Unter Kriging (oder auch: Krigen) versteht man ein geostatistisches Verfahren, mit dem man Werte an Orten, für die keine Stichprobe vorliegt, durch umliegende Messwerte interpolieren oder auch annähern kann. Außerhalb der Geostatistik ist das Verfahren als Gaußprozess-Regression bekannt.

Der südafrikanische Bergbauingenieur Danie Krige versuchte 1951, eine optimale Interpolationsmethode für den Bergbau zu entwickeln, basierend auf der räumlichen Abhängigkeit von Messpunkten. Das Verfahren wurde später nach ihm benannt. Der französische Mathematiker Georges Matheron (1963) entwickelte die „Theorie der regionalisierten Variable“, welche die theoretische Grundlage der von Danie Krige entwickelten Methode bildet.

Der wesentliche Vorteil gegenüber einfacheren Methoden wie beispielsweise der Inversen Distanzwichtung ist die Berücksichtigung der räumlichen Varianz, die sich mit Hilfe der Semivariogramme ermitteln lässt. Für einen gesuchten Wert werden dabei die Gewichte der in die Berechnung einfließenden Messwerte so bestimmt, dass die Schätzfehlervarianz möglichst gering ist. Der Fehler hängt dabei von der Qualität des Variogramms bzw. der Variogrammfunktion ab.

Bei einfacheren Interpolationsverfahren können bei Häufung der Messpunkte Probleme auftreten. Dies wird beim Kriging vermieden und zwar durch die Berücksichtigung der statistischen Abstände zwischen der in die Berechnung eines Punktes einfließenden Nachbarn und Optimierung der gewichteten Mittel. Kriging beruht auf effizienten und erwartungstreuen Schätzern. Tritt an einer Stelle eine Clusterung auf, werden die Gewichte der Punkte innerhalb dieses Clusters gesenkt.

Einstiegsbeispiel - toxische Algenblüte

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Die toxische Algenblüte hat vielfache Effekte auf den maritimen Lebensraum und auch auf Küstenregionen. Einige der häufigsten gesundheitlichen Auswirkungen von toxischen Algenblüten sind:

• Vergiftung über die Nahrungskette - Ciguatera Fish Poisoning (CFP): Die Toxine von Algen können sich in Fischen, Schalentieren und anderen Meeresbewohnern anreichern. Durch den Verzehr dieser kann es zu Vergiftung kommen.

• Neurologische Vergiftung - Neurotoxic Shellfish Poisoning (NSP): Einige Algenarten produzieren Toxine, die das zentrale Nervensystem angreifen. Der Verzehr von mit diesen Toxinen belasteten Meeresfrüchten kann unter anderem zu Parästhesie, Schwindel, Emesis (Erbrechen) und Unwohlsein führen.

• Gastrointestinale Symptome - Diarrheic Shellfish Poisoning (DSP): Der Verzehr von mit Toxinen belasteten Meeresfrüchten kann zu Übelkeit, Erbrechen, Durchfall und Magenschmerzen führen.

• Amnestische Vergiftung - Amnesic Shellfish Poisoning (ASP): Durch die Aufnahme von Domionsäure durch beispielsweise Pseudo-nitzschia vergiftete Muscheln kann es unter anderem zu Verwirrung, Atembeschwerden, Erbrechen und Durchfall kommen.

• Paralytische Vergiftung - Paralytic Shellfish Poisoning (PSP): Durch den Verzehr von kontaminierten Muscheln kann es unter anderem zu Parästhesie, Schwindel, Orientierungsverlust aber auch Atembeschwerden kommen.

• Atembeschwerden durch Aerosole: Diese werden bspw. durch Karenia brevis („Florida Red Tide“) abgegebene toxinhaltigen Aerosole verursacht.

Die genauen Auswirkungen hängen von der Art der Alge und der Art des Toxins ab. Einige toxische Algenblüten können auch langfristige Auswirkungen auf die Umwelt und die Wirtschaft haben, da sie Fischereien und Tourismus beeinträchtigen können. Die meisten Gesundheitsprobleme entstehen aber durch den Verzehr von kontaminierten Fischen und Meeresfrüchten.


Beobachtung von Algenblüten

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Eine Möglichkeit des Monitoring von toxischen Algenblüten stellt die Bestimmung der Algenkonzentration mit Hilfe der remote sensing reflectance   dar. Diese erfolgt im Wesentlichen in fünf Schritten:

1. Datenerfassung: Satelliten- oder Luftaufnahmen liefern Daten mit der die   aus dem sichtbaren und nahen infrarot Bereich des elektromagnetischen Spektrums.

