Kurs:Mathematische Modellbildung/Themen/Modellierung der Geburten- und Sterberate in Deutschland
Modellierungsziel
BearbeitenIn den Nachrichten hört man immer wieder von Altersarmut oder auch Fachkräftemangel. Ein Grund für diese beiden Probleme stellt der Demographische Wandel dar. Unter Demographischem Wandel versteht man die Veränderung der Zusammensetzung einer Bevölkerung. In Deutschland ist der Demographische Wandel in vollem Gange. Vor allem sie zunehmende Überalterung ist hierbei von großer Bedeutung. Heute ist jede zweite Person über 45 Jahre alt und jede fünfte über 66. Alleine anhand dieser Zahlen zeigt sich die Ernsthaftigkeit der Probleme. Ziel der Modellierung ist es die Geburten- sowie Sterberaten innerhalb von Deutschland zu modellieren und anhand dieser zu erkennen, wie in der Zukunft gehandelt werden muss.
Nutzergruppe
BearbeitenDie Nutzergruppe der Modellierung sind einerseits Politiker, da sie über Infrastruktur aber auch Gelder entscheiden können (z.B. Rente), andererseits auch interessierte BürgerInnen, die sich bereits heute Gedanken über ihre Rente machen. Eine weitere Zielgruppe der Modellierung sind Erdkunde/ Geographie LehrerInnen, da der Demographische Wandel in den Klassenstufen 9/10 thematisiert wird. Hieran zeigt sich auch, dass bereits Jugendliche mit dem Problem der Überalterung konfrontiert werden und sich bereits in jungen Jahren darüber Gedanken machen.
Softwarenutzung
Bearbeiten- Dynamisches Geometriesystem (GeoGebra)
- Tabellenkalkulation (Libre Office Calc/ Excel)
- Computer Algebra System (Maxima)
Zuordnung zu den Nachhaltigkeitszielen
BearbeitenSDG1 (No poverty) -> Vor allem die ältere Bevölkerung ist von Armut betroffen, da die jüngeren Bürger die Älteren mitversorgen. Durch eine immer älter werdende Bevölkerung müssen weniger junge Menschen für deutlich mehr ältere sorgen, das die Altersarmut verstärken wird.
SDG2 (Zero Hunger) -> Mit geringem Einkommen beziehungsweise Armut ist auch die Nahrungsversorgung gefährdert.
SDG3 (Good Health and Well-being) -> Die medizinische Versorgung sowie das Gesundheitssystem stellen eine zentrale Grundlage für die Bevölkerung dar. Gerade für die immer älter werdende Bevölkerung ist eine guten Alten- sowie Krankenpflege von hoher Bedeutung
SDG9 (Industry, Innovation and Infrastructure) -> Für die wirtschaftliche Entwicklung eines Landes sind junge Menschen von großer Bedeutung, da sie zum einen als Arbeitnehmer „dienen“ und zum anderen auch für technische und innovative Entwicklungen sorgen
Sekundarstufe 1
BearbeitenÜbergeordnetes Ziel: Eine Prognose der Bevölkerungszahl für das Jahr 2025 stellen
Teilziel 1: Die SchülerInnen können anhand von gegebenen Daten berechnen, ob es sich in einzelnen Jahren um einen Geburten- oder Sterbeüberschuss handelt.
Man hat folgende Werte gegeben, welche dem Statistischen Bundesamt entnommen wurden. Diese Werte wurden in eine Excel-Tabelle übertragen.
Hieraus lässt sich nun bestimmen, ob es sich um einen Geburten- oder Sterbeüberschuss handelt. Hierfür bildet man die Differenz. Man rechnet also Neugeborene – Verstorbene. Ist das Ergebnis positiv, so handelt es sich um einen Geburtenüberschuss im entsprechenden Jahr. Ist das Ergebnis negativ, liegt ein Sterbeüberschuss vor. Um die Berechnung schneller durchzuführen, gibt man auf Excel folgenden Befehl in D4 ein „=B4-C4“. Hierdurch erhält man direkt das Ergebnis der Differenz für das Jahr 1950. Daraufhin kann man dies entweder analog für alle weiteren Zeilen durchführen oder das Ergebnis „nach unten ziehen“. Außerdem kann man negative Werte der Spalte rot färben (steht für Sterbeüberschuss), positive Werte grün (Geburtenüberschuss) Man erhält dann folgende Werte:
Bereits an dieser Tabelle kann man deutlich erkennen, dass es seit 1975 immer einen Sterbeüberschuss gab. Daraus kann man jedoch nicht schließen, dass es zu einer Schrumpfung der Bevölkerung kam, da Wanderungen hier nicht berücksichtigt wurden. Dies wird in der Modellierung in der Sekundarstufe 1 nicht berücksichtigt, da der Fokus auf andere Bereiche gelegt werden soll. Ohne „Nettozuwanderungen wäre die Bevölkerung bereits seit 1972 geschrumpft, da seither jedes Jahr mehr Menschen starben als geboren wurden“ (Destatis). Dies kann man auch an der Tabelle gut erkennen.
