Kurs:Mathematik für Anwender (Osnabrück 2011-2012)/Teil II/Vorlesung 37/latex
\setcounter{section}{37}
Wir haben schon im ersten Semester gewöhnliche Differentialgleichungen samt einiger Lösungsverfahren besprochen. Dort ging es um die Bewegungen auf einer Geraden, die durch ein von der Zeit und dem Ort \zusatzklammer {der Lage auf der Geraden} {} {} abhängigen Vektorfeld bestimmt wurden. Eine physikalische Bewegung spielt sich aber häufig höherdimensional \zusatzklammer {im $\R^2$ oder im $\R^3$} {} {} ab, so dass wir jetzt gewöhnliche Differentialgleichungen allgemein besprechen. Die Zeitkomponente wird sich nach wie vor in einem reellen Intervall bewegen, die Ortskomponente wird ein Element in einem beliebigen endlichdimensionalen reellen Vektorraum sein. Diesen statten wir mit einem Skalarprodukt aus, sodass wir eine Norm, eine Metrik, offene Mengen, stetige Abbildungen, etc. zur Verfügung haben.
\zwischenueberschrift{Gewöhnliche Differentialgleichungen}
\inputdefinition
{}
{
Es sei $V$ ein
\definitionsverweis {endlichdimensionaler}{}{}
\definitionsverweis {reeller Vektorraum}{}{,}
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{I
}
{ \subseteq }{\R
}
{ }{
}
{ }{
}
{ }{
}
}
{}{}{}
ein
\definitionsverweis {reelles Intervall}{}{,}
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{U
}
{ \subseteq }{V
}
{ }{
}
{ }{
}
{ }{
}
}
{}{}{}
eine
\definitionsverweis {offene Menge}{}{}
und
\maabbeledisp {f} {I\times U} {V
} {(t,v)} {f(t,v)
} {,}
ein
\definitionsverweis {Vektorfeld}{}{}
auf $U$. Dann nennt man
\mavergleichskettedisp
{\vergleichskette
{v'
}
{ =} { f(t,v)
}
{ } {
}
{ } {
}
{ } {
}
}
{}{}{}
die \definitionswort {gewöhnliche Differentialgleichung}{}
\zusatzklammer {oder \definitionswort {gewöhnliches Differential\-gleichungssystem}{}} {} {}
zum
\definitionsverweis {Vektorfeld}{}{}
$f$.
}
\zusatzklammer {Zeitabhängige} {} {} Vektorfelder und gewöhnliche Differentialgleichungssysteme sind im Wesentlichen äquivalente Objekte. Man spricht auch von einem \stichwort {dynamischen System} {.} Von Differentialgleichungen spricht man insbesondere dann, wenn man sich für die Lösungen im Sinne der folgenden Definition interessiert.
\inputdefinition
{
}
{
Es sei $V$ ein
\definitionsverweis {endlichdimensionaler}{}{}
\definitionsverweis {reeller Vektorraum}{}{,}
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{I
}
{ \subseteq }{\R
}
{ }{
}
{ }{
}
{ }{
}
}
{}{}{}
ein
\definitionsverweis {reelles Intervall}{}{,}
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{U
}
{ \subseteq }{V
}
{ }{
}
{ }{
}
{ }{
}
}
{}{}{}
eine
\definitionsverweis {offene Menge}{}{}
und
\maabbeledisp {f} {I\times U} {V
} {(t,v)} {f(t,v)
} {,}
ein
\definitionsverweis {Vektorfeld}{}{}
auf $U$. Zur
\definitionsverweis {gewöhnlichen Differentialgleichung}{}{}
\mavergleichskettedisp
{\vergleichskette
{v'
}
{ =} {f(t,v)
}
{ } {
}
{ } {
}
{ } {
}
}
{}{}{}
heißt eine
\definitionsverweis {Abbildung}{}{}
\maabbeledisp {v} {J} {V
} {t} {v(t)
} {,}
auf einem
\definitionsverweis {offenen (Teil)Intervall}{}{\zusatzfussnote {Rein formal gesehen ist hier auch das leere Intervall zugelassen, wobei diese \anfuehrung{leere Lösung}{} natürlich uninteressant ist. Bei einem Anfangswertproblem sichert bereits die Anfangsbedingung, dass die Lösung nicht leer ist} {.} {}}
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{J
}
{ \subseteq }{I
}
{ }{
}
{ }{
}
{ }{
}
}
{}{}{}
eine \definitionswort {Lösung der Differentialgleichung}{,} wenn folgende Eigenschaften erfüllt sind.
