Konrad III. - RI IV,1,2 n. 446

1147 März 13–23, Frankfurt

Konrad hält einen von Großen aus dem ganzen Reich und auch von Bernhard von Clairvaux besuchten Hoftag (generalem curiam) ab. Nach dem Abschluß eines allgemeinen Landfriedens erreicht Konrad die einhellige Wahl seines Sohnes Heinrich (VI.) zum König und Nachfolger (in regem et sceptri nostri successorem).

– Herzog Heinrich von Sachsen erhebt Erbansprüche auf das seinem Vater angeblich unrechtmäßig entzogene Herzogtum Bayern, wird von Konrad aber zum Stillhalten bis zu seiner Rückkehr vom Kreuzzug überredet.

– Im Zusammenhang mit der Übertragung der Nonnenklöster Kemnade und Fischbeck an das Kloster Corvey beraten die Fürsten über die Zulässigkeit der Übertragung kleinerer königlicher Kirchen, von denen das Reich keinen Nutzen hat, an größere, die zum Reichsdienst verpflichtet sind. Gemäß einem Urteil Bischof Burchards von Straßburg und dem Rat Bernhards von Clairvaux stimmen die Fürsten (mit Ausnahme Adolfs von Schaumburg, des Vogtes von Fischbeck) solchen Übertragungen zu, worauf Konrad und Heinrich (VI.) als Könige die Schenkung zum zweiten Mal bestätigen und beurkunden.

– Auf dem Reichstag anwesende Sachsen lehnen es ab, in den Orient zu ziehen, da in ihrer Nachbarschaft heidnische Völker leben, und beschließen, gegen diese ins Feld zu ziehen. Nach dem Ratschluß Konrads und der anwesenden Fürsten ruft Bernhard von Clairvaux – damit der Zug nach Palästina nicht durch diese Völker behindert werde – dazu auf, das Kreuz zu nehmen und sich gegen diese zu rüsten, um sie völlig zu vernichten oder unwiderruflich zu bekehren (ad delendas penitus, aut certe convertendas nationes illas), wofür er den Teilnehmern dieses Kreuzzuges die gleiche Vergebung der Sünden verheißt wie den nach Jerusalem ziehenden.

Für die (neuen) Kreuzfahrer sollen laut Bernhards Aufruf, der auf Beschluß der anwesenden Großen überall schriftlich verbreitet werden soll, die gleichen Vorschriften hinsichtlich Kleidung, Waffen usw. gelten. Unter allen Bedingungen untersagt er, mit den Heiden einen Vertrag gegen Geld oder Tribut einzugehen, bevor nicht mit Gottes Hilfe entweder ihre Religion oder ihr Stamm vernichtet ist (donec, auxiliante Deo, aut ritus ipse, aut natio deleatur).

Als Versammlungsort dieses Heeres wird Magdeburg, als Termin das Fest Peter und Paul (29. Juni) festgelegt.

Überlieferung/Literatur


Brief Konrads an Papst Eugen III. DKo. III. 184; Urkunde Konrads für Treviglio von 1147 März 23, DKo.III. 178 (Reg. 449);

Otto von Freising, Gesta Friderici I 45, MGH SSrerGerm 46 63f. (At Conradus Romanorum rex principes convocans in oppido orientalis Franciae Franconefurde … generalem curiam celebrat. Ibique filio suo Heinrico adhuc puero per electionem principum rege constituto … Ad predictam curiam Heinricus Heinrici, … Noricorum ducis filius, qui iam adoleverat, venit, ducatum Noricum, quem patri suo non iuste abiudicatum asserebat, iure hereditario reposcens. Quem princeps multa prudentia et ingenio inductum usque ad reditum suum suspendens quiete expectare persuasit);

