Kurs:Die Nisaner – Dresdens Ureinwohner/Judith von Schweinfurt

Judith von Schweinsfurt Herzogin von Böhmen


um 1000 † 2.8.1058


Begraben: Prag

Tochter des Markgrafen Heinrich im bayerischen Nordgau aus dem Hause der BABENBERGER und der Gerberga von Henneberg, Tochter von Graf Otto II. im Grabfeld


Brandenburg Erich: Tafel 32 Seite 65

"Die Nachkommen Karls des Großen."

IX. 76. JUDITH


  • ... , † 1058 2. VIII.

Gemahl:


a) 1021 Bretislav I. Herzog von Böhmen

     † 1055 10. I.

b) Peter König von Ungarn

    † nach 1047/vor 1055

Schwennicke Detlev: Tafel 88

"Europäische Stammtafeln Neue Folge Band I. 1"

JUDITH


   † 2.VIII.1058
 I. oo nach 1021
         BRETISLAV I., 1034 Herzog von Böhmen
                † 10.I.1055
 II. oo IV. 1055
          PETER, 1044/46 König von Ungarn
                 † 30.VIII.1059

Thiele, Andreas: Tafel 111

"Erzählende genealogische Stammtafeln zur europäischen Geschichte Band I, Teilband 1"

JUDITH


   † 1058

Sie wurde von ihrem Mann, dem sie verwehrt werden sollte, entführt.

 oo 1029
      BRETISLAV I., Herzog von Böhmen-Mähren
             † 1055

GENEALOGISCHE TAFELN ZUR MITTELEUROPÄISCHEN GESCHICHTE


Wegener Dr. Wilhelm: Seite 78

27. Judith


Gattin (1029) [oder 1021?] des Herzogs Bretislaw I. von Böhmen [Anmerkung des Herausgebers: Tyroller hat hier "Mähren" geschrieben, was ein Irrtum ist. Bretislaw war der Sohn des Herzogs Udalrich von Böhmen und sein Titel dux schreibt sich von da her. Im übrigen hat er in der Tat um oder kurz vor 1021 Mähren von polnischer Herrschaft für die PREMYSLIDEN zurückerobert (Cosmas I 40 ed. Bretholz 75), wogegen dieses Ereignis früher in das Jahr 1029 gesetzt wurde (dazu W. Wegener, Böhmen, Mähren und das Reich, 1959, 185). Da die Ehe mit Judith unmittelbar nach dieser Eroberung anzusetzen ist, ist die Angabe des Cosmas (ebenda), die Heirat sei 1021 erfolgt, nicht ganz unwahrscheinlich. Es ist nicht klar erkennbar, ob Bretislaw Mähren ab 1021 als böhmischer Unterfürstentum in Abhängigkeit vom Herzog in Prag, seinem Vater, oder vielleicht ursprünglich als Lehen des deutschen Königs oder als unabhängigen Eigenbesitz innehatte. Gegen das Letztere spricht, dass er niemals als Herzog von Mähren bezeichnet wird, wie Tyroller meint. Als Bretislaw I. war er Herzog von Böhmen 1034-1055 († 10.I.1055). Vgl. Lieferung 1 dieser Tafeln. Übrigens hatte Tyroller in der Tafel 3 für die Ehe der Judith die Jahreszahl 1035, was ganz unmöglich ist, weil ihr ältester Sohn Spitihnew 1031, geboren wurde (Cosmas I. 41 ed. Breitholz 77), was vielleicht für das Heiratsdatum 1029 sprechen könnte. Ich habe diese Jahreszahl in der Tafel stillschweigend berichtigt.], vgl. Breßlau, Jahrb. Konrads II. 1, 278 nach dem Bericht Cosmas I 40 [† 2.8.1058 (Cosmas II 17 ed Bretholz 108) Ergänzung vom Herausgeber].

Judith wurde von ihrem Mann, dem sie wegen seiner illegitimen Geburt verwehrt werden sollte, aus dem Kloster entführt. Nach dem Tode ihres Gatten leitete ihr Sohn Spitignev eine tschechisch-nationale Reaktion gegen die Deutschen in Böhmen ein, die sich auch gegen Judith richtete.