\aufzaehlungdrei{Es ist
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{v(t)
}
{ \in }{U
}
{ }{
}
{ }{
}
{ }{
}
}
{}{}{}
für alle
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{t
}
{ \in }{J
}
{ }{
}
{ }{
}
{ }{
}
}
{}{}{.}
}{Die Abbildung $v$ ist
\definitionsverweis {differenzierbar}{}{.}
}{Es ist
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{ v'(t)
}
{ = }{ f(t,v(t))
}
{ }{
}
{ }{
}
{ }{
}
}
{}{}{}
für alle
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{t
}
{ \in }{J
}
{ }{
}
{ }{
}
{ }{
}
}
{}{}{.}
}
}
Eine Lösung ist also eine
\definitionsverweis {differenzierbare Kurve}{}{,}
d.h. eine
\zusatzklammer {orts} {-} {}vektorwertige Abbildung
\maabbeledisp {v} {J} {V
} {t} {v(t)
} {.}
Wenn
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{V
}
{ = }{ \R^n
}
{ }{
}
{ }{
}
{ }{
}
}
{}{}{}
ist, so wird eine solche Abbildung durch ihre Komponenten
\mathdisp {(v_1(t) , \ldots , v_n(t))} { }
beschrieben. Ebenso wird das Vektorfeld durch $n$, von
\mathkor {} {t} {und} {v=(v_1 , \ldots , v_n)} {}
abhängige Funktionen
\mathl{(f_1 , \ldots , f_n)}{} beschrieben. Die Differentialgleichung lautet dann ausgeschrieben
\mavergleichskettedisp
{\vergleichskette
{ \begin{pmatrix} v_1' \\\vdots\\ v_n' \end{pmatrix}
}
{ =} { \begin{pmatrix} f_1(t,v_1 , \ldots , v_n) \\\vdots\\ f_n(t,v_1 , \ldots , v_n) \end{pmatrix}
}
{ } {
}
{ } {
}
{ } {
}
}
{}{}{.}
Daher spricht man auch von einem \stichwort {Differentialgleichungssystem} {.}
Häufig soll eine Kurve nicht nur eine Differentialgleichung erfüllen, sondern sich zusätzlich zu einem bestimmten Zeitpunkt an einem bestimmten Ort befinden. Dies führt zum Begriff des Anfangswertproblems.
\inputdefinition
{}
{
Es sei $V$ ein
\definitionsverweis {endlichdimensionaler}{}{}
\definitionsverweis {reeller Vektorraum}{}{,}
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{I
}
{ \subseteq }{\R
}
{ }{
}
{ }{
}
{ }{
}
}
{}{}{}
ein
\definitionsverweis {reelles Intervall}{}{,}
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{U
}
{ \subseteq }{V
}
{ }{
}
{ }{
}
{ }{
}
}
{}{}{}
eine
\definitionsverweis {offene Menge}{}{}
und
\maabbeledisp {f} {I\times U} {V
} {(t,v)} {f(t,v)
} {,}
ein
\definitionsverweis {Vektorfeld}{}{}
auf $U$. Es sei
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{ (t_0,w)
}
{ \in }{ I \times U
}
{ }{
}
{ }{
}
{ }{
}
}
{}{}{}
gegeben. Dann nennt man
\mathdisp {v'=f(t,v) \text{ und } v(t_0)=w} { }
das \definitionswort {Anfangswertproblem}{} zur
\definitionsverweis {gewöhnlichen Differentialgleichung}{}{}
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{v'
}
{ = }{f(t,v)
}
{ }{
}
{ }{
}
{ }{
}
}
{}{}{}
mit der \definitionswort {Anfangsbedingung}{}
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{ v(t_0)
}
{ = }{ w
}
{ }{
}
{ }{
}
{ }{
}
}
{}{}{.}
}
\inputdefinition
{}
{
Es sei $V$ ein
\definitionsverweis {endlichdimensionaler}{}{}
\definitionsverweis {reeller Vektorraum}{}{,}
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{I