Teilziel 2: Die SchülerInnen können mithilfe von Prozentrechnung bestimmen, wie groß der Anteil der Neugeborenen an der Gesamtbevölkerung ist.
Auch hierfür erhalten die SchülerInnen wieder Werte zu den Bevölkerungszahlen ab 1950 (Anmerkung: Für den Zeitraum, in dem Deutschland in BRD und DDR getrennt war, werden die Zahlen beider zusammengerechnet.).
Nun wird der Anteil an Neugeborenen berechnet. Hierfür kann grundlegende Bruchrechnung verwendet werden. So rechnet man beispielsweise für das Jahr 1950 „1116701 : 69300000“. Dies kann man in Excel durch den Befehl „=B4/E4“ eingeben. Man erhält die folgenden Werte:
Auffällig hierbei ist, dass der Anteil der Neugeborenen an der Gesamtbevölkerung im Laufe der Jahre immer niedriger wurde.
Die durchgeführte Rechnung kann auch mathematischer ausgedrückt werden, nämlich mithilfe der Prozentrechnung und der Formel:
W/G = p
Hierbei stellt G den Grundwert dar (also die Gesamtzahl), W den Prozentwert (Anzahl der Neugeborenen) und p den Prozentsatz (prozentualer Anteil der Neugeborenen an Gesamtbevölkerung). Setzt man die Werte für ein Jahr, zum Beispiel 2020 ein, so erhält man folgende Rechnung: (773144 )/83200000= p
Dies ist jedoch analog zur oberen Rechnung, nun jedoch an das Thema Prozent- und Zinsrechnung in Klasse 7 angepasst.
Teilziel 3: Die SchülerInnen sind in der Lage eine Prognose für das Jahr 2025 aufstellen.
Zunächst wird die Veränderung der Bevölkerungszahl innerhalb der letzten 5 Jahre bestimmt. Das heißt man startet damit die Bevölkerungszahl von 1955 von der Bevölkerungszahl von 1950 zu subtrahieren, dann die von 1960 minus 1955 usw.. Man erhält folgende Werte:
Basierend auf der Veränderung der Bevölkerungszahl, kann die prozentuale Änderung bestimmt werden. Hierfür nutzt man ebenfalls die Formel W/G = p. G steht hierbei für die Bevölkerungszahl im späteren Jahr und W für die Veränderung der Bevölkerungszahl. Dieses Ergebnis wird mit 100 multipliziert um die Dezimalzahl in eine Prozentzahl umzuwandeln. Man erhält die folgenden Werte:
Man erkennt also beispielsweise, dass die Veränderung der Bevölkerung zwischen 1950 und 1955 circa +2,67 % beträgt.
Um nun eine Prognose für das Jahr 2025 zu treffen, könnte man das arithmetische Mittel der Veränderung der Bevölkerungszahl bestimmen (alle Werte addieren und dann durch 14 dividieren), sowie das arithmetische Mittel der Veränderung in Prozent (alle Werte summieren und dann durch 14 dividieren). In Excel gibt man hierfür „=MITTELWERT(F5+F6+F7+F8+F9+F10+F11+F12+F13+F14+F15+F16+F17+F18)/14“ ein und erhält somit den Mittelwert 992857,1429. Diesen Wert rundet man dann auf 992857. Das bedeutet, dass man davon ausgeht, dass im Jahr 2025 ungefähr 992857 mehr Menschen in Deutschland leben werden. Diese Zahl addiert man dann zur Bevölkerungszahl im Jahr 2020, also „=83200000 + 992857“, wobei man 84192857 erhält. Es werden also für das Jahr 2025 insgesamt 84192857 Menschen prognostiziert, welche in Deutschland leben.
KRITIK
- Zur Vereinfachung wurde das arithmetische Mittel aller Jahre berechnet. Aus geographischer Sicht ist dies jedoch sehr ungenau, da die Bevölkerungszahl sich vor 50 Jahren noch anders entwickelt hat als heute. Es wäre hier also sinnvoller, beziehungsweise genauer, wenn man Werte der letzten 10 Jahre nehmen würde.
- Die Bevölkerungszahlen sind gerundet, das heißt sie sich nicht ganz genau -> verfälscht Ergebnis jedoch kaum bis gar nicht.
- Wanderungen werden nicht berücksichtigt.
- Politische Einflüsse sind auch nicht berücksichtigt.
Sekundarstufe 2
BearbeitenIn der Sekundarstufe 2 wird der Themenbereich „Analysis“ häufig in Klassenstufe 11 unterrichtet. Exponentielle Wachstumsprozesse werden hierbei, zumindest im Leistungskurs Mathematik, unterrichtet. Die SchülerInnen lernen "e" kennen, welches Sie auch in der folgenden Modellierung benötigen.
