Kurs:Invariantentheorie (Osnabrück 2012-2013)/Vorlesung 2/latex

\setcounter{section}{2}






\zwischenueberschrift{Gruppenoperationen}

In den beiden Beispielen der ersten Vorlesung operiert eine Gruppe auf einer Menge: Die Kongruenzabbildungen bilden eine Gruppe, und eine Kongruenz überführt ein Dreieck in ein weiteres \zusatzklammer {kongruentes} {} {} Dreieck. Eine Permutation
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{ \sigma }
{ \in }{ S_n }
{ }{ }
{ }{ }
{ }{ }
} {}{}{} überführt ein $n$-Tupel in ein weiteres Tupel und ein Polynom \zusatzklammer {in $n$ Variablen} {} {} in ein Polynom über. Diese Situation wird durch den Begriff der Gruppenoperation erfasst, welcher grundlegend für die Invariantentheorie ist.

Es sei $G$ eine zumeist multiplikativ geschriebene Gruppe mit neutralem Element $e$.


\inputdefinition
{}
{

Es sei $G$ eine \definitionsverweis {Gruppe}{}{} und $M$ eine Menge. Eine \definitionsverweis {Abbildung}{}{} \maabbeledisp {} {G \times M} {M } {(g,x)} {gx } {,} heißt \definitionswort {Gruppenoperation}{} \zusatzklammer {von $G$ auf $M$} {} {,} wenn die beiden folgenden Eigenschaften gelten. \aufzaehlungzwei {
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{ ex }
{ = }{ x }
{ }{ }
{ }{ }
{ }{ }
} {}{}{} für alle
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{ x }
{ \in }{ M }
{ }{ }
{ }{ }
{ }{ }
} {}{}{.} } {
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{ (gh)x }
{ = }{ g(hx) }
{ }{ }
{ }{ }
{ }{ }
} {}{}{} für alle
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{ g,h }
{ \in }{ G }
{ }{ }
{ }{ }
{ }{ }
} {}{}{} und für alle
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{ x }
{ \in }{ M }
{ }{ }
{ }{ }
{ }{ }
} {}{}{.} }

}

Man spricht auch von einer \stichwort {Aktion} {} oder einer \stichwort {Wirkung} {} der Gruppe $G$ auf $M$. Im Zusammenhang von Gruppenoperationen schreibt man die Gruppe zumeist multiplikativ, und ebenso schreibt man die Operation multiplikativ.


\inputdefinition
{}
{

Es sei $G$ eine \definitionsverweis {Gruppe}{}{} und $M$ eine Menge. Eine \definitionsverweis {Gruppenoperation}{}{} von $G$ auf $M$ heißt \definitionswort {treu}{,} wenn aus
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{ gx }
{ = }{ x }
{ }{ }
{ }{ }
{ }{ }
} {}{}{} für alle
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{ x }
{ \in }{ M }
{ }{}
{ }{}
{ }{}
} {}{}{} folgt, dass
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{ g }
{ = }{ e }
{ }{ }
{ }{ }
{ }{ }
} {}{}{} ist.

}


\inputfaktbeweis
{Gruppenoperation/Gruppenhomomorphismus in Automorphismengruppe/Fakt}
{Lemma}
{}
{

\faktsituation {Es sei $G$ eine \definitionsverweis {Gruppe}{}{} und $M$ eine Menge. Es sei
\mathl{\operatorname{Perm} \,( M)}{} die \definitionsverweis {Gruppe der Permutationen}{}{} auf $M$.}
\faktuebergang {Dann gelten folgende Aussagen.}
\faktfolgerung {\aufzaehlungzwei {Wenn $G$ auf $M$ operiert, so ist die Abbildung \maabbeledisp {} {G} { \operatorname{Perm} \,( M) } {g} { (x \mapsto gx) } {,} ein \definitionsverweis {Gruppenhomomorphismus}{}{.} } {Wenn umgekehrt ein Gruppenhomomorphismus \maabbeledisp {\varphi} {G} {\operatorname{Perm} \,( M) } {g} { \varphi(x) } {,} vorliegt, so wird durch \maabbeledisp {} {G\times M} {M } {(g,x)} { (\varphi(g))(x) } {,} eine Gruppenoperation von $G$ auf $M$ definiert. }}
\faktzusatz {}
\faktzusatz {}

}
{ Siehe Aufgabe 2.1. }


Unter dieser Korrespondenz ist die Operation genau dann treu, wenn $\varphi$ injektiv ist.




