Kurs:Die Nisaner – Dresdens Ureinwohner/Kapelle

Kapelle kommt von lateinisch cappa ‚Mantel‘; Diminutiv capella. Damit wurde ursprünglich der Ort bezeichnet, an dem im 7. Jahrhundert die Mantelhälfte des heiligen Martin von Tours in Paris als Reichsreliquie[1] sowie der Heilige selbst von den Merowingern verehrt wurde. Die Capella, der Name für den kleinen – abgeschlossenen – Raum, war schon im Althochdeutschen als Kapella gebräuchlich.[2] Die Gruppe von Klerikern, die in dieser Kapelle den Chordienst und die Stundengebete besorgte, wurden als Capellani (Kaplane) bezeichnet.



Auf einer Missionsreise starb Martin in Candes. Weil man dort den Leichnam des berühmt Gewordenen nicht herausgeben wollte, kamen Mönche aus Tours, entführten ihn bei Nacht und brachten ihn auf der Loire nach Tours, wo er drei Tage später beigesetzt wurde - daher der Gedenktag. Auf der 40 Kilometer langen Strecke sollen in dieser Nacht die Ufer zu neuem Leben erwacht sein, ein Meer weißer Blüten habe den Fluss gesäumt. Zur Beisetzung strömten Tausende von Mönchen und Jungfrauen und eine riesige Menschenmenge. Sein Schüler und Nachfolger als Bischof, Brictius, errichtete über Martins Grab eine Kapelle, die ein viel besuchtes Ziel von Pilgern und fränkisches Nationalheiligtum wurde. Perpetuus von Tours nahm Martin in den Festkalender des Bistums auf und errichtete eine neue, Martin geweihte Basilika mit Klosterzellen, aus denen das Kloster St-Martin wuchs. Dies wurde zum von vielen Pilgern besuchten französischen Nationalheiligtum.

Das Patrozinium breitete sich nun rasch in der Gegend aus. Ab dem Beginn des 6. Jahrhunderts gab es immer mehr Martin geweihte Kirchen in Italien - so in Rom unter Papst Symmachus oder auf dem Montecassino unter Benedikt; besonders die Benediktiner förderten Martins Verehrung. Martinskirchen gab es in Ravenna nach 540, dann auch in Spanien. Auch Städte und Burgen wurden nach Martin benannt. Suebenkönig Chararich - durch Martin von Braga von der Richtigkeit der katholischen Lehre überzeugt - erhielt Martinsreliquien für Braga. Allein in Frankreich tragen heute 237 Städte und Dörfer und etwa 3600 Kirchen Martins Namen. 1993 ernannte die französische Bischofskonferenz Martin zum Patron der Polizisten.

König Chlodwig I. erklärte Martin zum Schutzherrn der fränkischen Könige und ihres Volkes. Martins Mantel galt als fränkische Reichsreliquie, er wurde seit 679 im Königspalast in Paris aufbewahrt und auf allen Feldzügen mitgeführt. Wohl unter Pippin dem Mittleren kam diese cappa in die Obhut der Karolinger, die die Martinsverehrung belebten und nach Friesland und in die rechtsrheinischen Gebiete verbreiteten. Die Reliquien wurden größtenteils im 16. Jahrhundert von Hugenotten zerstört, Reste sind in der 1902 neu erbauten Martinskirche in Tours, die die alte, fünfschiffige Basilika ersetzt; von der alten Kultstätte sind nach deren Zerstörung in der Französischen Revolution nur noch der Uhrturm und der von Karl dem Großen erbaute Turm übrig geblieben. Im 18. und 19. Jahrhundert war das Wirken von Martin fast völlig in Vergessenheit geraten.

Auf die in Paris aufbewahrte Mantelreliquie von Martin, die cappa, wird sowohl die Bezeichnung Kapelle für eine Palastkirche schon der Merowinger und dann auch Karls des Großen als auch die der dort amtierenden Geistlichen als Kapellani zurückgeführt.

https://www.heiligenlexikon.de/BiographienM/Martin_von_Tours.htm




Die Reliquie selbst taucht dann auch erst 682 unter Theuderich III. als cappa domni Martini auf, über der Schwüre geleistet werden. 709 hatte der Hausmeier Grimoald der Jüngere Verfügungsgewalt über die Reliquie und nutzte sie als Feldzeichen in Feldzügen, aber vielleicht hatte schon sein Vater Pippin der Mittlere sie für die Karolinger in Besitz genommen.