Chron. Reinhardsbrunnensis, MGH SS 30 535; Hist. monasterii Corbeiensis 82 (… abbas … agit se in principum consistorio, quando et denuo ecclesiarum illarum iam aliquociens prelibatarum facta est huic ecclesię tradicio aut etiam confirmatio. … Utrisque igitur in hac tradicione vel confirmatione assentientibus presulibus abbatibus principalibus nec non et cunctis presentibus proceribus in his applaudentibus, rata sancitur, sic tamen ordinarie, ut investigaretur publice a domno Burghardo, presule civitatis Argentine censurę iudiciarie: si possent dari legitime cellule regales regali et maiori ecclesie, de qua et regnum sumeret non nulla obsequia, cum et de minoribus preter nominis solam gloriam nulla provenirent regno profutura. Assentientibus ergo universis assistentibus primoribus domno Burghardo episcopo id iudicante domnoque Bernhardo Clarevallensi abbate id nihilominus suadente …);

Helmold von Bosau, Cron. Slavorum I c. 59, MGH SSrerGerm 32 114; Epp. Bernardi Nr. 457.

Kommentar

Die Erhebung Heinrichs (VI.) steht in der Tradition der Wahl eines Sohnes aus Anlaß des Aufbruchs des Herrschers in ein fernes Land. Solche Wahlen sind vor Italienzügen im 10. und 11. Jahrhundert mehrfach nachzuweisen, und Konrad erreichte die Wahl vor dem Antritt einer Kreuzfahrt, vgl. Giese, Designationen 178.

Die Sigeberti Gemblacensis chron. Cont. Gemblacensis, MGH SS 6 389 (Cunradus rex Heinricum filium suum Aquisgrani in regem sublimat, ne post decessum suum regnum absque principe remaneret et aliqua rerum perturbatio moveretur) nennt die Vermeidung von Unruhen nach einem möglichen Tod Konrads auch ausdrücklich als dessen und der Großen Motiv.

Hingegen lassen sich wegen der Verschiedenheit und mangelnden terminologischen Genauigkeit der Quellenaussagen weder der Verlauf von Heinrichs Erhebung noch die dabei vollzogenen Rechtsakte (Stimmabgabe oder nur Akklamation oder Huldigung) eindeutig rekonstruieren und damit auch nicht die ihr zugrundeliegenden Rechtsgrundsätze, so daß von der Forschung der Einfluß geblüts- und erbrechtlicher Anschauungen ebenso diskutiert wird wie das Vorliegen einer Designation mit „bindendem Wahlvorschlag“ des Herrschers, vgl. Reuling, Kur 183ff., sowie Schmidt, Königswahl 109–117, die beide die kontroverse ältere Literatur anführen.

– Die Bestimmungen des in Frankfurt verkündeten Landfriedens, von dem in Konrads Schreiben an Papst Eugen III. die Rede ist (ordinataque et firmata communi per omnes regni nostri partes solida pace), sind nicht überliefert.

– Zum Rechtsstreit um das Herzogtum Bayern siehe Jastrow, Welfenprozesse 269ff.; Jordan, Heinrich der Löwe 36ff.; Boshof, Staufer und Welfen 335ff. Engels, Restitution 321, vertritt die Auffassung, daß die Klage Heinrichs im Vorfeld der Königserhebung Heinrichs (VI.) „als eine Wahlbedingung gedacht“ war.

– Feldmann, Welf VI. 22, vermutet, daß Heinrichs Auftreten mit Welf VI., mit dem er sich kurz zuvor getroffen habe, abgesprochen gewesen sei, was von Hechberger, Staufer und Welfen 25f., aber angezweifelt wird.

– Zur Angelegenheit der Stifte Kemnade und Fischbeck siehe Reg. 453.

– Das Zustandekommen des Entschlusses, einen Kreuzzug gegen die ostelbischen Slawen zu unternehmen, ist aus den spärlichen Quellenzeugnissen nicht eindeutig zu klären. Während Kahl, Wie kam es 286–296, die Auffassung vertritt, daß Bernhard von Clairvaux die sächsischen Großen, die die Teilnahme am Zug ins Heilige Land unter Hinweis auf die Existenz feindlicher heidnischer Völker in ihrer unmittelbaren Nachbarschaft und die Notwendigkeit der Abwehrbereitschaft gegen diese verweigerten, gedrängt habe, dann eben Kreuzzugsaktivitäten dorthin zu richten, und diese sich seinem moralischen Druck nicht entziehen konnten, nimmt Gaethke, Heinrich der Löwe 72–87, eine Initiative der Sachsen an.

