholischen und in der evangelischen ja ähnlich, was im Christentum ja so Gang und Gäbe ist, im Buddhismus kann ich das überhaupt nicht finden, des wegen bin ich dem unter anderem auch zugewandt.

Interview 2 Bearbeiten

Proband 2 ist ein 23 Jahre alter Mann, er ist evangelisch- lutherisch getauft, ledig,hat eine kleine Tochter und ist deutscher Staatsangehöriger.

I: Interviewerin P: Proband

I: Wann bist du zum ersten Mal mit dem Buddhismus in Kontakt gekommen?

P: So dass ichs wahrgenommen habe also so richtig mit dem Buddhismus? Also ich war halt mit meinen Eltern als Kind in Indien und Thailand als ich so zwei oder drei war und hab das nicht so wahrgenommen, aber das war der erste Kontakt mit Buddhisten.

I: Also der erste Kontakt als Kind? Und jetzt?

P: Meine Freundin ist halt Thailänderin, die sit mit zehn Jahren hierher gekommen, sie ist von Geburt an Buddhistin.

I: Welche Einstellung hattest du vor diesem ersten Kontakt mit dem Buddhismus ggüber dieser Religion und hat sich diese Einstellung verändert? Wenn ja, inwiefern? P: Hmmm ne also so Einstellung eigtl eher von Grund auf positiv, weil man ja so jetzt ja nicht irgendwie was Gröberes kennt, sie ham halt so eine Weltreligion, die man vom Grund her eher als friedlich einstuft, von dem her hab ich damit eher ein positives Feeling mit gehabt. Bzw man hat halt nie irgendwas Schlechtes gehört, dass da mal was Gröberes war, irgendwelche Kreuzzüge oder so was in dem style halt, dass da sowas halt gab.

I: Hat sich diese Einstellung verändert?

P: Nee, also weiterhin bis jetzt gut, positiv. Bzw hat sich ja eher noch so verbessert, weil man halt mehr damit anfangen kann.

I:Hast du Verhaltensweisen, die auf den Buddhismus zurückzuführen sind?

P: Ja, halt ich bin recht friedliebend, und töte keine Tierchen, wenns nicht unbedingt sein muss. Wie Zecken und so nen Käs und so weiter.

I: Isst du vegetarisch? P: Nein, sicher nicht, eher im Gegenteil. Also so weit geht’s dann doch nicht, dass ich ein gute Steak verschmähen würde.

I: Meditierst du?

P: Meditiert, ja vorletztes Jahr waren wir bei ihrer family in Thailand, in so verschiedenen Wats und da haben wir dann auch meditiert. Und ob ich dann richtig meditiert habe, weiß ich jetzt nicht, aber vielleicht kann man das schon als Meditation einstufen.

I: Du hast ein Wort verwendet, dass ich nicht kenne, kannst du mir das erklären? Was sind Wats? P: Ahso ja, Wats, dass sind also so heißen die Tempel da, also immer irgendwas und dann Wat dannach also so heißen halt die Tempel da.

I: Gehst du in einen buddhistischen Tempel?

P: Nein, in Deutschland war ich noch nicht, also in München gibt’ s ja einen irgendwo im Münchner Norden aber ne, in Deutschland war ich noch nicht.,

I: Bist du Mitglied in einem buddhistischen Verein?

P: Nein, nicht in dem Sinne.

I: Hast du viele Kontakte zu Buddhisten?

P: Phfff viele nicht, also nur die zu ihrer family und zu ein paar Freundinnen von ihr, also so 7, 8 ,9 Leut.

I: Liest du Bücher über den Buddhismus?

P: Hm ne, bücher les ich allgemein recht wenig. Bin kein Bücherwurm.

I: Sprichst du über den Buddhismus, wenn ja, wie häufig?

P: Nicht soo oft vielleicht zweimal im monat oder so wenn ich mit meinem Bruder diskutieren muss.

I: Wird die Erziehung deines Kindes durch den Buddhismus geprägt?

P: Hmm hmmm beeinflusst, ja also so ganz schwer zu sagen also jetzt nicht direkt, aber diese werte werden also schon vermittelt. Ja also so wie kann mans ausdrücken zb gibt’s s nicht diese ameisen, die im sandkasten rumlaufen mit sand zu beschütten, also relativ atheistisch aber mit respekt vor dem leben halt dass man nicht so menschen so angaffen sollte, bettler und behinderte oder so. also jetzt nicht irgendwie weil das der buddhismus das so sagen würde sondern weil der mensch das so sagen sollte, also nicht weil die religuion so ist, sondern weil ich halt denk, dass das so das richtige ist aber das ist ja bei anderen religionen auch nicht anders,

I: Würdest du dich als Buddhist bezeichnen?

P: hmm ja die Frage ist...als Buddhist bezeichnen also jetzt nicht im klassischen sinn dass ich jetzt so 100 Prozent fürwahrnehm aber so die Grundzüge auf jeden Fall ist es mir die sympathischste Religion von allen.