Verwalter der Reliquie unter karolingischer Herrschaft waren wohl die Laienäbte von Tours, darunter so illustre Namen wie Vivian von Tours und Robert der Tapfere. Nach der Zerstörung der Abtei von Tours kam die Reliquie wahrscheinlich über Cormery nach St. Denis. Wobei aber anzumerken ist das im Hochmittelalter jeder zweitklassige Graf in Frankreich ein Martinsbanner besessen zu haben scheint und es nicht wirklich feststellbar ist wer denn nun das Original besaß…

Letztendlich durch Robert gelangte die Cappa in den Besitz der Kapetinger und wurde somit Teil des französischen Kronschatzes. Eine Theorie zur Namensgebung der Kapetinger leitet den Namen der Kapetinger übrigens von der Mantelreliquie , der Cappa, ab.

Nun ist ein wenig Licht auf den Weg der Reliquie geworfen. Fragt sich nun woher die Reliquie kam die bei Theuderich auftauchte. Hier hilft mal wieder das Reallexikon der Germanischen Altertumskunde weiter. Und mehr noch!

Demnach hatte Dagobert I. 629/39 die Grablege Martins restaurieren lassen und sich wohl auch Reliquien einverleibt. Demnach ist die Cappa aber nicht der Mantel, die römische Chlamys, des Soldaten Martinus (Warum hätte auch ein Bischof damit bestattet werden sollen?) , sonder die palla sepulchri, das Grab- oder Sargtuch!!! Und jetzt wird es richtig interessant, wie ich finde.

Auch wenn man unter Grabtuch vielleicht sofort an das Grabtuch von Turin denken muss, kennen wir doch tatsächlich einige solcher Tücher die zu Verehrungszwecken Gräbern entnommen wurden. Eines der bekanntesten dürfte der Quadrigastoff sein, der aus dem Grab Karls des Großen stammen soll. Aber auch gerade aus unzähligen Bischofsgräbern kennt man solche Stoffe.

Und Martin von Tours war Bischof – und was für einer. Einer der der sich schon mal in Trier mit Kaiser Magnus Maximus anlegte. Er hatte also durchaus Einfluss und Zugang zu höchsten Kreisen. Selbst wenn er eher als Asket bekannt ist, so dürften es sich doch seine Anhänger, sein Bistum und Andere sich bei der Bestattung nicht zurückgenommen haben. (Schließlich konnte er sich nicht mehr wehren)

Schaut man sich etwa das Spätantike Grab 279 aus St. Maximin in Trier an (4./5. Jahrhundert) So findet man hier gemusterte Seidengewebe (Tunika) und feine Schleiergewebe (Grabtuch). Denkbar ist auch das der eigentlich Sarg Martins noch einmal mit einem Tuch bedeckt war, ähnlich einer Tischdecke. So oder so, sollte es sich dabei nicht um ein schnödes Tuch gehandelt haben. Es war wohl schon etwas aufwendiger, womöglich ein Seidengwebe wie ein gemusterter Damast (Sponsored by Kaisers?).

Natürlich wäre es möglich das die Schwüre die über der Cappa , einem einfachen, von Leichflüssigkeit verflecktem Leinenlappen in Leinwandbindung geleistet wurden. Ein aufwändiges Tuch würde aber mehr Eindruck hinterlassen. Auch wäre ein solches Tuch wohl eher als Vexillum S. Martini geeignet, als welches es beschrieben wird wenn es im Feld mitgeführt wird.

Nun ergibt sich für mich die nächste Frage: Was haben wir uns unter dem Vexillum S. Martini vorzustellen?