}
{ \subseteq }{\R
}
{ }{
}
{ }{
}
{ }{
}
}
{}{}{}
ein
\definitionsverweis {reelles Intervall}{}{,}
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{U
}
{ \subseteq }{V
}
{ }{
}
{ }{
}
{ }{
}
}
{}{}{}
eine
\definitionsverweis {offene Menge}{}{}
und
\maabbeledisp {f} {I\times U} {V
} {(t,v)} {f(t,v)
} {,}
ein
\definitionsverweis {Vektorfeld}{}{}
auf $U$. Es sei
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{ (t_0,w)
}
{ \in }{ I \times U
}
{ }{
}
{ }{
}
{ }{
}
}
{}{}{}
vorgegeben. Dann nennt man eine
\definitionsverweis {Abbildung}{}{}
\maabbeledisp {v} {J} {V
} {t} {v(t)
} {,}
auf einem
\definitionsverweis {Intervall}{}{}
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{J
}
{ \subseteq }{I
}
{ }{
}
{ }{
}
{ }{
}
}
{}{}{}
mit
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{t_0
}
{ \in }{J
}
{ }{
}
{ }{
}
{ }{
}
}
{}{}{}
eine \definitionswort {Lösung des Anfangswertproblems}{}
\mathdisp {v'=f(t,v) \text{ und } v(t_0)=w} { , }
wenn $v$ eine
\definitionsverweis {Lösung der Differentialgleichung}{}{}
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{v'
}
{ = }{ f(t,v)
}
{ }{
}
{ }{
}
{ }{
}
}
{}{}{}
ist und wenn zusätzlich
\mavergleichskettedisp
{\vergleichskette
{ v(t_0)
}
{ =} { w
}
{ } {
}
{ } {
}
{ } {
}
}
{}{}{}
gilt.
}
Eine zu einem
\definitionsverweis {Vektorfeld}{}{,}
einer
\definitionsverweis {gewöhnlichen Differentialgleichung}{}{}
und einem
\definitionsverweis {Anfangswertproblem}{}{}
passende Vorstellung ist das \stichwort {Windmodell} {.} Das Vektorfeld
\maabbdisp {F} {I \times U} {V
} {}
beschreibt zu einem jeden Zeitpunkt
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{t
}
{ \in }{I
}
{ }{
}
{ }{
}
{ }{
}
}
{}{}{}
und einem Ortspunkt
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{P
}
{ \in }{U
}
{ }{
}
{ }{
}
{ }{
}
}
{}{}{}
die in diesem Punkt herrschende Windrichtung
\zusatzklammer {oder Windgeschwindigkeit} {} {.}
Die
\definitionsverweis {Lösung}{}{}
einer Differentialgleichung ist die Bewegung eines Teilchens, das
\zusatzklammer {beschleunigungsfrei und verzögerungsfrei} {} {}
vom Wind getragen wird, dessen Momentangeschwindigkeit also zu jedem Zeitpunkt gleich der Windgeschwindigkeit an dem Ort ist, an dem sich das Teilchen gerade befindet. Die Lösung eines Anfangswertproblems beschreibt die Bewegung, wenn das Teilchen an einem bestimmten Punkt losgelassen wird.
Die Vorstellung, dass eine Differentialgleichung die Bewegung in einem Kraftfeld\zusatzfussnote {Die physikalische Interpretation eines Vektorfeldes als Kraftfeld ist hingegen bei Wegintegralen \zusatzklammer {nämlich als Arbeitsintegral} {} {} richtig} {.} {} beschreibt, kann irreführend sein. Ein Kraftfeld ist ein Beschleunigungsfeld und kein Geschwindigkeitsfeld. Allerdings führt ein Kraftfeld zu einer Differentialgleichung zweiter Ordnung, die in eine Differentialgleichung erster Ordnung \zusatzklammer {unter Hinzunahme neuer Variablen} {} {} übersetzt werden kann.