2. Auswahl des geeigneten Kanals (Kanäle): Chlorophyll-a ist ein Indikator für Algen (man beachte, dass das Absorptionsspektrum der verschiedenen Algenarten in unterschiedlichen Bereichen des sichtbaren bis nahen infraroten elektromagnetischen Spektrums liegen kann). Aus diesem Grund wird häufig ein Kanal benutzt, der den Bereich des Chlorophyll-a-Absorptionsmaximum abdeckt.

3. Kalibrierung: Störgrößen werden ermittelt, korrigiert und somit wird der   bereinigt.

4. Wahl oder Erstellung von Algorithmen: Es wird ein passender Algorithmus gesucht, der den Zusammenhang zwischen   und Algenkonzentration widerspiegelt. Diese Algorithmen werden mit Hilfe des Vergleiches von in-situ-Messungen und empirischer Daten erstellt. Die Entwicklung, Implementierung und Analyse solcher Algorithmen lassen sich beispielsweise unter den NASA ROSES Awards #80NSSC18K0077, #80HQTR19C0015 und USGS Landsat Science Team Award #140G0118C0011 nachschlagen.

5. Anwendung des Algorithmus: Mit Hilfe des passenden Algorithmus und den gemessenen   kann die Algenkonzentration geschätzt werden.


Im Folgenden wird beschrieben, wie mit dem Programm SNAP (Sentinel Application Platform) ein solches Monitoring ermöglicht werden kann:

Dazu werden zuerst die Geokoordinaten einer Satellitenaufnahme bestimmt. Beispielhafte Satelittenaufnahmen können über den ESA Envisat MERIS Online Catalogue als Datei gespeichert werden. Eine solche Datei (hier: eine Datei für Geokoordinaten) ist in Abbildung "Bestimmung der Geokoordinaten" zu sehen und zeigt einen Teilbereich der Großen Seen in Nordamerika. Dabei sind die dunkleren Bereiche die Süßwasserseen Eriesee (von mitte unten schräg nach rechts oben) und Huronsee (die beiden südlichen Ausläufer des Sees sind die dunklen Bereiche mitte oben, die obere Kante des Bildes schneidend). Das Fenster links unten im Bildausschnitt zeigt eine Übersichtskarte, das Fenster darüber gibt an, welche Pixelkoordinate welcher Geokoordinate, d.h. Längen- und Breitengrad, entspricht und in welcher Höhe über dem Meeresspiegel sich der Messpunkt befindet. Eine Vergrößerung des oberen, kleinen Fensters links ist in Abbildung "Umwandlung einer Pixelkoordinate" zu sehen. Die Graustufen, die im Hauptfenster zu sehen sind, spiegeln ein Höhenprofil wieder (je schwärzer die Graustufe ist, desto niedriger befindet sich der Messpunkt). In der oberen, rechten Ecke befindet sich ein kleiner Ausschnitt des Ontariosees. Dieser liegt deutlich niedriger als der Eriesee (zwischen den beiden Seen liegen die Niagarafälle) und aus diesem Grund ist die Graustufe auch deutlich dunkler im Vergleich zum Eriesee. Zwischen Huronsee und Eriesee ist in der Mitte des Bildes der Lake St.Clair zu erahnen. Abbildung "Umwandlung-einer-Pixelkoordinate" gibt an, dass der Messpunkt mit Pixelkoordinate   dem Längen- und Breitengrad    42°30′34″  , 82°24′59″   entspricht. Der Messpunkt wird mit 137 m Höhe angegeben. Mit Hilfe dieser Datei wird die Pixelkoordinate in eine Geokoordinate umgewandelt. Das ist vor allem dann hilfreich, wenn mehrere Bilddateien miteinander verglichen werden. Hier stimmen die Pixelkoordinaten der einzelnen Bildern für gewöhnlich nicht mit den Ortskoordinaten überein, sodass eine Umwandlung in Geokoordinaten erforderlich ist.

 

SNAP bietet auch die Bestimmung der Chlorophyll-a Konzentration für eine Pixelkoordinate an. Die Pixelkoordinate kann wie oben bereits beschrieben in eine Geokoordiante umgewandelt werden. Manche Pixelkoordinaten besitzen keinen Wert für die Algenkonzentration. Dieser Wert kann mit Hilfe des Krigingverfahrens geschätzt werden, in dem ein Teilbereich (mit Daten) um diese Pixelkoordinate(n) als Ausgangslage für das Kriging benutzt wird. Man beachte jedoch, dass nur Regionen sinnvollerweise zum Schätzen genutzt werden können, in denen auch Gewässer vorhanden sind.