Zunächst Einmal bezeichnet ein Vexillum ein Feldzeichen der römischen Armee, ein rechteckiges, oder quadratisches Stück Stoff, welches an einem Querbalken hängt und an einer Stange befestigt ist. Davon hat übrigens exakt Eines(!) die Jahrhunderte überdauert und befindet sich heute im Puschkin Museum in Moskau1

Aber nicht zwingend muss unter den Franken das auch noch genauso ausgesehen haben. Viele lateinische Worte hatten bereits ihre Bedeutung verändert oder wurden pars pro toto verwendet. So könnte es grundsätzlich jegliche Arte von Flagge, Banner oder Wimpel bezeichnen können. Aber eine Abbildung eines Vixillum des 11. Jahrhunderts kennen wir gut. Das päpstliche Banner auf dem Mast der Mora, dem Flaggschiff Wilhelm des Eroberers. Ein quadratisches Stück Stoff mit blauem Rand und goldenem, rot gerahmten Kreuz, so aufgehängt das es jeder erkennen kann. Eben wie ein römisches Feldzeichen. Aber im Gegensatz dazu steht die Abbildung des päpstlichen vexillums auf dem Tricliniumsmosaik im Lateran. Hier wird das vexillum als „einfache“ Fahne dargestellt. Also doch: pars pro toto. Wir können am Namen nicht erkennen wie es tatsächlich aussah.


Nun tendiere ich aber persönlich tatsächlich dazu das das Vexillum S. Martini, da es von jedem erkannt werden sollte und auch entsprechend kostbar war, ebenso in die Schlacht getragen wurde: gut erkennbar über den Köpfen aller, ohne es dabei großartig hin und her zu schwenken, wie es etwa für eine Fahne notwendig wäre um sie erkenntlich zu machen. Eben als Banner oder Standarte. Wobei ich denke das die eigentliche cappa hierbei auf einen Trägerstoff appliziert war.

Dies würde auch der Handhabe von heutigen Kirchenbannern entsprechen, von denen ich in meiner Laufbahn als Ministrant einige bei Prozessionen schleppen durfte.

Zusätzliches Gedankenspiel: Gedanklich ratterte es in mir , aber um dies fix zu machen fehlen zu viele Hintergründe und zu viel Theorie steckt hier drin. Daher gesondert als Denkanstoß oder Gedankenspiel.

Bei der Frage nach dem Aussehen des Vexillums stellte ich mir die Frage wie den nun der Stab, oder eher die Lanze aussah an dem das Vexillum hing.

Dabei musste ich an Oriflamme, Montjoie und die heilige Lanze denken.2

Nun werden sowohl Oriflamme, als auch Montjoie als Banner Karls des Großen beschrieben, jedoch ohne dafür einen Beweis zu haben. Grundsätzlich beginnt das alles erst mit dem Rolandslied aus dem 11./12. Jahrhundert. Einzig zeitgenössisch in den Quellen für Franken und frühe Karolinger ist das Vexillum S. Martini. Und über das wissen wir auch nicht viel. Eine angeblich graublau Färbung rührt nur aus dem Umstand das man in irgendeiner Weise die blaue Grundfarbe der Flagge der französischen Könige begründen wollte.

Was spräche also dagegen das Oriflamme, Montjoie und das vexillum S. Martini (Chape de Saint Martin) ein und das Selbe sind? Vielleicht sind ja die angeblichen gelben Aplikationen auf der Oriflamme die wiederverwendeten Muster eines Damastgewebes aus des Vixillum?

Und war es nicht Heinrich I. der die Heilige Lanze einst von dem Welfen Rudolph von Burgund erworben hatte? War nicht Hugo Abbas, Abt von St. Martin in Tours , ebenfalls Welfe? War die Heilige Lanze vielleicht die Fahnenstange zum vexillum s martini?

Ok, ich gebs zu. Das ist jetzt super holprig und eher eine Spinnerei die in eine der History Channel Dokus auf Phoenix oder sonst wo gehört.

