Kurs:Funktionalanalysis/Gram-Schmidtsches Orthonormalisierungsverfahren

Einleitung Bearbeiten

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Orthogonal - Orthonormal Bearbeiten

Das Gram-Schmidtsche Orthonormalisierungsverfahren ist ein Spezialfall des Gram-Schmidtsche Orthogonalisierungsverfahren, bei dem aus einem gegebenen System linear unabhängiger Vektoren (z.B. einer Hamelbasis) ein System von orthogonal zueinander stehenden Vektoren der Länge 1 ersteht. ist ein Algorithmus aus dem mathematischen Teilgebiet der linearen Algebra.

Orthogonalsystem Bearbeiten

Das Verfahren erzeugt zu jedem System linear unabhängiger Vektoren aus einem Prähilbertraum (einem Vektorraum mit Skalarprodukt) ein Orthogonalsystem, das denselben Untervektorraum erzeugt.


Orthonormalsystem Bearbeiten

Aus dem Orthogonalsystem erhält man durch Normalisierung   ein Orthonormalsystem. Die Normalisierung ist möglich, da linear unabhängige Vektoren sich vom Nullvektor unterscheiden und damit eine positive Länge haben  .

Basis/Hamelbasis Bearbeiten

Verwendet man ein System von Basisvektoren als Eingabe für die Algorithmen, so berechnen sie eine Orthogonal- bzw. Orthonormalbasis.

Numerische Berechnung von Orthonormalsystem Bearbeiten

Für die numerische Berechnung durch einen Computer mit Gleitpunktarithmetik sind die Gram-Schmidt-Verfahren schlecht geeignet. Durch akkumulierte Rundungsfehler weisen die berechneten Vektoren z.T. deutliche Abweichung von orthogonalen Vektor auf. Es existieren aber Modifikationen des Verfahrens, die diesen Nachteil nicht haben. Andere Orthogonalisierungsverfahren basieren auf Householdertransformationen oder Givens-Rotationen.

Geschichte Bearbeiten

Die beiden Verfahren sind nach Jørgen Pedersen Gram und Erhard Schmidt benannt. Sie wurden allerdings bereits früher in den Werken von Pierre-Simon Laplace und Augustin-Louis Cauchy verwendet.


Orthonormalisierungsatz nach Gram-Schmidt Bearbeiten

Im Folgenden betrachteten man ein separablen Hilbertraum   mit einer abzählbaren Basis  . Dann gibt es ein Orthonormalsystem   mit der Eigenschaft:

  • (ON1)  
  • (ON2)   für alle   und  
  • (ON3)   für alle  


Bemerkung - Orthogonalprojektion Bearbeiten

Für zwei beliebige vom Nullvektor   verschiedene Vektoren   ist die Orthogonalprojektion von   auf   über das Skalarprodukt wie folgt definiert.

 

Bemerkung - seminlinear komplexer Fall Bearbeiten

Im komplexen Fall wird dabei die Konvention verwendet, dass das Skalarprodukt im ersten Argument semilinear, im zweiten Argument linear ist, das heißt

 

für alle Vektoren  ,   und alle  . Im komplexen Fall kommt es deshalb bei den unten dargestellten Formeln auf die Reihenfolge der Faktoren im Skalarprodukt an, im reellen Fall jedoch nicht.

Bemerkung - Skalarproduktinduzierte Norm Bearbeiten

Zudem bezeichnet   die Norm des Vektors  . Dabei liegt der von   aufgespannte Untervektorraum dicht in   bzgl. dieser Norm.

Animation - Orthonormalisierung Bearbeiten

 

Illustration des Gram-Schmidt-Verfahrens an einem Beispiel mit drei Vektoren.

Bemerkung - Orthogonalisierung Bearbeiten

Für die Orthogonalisierung des 3. Vektors   subtrahiert die Orthogonalprojektionen von   auf die bereits orthogonalisierten Vektoren   und   und erhält dann  .

 

Dieses Vorgehen entspricht dem induktiv im konstruktiven Beweis des Gram-Schmidtsches Orthonormalisierungsverfahren, bei dem   über die Subtraktion der Orthogonalprojektion von   auf die   vorher bereits orthogonalisierten Vektoren   berechnet wird.

Algorithmus des Orthogonalisierungsverfahrens Bearbeiten

Die Kontruktion und der Beweis für abzählbar viele Basisvektoren erfolgt über vollständige Induktion.