Palacky Franz: Seite 273-274,292-294

"Geschichte von Böhmen 1842"

1029 Als Kaiser KONRAD im Mai des folgenden Jahres zu Thüringen, nördlich von Würzburg verweilte, um dort mit seinem aufrührerischen Stief-Sohn einen Vertrag zu schließen, scheint auch der neue Herzog von Mähren sich bei ihm eingefunden und seine Zustimmung zu der neuen Würde erworben zu haben. Der Weg dahin und zurück führte ihn aber durch Schweinfurt, die alte Residenz der ostfränkischen Markgrafen. Hier sah er Judith (Jutta), Schwester Ottos von Schweinfurt, die schönste Fürsten-Tochter seiner Zeit, und schwor, von heftiger Liebe befangen, sie müsse sein werden, sollte er darüber untergehen. Auch war er schön, tapfer und liebenswürdig, war Herr und Erbe zweier schöner Länder, und durfte wohl hoffen, sowohl die Neigung der Braut, als die Zustimmung ihrer Verwandten zu gewinnen: allein er wollte sein Glück durch Bitten und Werben nicht erst aufs Spiel setzen, und zog es vor, es durch eine kühne Tat selbst zu erringen [82 Cosmas I. c. p. 82. Wohl mochte auch der Umstand, daß er Bozenas Sohn war, ihm bei dem ahnenstolzen Otto nicht zur Empfehlung dienen. - Die zerhauene Torkette wurde noch lange nach Bretislavs Tod gezeigt, und die ungeheuere Kraft seines Armes, wohl auch die Güte seines Schwertes, bewundert.]. An einem Festtage, Abends, schlich er mit seinen Gefährten unerkannt in das Kloster, wo Judith erzogen wurde, ergriff die eben aus der Kirche Tretende und trug sie in seinen Armen fort. Da man im ersten Lärm gleich das Tor geschlossen und eine starke eiserne Kette vorgezogen hatte, um ihm den Ausgang zu wehren, hieb er mit seinem Schwert diese entzwei, bahnte sich denWeg hinaus, und floh auf schnellem Rosse mit seiner schönen Beute von dannen. Einige seiner Gefährten die sich verspätet hatten, verfielen der Wut der Einwohner und wurden schwer verstümmelt. Er aber eilte mit seiner Braut, nachdem er den Vater in Prag begrüßt hatte, nach Olmütz in Mähren, wo er noch vor Ende Juni ihr als Herzogin des Landes huldigen ließ. 1055 Mit letzterem Lob zwar könnte man kaum einverstanden sein, wenn die alte Aussage Grund hätte, daß er schon am ersten Tag seiner Regierung einen Befehl an alle Deutschen im Lande erlassen, dasselbe binnen drei Tagen zu verlassen; und wenn es wahr wäre, daß er selbst seine Mutter nicht ausgenommen und sie aus bloßen Nationalhaß zur Auswanderung gezwungen habe. Seine Mutter aber begab sich gleich Anfangs selbst zu Wratislaw nach Olmütz; denn da drei ihrer jüngsten Söhne in Mähren lebten, so war es wohl natürlich, daß sie in der Letzteren Nähe zu wohnen vorzog. 1056 Wratislaw erwartete ihn nicht, sondern floh mit der Mutter nach Ungarn zum König Andreas; es bleiben nur dessen junge Gemahlin und die zwei Brüder in Mähren, welche Spitihnew mit nach Böhmen abführte.

Wolfram Herwig: Seite 244

"Kaiser Konrad II. Kaiser dreier Reiche."