Aber im Prinip finde ich den Gedanken dennoch interessant. Da die Flügellanzenspitze der heiligen Lanze niemals zum Kämpfen genutzt wurde könnte sie ursprünglich als Spitze eines Banners genutzt worden sein. Aber dazu Wiener Heiligen Lanze gibts dann auch den nächsten Post.


http://www.tribur.de/blog/2017/02/16/vexillum-sancti-martini-das-banner-der-franken/


Sankt Martin ist der erste Heilige, der nicht als Märtyrer für seinen Glauben starb, sondern der von der Kirche wegen seiner Güte und Nächstenliebe verehrt wird. 1934 schenkte der damalige Kölner Kardinal Schulte der Wevelinghovener St. Martinus-Gemeinde eine Reliquie des Heiligen, jetzt wurde der neue Reliquienschrein in Verbindung mit den Feierlichkeiten anlässlich Pfarrer Gerhard Kullmanns 25-jährigen Ortsjubiläum in einer Festandacht eingeweiht.


"Bislang stand die Reliquie zur Sicherheit das ganze Jahr im Keller und wurde nur einmal jährlich für einen Gottesdienst in die Kirche gebracht", so Pfarrer Kullmann. Werner Salgert und Günter Wichmann zimmerten aus alten Kniebänken einen Schrein, geschmückt wird dieser mit Emaille-Platten des namhaften Kölner Künstlers Egino Weinert. "Zwei Platten sind schon fertig, auf die restlichen müssen wir noch ein wenig warten", erklärte Kullmann.

Sechs bildhafte Darstellungen aus dem Leben des Bischofs sollen schlussendlich den Schrein umrahmen: "Wie eine kleine Kirche", wünscht sich Pfarrer Kullmann. In der Festandacht betonte er: "Martinus ist ein Auftrag, wir sollen miteinander teilen und Gottes Liebe weitergeben. Die Reliquie mag uns dabei helfen." Am 11. November 397 wurde Sankt Martin in der Kathedrale von Tours beerdigt, unter Napoleon wurde das Gotteshaus dann im 19. Jahrhundert zerstört.

"Wir wissen, dass ein Mann zuvor noch Reliquien aus dem Grab des Heiligen Martin rettete und in Sicherheit brachte", erklärt Kullmann. "Später wurde eine neue Kathedrale gebaut und die Überreste von Sankt Martin wurden dorthin gebracht." Ein Knochensplitter aus dem Grab in Frankreich fand um 1860 herum den Weg ins Rheinland. "Kardinal Schulte bezeugt in einer Urkunde die Echtheit der Reliquie", so Pfarrer Kullmann.

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Er verrät: "Ich möchte jetzt herausfinden, welche St. Martinus-Gemeinden noch weitere Reliquien des Heiligen besitzen." Am 12. Februar 1978 begann der gebürtige Oberhausener Gerhard Kullmann seine Tätigkeit als Pfarrer in Wevelinghoven. Auf eigenen Wunsch kam er nach Grevenbroich und wurde dort exakt an seinem 39. Geburtstag Nachfolger von Pfarrer Theodor Bornhold.


https://rp-online.de/nrw/staedte/grevenbroich/knochensplitter-aus-dem-grab-des-bischofs_aid-8600055



Jahrzehnte später - er war längst aus dem Armeedienst entlassen und wider Willen vom menschenscheuen Einsiedler zum Bischof von Tours befördert worden - starb Martin (316-397) in hohem Alter bei einem Pfarreibesuch in Candes an der Loire. Schon zu Lebzeiten stand der nicht auf sein Äußeres bedachte Aussteiger, der so gar nicht dem noblen spätantiken Bischofsbild entsprechen wollte, im Ruf der Heiligkeit. Nahe bei Martin zu sein, hieß, Gott auf seiner Seite zu haben.

Trug er eine Cappa?

Woher die fränkisch-merowingischen Könige seit der Taufe Chlodwigs (466-511) jenen (halben oder ganzen?) Überwurf nahmen, den der Heilige vor mehreren Menschenleben aus Mitleid zerstört hatte, sei dahingestellt. Historisch überliefert ist aber, dass der Mantel Martins von Tours ab dem frühen Mittelalter mit dem Herrscher in die Schlacht geführt wurde. Griechisch-lateinisch-soldatisch hieß das Kleidungsstück ursprünglich korrekt "chlamys" und war fester Bestandteil der römischen Uniform. Im spätantiken Latein setzte sich mehr und mehr der Begriff "cappa" für den mantelartigen Umhang durch.