Induktionsanfang Bearbeiten

Zunächt einmal wird als Induktionsanfang der erste Vektor gewählt   gewählt. Im Gegensatz zur Orthonormalisierung muss hier   nicht normiert werden.

  • Definiere  
  • Für die Orthogonalität ist nichts zu überprüfen, da es in dem System   keine zwei paarweise verschiedene Vektoren gibt.

Induktionsvoraussetzung Bearbeiten

Seien nun   linear unabhängigen Vektoren   in ein Orthogonalsystem von   paarweise orthogonalen Vektoren überführt worden, mit  :

  • (ON1)  
  • (ON2)   für alle   und  

Induktionsbehauptung Bearbeiten

Man kann einen weiteren Vektor   so wählen, dass mit  :

  • (ON1)  
  • (ON2)   für alle   und  

Induktionschritt Bearbeiten

Der Vektor   wird über   und die Projektion von   auf Vektoren aus dem Orthogonalsystem aus   definiert.

 

Span Bearbeiten

Die Bedingung (ON1)   gilt über den Nachweis von zwei Mengeninklusionen.

  •  
  •  

Span - Mengeninklusion 1 Bearbeiten

Aus   folgt, dass es ein   und ein   gibt mit:

 

Span - Mengeninklusion 2 Bearbeiten

Aus   folgt, dass es ein   und ein   gibt mit:

 

Nachweis der Orthogonalität Bearbeiten

Sei nun   beliebig gewählt und man zeigt nun das   gilt:

 

In der zweiten Gleichung fallen durch die Orthogonalität von   für   genau   weg.

Normalisierung der Vektoren Bearbeiten

Wenn die Vektoren   durch normalisierte Vektoren der Länge 1 ersetzt, spannen die normalisierten Vektoren genau den Gleichen Untervektorraum auf und die Skalarprodukte bleiben 0 durch die Semilinearität in der ersten und die Linearität in der zweiten Komponente.

 

Zusammenfassung 1 Bearbeiten

Die einzelnen Vektoren   des Orthogonalsystems berechnen sich wie folgt:

 
 
 
 
 

Zusammenfassung 2 Bearbeiten

Die Vektoren wurden induktiv definiert für   über die bereits definierten Vektoren   für  .

 

In dem neu definierten System sind paarweise verschiedene Vektoren zueinander orthogonal und für ein festes   spannt das erzeugte Orthogonalsystem den gleichen Untervektoraum auf. Über die vollständige Induktion wird die Behauptung auf das abzählbare System von linear unabhängigen Vektoren übertragen.

Beispiel - Orthogonalisierung Bearbeiten

Im   versehen mit dem Standardskalarprodukt   seien zwei linear unabhängige Vektoren vorgegeben, die einen Untervektorraum erzeugen:

 

Es werden nun zwei orthogonale Vektoren   und   berechnet, die denselben Untervektorraum erzeugen:

 
 

Algorithmus des Orthonormalisierungsverfahrens Bearbeiten

Der folgende Algorithmus berechnet zu den linear unabhängigen Vektoren   ein Orthonormalsystem von   normierten, paarweise orthogonalen Vektoren, das denselben Untervektorraum erzeugt. Er ist identisch mit einer Normierung der orthogonalen Vektoren, welche durch den obigen Algorithmus bestimmt wurden.

Die einzelnen Vektoren   des Orthonormalsystems erhält man, indem zuerst jeweils ein orthogonaler Vektor berechnet und anschließend normalisiert wird:

  (Normalisieren des ersten Vektors  )
  (Orthogonalisieren des zweiten Vektors  )
  (Normalisieren des Vektors  )
  (Orthogonalisieren des dritten Vektors  )
  (Normalisieren des Vektors  )
 
  (Orthogonalisieren des  -ten Vektors  )
  (Normalisieren des Vektors  )

Anders gesagt werden die   und   für   also rekursiv durch

  und   definiert.

Im Allgemeinen erhält man durch dieses Verfahren kein besonders ausgezeichnetes System. Im   muss z. B. erst ein Umordnungsschritt nachgeschaltet werden, um ein Rechts- oder Linkssystem zu erhalten.