\zwischenueberschrift{Erste Beispiele}
\inputbeispiel{}
{
Wir betrachten ein konstantes Vektorfeld auf dem $\R^n$, also eine Abbildung
\maabbeledisp {} {\R \times \R^n} { \R^n
} {(t,x_1 , \ldots , x_n)} { w
} {,}
wobei
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{w
}
{ \in }{ \R^n
}
{ }{
}
{ }{
}
{ }{
}
}
{}{}{}
ein fixierter Vektor ist. Im \anfuehrung{Windmodell}{} bedeutet dies, dass überall und zu jeder Zeit eine konstante Windgeschwindigkeit herrscht. Die Bewegung eines
\zusatzklammer {durch den Wind getragenen} {} {}
Teilchens muss sich also auf der durch einen Startpunkt und den Richtungsvektor $w$ gegebenen Geraden vollziehen. In der Tat besitzt das
\definitionsverweis {Anfangswertproblem}{}{}
\mathdisp {v' = w \text{ und } v(t_0)=P} { }
die eindeutige\zusatzfussnote {Ob die Lösung einer Differentialgleichung
\zusatzklammer {existiert und} {} {}
eindeutig ist, ist ein wichtiges Problem. Der wichtigste Satz zu dieser Fragestellung ist der
Satz von Picard-Lindelöf,
den wir später besprechen werden. In vielen der hier besprochenen Beispiele ist die Eindeutigkeit der Lösung direkt klar oder folgt aus den Eindeutigkeitsaussagen aus den Vorlesungen 29 und 30} {.} {}
\zusatzklammer {\definitionsverweis {affin-lineare}{}{}} {} {}
Lösung
\maabbeledisp {v} {\R} {\R^n
} {t} {v(t) = P + { \left( t-t_0 \right) } w
} {,}
wie man durch Ableiten bestätigt.
}
\inputbeispiel{}
{
Wir betrachten ein stetiges ortsunabhängiges Vektorfeld auf dem $\R^n$, d.h. es sei eine stetige Abbildung
\maabbdisp {g} {I} {\R^n
} {}
auf einem reellen Intervall $I$ gegeben, die wir als Vektorfeld
\maabbeledisp {F} {I \times \R^n} { \R^n
} {(t,x_1 , \ldots , x_n)} {g(t)
} {,}
auffassen. Im \anfuehrung{Windmodell}{} bedeutet dies, dass zu einem festen Zeitpunkt überall die gleiche Windgeschwindigkeit herrscht, diese sich aber mit der Zeit ändert. Die Bewegungskurven der
\zusatzklammer {durch den Wind getragenen} {} {}
Teilchen müssen also parallel zueinander sein, also durch eine Ortsverschiebung auseinander hervorgehen. Der Differenzvektor zwischen den Positionen von zwei Teilchen bleibt während des Bewegungsvorgangs erhalten. Die Lösungskurven zu einem Anfangswertproblem
\mathdisp {v'=F(t,v)=g(t) \text{ und } v(t_0) = P} { }
lassen sich einfach berechnen: Die eindeutige Lösung ist die Integralkurve
\maabbeledisp {v} {\R} {\R^n
} {t} {v(t) = P + \left( \int_{t_0}^t g_1(s) ds , \int_{t_0}^t g_2(s) ds , \ldots , \int_{t_0}^t g_n(s) ds \right)
} {,}
wobei die $g_i$ die Komponentenfunktionen von $g$ sind.
}
\inputbeispiel{}
{
Es seien $n$ reellwertige Funktionen
\mathl{f_i(t,x)}{} in zwei Variablen gegeben. Diese kann man zu einem
\definitionsverweis {Vektorfeld}{}{}
\maabbeledisp {F} {\R \times \R^n} {\R^n
} {(t,x_1 , \ldots , x_n)} { { \left( f_1(t,x_1),f_2(t,x_2) , \ldots , f_n(t,x_n) \right) }
} {}
zusammenfassen. Dabei hängt die $i$-te Koordinatenfunktion des Vektorfeldes nur von $t$ und der $i$-ten Ortskoordinaten $x_i$ ab. Eine Lösungskurve
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{ x(t)
}
{ = }{(x_1(t) , \ldots , x_n(t))
}
{ }{
}
{ }{
}
{ }{
}
}
{}{}{}
muss die Bedingungen
\mavergleichskettedisp
{\vergleichskette
{ x'_i(t)
}
{ =} { F_i(t,x_1 , \ldots , x_n)
}
{ =} { f_i(t,x_i)
}
{ } {
}
{ } {
}
}
{}{}{}
\zusatzklammer {für
\mavergleichskettek
{\vergleichskettek
{ i
}
{ = }{ 1 , \ldots , n
}
{ }{
}
{ }{
}
{ }{
}
}
{}{}{}} {} {}
erfüllen. Diese $n$ Bedingungen sind unabhängig voneinander, d.h. man kann die $n$ Komponentenfunktionen
\mathl{x_i(t)}{} getrennt mit einem eindimensionalen Ansatz bestimmen. Daher spricht man von einem \stichwort {entkoppelten Differentialgleichungssystem} {.}
Manchmal ist ein Differentialgleichungssystem in den ursprünglich gegebenen Koordinaten nicht entkoppelt, lässt sich aber durch einen Koordinatenwechsel entkoppeln und dann lösen. Dies ist vor allem für \definitionsverweis {lineare Differentialgleichungssysteme mit konstanten Koeffizienten}{}{} wichtig, die mit Mitteln der linearen Algebra entkoppelt werden können.