\inputbeispiel{}
{

Nach Lemma 2.3  (2) und nach Lemma 4.4 (Körper- und Galoistheorie (Osnabrück 2011)) ist eine \definitionsverweis {Gruppenoperation}{}{} von
\mathl{(\Z,0,+)}{} auf einer Menge $M$ dasselbe wie eine \definitionsverweis {bijektive Abbildung}{}{} \maabbdisp {F} {M} {M } {,} wobei die $1$ wie $F$ wirkt. Bei gegebenem $F$ ist also die Gruppenwirkung für
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{ x }
{ \in }{ M }
{ }{}
{ }{}
{ }{}
} {}{}{} durch
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{ n \cdot x }
{ = }{ F^n (x) }
{ }{ }
{ }{ }
{ }{ }
} {}{}{} definiert, wobei $F^n$ bei
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{ n }
{ \geq }{ 0 }
{ }{ }
{ }{ }
{ }{ }
} {}{}{} die $n$-fache \definitionsverweis {Hintereinanderschaltung}{}{} von $F$ und bei
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{ n }
{ < }{ 0 }
{ }{ }
{ }{ }
{ }{ }
} {}{}{} die $-n$-fache Hintereinanderschaltung der \definitionsverweis {Umkehrabbildung}{}{}
\mathl{F^{-1}}{} bedeutet.


}




\inputdefinition
{}
{

Es sei $M$ eine Menge, auf der eine \definitionsverweis {Gruppe}{}{} $G$ \definitionsverweis {operiere}{}{.} Eine Teilmenge
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{ T }
{ \subseteq }{ M }
{ }{ }
{ }{ }
{ }{ }
} {}{}{} heißt \definitionswortpraemath {G}{ invariant }{,} wenn zu jedem
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{ x }
{ \in }{ T }
{ }{ }
{ }{ }
{ }{ }
} {}{}{} und jedem
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{ \sigma }
{ \in }{ G }
{ }{ }
{ }{ }
{ }{ }
} {}{}{} auch
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{ \sigma x }
{ \in }{ T }
{ }{ }
{ }{ }
{ }{ }
} {}{}{} gilt.

}




\inputdefinition
{}
{

Es liege eine \definitionsverweis {Gruppenoperation}{}{} einer \definitionsverweis {Gruppe}{}{} $G$ auf einer Menge $M$ vor. Man nennt zwei Elemente
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{ x, y }
{ \in }{ M }
{ }{}
{ }{}
{ }{}
} {}{}{}

\definitionswortpraemath {G}{ äquivalent }{} \zusatzklammer {oder äquivalent unter $G$} {} {,} wenn es ein
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{ g }
{ \in }{ G }
{ }{}
{ }{}
{ }{}
} {}{}{} mit
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{ y }
{ = }{ gx }
{ }{ }
{ }{ }
{ }{ }
} {}{}{} gibt.

}

Diese Relation ist in der Tat eine Äquivalenzrelation, wie man sich direkt überlegen kann. Die Äquivalenzklassen bekommen einen eigenen Namen.


\inputdefinition
{}
{

Es liege eine \definitionsverweis {Gruppenoperation}{}{} einer \definitionsverweis {Gruppe}{}{} $G$ auf einer Menge $M$ vor. Die \definitionsverweis {Äquivalenzklassen}{}{} auf $M$ zur $G$-\definitionsverweis {Äquivalenz}{}{} nennt man die \definitionswort {Bahnen der Operation}{.}

}




\inputdefinition
{}
{

Es liege eine \definitionsverweis {Gruppenoperation}{}{} einer \definitionsverweis {Gruppe}{}{} $G$ auf einer Menge $M$ vor. Ein Punkt
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{ x }
{ \in }{ M }
{ }{}
{ }{}
{ }{}
} {}{}{} heißt \definitionswort {Fixpunkt der Operation}{,} wenn
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{gx }
{ = }{x }
{ }{ }
{ }{ }
{ }{ }
} {}{}{} ist für alle
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{ g }
{ \in }{ G }
{ }{ }
{ }{ }
{ }{ }
} {}{}{.}

}

Ein Element
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{ x }
{ \in }{ M }
{ }{}
{ }{}
{ }{}
} {}{}{} ist genau dann ein Fixpunkt der Operation, wenn die Bahn durch diesen Punkt einelementig ist, und dies ist genau dann der Fall, wenn die zugehörige Standgruppe ganz $G$ ist.