Mathematische Formulierung

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Kriging ist eine geostatistische Methode, die zur Vorhersage oder Prognose von Messwerten von nicht beobachteten Orten basierend auf Messdaten   von beobachteten Orten   verwendet wird. Der Prognosewert   eines nicht beobachteten Ort   wird als affine Linearkombination von gewichteten Messwerten   geschätzt:

 

Die Wichtungsfaktoren   basieren auf der räumliche Abhängigkeit der Messdaten wobei angenommen wird, dass Daten, die nahe beieinander liegen, eine höhere Korrelation aufweisen als Messdaten mit größerer Distanz zueinander. Dafür wird angenommen, dass beim Kriging die Messwerte an verschiedenen Orten eine Realisierung eines gemeinsamen Zufallsprozesses sind. Die Covarianzfunktion des Zufallsfeldes quantifiziert die räumliche Abhängigkeit der Messdaten. Aus der Covarianzfunktion wird dann das Semivariogramm abgeleitet. Mit Hilfe des Semivariogramms können nun die Wichtungsfaktoren geschätzt und der Prognosewert bestimmt werden. So zumindest die Theorie, in der Praxis wird das empirische Semivariogramm aus den Messdaten erhoben und daran ein theoretisches Semivariogramm   gefittet. Mit Hilfe des theoretischen Semivariogramms kann dann folgendes lineares Gleichungssystem gelöst werden:  , wobei   und   ist und   die gesuchten Wichtungsfaktoren sind. Die Matrix   enthält als Koeffizienten die Werte  .

Je nach Krigingvarianten werden unterschiedliche Gleichungssysteme gelöst, wobei   die Covarianzfunktion ist und   als bekannte Funktionen vorausgesetzt werden:

Krigingvariante Simple Kriging Ordinary Kriging Universal Kriging
LGS      

  ist der Lagrange-Multiplikator, der bei der Minimierung der Varianz   verwendet wird, wodurch die oben stehenden linearen Gleichungssysteme gewonnen werden.

Bemerkung: Das Kriging enthält verschiedene heuristische Verfahren, wie das Fitten, Clustering, Definition von Lag Distances. Diese Verfahren sind also aus der Theorie nicht begründbar.

Spezialfälle

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  • Simple Kriging: Der Erwartungswert   ist konstant und bekannt, d. h.  .
  • Ordinary Kriging: Der Erwartungswert   ist konstant, aber unbekannt, muss also geschätzt werden.
  • Universal Kriging:   ist nicht konstant und wird durch einen linearen Regressionsansatz modelliert. Die Regressionsparameter werden geschätzt.
  • Indikator-Kriging: Für Merkmale mit nur zwei Ausprägungen (z. B. Grenzwert überschritten – ja oder nein)
  • Bayesian Kriging: Wenn bei Ordinary Kriging Multi-Modalität vorliegt, kann dies durch Mittelung über die Moden umgangen werden.[1]

Siehe auch

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Literatur

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  • Danie G. Krige: A statistical approach to some basic mine valuation problems on the Witwatersrand. In: J. of the Chem., Metal. and Mining Soc. of South Africa. 52 (6), 1951, S. 119–139.
  • Rudolf Dutter: Mathematische Methoden in der Technik. Band 2: Geostatistik. B.G. Teubner Verlag, Stuttgart 1985, ISBN 3-519-02614-7.
  • J. P. Chiles, P. Delfiner: Geostatistics: Modeling Spatial Uncertainty. Wiley, New York 1999, ISBN 0-471-08315-1.
  • Hallegraeff, G.M. OCEAN CLIMATE CHANGE, PHYTOPLANKTON COMMUNITY RESPONSES, AND HARMFUL ALGAL BLOOMS: A FORMIDABLE PREDICTIVE CHALLENGE. 2010; Journal of Phycology, 46: 220-235. doi:10.1111/j.1529-8817.2010.00815.x
  • Montero, J., Fernández-Avilés, G., Mateu, J. Spatial and Spatio-Temporal Geostatistical Modeling and Kriging. John Wiley & Sons Ltd., West Sussex, England, 2015. doi:10.1002/978-1-118-76238-7.
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  Commons: Kriging – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

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  1. Sascha Ranftl, Wolfgang von der Linden: Bayesian Surrogate Analysis and Uncertainty Propagation. In: Physical Sciences Forum. Band 3, Nr. 1, 13. November 2021, ISSN 2673-9984, S. 6, doi:10.3390/psf2021003006.

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