Zum ersten Mal hätte der böhmische Udalrich dem Kaiser 1029 im Kampf gegen Mieszko II. zu Diensten sein können. Aber wie die Liutizen, so blieben auch die böhmischen Truppen dem Kriegsschauplatz fern; dafür nützte der Udalrich-Sohn Bretislav die Bedrängnis der Polen und setzte sich unter großen Verlusten für den Gegner in den Besitz Mährens. Um seine Eroberungen abzurunden, raubte er die «wunderschöne» Judith von Schweinfurt, Tochter des Markgrafen Heinrich und Schwester Ottos. Unter einem Vorwand ritt der Böhme mit seinem Gefolge bis zum Kloster Schweinfurt, wo er das Mädchen in seine Gewalt brachte, viele seiner Leute aber dabei verlor. Bretislav heiratete Judith. Mit dieser Verbindung zeigte der «uneheliche» Sohn seines Vaters, daß er «dazu" gehörte [95 Cosmas; Chronica Boemorum I 40. Bresslau, Jahrbücher I, 278f. Vgl. Lübke, Regesten 3, n. 356, und 4, n. 623. ]. Allerdings kam es nicht so weit: Auf Vermittlung des Eremiten Gunther, Giselas sowie ungenannter Fürsten und Würdenträger erhielt Udalrich auf dem Hoftag in Regensburg zu Ostern 1034 wieder die königliche Huld, starb aber bereits am 9. November 1034. Der andere Thronanwärter, Bretislavs Onkel Jaromir, der vom verstorbenen Bruder geblendet und eingekerkert worden war, verzichtete auf die Herrschaft. Der mit den SCHWEINFURTERN, den alten Gegnern HEINRICHS II., wenn auch etwas gewalttätig verschwägerte Bretislav «suchte sofort die Anerkennung des Kaisers und fand sie gegen Zusicherung der Heerfolge gegen die Liutizen.

Lechner Karl: Seite 69,79

"Die Babenberger. Markgrafen und Herzoge von Österreich 976-1246"

Glücklicher war der Kaiser in seinen Kämpfen gegen den Böhmen-Herzog Udalrich, dem nach seinem Tod († 1033) auf ein Jahr sein älterer, gemeinsam belehnter Bruder Jaromir folgte, und gegen Udalrichs Sohn Bretislaw I., seit 1028 Fürst von Mähren, seit 1034 Herzog von Böhmen. Dieser war vermählt mit Judith, einer Tochter des Grafen Heinrich von Schweinfurt aus der älteren babenbergischen Linie, die er aus Schweinfurt entführt hatte. Ihr Bruder Otto aber hatte Mathilde, die Tochter Boleslaws Chrobry von Polen, eine Halb-Schwester Mieszkos II. zur Frau. Wir sehen das Zusammenrücken der slawischen Staaten durch eheliche Verbindungen, aber auch eine Annäherung zu angrenzenden deutschen Hoheitsbereichen. Später wird dies auch für die Donaumark gelten. Ein dauernder Erfolg blieb dem Kaiser auch gegen Böhmen versagt. Erst unter seinem Sohn HEINRICH III. wurde die Thayagrenze erreicht. Die Jahre 1055/56 haben noch in anderer Beziehung Veränderungen gebracht. Zunächst starb Herzog Bretislaw von Böhmen, der sich als treuer Vasall des Reiches, besonders auch im Kampf gegen die Ungarn erwiesen hatte. Sein ältester Sohn Spitignev leitete eine tschechisch-nationale Reaktion gegen die Deutschen in Böhmen ein, die sich auch gegen seine Mutter Judith richtete. Die Gefahr war umso größer, als Spitignevs Bruder Wratislaw eine Tochter des Ungarn-Königs Andreas geheiratet hatte.




    1021
 1. oo Bretislav I. Herzog von Böhmen
          um 1005 † 10.1.1055
    April 1055
 2. oo 2. Peter I. König von Ungarn 
                 1011 † 30.8.1059



Kinder:

 Spitignev II.
 1031 † 28.1.1061
 Jaromir Bischof von Prag (1068-1089)
        † 26.6.1090
 Konrad I. Herzog von Böhmen
       † 6.9.1092
 Vratislav II.
 um 1035 † 14.1.1092
 Otto I. der Schöne Herzog zu Olmütz
       † 9.6.1087




Literatur:


Böhmenchronik des Cosmas von Prag mit zwei Fortsetzungen - Brandenburg Erich: Die Nachkommen Karls des Großen. Verlag Degener & Co Neustadt an der Aisch 1998 Tafel 32 Seite 65 - Bresslau, Harry: Jahrbücher des Deutschen Reiches unter Konrad II. Verlag von Duncker & Humblot Leipzig 1879 Band I Seite 267,278/Band II Seite 149 - Lechner Karl: Die Babenberger. Markgrafen und Herzoge von Österreich 976-1246, Böhlau Verlag Wien-Köln-Weimar 1992, Seite 69,79 - Palacky Franz: Geschichte von Böhmen 1842 Seite 273-274,292-294 - Schwennicke Detlev: Europäische Stammtafeln Neue Folge Band I. 1, Vittorio Klostermann GmbH Frankfurt am Main 1998 Tafel 88 - Steindorff, Ernst: Jahrbücher des Deutschen Reiches unter Heinrich III. 1. und 2. Band, Wissenschaftliche Buchgesellschaft Darmstadt 1963 Band I Seite 112/Band II Seite 36 N. 10,289,347,494 - Thiele, Andreas: Erzählende genealogische Stammtafeln zur europäischen Geschichte Band I, Teilband 1, R. G. Fischer Verlag Frankfurt/Main 1993 Tafel 111 - Wegener, Wilhelm Dr. jur.: Genealogische Tafeln zur mitteleuropäischen Geschichte, Heinz Reise-Verlag Göttingen 1962-1969 Seite 78 - Wolfram Herwig: Kaiser Konrad II. Kaiser dreier Reiche. Verlag C.H. Beck München 2000 Seite 244 -

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Böhmenchronik des Cosmas von Prag mit zwei Fortsetzungen

Das erste Buch

Kapitel 40.


Mittlerweile erreichte Bracizlaus, der Sohn des Herzogs, das Jünglingsalter und schritt von Tugend zu Tugend. Mehr als Anderen war ihm Glück in seinen Unternehmungen, Ansehnlichkeit des Körpers, Schönheit der Gesichtsbildung, Größe an Kraft und Weisheit, im Unglück Muth und im Glück Mäßigung und Bescheidenheit eigen. Damals lebte in Deutschland ein sehr mächtiger Graf, Otto, mit dem Beinamen der Weiße, welcher aus dem königlichem Geblüte seiner Heimath entstammte. Dieser hatte eine einzige Tochter, Judita genannt; ihr war an Schönheit nirgends, so weit die Sonne uns leuchtet, ein Mädchen vergleichbar. Von ihren Eltern war sie zur Erlernung des Psalmengesanges in das durch Mauern und Lage sehr feste Kloster Zuinprod gegeben. Aber welche Thürme, wenn auch noch so hoch, und welche Mauern, wenn auch noch so fest, können der Liebe Widerstand leisten und einen Liebenden abhalten?