\inputdefinition
{}
{

Es liege eine \definitionsverweis {Gruppenoperation}{}{} einer \definitionsverweis {Gruppe}{}{} $G$ auf einer Menge $M$ vor. Zu
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{x }
{ \in }{M }
{ }{ }
{ }{ }
{ }{ }
} {}{}{} heißt
\mavergleichskettedisp
{\vergleichskette
{G_x }
{ =} { { \left\{ g \in G \mid gx = x \right\} } }
{ } { }
{ } { }
{ } { }
} {}{}{} die \definitionswort {Isotropiegruppe}{} zu $x$.

} Dabei handelt es sich um eine Untergruppe von $G$. Andere Bezeichnungen hierfür sind \stichwort {Standgruppe} {} oder \stichwort {Stabilisator} {.}




\inputbeispiel{}
{

Es sei $G$ eine \definitionsverweis {Gruppe}{}{} und $M$ eine Menge. Dann gibt es stets die sogenannte \stichwort {triviale Operation} {} von $G$ auf $M$, die durch
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{ gx }
{ = }{ x }
{ }{ }
{ }{ }
{ }{ }
} {}{}{} für alle \mathkor {} {g \in G} {und alle} {x \in M} {} gegeben ist. In diesem Fall ist jeder Punkt ein \definitionsverweis {Fixpunkt}{}{} und alle \definitionsverweis {Bahnen}{}{} sind einelementig.


}




\inputdefinition
{}
{

Es liege eine \definitionsverweis {Gruppenoperation}{}{} einer \definitionsverweis {Gruppe}{}{} $G$ auf einer Menge $M$ vor. Die Operation heißt \definitionswort {transitiv}{,} wenn es zu je zwei Elementen
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{ x, y }
{ \in }{ M }
{ }{}
{ }{}
{ }{}
} {}{}{} ein
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{ g }
{ \in }{ G }
{ }{}
{ }{}
{ }{}
} {}{}{} mit
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{gx }
{ = }{y }
{ }{ }
{ }{ }
{ }{ }
} {}{}{} gibt.

}

Eine Operation ist genau dann transitiv, wenn es nur eine Bahn gibt.




\inputbeispiel{}
{

Es sei $G$ eine \definitionsverweis {Gruppe}{}{.} Die Verknüpfung \maabbeledisp {} {G \times G} {G } {(g,h)} {gh } {,} kann man als eine \definitionsverweis {Gruppenoperation}{}{} der Gruppe $G$ auf sich selbst ansehen. Diese Operation ist \definitionsverweis {treu}{}{} und \definitionsverweis {transitiv}{}{,} es gibt also nur eine \definitionsverweis {Bahn}{}{.} Für zwei Elemente \mathkor {} {g_1} {und} {g_2} {} ist ja
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{ g_1 }
{ = }{ { \left( g_1g_2^{-1} \right) } g_2 }
{ }{ }
{ }{ }
{ }{ }
} {}{}{.}


}




\inputbeispiel{}
{

Es sei $G$ eine \definitionsverweis {Gruppe}{}{} und
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{ H }
{ \subseteq }{ G }
{ }{ }
{ }{ }
{ }{ }
} {}{}{} eine \definitionsverweis {Untergruppe}{}{.} Dann liefert die Verknüpfung \maabbeledisp {} {H \times G} {G } {(h,g)} { hg } {,} eine \definitionsverweis {Gruppenoperation}{}{} von $H$ auf $G$. Die \definitionsverweis {Bahnen}{}{} dieser Operation stimmen mit den \definitionsverweis {Rechtsnebenklassen}{}{} zu dieser Untergruppe überein. Wenn $G$ endlich ist, so sind die Bahnen \zusatzklammer {nach dem Beweis zu Satz 4.16 (Körper- und Galoistheorie (Osnabrück 2011))} {} {} alle \definitionsverweis {gleichmächtig}{}{,} was bei einer beliebigen Gruppenoperation keineswegs der Fall sein muss.