Unter den in Frankfurt nicht sehr zahlreich anwesenden sächsischen Großen vermutet Gaethke in erster Linie den Markgrafen Albrecht den Bären als Betreiber einer von machtpolitischen Interessen inspirierten offensiven Politik im Slawenland.

Im Obodriten-Feldzug Heinrichs des Löwen erblickt er hingegen wegen des ursprünglich allein vorgesehenen Ausgangspunkts Magdeburg ein erst später konzipiertes Sonderunternehmen. Darüber hinaus zieht Gaethke, Heinrich der Löwe 87, in Erwägung, daß die Weigerung Heinrichs des Löwen, am Kreuzzug in den Orient teilzunehmen, und seine in der Rückforderung Bayerns erkennbare Bereitschaft zur Konfrontation mit dem König es den anderen sächsischen Großen nicht geraten sein ließ, sich in dieser Situation außer Landes zu begeben, und diese daher den Alternativvorschlag vorbrachten, gegen die heidnischen Slawen zu ziehen.

– Noch umstrittener als Bernhards Rolle beim Zustandekommen des Wendenkreuzzugs sind einige Aussagen in seinem Kreuzzugsaufruf, Epp. Bernhardi 457, nämlich die Passagen über das Kriegsziel der „Vernichtung oder Bekehrung der Heiden“, wobei festzuhalten ist, daß dieses zwar in der Kreuzzugsbulle Papst Eugens III. fehlt (siehe Reg. 459), sich jedoch in der Aussage der Ann. Magdeburgenses, MGH SS 16 188, wonach das Heer der Christen auszog, ut eos aut christiane religioni subderet, aut deo auxiliante omnino deleret, wiederfindet.

Daß Epp. Bernhardi 457 nicht so sehr eigenes Gedankengut Bernhards enthalte, sondern einfach die am Reichstag gefaßten Beschlüsse wiedergebe, wurde nur von Grill, Bernhard von Clairvaux 182 vertreten.

Bernhards Aussagen zu entschärfen hat in einer Reihe von Arbeiten auch Lotter, Konzeption 38, 69 und passim, und zuletzt Lotter, Crusading idea 291f., versucht: Die Formulierung ad delendas penitus, aut certe convertendas nationes illas interpretiert Lotter nicht als die – theologisch und kirchenrechtlich unhaltbare – Alternative „Taufe oder Tod“ für die einzelnen Individuen, sondern meint, daß mit der Vernichtung der natio nur die Zerstörung der Stammesgemeinschaft, also der politischen Organisation und der Traditionen der heidnischen Stämme gemeint sei; auch Lotters These hat kaum Zustimmung erhalten, vgl. die Auflistung von diversen Stellungnahmen bei Kahl, Bereinigung 84f. Anm. 111, und Dinzelbacher, Bernhard von Clairvaux 302.

Ob Bernhard als Verfechter einer gewaltsamen Missionierung zu sehen ist, wie dies in der älteren Literatur und auch noch bei Leclercq, L´attitude 212, geschieht, wurde angesichts der im Text deutlich stärkeren Betonung der „Vernichtung“ schon von Kahl, Compellere intrare 227ff., angezweifelt. Kahl versuchte in dieser Arbeit Bernhards Forderung damit zu erklären, daß dieser die heidnischen Slawen als im 10. Jahrhundert bereits christianisierte, beim Aufstand des Jahres 983 abgefallene Bevölkerung und den Krieg gegen sie als Rachekrieg gegen Apostaten ansah, deren Tötung erlaubt war.

Den meisten Zuspruch hat in der neueren Forschung die (in Abwandlung seiner früheren Auffassung nunmehr auch von Leclercq, Bernhard von Clairvaux 100, vertretene) These gefunden, daß der „Wendenkreuzzug“ in Bernhards Augen ein dem Ziel, die Behinderung des Jerusalemzugs hintanzuhalten, untergeordnetes, primär als militärische Operation konzipiertes Unternehmen war, in dem die Annahme des christlichen Glaubens nur eine – für Bernhard keineswegs im Vordergrund stehende – Alternative zur Vernichtung darstellte, siehe u.a. Gastaldelli, Anmerkungen 1219; Zerbi, Milita Christi 290ff; Miethke, Engagement 494f.; Winkler, Kreuzzugsmotivation 57; Meschini, San Bernardo 157f.