}
\inputbeispiel{}
{
Wir betrachten das
\zusatzklammer {zeitunabhängige} {} {}
\definitionsverweis {Vektorfeld}{}{}
\maabbeledisp {F} {\R \times \R^2} {\R^2
} {(t,x,y)} {(-y,x)
} {.}
Hier steht also der Richtungsvektor
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{ F(t,x,y)
}
{ = }{ (-y,x)
}
{ }{
}
{ }{
}
{ }{
}
}
{}{}{}
stets
\definitionsverweis {senkrecht}{}{}
auf dem Ortsvektor
\mathl{(x,y)}{,} und ihre Normen stimmen überein. Man erwartet kreisförmige Bewegungen. In der Tat ist zur Anfangsbedingung
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{ v(0)
}
{ = }{(r,0)
}
{ }{
}
{ }{
}
{ }{
}
}
{}{}{}
die Kurve
\maabbeledisp {v} {\R} {\R^2
} {t} { { \left( r \cos t , r \sin t \right) }
} {,}
die eindeutige Lösung.
}
\inputdefinition
{}
{
Es sei
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{U
}
{ \subseteq }{V
}
{ }{
}
{ }{
}
{ }{
}
}
{}{}{}
eine
\definitionsverweis {offene Teilmenge}{}{}
in einem
\definitionsverweis {endlichdimensionalen}{}{}
\definitionsverweis {reellen Vektorraum}{}{}
$V$,
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{I
}
{ \subseteq }{ \R
}
{ }{
}
{ }{
}
{ }{
}
}
{}{}{}
ein
\definitionsverweis {Intervall}{}{}
und es sei
\maabbeledisp {g} {I \times U} {\R
} {(t,v)} {g(t,v)
} {}
eine Funktion. Dann heißt das
\definitionsverweis {Vektorfeld}{}{}
\maabbeledisp {F} {I \times U} {V
} {(t,v)} { F(t,v) = g(t,v) \cdot v
} {,}
ein
\definitionswort {Zentralfeld}{.}
}
Bei einem Zentralfeld sind also der Ortsvektor und der Richtungsvektor linear abhängig, d.h. der Richtungsvektor weist in Richtung des Ortsvektors. Daher findet die durch ein Zentralfeld definierte Bewegung allein auf der durch einen Ortspunkt und den Nullpunkt \zusatzklammer {dem Zentrum} {} {} festgelegten Geraden statt. Es handelt sich also im Grunde um einen eindimensional festgelegten Bewegungsvorgang, was auch im folgenden Lemma zum Ausdruck kommt.