}




\inputbeispiel{}
{

Es sei
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{ n }
{ \in }{ \N }
{ }{ }
{ }{ }
{ }{ }
} {}{}{,}
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{ M }
{ = }{ { \{ 1 , \ldots , n \} } }
{ }{ }
{ }{ }
{ }{ }
} {}{}{} und
\mathl{S_n}{} die \definitionsverweis {Gruppe der Permutationen}{}{} auf $M$. Dann liegt eine natürliche Operation \maabbeledisp {} {S_n \times M} {M } { (\sigma, i)} { \sigma(i) } {,} vor. Der zugehörige Gruppenhomomorphismus ist die Identität. Die Operation ist \definitionsverweis {treu}{}{,} da jede Permutation
\mathl{\neq \operatorname{Id}_{ M }}{} mindestens ein Element aus $M$ bewegt. Zu jedem
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{ i }
{ \in }{M }
{ }{ }
{ }{ }
{ }{ }
} {}{}{} ist die \definitionsverweis {Isotropiegruppe}{}{} $G_i$ \definitionsverweis {isomorph}{}{} zur Permutationsgruppe
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{ S_{n-1} }
{ \cong }{ \operatorname{Perm} \,( M \setminus \{i\}) }
{ }{ }
{ }{ }
{ }{ }
} {}{}{.} Für je zwei Elemente
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{ i,j }
{ \in }{M }
{ }{ }
{ }{ }
{ }{ }
} {}{}{} gibt es eine Permutation \zusatzklammer {z.B. eine \definitionsverweis {Transposition}{}{}} {} {,} die $i$ in $j$ überführt. Bei dieser Gruppenoperation gibt es also nur eine \definitionsverweis {Bahn}{}{.}


}




\inputbeispiel{}
{

Es sei $R$ ein \definitionsverweis {kommutativer Ring}{}{} und
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{ G }
{ = }{ R^{\times} }
{ }{ }
{ }{ }
{ }{ }
} {}{}{} seine \definitionsverweis {Einheitengruppe}{}{.} Die Einschränkung der Ringmultiplikation \maabbeledisp {} { R^{\times} \times R } {R } {(r,s)} {rs } {,} liefert eine \definitionsverweis {Gruppenoperation}{}{} der Einheitengruppe auf dem Ring. Diese Operation ist \definitionsverweis {treu}{}{,} das Nullelement ist ein \definitionsverweis {Fixpunkt}{}{} der Operation. Zwei Elemente
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{ a,b }
{ \in }{R }
{ }{ }
{ }{ }
{ }{ }
} {}{}{,} die bezüglich dieser Operation \definitionsverweis {äquivalent}{}{} sind, heißen \definitionsverweis {assoziiert}{}{.} Dieser Begriff spielt bei der eindeutigen Primfaktorzerlegung in einem \definitionsverweis {faktoriellen Bereich}{}{} eine wichtige Rolle.


}





\inputfaktbeweis
{Gruppenoperation/Klassengleichung/Fakt}
{Lemma}
{}
{

\faktsituation {Es sei $G$ eine \definitionsverweis {endliche}{}{} \definitionsverweis {Gruppe}{}{,} die auf einer endlichen Menge $M$ \definitionsverweis {operiere}{}{.} Es sei $F$ die Menge der \definitionsverweis {Fixpunkte der Operation}{}{} und es seien
\mathl{G_1 , \ldots , G_n}{} die verschiedenen \definitionsverweis {Bahnen}{}{} mit mindestens zwei Elementen.}
\faktfolgerung {Dann ist
\mavergleichskettedisp
{\vergleichskette
{ { \# \left( M \right) } }
{ =} { { \# \left( F \right) } + \sum_{i = 1}^n { \# \left( G_i \right) } }
{ } { }
{ } { }
{ } { }
} {}{}{.}}
\faktzusatz {}
\faktzusatz {}

}
{

Die Menge $M$ ist zerlegt in die \definitionsverweis {Bahnen der Operation}{}{,} und diese sind entweder einelementig und entsprechen den Fixpunkten, oder mehrelementig, und werden dann rechts mitgezählt.