Die Cappa, eine der bedeutendsten Reliquien des Reiches, bedurfte am herumziehenden Königshof natürlich besonderer Bewachung. Dazu wurden des Lesens kundige Geistliche abgestellt, sogenannte Kapellane, die zudem wichtige Notariats- und Verwaltungsaufgaben übernahmen. Sie betreuten auch die jeweilige "Kapelle", also jene Gotteshäuser, in denen die Cappa aufbewahrt wurde. Das schönste architektonische Kleinod, das dem Martinsmantel und mehreren Reliquien vom Kreuz Christi je geschaffen wurde, ist die Pariser Palast-"Kapella" der französischen Könige. Die 1248 geweihte "Sainte-Chapelle" ist lichtdurchfluteter Höhepunkt der europäischen Hochgotik.

Die Cappa des Heiligen der Barmherzigkeit ist irgendwo zwischen dem Schlachtengetümmel des Mittelalters, den theologischen Scharmützeln um Martins Namensvetter Luther oder den Religionskriegen des 16. Jahrhunderts verloren gegangen. Doch in der abendländischen Sprache sind ihre Spuren bis heute eindeutig nachzuverfolgen. Der "Kaplan" ist bis heute ein Geistlicher für besondere Aufgaben, die "Kapelle" ein geweihtes Gotteshaus ohne unmittelbare Zuweisung für die Pfarrseelsorge - oder aber eine Gruppe von Musikanten, die ursprünglich wohl für die liturgische Gestaltung von Gottesdiensten an der "Cappa" zuständig waren.

Edle Gabe von oben herab

Ein letzter, erst im Zuge des Zweiten Vatikanischen Konzils (1962-1965) gekappter unmittelbarer kirchlicher Bezug ist die sogenannte Cappa magna: ein vier Meter langer purpurroter Chormantel mit Schleppe, Ehrenzeichen der Kardinäle und Bischöfe. Laut dem Caeremoniale episcoporum von 1984 darf sie heute nur noch an hohen Feiertagen getragen werden, von Diözesanbischöfen (in Violett) innerhalb ihres Bistums.

Wie der zerhauene Martinsmantel über die Jahrhunderte zu immer neuen Höhen gelangte, so geschah es auch dem Heiligen selbst. Von zeitgenössischen Quellen wird Martin von Tours eher als ein asketischer Schrat beschrieben, der seinen Mitbrüdern ein phänotypisches Ärgernis war, viel mehr auf seine geistlichen Botschaften denn auf Kleidung und Aussehen bedacht.

Auch der Ursprung all seines Wirkens, die Mantelteilung, vollzog sich laut der Überlieferung noch ganz auf Augenhöhe: Soldat und Bettler, zwei Männer aus dem Volk. Von einem Pferd ist nicht die Rede. Mit dem Ritterideal des Mittelalters freilich wurde das Ross des Heiligen immer höher. Der geteilte Mantel wurde zu einer edlen Gabe von oben herab.

https://www.domradio.de/artikel/ein-halber-mantel-weht-bis-heute-durch-unsere-sprachgeschichte


Um das Jahr 360 rief Hilarius,der seit 356 Bischof von Poitiers war und gerade aus einer von arianischen Gegnern erwirkten Verbannung in Phrygien zurückgekehrt war, seinen einstigen Schüler nach Poitiers zurück. Etwa acht Kilometer südlich von Poitiers,in Ligugé, errichtete Martin bald darauf eine Einsiedlerzelle, aus der sich in der Folgezeit ein berühmtes Kloster entwickelte, das erste Kloster Galliens überhaupt. (Ligugé lohnt auch heute einen Besuch. Vor dem Poral der Kirche Saint-Martin sind bei Grabungen gallo-römische Reste entdeckt worden: die Apsis der von Martin erbauten Basilika, ein Martyrion aus dem 4. Jh. und merowingische Sarkophage aus dem 5. Jh.)