Eine eigene Deutung hat Kahl Bernhards Aufruf gegeben: Bernhard, der aufgrund seiner (auf sibyllinischen Prophezeiungen beruhenden, vgl. den Kommentar zu Reg. 412) Endzeiterwartungen generell die „weltweite Bereinigung der Heidenfrage“ als Ziel des zweiten Kreuzzugs betrachtete, habe in dieser Extremsituation auch die Nichtbeachtung der bestehenden Normen (wie dem Verbot der Zwangsmission) als erlaubt angesehen, um die bei Matthäus angekündigte Predigt des Evangeliums in der gesamten Welt zu gewährleisten und dem Taufbefehl des auferstandenen Christus nachzukommen (Kahl, Kreuzzugseschatologie 298ff.).

Skeptisch aufgenommen wurde Kahls These (allerdings vor dem Erscheinen von dessen letzten Arbeiten) von Miethke, Engagement 487 mit Anm. 20, und Diers, Bernhard von Clairvaux 370f., während Dinzelbacher, Bernhard von Clairvaux 304, sie als Möglichkeit akzeptiert und nur als nicht erweisbar bezeichnet. Daß Bernhards Vorstellungen über die Vorgehensweise gegen die heidnischen Slawen vom sächsischen Klerus überwiegend nicht geteilt wurde, zeigt Kahl, Slawen und Deutsche 225–235.


RI IV,1,2 n. 446, in: Regesta Imperii Online, URI: http://www.regesta-imperii.de/id/1147-03-13_1_0_4_1_2_448_446 (Abgerufen am 01.02.2024).


Konrad III. - RI IV,1,2 n. 489

1147 Juni 29 (oder August 1?) – September

Feldzug gegen die ostelbischen Slaen („Wendenkreuzzug“).

Gemäß dem auf dem Frankfurter Reichstag gefaßten Beschluß, einen Kriegszug zur Bekämpfung der heidnischen ostelbischen Slawen und zu ihrer Christianisierung zu unternehmen (siehe Reg. 446), überschreitet das in zwei Abteilungen geteilte Kreuzfahrerheer die Elbe und dringt in von heidnischen Slawen beherrschtes Gebiet vor.

Auch ein Bruder des Herzogs von Polen beteiligt sich mit angeblich 20.000 Kriegern an dem Unternehmen.

Der nördliche, angeblich 40.000 Mann starke Heeresteil, dem Erzbischof Albero von Bremen, Bischof Thietmar von Verden, Herzog Heinrich von Sachsen, Herzog Konrad von Zähringen, der Bremer Dompropst Hartwig von Stade (Hartwigus princeps prenobilis) und zahlreiche Grafen und Edle angehören, belagert mit Unterstützung dänischer Verbände, die von den kurzzeitig miteinander versöhnten Thronprätendenten Sven und Knut befehligt werden, den vom Abodritenfürsten Niklot kurz zuvor befestigten Ort Dobin.

Die Belagerer erleiden durch einen Ausfall der Belagerten und einen gemeinsam mit den von Rügen zu deren Unterstützung herangesegelten Ranen durchgeführten Überfall auf die dänische Flotte schwere Verluste. Das Heer will dafür Rache nehmen, aber Gefolgsleute (satellites) Herzog Heinrichs, die sich – wie beim anderen Heer solche Markgraf Albrechts von Brandenburg – fragen, ob sie nicht ihr eigenes Land verheeren, ihr eigenes Volk bekämpfen und auf diese Weise ihren eigenen Angelegenheiten – und damit auch denen ihrer Herren – schadeten, beginnen, den Erfolg des Unternehmens zu hintertreiben, so daß die dessen überdrüssigen Kreuzfahrer sich zu einem Abkommen verstehen, das die Annahme des christlichen Glaubens und die Auslieferung der dänischen Gefangenen vorsieht, das von den Slawen (durch Scheintaufen) aber nur mangelhaft eingehalten wird.