Beispiel - Orthonormalisierung Bearbeiten

Im   versehen mit dem Standardskalarprodukt   seien zwei Basisvektoren gegeben:

 

Es werden nun zwei Vektoren   und   berechnet, die eine Orthonormalbasis des   bilden.

 
 
 

Anmerkungen Bearbeiten

Eine besondere Eigenschaft der beiden Verfahren ist, dass nach jedem Zwischenschritt die bisher berechneten Vektoren   den gleichen Vektorraum erzeugen wie die Vektoren  . Die Vektoren   bilden also eine Orthogonal- bzw. Orthonormalbasis der entsprechenden Untervektorräume. Anders ausgedrückt ist die Transformationsmatrix, die die Koordinaten des einen Systems im anderen ausdrückt, eine rechtsobere Dreiecksmatrix. Diese hat außerdem eine positive Determinante, daher hat die resultierende Orthogonal- bzw. Orthonormalbasis die gleiche Orientierung wie die Ausgangsbasis. Fasst man die orthonormalen Vektoren   als Spalten einer Matrix Q zusammen, ebenso die Vektoren des Ausgangssystems   zu einer Matrix A, so gibt es eine Dreiecksmatrix R mit A=QR, es wird also eine QR-Zerlegung bestimmt. Dementsprechend kann das Ergebnis der Gram-Schmidt-Orthonormalisierung auch mit anderen Methoden zur QR-Zerlegung bestimmt werden, die mit Givens-Rotationen oder Householder-Spiegelungen arbeiten.

Berechnet man ein Orthonormalsystem von Hand, ist es oftmals einfacher, zunächst ein Orthogonalsystem auszurechnen und dann die einzelnen Vektoren zu normieren. Dadurch erspart man sich das zweifache Normieren und kann oftmals mit einfacheren Werten rechnen. Gegebenenfalls lohnt es sich, vor dem Erstellen des Orthogonalsystems/Orthonormalsystems das Gaußsche Eliminationsverfahren durchzuführen.

Prinzip des Verfahrens Bearbeiten

Sind die orthogonalen Vektoren   bereits bestimmt, versuchen wir, von   eine passende Linearkombination der Vektoren   abzuziehen, sodass der Differenzvektor

 

zu allen Vektoren   orthogonal wird. Dies ist gleichbedeutend damit, dass das Skalarprodukt   für alle   den Wert 0 ergibt. Eine solche Linearkombination ergibt sich, wenn für jedes   der Ausdruck

 

gewählt wird. Eine Kontrollrechnung zeigt, dass dadurch alle Skalarprodukte   mit   den Wert 0 annehmen:

 

Orthonormalisierung unendlicher Systeme von Vektoren Bearbeiten

In einem beliebigen Hilbertraum   lässt sich das Verfahren auch auf unendliche Systeme unabhängiger Vektoren anwenden, wobei die Unabhängigkeit in dem Sinne zu verstehen ist, dass kein Element im Abschluss der linearen Hülle der übrigen Vektoren liegt. Den Fall eines abzählbaren Systems (d. h.   ist ein separabler Hilbertraum) kann direkt auf den oben dargestellten endlichen Fall zurückgeführt werden: Gegeben sei eine unabhängige Folge  , so erhält man eine entsprechende orthonormale Folge  , indem man für jedes   das obige Verfahren anwendet und   erhält. Allgemeiner kann jedes unabhängige System nach dem Wohlordnungssatz als Folge   für eine Kardinalzahl   und Ordinalzahlen   angesehen werden (im Falle einer dichten linearen Hülle des unabhängigen Systems ist   gerade die Dimension von  ). Bezeichne nun   die orthogonale Projektion auf einen abgeschlossenen Teilraum  , die aufgrund der Vollständigkeit des Raumes stets existiert,   bezeichne die Normierung  . So ergibt sich ein Orthonormalsystem   durch

 
 .

Per transfiniter Induktion lässt sich dann zeigen, dass  , sogar für  . Expliziter lässt sich das Verfahren per transfiniter Rekursion wie folgt schreiben:

 

Hierbei ist die Summe aufgrund der besselschen Ungleichung wohldefiniert (insbesondere sind stets nur abzählbar viele Summanden ungleich Null).

Literatur Bearbeiten

  • K. Kirchgessner, M. Schreck: Vektoranalysis für Dummies. Das Pocketbuch Paperback . Wiley-VCH, 2012. ISBN 978-3-527-70742-3


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