}





\inputbeispiel{}
{

Es sei $G$ eine \definitionsverweis {Gruppe}{}{.} Die \definitionsverweis {Konjugation}{}{} kann man als eine \definitionsverweis {Operation}{}{} von $G$ auf sich selbst auffassen, indem man
\mavergleichskettedisp
{\vergleichskette
{ g \cdot x }
{ =} { gxg^{-1} }
{ } { }
{ } { }
{ } { }
} {}{}{} setzt. Dabei haben wir die Gruppenverknüpfung symbolfrei und die Operation zur Unterscheidung mit $\cdot$ geschrieben. Dass eine Operation vorliegt kann man direkt nachprüfen oder aus Lemma 5.2 (Körper- und Galoistheorie (Osnabrück 2011)) folgern. Die Äquivalenzklassen unter dieser Operation, also die \definitionsverweis {Bahnen}{}{} der Konjugation, heißen \stichwort {Konjugationsklassen} {.} Die Elemente im \definitionsverweis {Zentrum}{}{} der Gruppe sind genau die \definitionsverweis {Fixpunkte}{}{.}


}




\inputbeispiel{}
{

Es sei $M$ eine Menge und \maabbdisp {F} {M} {M } {} eine \definitionsverweis {bijektive Abbildung}{}{} mit der zugehörigen \definitionsverweis {Gruppenoperation}{}{} von $\Z$ auf $M$. Die Operation ist genau dann trivial, wenn $F$ die Identität ist. Die \definitionsverweis {Fixpunkte}{}{} der Operation sind genau die \definitionsverweis {Fixpunkte}{}{} von $F$. Die \definitionsverweis {Isotropiegruppe}{}{} zu
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{ x }
{ \in }{ M }
{ }{}
{ }{}
{ }{}
} {}{}{} ist
\mathl{\Z k}{} \zusatzklammer {
\mavergleichskettek
{\vergleichskettek
{ k }
{ \geq }{ 1 }
{ }{ }
{ }{ }
{ }{ }
} {}{}{}} {} {,} falls $x$ ein \definitionsverweis {Fixpunkt}{}{} der $k$-ten Hintereinanderschaltung $F^k$ und $k$ minimal mit dieser Eigenschaft ist; andernfalls ist sie gleich $0$. Die durch
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{ x }
{ \in }{ M }
{ }{}
{ }{}
{ }{}
} {}{}{} definierte \definitionsverweis {Bahn}{}{} besteht aus
\mathdisp {{ \left\{ F^n(x) \mid n \in \Z \right\} }} { . }
Dabei können natürlich einzelne Bahnen endlich sein, auch wenn die Operation \definitionsverweis {treu}{}{} ist.


}





\inputdefinition
{}
{

Es liege eine \definitionsverweis {Gruppenoperation}{}{} einer \definitionsverweis {Gruppe}{}{} $G$ auf einer Menge $M$ vor. Dann nennt man die Menge der \definitionsverweis {Bahnen}{}{} den \definitionswort {Bahnenraum}{} der Operation. Er wird mit
\mathdisp {M \backslash G} { }
bezeichnet. Die Abbildung \maabbeledisp {} {M} {M \backslash G } {x} { [x] } {,} wobei $[x]$ die Bahn durch $x$ bezeichnet, heißt \definitionswort {Quotientenabbildung}{.}

}

Der Bahnenraum ist also einfach die \definitionsverweis {Quotientenmenge}{}{} der Äquivalenzrelation, die durch die Gruppenoperation festgelegt wird, und die angegebene Quotientenabbildung ist die zugehörige \definitionsverweis {kanonische Projektion}{}{.}




\inputbeispiel{}
{

Wir betrachten die $n$-\definitionsverweis {dimensionale}{}{} \definitionsverweis {Sphäre}{}{}
\mavergleichskettedisp
{\vergleichskette
{S }
{ =} { { \left\{ x \in \R^{n+1} \mid \Vert {x} \Vert = 1 \right\} } }
{ } { }
{ } { }
{ } { }
} {}{}{} und die \definitionsverweis {antipodale Abbildung}{}{} \maabbeledisp {\alpha} {S} {S } {x} {-x } {,} die also jeden Punkt auf seinen gegenüberliegenden Punkt abbildet. Wegen
\mavergleichskettedisp
{\vergleichskette
{ \alpha \circ \alpha }
{ =} { \operatorname{Id}_{ S } }
{ } { }
{ } { }
{ } { }
} {}{}{} gibt dies Anlass zu einer \definitionsverweis {Operation}{}{} von
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{G }
{ = }{\{1,-1 \} }
{ \cong }{\Z/(2) }
{ }{ }
{ }{ }
} {}{}{} auf der Sphäre $S$, bei der $1$ durch die Identität und $-1$ durch $\alpha$ operiert. Diese Operation ist \definitionsverweis {treu}{}{} und jede \definitionsverweis {Bahn}{}{} ist zweielementig von der Form
\mathl{\{x, -x\}}{.} Insbesondere besitzt die Operation keinen Fixpunkt. Der \definitionsverweis {Bahnenraum}{}{} \zusatzklammer {versehen mit einer geeigneten \definitionsverweis {Topologie}{}{}} {} {} heißt $n$-dimensionaler \stichwort {reell-projektiver Raum} {.}