\inputfaktbeweis
{Zentralfeld/Zeitabhängig/Lösungsverfahren/Fakt}
{Lemma}
{}
{
\faktsituation {Es sei
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{U
}
{ \subseteq }{V
}
{ }{
}
{ }{
}
{ }{
}
}
{}{}{}
eine
\definitionsverweis {offene Teilmenge}{}{}
in einem
\definitionsverweis {endlichdimensionalen}{}{}
\definitionsverweis {reellen Vektorraum}{}{}
$V$. Es sei
\maabbeledisp {F} {I \times U} {V
} {(t,v)} {F(t,v) = g(t,v) \cdot v
} {,}
ein
\definitionsverweis {stetiges}{}{}
\definitionsverweis {Zentralfeld}{}{}
zur stetigen Funktion
\maabbeledisp {g} {I \times U} {\R
} {(t,v)} {g(t,v)
} {.}
Es sei
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{w
}
{ \in }{U
}
{ }{
}
{ }{
}
{ }{
}
}
{}{}{}
und es sei
\maabbdisp {\alpha} {J} {\R
} {}
eine
\definitionsverweis {Lösung der eindimensionalen Differentialgleichung}{}{}
\mathdisp {z'= h(t,z) \defeq g(t, z w ) \cdot z \text{ mit } \alpha(t_0 )=1} { . }
}
\faktfolgerung {Dann ist
\mavergleichskettedisp
{\vergleichskette
{ v(t)
}
{ =} { \alpha(t) \cdot w
}
{ } {
}
{ } {
}
{ } {
}
}
{}{}{}
eine
\definitionsverweis {Lösung des Anfangswertproblems}{}{}
\mathdisp {v'= F(t,v) \text{ mit } v(t_0) = w} { . }
}
\faktzusatz {}
\faktzusatz {}
}
{
Es ist
\mavergleichskettealign
{\vergleichskettealign
{v'(t)
}
{ =} { ( \alpha(t) \cdot w)'
}
{ =} { \alpha'(t) \cdot w
}
{ =} { g(t, \alpha(t) \cdot w) \cdot \alpha(t) \cdot w
}
{ =} { F(t, \alpha(t) \cdot w)
}
}
{
\vergleichskettefortsetzungalign
{ =} { F(t, v(t))
}
{ } {}
{ } {}
{ } {}
}
{}{}
und
\mavergleichskettedisp
{\vergleichskette
{ v(t_0)
}
{ =} { \alpha(t_0) \cdot w
}
{ =} {w
}
{ } {
}
{ } {
}
}
{}{}{,}
sodass eine Lösung des Anfangswertproblems vorliegt.
\inputbeispiel{}
{
Wir betrachten das
\definitionsverweis {Zentralfeld}{}{}
zur Funktion
\maabbeledisp {g} {\R \times \R \times \R \setminus \{0\} } { \R
} {(t,x,y)} {g(t,x,y) = { \frac{ t^2x^2 }{ y } }
} {,}
also das Vektorfeld
\maabbeledisp {F} {\R \times \R \times \R \setminus \{0\}} { \R^2
} {(t,x,y)} {{ \frac{ t^2x^2 }{ y } } \cdot \left( x , \, y \right) = \left( { \frac{ t^2x^3 }{ y } } , \, t^2x^2 \right)
} {,}
und die Anfangsbedingung
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{ \varphi(0)
}
{ = }{ (4,-3)
}
{ }{
}
{ }{
}
{ }{
}
}
{}{}{.}
Um dieses Anfangswertproblem zu lösen, müssen wir gemäß
Lemma 37.10
die
\definitionsverweis {eindimensionale gewöhnliche Differentialgleichung}{}{}
\mavergleichskettedisp
{\vergleichskette
{ z'
}
{ =} { g(t,4z,-3z) \cdot z
}
{ =} { { \frac{ t^2 16z^2 }{ -3z } } \cdot z
}
{ =} { -{ \frac{ 16 }{ 3 } } t^2z^2
}
{ } {
}
}
{}{}{}
mit der Anfangsbedingung
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{z(0)
}
{ = }{1
}
{ }{
}
{ }{
}
{ }{
}
}
{}{}{}
lösen. Dies ist eine
\definitionsverweis {Differentialgleichung mit getrennten Variablen}{}{,}
nach
Korollar 30.6
ist
\mavergleichskettedisp
{\vergleichskette
{ z(t)
}
{ =} { { \frac{ 1 }{ { \frac{ 16 }{ 9 } } t^3 +1 } }
}
{ } {
}
{ } {
}
{ } {
}
}
{}{}{}
die Lösung mit
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{z(0)
}
{ = }{1
}
{ }{
}
{ }{
}
{ }{
}
}
{}{}{.}
Daher ist
\mavergleichskettedisp
{\vergleichskette
{ v(t)
}
{ =} { { \frac{ 1 }{ { \frac{ 16 }{ 9 } } t^3 +1 } } \left( 4 , \, -3 \right)
}
{ } {
}
{ } {
}
{ } {
}
}
{}{}{}
die Lösung des Anfangswertproblems zum Zentralfeld.
}
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