Etwa ein Jahrzehnt später, man schrieb 371/372, wählten Klerus und Volk den inzwischen berühmten Martin zum neuen Bischof von Tours, der Diözese nördlich von Poitiers. Auch in diesem hohen Amt behielt Martin seinen bescheidenen, ja asketischen Lebensstil bei. Er verließ das ihm zustehende Bischofshaus und zog mit ein paar Mönchen vor die Tore der Stadt in einige armselige Holzhütten. Aus dieser Einsiedelei entwickelte sich dann im Lauf der Jahre das bedeutende Kloster Marmoutier,das zu einem Mittelpunkt des asketischen und des kulturellen Lebens im Abendland wurde. Noch heute findet man hier zahlreiche Überreste der Abtei, so Teile der Kirche und unterirdische Zellen.


Vollter Tatkraft und mit großem Gerechtigkeitssinn waltete Martin in den folgenden fast 30 Jahren seines Bischofsamtes. Leidenschaftlich verkündete er besonders in den ländlichen Gebieten das Evangelium und bekämpfte das hier vorherrschende Heidentum. Seine Missionsreisen führten Martin durch die gesamte Diözese, überall kümmerte er sich um bestehende Missstände. Dieses große Engagement brachte ihm die Liebe und Achtung des Volkes, vor allem der von ihm unterstützten Armen ein, aber auch eine starke Abneigung von Seiten des sehr verweichlichten, teilweise zuchtlosen Klerus. Doch Martin ließ sich durch keinen Angriff gegen seine Person von seinem umfassenden Missionswerk abbringen. Für ihn kam seine Ernennung zum Bischof dem Auftrag zur Missionierung gleich, und diesen Auftrag Gottes wollte er voll und ganz erfüllen.


Auf einer Seelsorgereise durch sein Bistum starb Martin von Tours am 8. November 397 im Alter von etwa 80 Jahren in Candes, südwestlich von Tours. Der kleine Ort heißt heute Candes-Saint-Martin. Die schöne Kirche Saint-Martin stammt aus dem 11. Jh. Zur Beisetzung des Bischofs der Armut und der Armen, wie Martin genannt wurde, strömten riesige Menschenmengen nach Tours, darunter etwa 2000 Mönche. Der Tag der Bestattung war der 11. November 397, daher auch dieser Gedenktag. Über dem Grab Martins ließ Bischof Bictius, ein Schüler von Martin und sein Nachfolger auf dem Bischofsstuhl, zu Beginn des 5. Jh. eine Kapelle errichten. Bischof Perpetuus erweiterte den Bau Jahrzehnte später zu einer prächtigen Basilika.


Martins Grab war im gesamten Mittelalter das Ziel der Pilger und fränkisches Nationalheiligtum. König Chlodwig I. erklärte Martin von Tours zum "Schutzherrn der fränkischen Könige und des fränkischen Volkes". Martins Reliquien wurden zum großen Teil im 16. Jh. von den Hugenotten zerstört. Ein kleiner Teil verblieb in der Krypta der Martin-Basilika in Tours, über der um 1900 eine neue Kirche errichtet wurde. Noch heute ist die Basilika Saint-Martin in der Stadt an der Loire ein vielbesuchter Pilgerort.

Der Mantel Martins galt als fränkische Reichsreliquie und war auf allen Heerzügen mit dabei. In Ruhezeiten wurde das kostbare Erinnerungsstück im Palast des Königs in Paris aufbewahrt. Es heißt, dass die Sainte-Chapelle, die Palastkapelle in Paris, in der viele wichtige Reliquien aufbewahrt wurden, ihren Namen auch vom Martins-Mantel erhielt (cappa, capella = der Mantel).


Verehrung/Brauchtum

Der Martinstag ist für viele Menschen ein besonderes Datum im Jahr. Außer mit der jahrhundertealten Tradition des Martinsumzuges verbinden sich noch weitere Bräuche mit diesem Tag. Am Vorabend des Martinstages trifft man sich mit guten Freunden oder mit der ganzen Familie zur Martinsgans und zum Martingsgebäck; beides ist besonders fett, als wolle man sich auf einen langen, kalten Winter vorbereiten. Früher war die Martins-Gans der letzte Braten vor dem sechswöchigen Adventsfasten.