Alles besieget die Lieb', ihr beugt sich der König, der Herzog,

Als nun Bracizlaus, der schönste der Jünglinge, der tapferste der Helden, von Vielen die außerordentliche Schönheit der genannten Jungfrau, wie die Trefflichkeit und den Adel ihrer Verwandtschaft rühmen hörte, dachte er an nichts Anderes mehr und überlegte bei sich, ob er sie gewaltsam entführen oder um sie freien sollte. Er wollte aber lieber entschlossen zu Werk gehen als bitten und sich verbeugen, da er den angebornen Stolz der Deutschen kannte und wußte, wie sie beständig voll Hochmuth die Slaven und ihre Sprache verachten. Je schwieriger aber die Befriedigung der Liebe wird, um so mehr feuert der Sohn der Venus die Liebenden an. Der Geist des Jünglings, einmal von Begierde entzündet, wogt hin und her, gleich den Flammen des Aetna, und er spricht zu sich selber: "Entweder werde ich eine ausgezeichnete Gemahlin haben, oder mit unauslöschlichem Hohn überschüttet werden. Es wird aber kaum sein können, daß Judita nicht die meine wird, die Tochter edler Eltern, die schöne, liebenswürdige Jungfrau, herrlicher als das Sonnenlicht, die mir lieber ist als mein Leben, welche leben möge zum immerwährenden Lobe Gottes". Und sofort giebt er von seinen Leuten denjenigen, welche er als die entschlossensten und treuesten kannte, Befehl, verläßige und ausdauernde Pferde bereit zu machen, indem er sich stellte, als wollte er schnell zum Kaiser reiten und noch schneller zurückkehren. Die Mannen vollziehen den Befehl ohne zu wissen was ihr Herr im Schilde führt; sie wundern sich im Stillen, daß sie so schnell reiten, und kommen nach einer Reise von ungefähr sieben Tagen als Gäste vor die Pforte des genannten Klosters. Der Herzogs-Sohn hatte ihnen aber untersagt, irgend Jemand merken zu lassen, wer, oder woher er wäre, sie sollten ihn vielmehr wie einen ihresgleichen behandeln. Nicht rühme sich der Ithaker, daß er den Sohn der Thetis durch seine Schlauheit ausgespürt, nicht der Hirte von Ilium, daß er die Tyndaridin aus Amyklä geraubt, da dieser junge Bracizlaus durch die Kühnheit und Größe seines Unternehmens beide übertrifft. Denn nachdem ihnen die Erlaubniß zu übernachten gegeben war, machte es Bracizlaus wie ein Wolf, wenn er den Schafstall umschleicht, und sucht wo er einbrechen könnte, um ein glänzendes Lämmlein zu rauben, und durchspähte mit scharfem Blick und gespannter Aufmerksamkeit das Kloster, wollte mit Gewalt einbrechen, wagte es aber doch nicht, weil er dazu nicht die hinreichende Anzahl Leute hatte. Zum Glück war gerade dem Festtag und sieh, Judita, die so heiß ersehnte Jungfrau, verläßt mit ihren Altersgenossinnen das Kloster, um nach dem Brauch der zarten Jungfrauen die Vesperglocken in Mitte der Kirche zu läuten. Bei ihrem Anblick kommt der kühne Räuber vor Freuden außer sich, und wie ein Wolf, der aus seinem Versteck hervorbrechend ein Lamm raubt und, der That sich bewußt, mit gesenktem Schweife davon eilt und sich ein entfernteres Versteck aufsucht, so raubt auch er die Jungfrau und entflieht mit ihr. Als er an das Thor kam, fand er dasselbe durch eine eiserne Kette die dicker als ein Mühlstrick war, versperrt, und so den Ausgang gehindert; sofort riß er sein Schwert heraus und hieb dieselbe wie einen Halm entzwei, wie es noch heute gezeigt wird zum Zeichen des kräftigen Hiebes. Da aber seine übrigen Gefährten nicht darum wußten und noch in ihren Zelten verweilten, so wurden sie von den herbeieilenden Feinden ergriffen, einigen die Augen ausgestochen und die Nasen abgeschnitten, andere an Händen und Füßen verstümmelt, während der Herzog mit nur Wenigen und der geraubten Jungfrau in der finsteren Nacht entkam. Judita wurde aber geraubt im Jahre der göttlichen Menschwerdung 1021. Damit aber die Deutschen keinen Grund hätten, sich über die Boehmen wegen des ihnen zugefügten Unrechts zu beklagen, begab er sich, nachdem er seinen Vater, Herzog Oudalrich begrüßt, geraden Weges nach Mähren. Sein Vater hatte ihm nämlich jenes ganze Land übergeben, nachdem die Polen aus allen Städten vertrieben waren, deren er viele gefangen genommen und, je hundert mit Ketten gefesselt, nach Ungarn und weiter hatte verkaufen lassen. Nach dem Tode Bolezlaus II. hatten nämlich die Polen, wie die Stadt Prag, so auch ganz Mähren gewaltsam an sich gerissen.

Im Jahre der göttlichen Menschwerdung 1022 wurden in  Polen die Christen verfolgt.

