Hecker, Justus Friedrich Carl (1832)

Hecker, J. F. C.: Die Tanzwuth, eine Volkskrankheit im Mittelalter. Nach den Quellen für Aerzte und gebildete Nichtaerzte bearbeitet. Berlin: Enslin 1832, VI S., 92 S.

22,5 x 13,5 cm

Die medizinhistorische Schrift von Justus Friedrich Carl Hecker (1795 -1850) über Tanzplagen des Mittelalters (u. a. über den St. Johannistanz 1374 in Aachen und den St. Veitstanz 1418 in Straßburg) wurde 1834 ins Französische, 1835 ins Englische und 1838 ins Italienische übersetzt wurde. Der Begriff Volkskrankheit wird hier erstmals verwendet.


Die Tarantella als Heiltanz

Ursprünglich galt im 17. Jahrhundert in Süditalien (Apulien) der Aberglaube, der schmerzhafte, aber ungefährliche Biss der Tarantel würde Tanzekstasen auslösen. Das Krankheitsbild hieß Tarantismus . Allmählich sei durch Nachahmung der Tanzverzückten ein „geistiges Gift“ entstanden, das zu Tanzplagen geführt habe. Abgemildert und ritualisiert entwickelten sich aus diesen Nachahmungsepidemien volksfestartige Veranstaltungen, Tarantati genannt. Auf ihnen wurde die Tarantella getanzt. Die Musikanten waren Spielleute, die in den Sommermonaten scharenweise umherzogen. An den jährlich wiederkehrenden Tarantati hätten sich vorwiegend Frauen beteiligt, sodass sie „der kleine Karneval der Frauen“ genannt wurden.

In diesen dörflichen Tarantati galt die Tarantella auch als Heiltanz. Die Kranken seien von ihrem Lager aufgesprungen wie neu belebt. Sie „tanzten ohne Ermüdung stundenlang, bis sie bedeckt von leichtem Schweiße eine wohltätige Ermattung fühlten, die sie für einige Zeit oder für ein ganzes Jahr von Trübsinn und schwerem Krankheitsgefühl befreite.“ (S. 38)


Gestochene Tafeln (S. 89 - 92) mit Notenbeispielen zur Tarantella nach Athanasius Kircher (1654) und Samuel Hafenreffer (1660)

S. 89
S. 90
S. 92
























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