– Der andere, angeblich 60.000 Mann zählende Heeresteil, dem u.a. angehören: Erzbischof Friedrich von Magdeburg, die Bischöfe Rudolf von Halberstadt, Werner von Münster, Reinhard von Merseburg, Wigger von Brandenburg, Heinrich (Zdík) von Olmütz und Anselm von Havelberg (der päpstliche Kreuzzugslegat), Abt Wibald von Stablo und Corvey, der hofft, für Corvey (angeblich) von Kaiser Lothar I. verliehene Ländereien auf der Insel Rügen wieder in Besitz nehmen zu können, Markgraf Albrecht von Brandenburg mit seinen Söhnen Otto und Hermann, Markgraf Konrad von Meißen, Pfalzgraf Friedrich von Sachsen (von Sommerschenburg) und Pfalzgraf bei Rhein Hermann von Stahleck, zieht über Havelberg und Malchow, wo eine heidnische Kultstätte zerstört wird, vor Demmin (an der Peene), das (offenbar erfolglos) belagert wird.

Das durchquerte Land wird verwüstet und viele Siedlungen werden niedergebrannt. Als etliche Ritter über die Verteilung des letztlich gar nicht eroberten Landes zu streiten beginnen, womit die einfachen Krieger nicht einverstanden sind, kommt es zu Unruhen und Unordnung im Heer, das schließlich ohne Erreichen seiner Ziele auseinandergeht.

In Stettin (wohin vermutlich ein anderer Teil des Heeres gezogen ist) richten die Einwohner bei der Ankunft der Kreuzfahrer auf den Mauern Kreuze auf und schicken Gesandte mit dem von Bischof Otto von Bamberg eingesetzten Pommernbischof Adalbert zu den Belagerern, fragen sie nach dem Grund ihres Kommens und halten ihnen vor, daß sie, wenn es ihnen um die Sicherung des Christenglaubens gehe, dies nicht mit Waffengewalt, sondern durch die Predigt der Bischöfe ausführen müßten, und daß es den Sachsen in Wirklichkeit weniger um den Glauben gehe, sondern darum, ihnen ihr Land wegzunehmen.

Daraufhin nehmen die sächsischen Bischöfe mit Adalbert und dem Pommernfürsten Ratibor Friedensverhandlungen auf und ziehen nach Entlassung vieler Krieger mit den Fürsten ab.

Überlieferung/Literatur

Ann. Magdeburgenses, MGH SS 16 188f.;

Ann. Palidenses, MGH SS 16 82;

Ann. Rodenses, MGH SS 16 718;

Ann. S. Iacobi Leodiensis, MGH SS 16 641;

Vincentii Pragensis Ann., MGH SS 17 663;

Ann. Bohemorum Vincentii Pragensis, FRB 2 417;

Chronik Petershausen L. V, c. 32 228;

Chron. Montis Sereni, MGH SS 23 147;

Helmold von Bosau, Cron. Slavorum I c. 62–64, MGH SSrerGerm 32 118–122;

Otto von Freising, Gesta Friderici I 47, MGH SSrerGerm 46 65;

Sigeberti Gemblacensis chron. Cont. Gemblacensis, MGH SS 6 392;

Saxo Grammaticus, Gesta Danorum 376f.;

Briefe Wibalds von Stablo an den Konvent von Stablo, Epp. Wibaldi Nr. 58 = MGH Nr. 30, und an Bischof Bernhard von Hildesheim, Epp. Wibaldi Nr. 150 = MGH Nr. 124;

Urkunde Erzbischof Wichmanns von Magdeburg von 1157, UB Magdeburg 1 Nr. 294.

Kommentar

Zum Verlauf des „Wendenkreuzzugs“ vgl. neben Bernhardi, Konrad III. 563–578, u.a.: Brüske, Untersuchungen 107–112; Rüdebusch, Anteil Niedersachsens 11–15; Kahl, Ergebnis 275–316; Skyum-Niels, Kvinde og Slave 139f.; Lotter, Crusading idea 292ff.