I: Bist du offiziell konvertiert?

P: Nein. Also so offiziell? Nein.

Interview 3 Bearbeiten

Probandin 3 ist eine 27 Jahre alte, römisch- katholisch getaufte Deutsche, deren Familie aus Vietnam kommt. Ihre ganze Familie ist nun christlich getauft. Sie weiß, dass die Interviewerin selber Buddhistin ist, deshalb kommentiert sie dies im Interview.

I: Interviewerin P: Probandin

I: Wann hattest du den ersten Kontakt mit dem Buddhismus?

P: Vor zehn Jahren. Ja, damals war ich 17 Jahre alt. Es war das asiatische Neujahrsfest, wenn ich mich nicht falsch erinnere, also asiatische Leute bestimmen ihre Festivals nach Mondkalender.

I: Auf welche Weise kam der Kontakt zustande?

P: Auf welche Weise? Tja meine Mutter hat zwei guten Freundinnen, sie kommen auch aus Vietnam und leben seit länger hier, sind aber Buddhisten wie die meinste vietnamische Leute. Die zwei Frauen sind Mitglieder eines buddhistischen Vereins, den Namen hab ich leider nicht mehr im Kopf. Ja sie gehen regelmäßig zum Verein und nehmen auch an den Veranstaltungen z.B. Meditationswoche teil. Meine Mutter wurde an diesem Tag eingeladen, zusammen dorthinzugehen und zu schauen was sie am Neujahrsfest machen. Ich war da in Winterferien und hatte gar nichts zu tun zu Hause und bin einfach mit meiner Mutter zusammen gegangen.

I: In welcher Situation waren die Kontakte?

P: Also wie gesagt das war das Neujahrsfest, wo alle Buddhisten ihrem Gott nach Ritual opfern sollen. Alle Mitglieder, glaub mehr als 20 Leute damals, haben ihre Opfergabe mitgebracht, und knieten sich nieder auf einige rollen Kisten und machten einen ,,Kotau“, hab ichs falsch gesagt? (I: ganz richtig)

Ja in ihrem Veranstaltungsraum gab es ein Buddha ganz vorne und auf dem Tisch vor dem Buddha haben alle ihre Opfergabe gelegt und auch viele roten Kerzen. Sie müssen die Kerzen anzünden, bevor sie anfangen zu beten. Das weißt du bestimmt viel besser als ich ja? (I: ja, aber dein Gedächtnis ist nicht schlecht.)

P: lachend...

I:Wie ist deine erste Einstellung bei diesem Kontakt?

P: Ich war so neugierig auf alle Sachen, die mir ganz ganz neu waren. Die Atmosphäre war so harmonisch und alle sahen sehr frömmig aus. Und Ich fand manche Gedanke von Buddhismus ziemlich interessant, z.B. sie oder ihr glaubt, alle Menschen sind von Geburt an gutmütig, Christen glauben aber jeder ist mit Urschuld geboren, was ich manchmal auch bezweifelt habe.

I:Isst du vegetarisch?

P: Nein. Aber in meiner Familie essen wir alle nicht so viel Fleisch. (I: Warum? P: Nur Geschmacksache, wir essen lieber Gemüse.)

K: Hast du schon mal meditiert?

P: Nein.Aber ich würde sehr gerne mal meditieren und schauen was kommt dann vor. Lachend..

I: Warst du schon mal in einem Tempel? Oder schon vielmals?

P: Ich war nur einmal da, und zwar mit einer deutschen Freundin, die sich für Buddhismus sehr interessiert. Leider hab ich lange keinen Kontakte mit ihr, sonst wäre sie gute Proband für dich.

I: Hast du viele Kontakte zu Buddhisten?

P: Kontakte schon, aber nicht viele. Viele meiner Verwandten in Vietnam sind Buddhisten, wir sehen uns nicht so oft aber wir telefonieren am mindestens einmal pro Jahr, im Neujahrsfest.

I: Liest du buddhistische Bücher?

P: Bücher lese ich keine über Buddismus, aber ich schaue oft Internetseite über Buddhismus.

I: Sprichst du oft über Buddhismus?

P: Nein, ich spreche sehr selten über Religion, aber meine Eltern reden gerne mit ihren Freunden darüber, besonders mit den vietnamischen Freunden. Sie leben jetzt auch in Deutschland.

I: Was würdest du dich bezeichnen, als Christin oder Buddhistin?

P: Ja als Christin auf jeden Fall, aber ich interessiere mich schon für den Buddhismus.(lacht)Wer weiß, vielleicht bin ich ja eines Tages Buddhistin.