}




\inputdefinition
{}
{

Es sei $G$ eine \definitionsverweis {Gruppe}{}{} und seien \mathkor {} {M} {und} {N} {} zwei Mengen, auf denen jeweils $G$ \definitionsverweis {operiert}{}{.} Dann heißt eine \definitionsverweis {Abbildung}{}{} \maabbdisp {\varphi} {M} {N } {} \definitionswortpraemath {G}{ invariant }{} \zusatzklammer {oder \definitionswortpraemath {G}{ verträglich }{}} {} {} wenn für alle
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{ g }
{ \in }{ G }
{ }{}
{ }{}
{ }{}
} {}{}{} und alle
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{ x }
{ \in }{ M }
{ }{}
{ }{}
{ }{}
} {}{}{} die Gleichheit
\mavergleichskettedisp
{\vergleichskette
{ \varphi(gx) }
{ =} { g \varphi(x) }
{ } { }
{ } { }
{ } { }
} {}{}{} gilt.

}

Dieser Begriff wird insbesondere auch dann verwendet, wenn die Gruppe $G$ auf der zweiten Menge $N$ trivial operiert.





\inputfaktbeweis
{Gruppenoperation/Bahnenraum/Invariante Abbildung/Faktorisierung/Fakt}
{Lemma}
{}
{

\faktsituation {Es liege eine \definitionsverweis {Gruppenoperation}{}{} einer \definitionsverweis {Gruppe}{}{} $G$ auf einer Menge $M$ vor. Es sei
\mathl{M \backslash G}{} der \definitionsverweis {Bahnenraum}{}{} zu dieser Operation.}
\faktuebergang {Dann gelten folgende Aussagen.}
\faktfolgerung {\aufzaehlungzwei {Die Quotientenabbildung \maabbeledisp {q} {M} {M\backslash G } {x} {[x] } {,} ist $G$-\definitionsverweis {invariant}{}{} \zusatzklammer {wobei $G$ auf dem Bahnenraum trivial operiert} {} {.} } {Wenn $N$ eine weitere Menge ist und \maabbdisp {\varphi} {M} {N } {} eine $G$-invariante Abbildung \zusatzklammer {wobei die Operation von $G$ auf $N$ trivial sei} {} {,} so gibt es genau eine Abbildung \maabbdisp {\tilde{\varphi}} {M \backslash G} { N } {} mit
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{ \varphi }
{ = }{ \tilde{\varphi} \circ q }
{ }{ }
{ }{ }
{ }{ }
} {}{}{.} }}
\faktzusatz {}
\faktzusatz {}

}
{

\aufzaehlungzwei {Für
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{ x }
{ \in }{ M }
{ }{}
{ }{}
{ }{}
} {}{}{} und
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{ g }
{ \in }{ G }
{ }{}
{ }{}
{ }{}
} {}{}{} sind \mathkor {} {x} {und} {gx} {} in der gleichen Äquivalenzklasse, also ist
\mavergleichskettedisp
{\vergleichskette
{ q (g x) }
{ =} {[gx] }
{ =} {[x] }
{ =} {g [x] }
{ } { }
} {}{}{.} } {Das folgt aus Lemma 11.13 (Diskrete Mathematik (Osnabrück 2020)). }