– Berechtigte Kritik am Terminus „Wendenkreuzzug“ übt Kahl, Auszujäten 134ff. –

Der Beginn des Vorstoßes ins Slawenland ist unsicher. Die Ann. Magdeburgenses sprechen von circa festum S. Petri, was Bernhardi, Konrad III. 570 als 1. August deutet (Petri Kettenfeier); hingegen meint Schultze, Wendenkreuzzug 62, daß der schon im Sendschreiben Bernhards von Clairvaux (siehe Reg. 446) genannte Termin 29. Juni, also das Fest Peter und Paul gemeint sei. Auch wenn vom Text her eher der ersteren Lösung der Vorzug zu geben ist, erscheint Schultzes Lösung doch plausibler, weil Wibald von Stablo, der an der Belagerung Demmins teilnahm, nach eigener Aussage am 8. September schon wieder in Corvey war und daher ab 1. Au- gust schwerlich eine Zeitlang vor Demmin gelegen und die Strecke dorthin und zurück sowie von der Elbe bis Corvey zurückgelegt haben kann.

– Zur Teilnahme eines polnischen Heeres siehe Myslinski, Sprawa udzialu Polskiej w Niemieckiej 357–376, der (wenig überzeugend) versucht, sie als Aktion zur Verteidigung der Slawen umzudeuten, und Zientara, Stosunki 548f., der sie als Strafexpedition zur Wiederherstellung der 1146 abgeschüttelten polnischen Oberhoheit sieht.

Derwich, Sachsen und Polen 138, bezeichnet das Kriegsziel der Polen als unsicher.

Petersohn, Ostseeraum 343 Anm. 5, weist demgegenüber darauf hin, daß nicht bekannt ist, wo die Polen aktiv wurden, und rechnet eher damit, „daß Polens Teilnahme an dem Kreuzzugsunternehmen dem Anwachsen des sächsischen Einflusses am Odermündungsgebiet vorbeugen sollte“; ebenso lehnt er die von Kahl, Slawen und Deutsche 188, überlegte Absicht einer Teilung Pommerns entlang der Oder ab.

– Die in der älteren Literatur, etwa bei Dvořák, Dějiny Moravy 76, und Bretholz, Geschichte Böhmens und Mährens 249, verzeichnete Teilnahme eines Otto von Mähren mit seinen Brüdern Svatopluk und Vratislav am Kreuzzug ist als Fiktion des 19. Jahrhundert widerlegt, vgl. Wihoda, Patnáct minut slávy.

– Wenn Konrads Schwager, der rheinische Pfalzgraf Hermann von Stahleck, auf Konrads Veranlassung hin an dem Feldzug teilnahm, wie Bünding-Naujoks, Imperium Christianum 103, vermutet, könnte man ihn als den Vertrauensmann des Königs im Heer betrachten.

– Der Ausgang der Belagerung von Demmin ist zwar nirgends überliefert, was aber ebenso wie das negative Urteil Wibalds von Stablo über das ganze Unternehmen (… non efficaciter set tamen obedienter complevimus) für ein Scheitern spricht.

Auffällig ist, daß die Ereignisse vor Stettin nur (und recht einseitig) von Vinzenz von Prag geschildert werden, der dafür die Belagerung Demmins nicht erwähnt.

– Wie die dem Kreuzzugsaufruf Bernhards von Clairvaux und dem Kreuzzugsentschluß auf dem Frankfurter Reichstag zugrundeliegenden Motive (siehe ausführlich im Kommentar zu Reg. 446) sind auch die aus dem Verlauf des Unternehmens zu erschließenden konkreten Ziele seiner Teilnehmer und deren Erreichen oder Nichterreichen seitens der Forschung sehr unterschiedlich bewertet worden. Einigkeit besteht, daß das – bei der Beschlußfassung über den „Wendenkreuzzug“ in Frankfurt und auch im Aufruf Bernhards von Clairvaux freilich auch nicht im Vordergrund stehende (siehe Reg. 446) und erst in der Kreuzzugsbulle Papst Eugens III. (siehe Reg. 459) als Hauptzweck definierte – Ziel der Bekehrung der Slawen nicht erreicht wurde und die wichtigsten militärischen Operationen scheiterten bzw. auf sie verzichtet wurde.

Daß es den sächsischen Adeligen auch gar nicht so sehr um die Bekehrung der Heiden als um Landerwerb und finanziellen Gewinn ging, wurde allerdings schon von den wenig später schreibenden Autoren Helmold von Bosau, Vinzenz von Prag und dem Annalisten von Pöhlde beklagt.