Teilziel 1: Die SchülerInnen können anhand von gegebenen Werten (Einwohnerzahl Deutschlands 2020, prozentuales Wachstum pro Jahr in Deutschland 2020) die Einwohnerzahlen für 2021 und 2025 berechnen sowie eine allgemeine Form angeben
Im Jahr 2020 lebten in Deutschland ungefähr 83.200.000 Menschen. In den letzten Jahren betrug das Bevölkerungswachstum ungefähr 0,5 Prozent. Zunächst wird also eine Funktionsgleichung von den SchülerInnen aufgestellt. Diese kann entweder schriftlich aufgestellt werden oder direkt auf Geogebra eingetragen werden. Es ergeben sich folgende Formen: Einwohnerzahl in Millionen Für 2021: 83,2 + 83,2 * 0,005 = 83,2 * 1,005 = 83,616 Für 2025: 83,2 * 1,0055 = 85,3009 Für t Jahre ab 2020: f(t) = 83,2 * 1,005t
Teilziel 2: Die SchülerInnen erläutern die Gleichung f(t) = 83,2*ex*ln(1,005) und beschreiben damit die Bevölkerungsentwicklung aus dem ersten Teil (Ziel 1) durch eine Funktion, welche die Basis e besitzt.
Begründung: Wieso startet man mit der Funktion f(t) = 83,2 * 1,005t und arbeitet erst danach mit der Funktion f(t) = 83,2*ex*ln(1,005)
Wieso wird mit der Gleichung f(t) = 83,2*1,005^t gestartet und diese dann in die Form f(t) = e^(x*ln(1,005)) gebracht?
Hierfür gibt es viele verschiedene Gründe. Zum einen wird mit exponentiellem Wachstum gestartet, da dies auf Vorwissen zurückgreift, dass bereits in der Sekundarstufe 1 in Klassenstufe 10 erworben wird. Zum anderen ist es wichtig, dass die SchülerInnen e-Funktionen in der Sekundarstufe 2 kennenlernen, da diese Anwendung in vielen wissenschaftlichen sowie mathematischen Bereichen finden.
Durch das eigene Umwandeln der Gleichung wird der Zusammenhang zwischen der Eulerschen Zahl und exponentiellem Wachstum aufgezeigt. Dieser Zusammenhang ist wichtig für das Verständnis.
Da wir das Bebölkerungswachstum in Deutschland modellieren, lernen die SchülerInnen e-Funktionen angewendet kennen und sehen, dass es auch eine praktische Anwendung gibt.
Zunächst einmal wird die gegebene Gleichung f(t) = 83,2*ex*ln(1,005) erklärt. Die Variable x entspricht der Anzahl der Jahre, weshalb man sie auch mit t beschreiben könnte. Der Wachstumsfaktor beträgt in Deutschland 1,005 (vgl. Teilziel 1). Es ergibt sich hieraus dann, auf unser Beispiel bezogen, die Form f(t) = 83,2*1,005t = 83,2*et*ln(1,005)
Teilziel 3: Die SchülerInnen stellen die Funktionsgleichung graphisch auf Geogebra dar und interpretieren diese.
Der Graph lässt sich folgendermaßen interpretieren: Auf der x-Achse werden die Jahreszahlen ab dem Zeitpunkt t = x = 0 ≜ 2020 angezeigt. Das bedeutet also, dass z.B. t = x = 50 ≜2070. Auf der y-Achse wird dagegen die Bevölkerungszahl dargestellt. Für y = 0 kann man den x-Wert 83,2 ablesen. Für das Jahr 2050 kann man (durch ranzoomen) ungefähr den Wert 106,78 ablesen. Im Sachzusammenhang bedeutet das also, dass im Jahr 2050 106,78 Millionen Menschen in Deutschland prognostiziert werden.
Teilziel 4: Die SchülerInnen überlegen, ob die gezeigten Ergebnisse für eine Prognostizierung der Bevölkerung genutzt werden können.
Bei genauerer Betrachtung des Graphen lässt sich schnell erkennen, dass die Ergebnisse nicht für eine langfristige Prognose verwendet werden können. Dies lässt sich damit begründen, dass durch die modellierte Funktion die Bevölkerung immer weiter wachsen würde. Die Ressourcen Boden oder auch Nahrung sind hier unbegrenzt. Sprich: Die Bevölkerung nimmt immer weiter zu, da keine Grenze nach oben existiert. Dies ist jedoch in der Realität unmöglich. Man kann die Ergebnisse allerdings für eine Betrachtung des Bevölkerungswachstums für einen kurzen Zeitraum (bis zu 5 Jahre) verwenden.
KRITIK
- Das Modell stellt die Ressourcen Boden und Nahrung als unbegrenzt dar.
- Es wird von einem konstanten Bevölkerungswachstum ausgegangen. In der Realität sind die Daten jedoch schwankend und es kommt in einigen Jahren in der Realität jedoch auch zu Bevölkerungsrückgängen.
- Wanderungen werden nicht berücksichtigt.
- Politische Einflüsse werden nicht berücksichtigt
Universitätsniveau
BearbeitenQuellennachweise
Bearbeitenhttps://www.destatis.de/DE/Themen/Querschnitt/Demografischer-Wandel/demografie-mitten-im-wandel.html
https://de.statista.com/statistik/daten/studie/235/umfrage/anzahl-der-geburten-seit-1993/
https://www.sueddeutsche.de/politik/bevoelkerung-deutschland-84-3-millionen-rekord-1.5735043