}





\inputbeispiel{}
{

Es sei $X$ eine Menge und
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{ n }
{ \in }{ \N_+ }
{ }{ }
{ }{ }
{ }{ }
} {}{}{.} Wir setzen
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{ M }
{ = }{ X \times \cdots \times X }
{ }{ }
{ }{ }
{ }{ }
} {}{}{} mit $n$ Faktoren. Die \definitionsverweis {Permutationsgruppe}{}{} $S_n$ operiert auf $M$ durch
\mavergleichskettedisp
{\vergleichskette
{ \sigma (x_1 , \ldots , x_n) }
{ =} { { \left( x_{\sigma (1)} , \ldots , x_{\sigma (n)} \right) } }
{ } { }
{ } { }
{ } { }
} {}{}{,} d.h. $\sigma$ vertauscht die Indizes. Die \definitionsverweis {Fixpunkte}{}{} dieser Operation sind genau die Diagonalelemente, also die Elemente der Form
\mathl{(y , \ldots , y)}{.} Wenn $r$ die Anzahl der verschiedenen Elemente in
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{x }
{ = }{(x_1 , \ldots , x_n) }
{ }{ }
{ }{ }
{ }{ }
} {}{}{} bezeichnet und
\mathbed {a_i} {}
{1 \leq i \leq r} {}
{} {} {} {,} die Anzahl angibt, wie oft die einzelnen Werte auftreten, so ist die \definitionsverweis {Isotropiegruppe}{}{} zu $x$ gleich
\mathl{S_{a_1} \times \cdots \times S_{a_r}}{} \zusatzklammer {das sind diejenigen Permutationen, die einen jeden Index auf einen Index mit gleichem Eintrag abbilden} {} {} und besitzt genau
\mathl{a_1! \cdots a_r!}{} Elemente. Die zugehörige \definitionsverweis {Bahn}{}{} besitzt entsprechend
\mathl{{ \frac{ n! }{ a_1! \cdots a_r! } }}{} Elemente.

Bei
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{ X }
{ = }{ \R }
{ }{ }
{ }{ }
{ }{ }
} {}{}{} sind die polynomialen Funktionen
\mathdisp {x_1 + \cdots + x_n ,\, \sum_{i <j} x_ix_j , \ldots , x_1 { \cdots } x_n} { }
\zusatzklammer {also die \definitionsverweis {elementarsymetrischen Polynome}{}{}} {} {} $S_n$-\definitionsverweis {invariante Abbildungen}{}{} nach $\R$.


}




\inputbeispiel{}
{

Es liege eine \definitionsverweis {Gruppenoperation}{}{} einer \definitionsverweis {Gruppe}{}{} $G$ auf einer Menge $M$ vor. Es sei $L$ eine weitere Menge und
\mathl{\operatorname{Abb} \, { \left( L , M \right) }}{} die Menge der \definitionsverweis {Abbildungen}{}{} von $L$ nach $M$. Dann wird durch \maabbeledisp {} {G \times \operatorname{Abb} \, { \left( L , M \right) }} {\operatorname{Abb} \, { \left( L , M \right) } } {(g, \varphi)} { g \varphi } {,} wobei
\mathl{g \varphi}{} durch
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{ (g \varphi)(x) }
{ = }{ g (\varphi(x)) }
{ }{ }
{ }{ }
{ }{ }
} {}{}{} definiert sei, eine Operation von $G$ auf
\mathl{\operatorname{Abb} \, { \left( L , M \right) }}{} gegeben. Für das neutrale Element
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{ e }
{ \in }{ G }
{ }{ }
{ }{ }
{ }{ }
} {}{}{} gilt ja
\mavergleichskettedisp
{\vergleichskette
{ (e \varphi)(x) }
{ =} { e (\varphi(x)) }
{ =} { \varphi(x) }
{ } { }
{ } { }
} {}{}{} für jedes
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{ x }
{ \in }{ M }
{ }{ }
{ }{ }
{ }{ }
} {}{}{,} also
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{ e \varphi }
{ = }{ \varphi }
{ }{ }
{ }{ }
{ }{ }
} {}{}{,} und für beliebige
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{ g,h }
{ \in }{ G }
{ }{ }
{ }{ }
{ }{ }
} {}{}{,}
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{ \varphi }
{ \in }{ \operatorname{Abb} \, { \left( L , M \right) } }
{ }{ }
{ }{ }
{ }{ }
} {}{}{} und
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{ x }
{ \in }{ M }
{ }{}
{ }{}
{ }{}
} {}{}{} gilt
\mavergleichskettedisp
{\vergleichskette
{ ((gh) \varphi) (x) }
{ =} { (gh) (\varphi(x)) }
{ =} { g (h (\varphi(x))) }
{ =} { g ( (h \varphi )(x) ) }
{ =} { (g (h \varphi))(x) }
} {}{}{,} also
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{ (gh) \varphi }
{ = }{ g (h \varphi) }
{ }{ }
{ }{ }
{ }{ }
} {}{}{.}