Vielerorts wird am Vorabend von Martini ein Martinsfeuer abgebrannt, und in den Alpenländern, besonders in bayerischen Gemeinden, machen vermummte junge Burschen mit lautem Geschrei die Gegend unsicher. Im bäuerlichen Brauchtum war Martini früher der Beginn des Wirtschaftsjahres, an das Gesinde wurden die Löhne ausbezahlt, neue Knechte und Mägde wurden eingestellt, Pachtverträge abgeschlossen und Steuern entrichtet. Nicht zu vergessen ist, dass Martin bis heute zu den beliebten Jungennamen gehört.


https://www.martinus.at/portal/pfarren/patrozinien/artikel/article/143.html


Sein Mantel galt als fränkische Reichsreliquie, wurde am Königspalast in Paris aufbewahrt und auf allen Feldzügen mitgeführt. Auf ihn ist übrigens die Bezeichnung Kapelle zurückzuführen. Cappa heißt Umhang/Mantel. Der kleine Sakralraum in Paris, in diem die Cappa des hl.Martin aufbewahrt worden ist, wurde Kapelle genannt. Diese Bezeichnung hat sich zunächst für alle Palastkirchen, im weiteren für alle kleinen Gotteshäuser unterhalb der Kirchen durchgesetzt. Auch das Wort "Kaplan" ist auf den Mantel zurückzuführen. Kaplan wurden die Geistlichen in den Schlosskirchen genannt; später war es die Bezeichnung für die Hilfsgeistlichen in den Pfarreien. Mit der Ausdehnung des Fränkischen Reiches breitete sich der Martinskult nach Osten aus, zunächst besonders im Harz und in Thüringen.

Nach dem Zweiten Weltkrieg brachten die Flüchtlinge aus Schlesien den Brauch der Martinsumzüge in den Westen Deutschlands: an der Spitze des Zuges reitet "der Heilige", oft vom Bettler begleitet; dann folgen singende Kinder mit Lampions in den Händen. Der Lichterbrauch geht auf die Bedeutung Martin Luthers in Thüringen zurück: am 10. November, dem Geburtstag Luthers und Vorabend des Fests seines Namenspatrons, versammelten sich auf dem Erfurter Domplatz abends Kinder mit Papierlaternen, um des Reformators zu gedenken. Der Martinsumzug ist nun in der katholischen Kirche ein Teil der Lichtsymbolik, welche am Allerseelentag am 2. November beginnt und über Advent und Weihnachten bis Lichtmess am 2. Februar führt.

Martin war der erste Nichtmärtyrer, der als Heiliger verehrt wurde.


St. Martin in Röhrmoos

Martinsgans Der volkstümliche Brauch der Martinsgans, die man vielerorts zum Martinsfest verzehrt, basiert auf dem Martinstag als Hauptzinstag: Am Martinstag begann das neue Wirtschaftsjahr des Bauern, an das Gesinde wurde die Löhne bezahlt, Pachtverträge wurden geschlossen, Steuern abgeführt, Knechte und Mägde konnten, wie an Lichtmess, den Dienstherrn wechseln.

St. Martin in Unterumbach

Zu Martini wurde das Vieh geschlachtet, das aus Kostengründen nicht den ganzen Winter hindurch gefüttert werden konnte: dazu gehörten die Gänse. So ergab sich der Brauch, am Martinstag, vor dem großen Fasten im Advent, noch einen fetten Gänsebraten zu essen. Die Gans war auch eine bevorzugte Zinsbeigabe an den Grundherrn. Tribute waren oft bezahl-bar in Form von Gänsen. Später erzählte man Legenden, in denen Martin mit Gänsen in Verbindung gebracht wurde.

Andere Überlieferung berichtet: als Martin als Bischof predigte, wurde er durch eine Schar schnatternder Gänse, die in die Kirche watschelten, unterbrochen. Sie wurden gefangen genommen und zu einer Mahlzeit verarbeitet.

https://kirchenundkapellen.de/kirchenko/Martin_von_Tours.htm