Im Jahre der göttlichen Menschwerdung 1023, am 8. August, verließ Occard, der vierte Bischof der Prager Kirche, diese Welt, um ein ewiges Leben zu leben. Es war aber dieser Bischof gegen Mächtige unbeugsam, gegen Niedrige freundlich, gütig und sanftmüthig, ein beredter Prediger, ein Geber reichlicher Almosen und ein treuer Vertheiler des göttlichen Weizens unter die Familie des Herrn. Derselbe hat bestimmt, daß ein Jeder, gleichviel ob mächtig, reich oder arm, von jedem Acker seines Lehen- oder Freigutes dem Bischof als Zehnt zwei Gemäße von fünf Spannen und zwei Fingerbreiten, und zwar eines mit Weizen, das andere mit Hafer gefüllt entrichten sollte. Früher gab man nämlich, wie es unter dem ersten Bischof Dethmar festgesetzt war, zwei Haufen von der Ernte als Zehent, den Haufen zu fünfzig Garben gerechnet. Nach seinem Tode erlangte Izo die Bischofswürde und wurde im selben Jahre am 29. December von dem Erzbischof von Mainz geweiht.

Das zweite Buch.

Hier beginnt das zweite Buch.

Kapitel 1.

Nachdem sich also Herzog Bracizlaus auf dem väterlichen Throne befestigt hatte, folgte er in Gott und den Menschen wohlgefälligen Thaten den Spuren seiner Väter, welche er durch seine erhabene Tugenden noch übertraf; und wie die Sonne in ihrer Kraft das Licht des Mondes und der Sterne überstrahlt und abschwächt, so verkleinerte und verdunkelte Bracizlaus, der neue Achilles, der neue Sohn des Tydeus, durch neue Triumphe die Großthaten und die herrlichsten Siege seiner Vorvordern. Denn Gott hatte ihm solche Gnade gegeben, daß er ihm die Tugenden, welche er einzelnen Menschen verleiht, jederzeit alle zusammen gewährte. Er besaß nämlich einen solchen Inbegriff aller Tugenden, daß er im Kriege den Gedeon an Tapferkeit, an Körperkräften den Samson, an Weisheit durch eine ganz besondere Begabung den Salomon übertraf. Daher kam es, daß er in allen Schlachten, wie Josua, Sieger blieb, an Gold und Silber mehr besaß, als die Könige Arabiens; und da er Überfluß hatte an unerschöpftem Reichthum, und in Ertheilung von Geschenken nicht nachließ,

Ähnlich dem Wasser erschien, das nimmer versieget im Strome.

Seine Gemahlin Judita aus sehr edlem Geschlechte, die Mutter vieler Kinder, gebar ihm fünf Söhne, ansehnlich von Körper, alle die Anderen überragend gleich den Bergen von Ehematia, ausgezeichnet durch Weisheit, an Tugend Niemanden zu vergleichen, wohlgefällig durch ihr Betragen, versöhnlich gegen Fehlende, in jeglicher Tugend und Ehrbarkeit lobenswerth. Der erstgeborene hieß Spitignew, der zweite Wratizlaus, der dritte Conrad, der vierte Jaromir, und der fünfte, der jüngste und schönste, Otto. Über ihr ruhmreiches Leben wird an geeigneten Stellen, wie sich die Worte darbieten, hinreichend berichtet werden. Ihr Vater freute sich sehr, als er sah, wie sie, noch in den Knabenjahren, sich schon durch männliches Streben hervorthaten:

Sehend die treffliche Zier, und die edle Gesellschaft der Brüder.

Und nicht mindere Luft erfüllte die Seele der Mutter  über das so herrliche Gedeihen und den Ruhm der Söhne.


Kapitel 17.


Im Jahre der göttlichen Menschwerdung 1058, am 2. August, starb Herzogin Judith, die Wittwe des Bracizlaus. Weil sie von ihrem Sohne Spitignev aus dem Lande vertrieben war und diesen Schimpf nicht auf andere Weise an ihm rächen konnte, hatte sie sich zu seiner und aller Böhmen Schande mit König Peter von Ungarn vermählt. Später wurde ihr Leib von ihrem Sohne Wratizlaus nach Prag übertragen und in der Kirche der heiligen Martirer Vitus, Wencezlaus und Adalbert neben ihrem Gemahl ehrenvoll bestattet.

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