}


Zu einer \definitionsverweis {Gruppe}{}{} $G$ nennt man die Menge $G$ mit der durch
\mavergleichskettedisp
{\vergleichskette
{ g \cdot_{\rm op} h }
{ \defeq} { hg }
{ } { }
{ } { }
{ } { }
} {}{}{} definierten \definitionsverweis {Verknüpfung}{}{} die \definitionswort {oppositionelle Gruppe}{} $G$. Sie wird mit
\mathl{G^{ {\rm op} }}{} bezeichnet.





\inputbeispiel{}
{

Es liege eine \definitionsverweis {Gruppenoperation}{}{} einer \definitionsverweis {Gruppe}{}{} $G$ auf einer Menge $M$ vor. Es sei $N$ eine weitere Menge und
\mathl{\operatorname{Abb} \, { \left( M , N \right) }}{} die Menge der \definitionsverweis {Abbildungen}{}{} von $M$ nach $N$. Dann wird durch \maabbeledisp {} { G^{ {\rm op} } \times \operatorname{Abb} \, { \left( M , N \right) } } {\operatorname{Abb} \, { \left( M , N \right) } } {(g, \varphi)} { g \varphi } {,} wobei
\mathl{g \varphi}{} durch
\mavergleichskettedisp
{\vergleichskette
{ (g \varphi)(x) }
{ =} { (\varphi(gx)) }
{ } { }
{ } { }
{ } { }
} {}{}{} definiert sei, eine Operation der \definitionsverweis {oppositionellen Gruppe}{}{}
\mathl{G^{ {\rm op} }}{} auf
\mathl{\operatorname{Abb} \, { \left( M , N \right) }}{} gegeben. Für das neutrale Element
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{ e }
{ \in }{ G }
{ }{ }
{ }{ }
{ }{ }
} {}{}{} gilt ja
\mavergleichskettedisp
{\vergleichskette
{ (e \varphi)(x) }
{ =} { \varphi(ex) }
{ =} { \varphi(x) }
{ } { }
{ } { }
} {}{}{} für jedes
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{ x }
{ \in }{ M }
{ }{ }
{ }{ }
{ }{ }
} {}{}{,} also
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{ e \varphi }
{ = }{ \varphi }
{ }{ }
{ }{ }
{ }{ }
} {}{}{,} und für beliebige
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{ g,h }
{ \in }{ G }
{ }{ }
{ }{ }
{ }{ }
} {}{}{,}
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{ \varphi }
{ \in }{ \operatorname{Abb} \, { \left( M , N \right) } }
{ }{ }
{ }{ }
{ }{ }
} {}{}{} und
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{ x }
{ \in }{ M }
{ }{}
{ }{}
{ }{}
} {}{}{} gilt
\mavergleichskettedisp
{\vergleichskette
{ ((g \cdot_{\rm op} h) \varphi) (x) }
{ =} { ((h g) \varphi) (x) }
{ =} { \varphi( (h g)(x)) }
{ =} { \varphi( h (gx)) }
{ =} { (h \varphi )(gx) }
} {
\vergleichskettefortsetzung
{ =} { (g (h \varphi))(x) }
{ } {}
{ } {}
{ } {}
}{}{,} also
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{ (g \cdot_{\rm op} h) \varphi }
{ = }{ g (h \varphi) }
{ }{ }
{ }{ }
{ }{ }
} {}{}{.} Statt mit der oppositionellen Gruppe zu arbeiten kann man diese Konstruktion auch als eine Operation von rechts auffassen.

Die \definitionsverweis {Fixelemente}{}{} von
\mathl{\operatorname{Abb} \, { \left( M , N \right) }}{} unter dieser Operation sind gerade die $G$-\definitionsverweis {invarianten Abbildungen}{}{} von $M$ nach $N$. Diese Konstruktion wird insbesondere bei
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{ N }
{ = }{ \R }
{ }{ }
{ }{ }
{ }{ }
} {}{}{} o.Ä. angewendet, wenn es also um auf $M$ definierte Funktionen geht.


}



<< | Kurs:Invariantentheorie (Osnabrück 2012-2013) | >>

PDF-Version dieser Vorlesung

Arbeitsblatt zur Vorlesung (PDF)