Daß das Unternehmen in dieser Hinsicht kein gänzlicher Mißerfolg war, zeigen die damals eingeleiteten ersten Herrschaftsbildungen deutscher Adeliger im ostelbischen Gebiet, die von Schultze, Wendenkreuzzug passim, und Fritze, Vordringen 81–154, rekonstruiert wurden.

Auch die von Engels, Mission und Friede 213ff., vermutete Strategie der offensiven Grenzverteidigung mit Sicherung der gewohnten Tributhoheit über die heidnischen Nachbarn dürfte aufgegangen sein, wie Gaethke, Heinrich der Löwe 104f., anhand von Nachrichten aus den folgenden Jahren belegen kann.


Daß die Masse des Heeres die eigennützigen Intentionen vieler Herren nicht teilte, hat vor allem Lotter, Konzeption 70ff., aufgrund von Aussagen Helmolds und des Pöhlder Annalisten herausgearbeitet; beide erheben Vorwürfe nur gegen Gefolgsleute der Fürsten, einzig Vinzenz von Prag beschuldigt zwei von diesen, nämlich Markgraf Albrecht und Bischof Anselm von Havelberg, der Verfolgung eigener territorialpolitischer Ziele.

Aufgrund der eigenartigen geographischen Zielrichtung der Operationen, bei denen nach der Besetzung Havelbergs unter Beiseitelassung der heidnischen Gebiete in Brandenburg und dem Havelland mit Demmin und Stettin zwei Orte im teilweise christianisierten Pommern zum Ziel erkoren wurden, wurde Vinzenz´ Aussage u.a. von Bernhardi, Konrad III. 576f.; Schultze, Wendenkreuzzug 111ff.; Kahl, Ergebnis 302f. bzw. 311f. und Kahl, Slawen und Deutsche 186ff.; Schlesinger, Havelberg 31f.; Engel, Eroberung 327, Glauben geschenkt.

Hinsichtlich des Unternehmens gegen Stettin meint Petersohn, Ostseeraum 344ff., allerdings, daß nicht Anselm von Havelberg, dessen Diözesansprengel durch das 1140 von Innocenz II. anerkannte Pommersche Bistum ebenso wie jener Wiggers von Brandenburg verletzt wurde, sondern Erzbischof Friedrich von Magdeburg – dem Claude, Magdeburg 2 62f., keinen wesentlichen Anteil am Wendenkreuzzug zubilligt – „spiritus rector et anima movens“ des Unternehmens war, dem es darum ging, durch eine bewaffnete Intervention die Metropolitanzugehörigkeit der jungen pommerschen Kirche zu Magdeburg sicherzustellen.


Wohl zu Recht verweist Gaethke, Heinrich der Löwe 102f., aber darauf, daß auch Markgraf Albrecht „an einer eindrucksvollen Machtdemonstration an der unteren Oder sehr gelegen sein mußte, half sie doch, seine Ansprüche auf den Peeneraum abzusichern“.

Für den Abbruch der Belagerungen von Dobin und Demmin und somit den Verzicht auf einen vollständigen Sieg über die slawischen Gegner war Gaethke, Heinrich der Löwe 98ff., zufolge die Erkenntnis Herzog Heinrichs und Markgraf Albrechts verantwortlich, daß in Anwesenheit vieler anderer großer Herrschaftsträger (wie des Bremer Erzbischofs, der Dänen etc.), die ebenfalls Herrschaftstitel oder -ansprüche im obodritisch-liutitzisch-pommeranischen Raum vorweisen konnten, das Ziel der unwiderruflichen Einbeziehung dieses Raumes in ihren jeweiligen Machtbereich nicht zu verwirklichen war, und daß unter Umständen die ihren Interessen zuwiderlaufende Ausbildung unabhängiger Herrschaften westelbischer Edelherren, wie sie vereinzelt tatsächlich erfolgt ist, drohte.


RI IV,1,2 n. 489, in: Regesta Imperii Online, URI: http://www.regesta-imperii.de/id/1147-06-29_1_0_4_1_2_491_489 (Abgerufen am 01.02.2024).