Die Hypothese wurde bestätigt! Die Buddhismus-Rezeption in Deutschland vollzog sich - und vollzieht sich noch immer - in enger Wechselwirkung mit allgemein kulturellen Entwicklungen sowie auch in unmittelbarer Auseinandersetzung mit der christlichen Religion. Anhand der Ergebnisse der Interviews lässt sich feststellen, dass der Buddhismus die deutsche christlich geprägt Kultur beeinflusst hat, wobei die christlich geprägten Rituale oder alltägliche Verhaltensweise bei einzelnen Personen immer noch unterschiedlichen Rollen einnehmen und Bedeutungen haben. Die Frage der Zuordnung zum Buddhismus wird von Christen, die sich mehr oder weniger mit Buddhismus auseinandersetzen, sehr unterschiedlich beantwortet. Es handelt sich um einen inklusivistischen Ansatz der interreligiösen Praxis. Manche Christen, die vom Buddhismus beeinflusst werden, leben in und aus zwei verschiedenen religiösen Traditionen, ohne eine dieser Traditionen abzuwerten. Wenn wir betrachten, wie der Buddhismus deutsche christlich geprägte Kultur beeinflusst hat,sollen wir immer das ganze Bild vor Augen haben: Es ist die Fortsetzung eines Prozesses, der schon Jahrhunderte lang dauert und immer noch weitergeht. Die Adaption des Buddhismus durch den Westen hat zu mehr oder weniger starken Modifikationen der Lehre im Hinblick auf ihre Ausdeutung und ihre Form geführt. Während der Buddhismus die deutsche christlich geprägte Kultur beeinflusst, kann die Anpassung des Buddhismuses an den Westen jedoch auch dazu führen, dass die westliche Lebensweise die ursprünglich religiöse Lebenserfahrung einigermaßen überformt. Aus den Interviews ist außerdem zu erkennen, dass Meditation zum einen von Deutschen als eine der wichtigsten Praxen, die sich auf Buddhismus zurückführen lassen, wahrgenommen wird und zum anderen teilweise bewusst als eine aus dem Buddhismus stammende Praxis durchgeführt wird. Zweifellos hat die Meditation schon seit Beginn der Buddhismus-Rezeption in Deutschland eine wichtige Rolle gespielt. Über die Mediationspraxis kann das Christentum sicherlich vom Buddhismus lernen. Welche Inhalte und Werte der Christentum vom Buddhismus noch rezipieren kann, dies müssen die Christen jedoch selbst entscheiden. Im Besonderen ist hier auf jene christlichen Überzeugungen hinzuweisen, die über die grundlegende Bedeutung für den eigenen Glauben hinausgehend eine im Prinzip universelle Geltung haben können: Im sittlichen Bereich wäre die Aufforderung zu aktiver Weltgestaltung und karitativen Aktivitäten zu nennen (Vgl. dazu: Dalai Lama, Logik der Liebe. Aus den Lehren des Tibetischen Buddhismus für den Westen, München 1991, Seite 79 u. a.). Im theologisch-anthropologischen Gebiet ist auf das personale Verständnis der höchsten Wirklichkeit zu verweisen sowie auf die besondere Bedeutung der Individualität und Einmaligkeit des Menschseins. Dass ein wechselseitiges Aneignen und Lernen möglich ist, vor allem innerhalb der tendenziell universellen Werte beider Religionen, dies kann wohl nicht geleugnet werden. In jedem Fall ist ein Gespräch der beiden Religionen, des Christentum und des Buddhismus, miteinander als konstruktiv zu bewerten, zumal der Buddhismus – abgesehen von seinem verzerrten Christentumsbild – ein Spiegel sein könnte für die christlichen Kirchen, aus dessen Widerspiegelung bestimmte defizitäre Entwicklung im Christentum deutlicher würden und korrigiert werden könnten wie etwa das ,Vorkommen' einer meditativen und kontemplativen Frömmigkeitskultur im Bereiche des Christentums. Anders herum ist dies genauso möglich und notwendig.

Quellenverzeichnis Bearbeiten

Bücherquellen Bearbeiten

Klaus-Josef Notz (1984): Der Buddhismus in Deutschland in seinen Selbstdarstellungen. Peter Lang: Frankfurt am Main, Bern und New York.

Martin Baumann (1995): Deutsche Buddhisten. Geschichte und Gemeinschaften. Diagonal-Verlag, Marburg.

Dalai Lama(1995): Logik der Liebe. Aus den Lehren des Tibetischen Buddhismus für den Westen, München, Seite 79 u. a.

Michael von Brück(2007): Einführung in den Buddhismus. Frankfurt, S. 496.


Internetquellen: Bearbeiten

Michael von Brück (2007): Einführung in den Buddhismus, Frankfurt am Main.Alois Payer, Materialien zum Neobuddhismus. URL: http://www.payer.de/neobuddhismus/neobud0.htm, 5. Juli 1996.

www.ursachewirkung.com

Martin Baumann: Buddhismus in Deutschland - Geschichte und Gegenwart, URL http://www.tibet.de/tib/tibu/1998/tibu47/47christ.html, 8. September 2006